Die Linke, der Terror und die innere Sicherheit

von Conrad Schuhler / Vors. des Instituts für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.

Innere Sicherheit – der Grundwiderspruch von Rechts und Links

Aus der Perspektive der Konservativen, der Rechten, entspringen terroristische Gewalttaten der „condition humaine“, der menschlichen Verfasstheit. Innenminister de Maizière behauptete nach den Terrorakten von Nizza und Würzburg: „Aber es gehört leider zum menschlichen Leben, dass es solche Gewaltexzesse gibt.“ (Spiegel, 30/2016).

Als „Turboradikalisierer“ der Gewalttäter gilt der Islam beziehungsweise seine Medina-Variante, der Islamismus. Er biete die Möglichkeit, die Gewalttat in einen Zusammenhang mit Politik oder göttlichen Geboten zu stellen. Nicht nur werde die Sache, für die getötet und gestorben wird, dadurch erhöht, sondern auch die „bisher egale Existenz“ des Attentäters (FAS, 24.07.2016).

Seit dem Münchner Attentat am 22.07.2016 tritt neben den „religiösen Terrorismus“ im konservativen Erklärungskanon vermehrt die psychotherapeutische Deutung. Es werden drei Tätergruppen unterschieden: die Psychopathen, die Psychotiker und die Traumatisierten. (Süddeutsche Zeitung, 25.07.2016) Alle Täter wiesen eine starke Persönlichkeitsstörung – oder gar -zerstörung – auf. Nur solche gestörten Persönlichkeiten würden in die Welt des Terrors abdriften. „Eine gesunde Person kann oft die schwersten Konflikte irgendwie abfedern.“ (SZ, a.a.O.)

Dass Traumatisierungen und Persönlichkeitsstörungen nicht vom Himmel fallen, sondern im Wesentlichen soziale Ursachen haben, die zu psychischen Defekten führen, wird von den konservativen Terrorverstehern geleugnet. Diese Leugnung sozialer, politischer Gründe des Terrorismus oder auch der „Amokläufe“ liefert ineins die Begründung für die Technik der Rechten, wie dem Terrorismus zu Leibe zu rücken sei: „Das Wichtigste ist, dass unsere Sicherheitsbehörden frühzeitige Informationen über Gefährder oder mögliche gefährliche Entwicklungen erhalten und nutzen.“ (de Maizière, a.a.O.) Die Antwort der Rechten auf den Terror ist die Abschottung der Außengrenzen und die Perfektionierung des Polizeistaats nach innen.

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Berlin erklärt sich: Die Welt als Hochsicherheitstrakt

von Wolfgang Blaschka, München

terorismus_terrorism_kapitalismus_capitalism_saudi_arabia_qatar_kuwait_waffenexporte_ruestungsindustrie_fluchtursachen_geopolitik_geostrategie_imperialismus_nato_refugees_islamic_state.jpgWährend sich die PEGIDeppen noch um die "Islamisierung des Abendlandes" sorgen und mit der AfD in Flüchtlingsabschiebe-Inseleien ergehen, machen sich Unions-Innenminister um den real existierenden Rechtsstaat Sorgen; der scheint ihnen zu lasch, zu wenig terrorgewappnet.

Das ist der kleine, aber feine Unterschied zwischen den alt-"alternativlosen" Rechten und den neuen Alternativlingen: Letztere fordern das scheinbar heute noch Unmögliche, die andern besorgen derweil die möglichen Konzepte, schaffen schon morgen die Tatsachen und machen Nägel mit Köpfen. Irgendwann finden sich alle im Bunker ihrer geistigen Enge wieder und streiten um das Copyright an den Abschottungsmaßnahmen gegen das Böse, Fremde und Unabendländische.

Zur Verteidigung ihrer "Werte" opfern sie die letzten Optionen auf Vernunft. Eine dieser Optionen könnte sein zu erkennen, dass Waffenexporte den Krieg befeuern, dass Krieg Terror gebiert, dass der Terror also nicht vom Himmel gefallen ist, sondern vom Irakkrieg herrührt und von den Waffenexporten beflügelt wird, nicht zuletzt von deutschen. Dass also, wer Krieg aussendet, möglicherweise Terror ernten wird. Dass also zuerst die Rüstungsausfuhren zu verbieten wären. Aber so denken die Rechten nicht.
 
Die neun Punkte der "Berliner Erklärung" lesen sich wie der Bekennerbrief einer Vereinigung zur Förderung geistigen Notstands. Sie stammen mitnichten aus obskuren Hinterzimmern dubioser Bürgerwehr-Fanatiker, sondern aus offiziellen bundesdeutschen Ministerien. Das macht sie ebenso gefährlich wie lächerlich. Da träumen doch tatsächlich welche von der Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, als wären Generationen türkischer Migranten so etwas wie Staatsgefährder oder Terroristen, und am Ende vielleicht doch besser integriert, wenn sie die türkische behielten, sobald sie sich für eine von beiden entscheiden müssten.

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Der Diplomatie zuliebe? Ex-CIA-Chef will Iraner und Russen in Syrien töten

von sputniknews.com/

michael_mike_morell_former_deputy_cia_syria_syrien_russia_wladimir_vladimir_putin_russophobie_pentagon_moskau_washington_damaskus_kritisches_netzwerk_baschar_al-assad.jpgUm die Syrien-Krise zu regeln, sollten die US-Streitkräfte in Syrien „heimlich“ Iraner und Russen töten, meinte Ex-CIA-Chef Michael Morell in einem CBS-Interview.

Washington sollte Morell zufolge aktiver die Rebellen in Syrien unterstützen.

Als wir im Irak waren, belieferten die Iraner schiitische Kämpfer mit Waffen, denen amerikanische Soldaten zu Opfer fielen. Die Iraner ließen uns die Zeche zahlen. Wir müssen nun so handeln, dass in Syrien die Iraner die Zeche zahlen. Wir müssen die Russen zahlen lassen“, sagte der Ex-CIA-Chef.

Sollen wir die Iraner und Russen bezahlen lassen, indem wir sie töten?“, präzisierte CBS-Moderator Charlie Rose. „Ja, heimlich“, bestätigte Morell. Das heiße zwar nicht, dass man die ganze Welt und das Pentagon darüber informieren müsse. Man sollte aber sicherstellen, dass Moskau und Teheran es wissen.

Außerdem wolle der Ex-CIA-Chef den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad erschrecken: „Ich will seine Büros mitten in der Nacht mit Bomben bewerfen. (…) Ich will sein Präsidentenflugzeug am Boden zerstören. Ich will seine Präsidentenhelikopter vernichten. Ich will ihn denken lassen, dass wir hinter ihm her sind.“ Dabei bestehe Morell nicht darauf, Assad ums Leben zu bringen. Er sei dafür, dem Präsidenten all das zu nehmen, was seine Machtbasis ausmacht und was er zum Überleben braucht.

Dadurch könne man Druck auf Damaskus, Moskau und Teheran ausüben, um eine „diplomatische Regelung“ der Syrien-Krise herbeizuführen.

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Das große Fressen Eine globale Mega-Fusionswelle schwappt über den Globus

von Fred Schmidt / isw München

Es ist das größte Fusionsvorhaben, das je ein deutscher Konzern geschmiedet hat. Der Chemie-Multi Bayer mobilisiert gut 60 Milliarden Dollar, um den berüchtigten Agrokonzern Monsanto (USA) zu übernehmen. Allerdings, so deutsch ist der Chemieriese Bayer mittlerweile nicht mehr. Nur 20,6 Prozent des Grundkapitals sind in der Hand deutscher Aktionäre. Es dominieren die Shareholder aus dem angelsächsischen Bereich: 27,6 Prozent des Aktienkapitals sind im Portefeuille US-amerikanischer Fonds, weitere 18,9% werden von britischen Institutionellen (teilweise Dependancen von amerikanischen) gehalten. Es handelt sich also weitgehend um eine Verschmelzung von US-Kapital.

Der Deal ist Teil einer gigantischen Fusions- und Übernahmewelle (Mergers & Akquisitions – M&A), die gegenwärtig über den Globus rollt. Der Übernahmemarkt ist binnen weniger Jahre buchstäblich heiß gelaufen: Waren es 2012 2,7 Billionen Dollar, die für M&As ausgegeben wurden, so wurden 2014 für 3,7 Billionen und 2015 für über 5 Billionen Dollar Unternehmen gekauft und verkauft; eine Steigerung von 85% gegenüber 2012. Fünf Billionen, das ist soviel, wie die Wirtschaftsleistung (BIP) von Deutschland und Italien zusammengenommen.

Dominierend sind allerdings nach wie vor innerstaatliche Übernahmen; allein drei Billionen von den fünf Billionen Dollar wurden in den USA umgesetzt. Von den zehn größten Übernahmen weltweit, wurden sechs inneramerikanisch abgewickelt. Die größte Übernahme 2015 war jene des Pharmaherstellers Allergan durch den Pharmakonzern Pfizer für 160 Milliarden Dollar (FAZ, 9.7.16).

Auf Asien entfielen Übernahmen im Wert von knapp 1,5 Billionen Dollar – eine Steigerung von 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr, Grenzüberschreitende Fusionen (cross-border mergers) machten mit 721 Milliarden Dollar erst einen Anteil von 14% am gesamten Fusionsvolumen aus, allerdings stiegen sie laut dem World Investment Report 2016 von UNCTAD gegenüber dem Vorjahr um 67 Prozent und haben sich gegenüber 2013 fast verdreifacht (263 Mrd. $). ( siehe REPORT als PDF_Symbol.gif)

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Resozialisiert die Republik! #Hoeneß muss Bundespräsident werden

von Ulrich Gellermann, Berlin

uli_hoeness_fc_bayern_muenchen_steuerhinterziehung_selbstanzeige_steuersuender_steuerzahler_steuerfahndung_steuerhinterzieher_steuerbetrueger_kritisches_netzwerk_resozialisierung.jpgUli Hoeneß ist zurück. Nicht nur zurück aus dem Gefängnis, wo er wegen ein paar schäbiger Millionen nicht gezahlter Steuern schmachten musste. Nein, bald wird er auch wieder Chef beim FC Bayern München sein. Das ist christlich, das ist eine „Wiedereingliederung in die Gesellschaft“, was ja wohl das Ziel des Strafvollzugs ist. Doch wer dabei stehen bleiben will, der handelt am verdienten Uli Hoeneß schändlich.

Er war der große Mann, der den deutschen Fußball beruhigend übersichtlich gemacht hat: Jahr für Jahr wurde Bayern München deutscher Meister, das wußte man immer schon ein Jahr im Voraus. Das vermied Infarkte und andere Krankheiten, die aus Stress entstehen. Und trotzdem hat man den Mann in den Kerker geworfen. Hier ist nicht Wiedereingliederung angesagt, hier kann das Programm nur Wiedergutmachung heißen: Wenn uns im kommenden Jahr der allseits geschätzte Bundespräsident Gauck verlässt, kann es nur einen geben der im folgt: Uli Hoeneß.

Die neuen deutschen Militär-Herausforderungen würde nach dem nötigen Wechsel des Bayern-Präsidenten ins Bundespräsidentenamt zu einem kernigen „Mia san mia“ mutieren und im Ausland jenen heilsamen Schrecken verbreiten, der dem Waffenexport erst die nötige Fahrt verliehe. Auch die Frage, wer denn an der Spitze der EU-Tabelle stünde, würde sich durch diese Personal-Rochade für die nächsten Jahre erledigt haben: Was erlauben Martin Schulz, Jean-Claude Juncker oder Herman Van Rompuy? Die Zwerge werden abgeräumt, Deutschland vor noch ein Tor. Was die Merkel bisher heimlich erledigt hat, vollbringt unser Mann vom FC Bayern demnächst öffentlich: Heute gehört uns das Badetuch am europäischen Pool und morgen die ganze Welt.

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Friedensfahrt Berlin-Moskau startete am 8. August am Brandenburger Tor


Frieden ist alternativlos - @druschba.paneurasia

von den Veranstaltern der Friedensfahrt Berlin - Moskau

Staatssekretär a.D. Willy Wimmer verabschiedete 235 Friedensfahrer in 70 Fahrzeugen vor über 1.500 Versammelten. Erste Etappe Stettin (Polen) und Grenze zur russischen Exklave Kaliningrad (Königsberg) erreicht.

In Berlin am Brandenburger Tor auf dem westlich gelegenen "Platz des 18. März" versammelten sich 235 Friedensfahrer, um sich auf die Abreise nach Russland vorzubereiten. Die 72 beteiligten Fahrzeuge, von Motorrädern über PKWs und Wohnmobile bis hin zum Reisebus, wurden in 12 Fahrzeuggruppen eingeteilt und zur Kommunikation während der Konvoi-Fahrt mit Funkgeräten ausgestattet. Die Berliner Polizei zeigte sich sehr hilfsbereit und steuerte das Parken auf dem Vorplatz des Brandenburger Tores und dem Mittelstreifen der "Straße des 17. Juni".

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Willy Wimmer, Staatssekretär a.D. im Bundesministerium für Verteidigung, verabschiedete die Teilnehmer der Friedensfahrt mit einem flammenden Plädoyer für die Rückkehr zum Bau eines erweiterten europäischen Hauses, zu dem natürlich auch Russland gehöre. „Es ist hervorragend, dass hier über 200 Menschen das Heft in die Hand nehmen und unseren russischen Nachbarn unmissverständlich signalisieren, dass wir in Frieden und Freundschaft miteinander leben und so auch Spannungen abbauen wollen!

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Roter Teppich für Erdoğan: ARD schenkt der Diktatur Sendezeit

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AKP-Organisation in Deutschland ist der lange Arm


von Ulrich Gellermann, Berlin


Mit hochgeföhnter Servilität saß der Chefredakteur des bayerischen Rundfunks, Sigmund Gottlieb, dem Chef der türkischen Diktatur, Recep Tayyip Erdoğan, gegenüber. Sorgen mache er sich, sagte der Interview-Beauftragte der ARD im Ersten TV-Programm zu ganz ordentlicher Sendezeit, Sorgen wegen der gefährlichen Lage im Land. Gemeint waren nicht die Medienverbote und Verhaftungen in der Türkei schon vor dem versuchten Militärputsch, die Bedrohung der Justiz, die Repression gegen Rechtsanwälte und Strafverteidiger, lange vor dem missglückten Staatsstreich, und auch nicht die befohlene Brutalität der Polizei gegen die Bevölkerung auf dem Taksim-Platz und anderswo. Natürlich galten die Gottlieb-Sorgen auch nicht den vom Erdoğan-Militär ermordeten Kurden, sondern dem armen Erdoğan selbst: „Es gab Luftangriffe, es war eine gefährliche Situation, war es die kritischste Situation Ihrer Amtszeit?
 

 

Ganz sicher war das Interview keine kritische Situation für den türkischen Präsidenten. Es war, nach Maßstäben eines anständigen Journalismus, unnütz und liebedienerisch. Und völlig auf der Linie einer deutschen Regierung, die gerade versucht, den türkischen Ausnahmezustand in einen harmlosen Notstand umzudeuten. In dieser für Frau Merkel kritischen Situation, in der immer mehr deutsche Wähler die Frage stellen, ob das Land in Berlin oder in Ankara regiert wird, musste ein Entlastungs-Interview her, in dem der arme Diktator seine schwierige Lage darstellen durfte: „Zerstören sie damit nicht ein Stück Bildung?“ fragte der bayerische Schleppenträger der Diktatur besorgt, mit Blick auf die vielen, über Nacht in der Türkei entlassenen Lehrer. Da könne er ganz beruhigt sein, teilte ihm Erdoğan mit, er stelle gerade an die 30.000 neue ein. Aufatmend lehnte sich der Stichwortgeber zurück. Ja, im Präsidentenpalast werden die Probleme gelöst, liest man auf seinem Gesicht. Dass die türkische Demokratie in Stücke geschlagen wird, ist ja nicht sein Thema.

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Schere zw. Arm und Reich in Deutschland größer als bisher bekannt

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von Elisabeth Zimmermann / wsws.org


Das ARD-Magazin Monitor berichtete am 14. Juli über neue Zahlen zu den Einkommen von Top-Verdienern in Deutschland. Es bezog sich dabei auf Daten von Spitzenverdienern bei mehr als 1.300 Unternehmen, die von der Unternehmensberatung Kienbaum erhoben wurden.

Nach dieser Studie stiegen die Einkommen von Geschäftsführern von Unternehmen von 1997 bis 2014 um durchschnittlich 42 Prozent, die Einkommen von Unternehmensvorständen um 59 Prozent und die Einkommen von Vorstandsmitgliedern in DAX-Unternehmen um 186 Prozent. Die Einkommen von Durchschnittsverdienern stiegen im gleichen Zeitraum nur um 15 Prozent.

Die Kienbaum-Studie beziffert das durchschnittliche Brutto-Einkommen von Unternehmensvorständen im Jahr 2013 auf etwa 500.000 Euro. Das ist mehr als das Doppelte dessen, was das Sozio-ökonomische Panel (SOEP) für dieses Jahr erhoben hat. Das SOEP geht davon aus, dass das oberste Prozent der Topverdiener 2013 durchschnittlich nur etwa 200.000 Euro brutto verdient hat.

Die Zahlen des SOEP gehen in viele andere Untersuchungen über Armut und Reichtum in Deutschland ein. Sie bilden auch eine wichtige Grundlage für den "Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung" [⇒ siehe   im Anhang!] und stellen die Kluft zwischen Arm und Reich nur höchst ungenau dar.

Es war bisher schon bekannt, dass die Zahlen über das Einkommen von Topverdienern nur unzureichend erfasst wurden. Zum großen Teil bestanden sie aus Schätzungen, wie sie durch Umfragen und Hochrechnungen des SOEP erfasst wurden. Neu ist das Ausmaß des Auseinanderklaffens zwischen hohen und durchschnittlichen Einkommen.

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Akute „Sonderlage dahoam“. München zwischen Amok-Panik und Terror-Angst

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von Wolfgang Blaschka, München


Bayern ist scheinbar gerüstet für jeden erdenklichen sicherheitsrelevanten Fall, mit Ausnahme eines Atomkrieges vielleicht. Nur gegen etwas ist nicht nur der Freistaat nicht gefeit: Dass seine Bürger durchdrehen. So wie der strebsame 18-jährige in Deutschland geborene und aufgewachsene Schüler Ali David Sonboly, der sich für Hänseleien, handgreifliches Mobbing und Diebstahl an seinen ehemaligen Mitschülern rächen wollte, indem er sie unter falscher Identität zu einem kostenlosen Essen im Fast-Food-Restaurant einzuladen vorspiegelte, um sie zu töten. Doch daraus wurde nichts. Stattdessen tötete der „einsame Wolf“ wahllos neun andere Menschen und verletzte 27 weitere, 10 davon schwer. Die meisten waren Jugendliche wie er selbst, viele mit Migrationshintergrund.

 

 

Einer der wenigen, die eintrudelten, war enttäuscht, dass die angebliche Einladerin nicht zugegen war, und verdrückte sich nach kurzer Begrüßung gleich wieder zum Einkaufen schräg gegenüber. So entkam er der Rache des ehemaligen Mitschülers, der seinem Faible für den norwegischen Nazi-Killer Anders Behring Breivik genau am fünften Jahrestag von dessen Bombenanschlag in Oslo und dem folgenden Massaker auf der Insel Utoya freien Lauf ließ.

Doch nicht nur der labile, psychisch kranke und Ego-Shooter-besessene Ali David drehte durch. Ganz München drehte durch. Und die Polizeiführung griff mächtig in die Speichen des ganz großen Rades, das die gesamte Stadt stillstehen ließ: Es herrschte behördlich verordneter Ausnahmezustand, dem 1,5 Millionen Menschen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren. Die Staatsmacht saß ihren eigenen Terrorphantasien auf, die Bewohner ihrerseits der geschürten Hysterie. Plötzlich wurde angeblich überall geschossen. Der reale „Counter-Strike“ nahm polizeigesteuert seinen unheilvollen Lauf.

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Stoppt den Kreislauf der Gewalt in der Türkei!

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von Connection e.V. und Bund für Soziale Verteidigung und Internationaler Versöhnungsbund

Auszug aus der Broschüre "Stoppt den Kreislauf der Gewalt in der Türkei!"


"Europa hat uns vergessen", das ist die bittere Aussage, die in diesen Tagen so oft im Südosten der Türkei zu hören ist. „Wir dachten, Europa stünde für Menschenrechte und Frieden. Aber im Gegensatz zum Krieg in der Türkei in den 90er Jahren, kümmert sich heute niemand darum, was bei uns geschieht.

Wir, eine von der "War Resisters‘ International" (WRI / Internationale der Kriegsdienstgegner/innen) koordinierte Arbeitsgruppe, hörten dies während einer Delegationsreise, die wir Ende April nach Diyarbakr und Cizre unternahmen. Und tatsächlich spielt der Krieg in den kurdischen Gebieten der Türkei hier in Europa kaum eine Rolle. Die Europäische Union - und allen voran die deutsche Bundeskanzlerin - sucht vielmehr das Gespräch mit der türkischen Regierung und dem Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, damit die Türkei Hunderttausende im Land gestrandete syrische Flüchtlinge davon abhält, in die EU zu kommen.
 

 

In dieser Broschüre dokumentieren wir Berichte über den Krieg, die Realität der Ausgangssperren und der Straßenkämpfe. Verschiedene Organisationen kommen zu Wort. Aber wir zeigen auch auf, welche zivilen Widerstandsformen, welche Solidaritätsarbeit und welche Aktivitäten es gegen den Krieg gibt.


Das Rad dreht sich weiter

Einen besonderen Stellenwert nimmt in dieser Broschüre die ausführliche Analyse des Krieges von Hülya Üçpinar und Andreas Speck ein. Sie stellten ihren Beitrag bereits Mitte März 2016 zusammen, um die Hintergründe für die erneute Eskalation des Konflikts zwischen der Türkei und der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu beschreiben. In der Zwischenzeit gab es weitere Entwicklungen, an die wir an dieser Stelle erinnern wollen:

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Grenzpraktiken: Skandalisierung ungarischer und österreich. Ausgrenzungspolitik

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von Anja Svobodovna


Eine syrische Geflüchtete wurde von Grenzpolizei angeschossen, innerhalb des Schengen-Raums, an der slowakisch-ungarischen Grenze. Kaum Aufmerksamkeit. Keine Demonstrationen. Kein Aufschrei. Ein Vorfall von vielen.

Empörung bleibt aus. Es werden keine Konsequenzen gezogen aus den Praktiken an den äußeren europäischen Grenzen, wie dem Erschießen von Geflüchteten an den syrisch-türkischen und bulgarisch-türkischen Grenzen und brutaler Gewalt an diesen und weiteren Grenzen. Die mangelnde Aufmerksamkeit ist im Angesicht zentral- und westeuropäischer rassistischer Ignoranz nicht verwunderlich.

Dass das Schießen auf Geflüchtete an der ungarisch-slowakischen Grenze auch so wenig Reaktionen hervorruft, lässt sich nun wohl nicht mit dem allzu beliebten Argument der geographischen Nähe und ‚europäischen Verbundenheit' erklären (siehe Brüssel vs. Aleppo), sondern nur noch durch die Normalisierung von menschenverachtender Politik.

 


Die Zustände werden normalisiert

Neue Gesetzgebungen, schärfere Rhetorik und das Bekanntwerden von noch schlimmerer Praxis überraschen nicht mehr, sondern beginnen zu lähmen.

Dabei wäre es unsere Aufgabe zu diskutieren und zu skandalisieren, was passiert, weil es nicht nur lange nicht da gewesene Einschnitte in menschenwürdiges Leben sind, sondern weil das Ausbleiben von Skandalisierung und detaillierter Information ein weiterer Schritt auf dem Weg von Vergessen und Ausblenden ist. In diesem Sinne hier ein Überblick über die aktuellen dramatischen Verschlechterungen in Ungarn und Österreich und die sich gegenseitig aufstachelnde Politik der jeweiligen Regierungen.

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Friedensmarsch nach Kiew - Zehntausende sind dabei

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Friedensfahrt Berlin-Moskau solidarisiert sich mit Friedensmärschen orthodoxer Kirchen in der Ukraine


Seit 3. Juli versammeln sich Zehntausende von Bürgern und Gläubigen der orthodoxen Kirchen in der Ukraine, darunter viele ältere Menschen, Frauen und Kinder, um aus Westen und Osten über mehrere Hundert Kilometer nach Kiew zu pilgern. Dort versammeln sich die Teilnehmer am 27. Juli zu einer Friedenskundgebung, bei der über eine Million Menschen erwartet werden. Die Friedensmärsche stellen eine gemeinsame Initiative der über zwei Jahrzehnte hinweg tief zerstrittenen Kiewer und Moskauer Patriarchate der russisch-orthodoxen Kirche dar.
 

 

Initiator Dr. Rainer Rothfuß und die Organisatoren der Friedensfahrt Berlin-Moskau solidarisieren sich mit dieser ukrainischen Friedensinitiative von historischem Ausmaß.

"Wir danken den Teilnehmern der ukrainischen Friedensmärsche, die unter großen Entbehrungen hunderte Kilometer Fußmarsch auf sich nehmen, um eine drohende Eskalation des Krieges in der Ukraine abzuwenden. Letztlich entscheidet sich am Ukraine-Konflikt die Frage über Krieg oder Frieden und über weitere wirtschaftliche Trennung oder Zusammenwachsen des europäischen Raums in Richtung Osten", so Dr. Rainer Rothfuß.

Die Organisatoren der Friedensfahrt, die vom 7.-21.8.2016 über 4200 km in Privatfahrzeugen durchgeführt wird, sind überzeugt, dass diese vom ukrainischen Volk getragene Friedensinitiative einen ebenso wichtigen Beitrag zur Beendigung des Konfliktes leisten kann wie politische Bemühungen auf höchster Ebene.

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Der Putsch in der Türkei der US-Militarismus und die Zerstörung der Demokratie

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von Bill Van Auken / wsws.org


Eine Woche nach dem gescheiterten Militärputsch gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan besteht kein Zweifel mehr, dass Washington maßgeblich an den blutigen Ereignissen in Istanbul und Ankara beteiligt war.

Hochrangige türkische Militärs mit engen Beziehungen zum Pentagon waren direkt in den Umsturzversuch involviert. Zu ihnen gehört auch der Kommandeur des Luftwaffenstützpunkts Incirlik, auf dem die USA ihr größtes Atomwaffenarsenal in Europa lagern. Von dort aus fliegen sie Bombenangriffe gegen den Irak und Syrien. Mehrere Flugzeuge, die den Putsch unterstützten, starteten unter den Augen des US-Militärs von Incirlik. Als sich abzeichnete, dass der Putsch scheitern würde, ersuchte der türkische Kommandeur des Stützpunkts um Asyl in den USA.
 

 

Am Mittwoch, den 20. Juli stellte sich heraus, dass Russland die türkische Seite vor dem bevorstehenden Putsch gewarnt hatte. Die Warnung beruhte auf abgefangenem Funkverkehr zwischen den Putschisten, der an den türkischen Geheimdienst Millî İstihbarat Teşkilâtı (MİT) weitergeleitet wurde. Erdoğan wurde die Warnung so rechtzeitig übermittelt, dass er es schaffte zu fliehen – eine knappe halbe Stunde, bevor ein Sondereinsatzkommando den Badeort [Marmaris, Erg. H.S.] erreichte, in dem der türkische Präsident Urlaub machte. Das Kommando hatte den Auftrag, ihn entweder umzubringen oder gefangen zu nehmen.

Kann man glaubhaft annehmen, dass die CIA und das amerikanische Militär mit ihrer massiven militärischen Präsenz in der Region und den umfangreichsten elektronischen Überwachungssystemen der Welt von diesem Funkverkehr nichts gewusst haben?

Wenn der Militär- und der Geheimdienstapparat der USA diese Informationen nicht an die türkische Regierung weitergeleitet haben, dann liegt der Grund dafür auf der Hand: Sie waren an dem Putschversuch beteiligt. Obama wollte Erdoğan nicht warnen, er wollte seinen Tod.

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"Ich glaube nicht an Gewalt" - zur Menschenrechtssituation in Ägypten

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Ein Gespräch mit dem ägyptischen Kriegsdienstverweigerer Mohamed Fathy Abdo Soliman


von Bernd Drücke


Unterdrückung und Menschenrechtsverletzungen sind in Ägypten an der Tagesordnung. Präsident Abd al-Fattah as-Sisi regiert das Land autoritär und rücksichtslos. Das Militär hat fast unumschränkte Macht und erstickt politischen Protest mit äußerster Brutalität und Härte. Nur wenige Menschen wagen es in dieser Atmosphäre der Einschüchterung und Gewalt, sich dem Militär entgegenzustellen und den Kriegsdienst zu verweigern. Mohamed Fathy Abdo Soliman ist einer von ihnen. Um der Repression zu entgehen, floh er 2015 aus Ägypten. Zurzeit lebt er in Deutschland und hofft, Asyl zu erhalten. Für die Graswurzelrevolution interviewte ihn Koordinationsredakteur Dr. Bernd Drücke im Mai im GWR-Büro. Das Gespräch wurde aufgezeichnet und anschließend von hm übersetzt. (GWR-Red.)


Bernd Drücke: Hallo Mohamed, stellst du dich bitte kurz vor?


Mohamed Fathy Abdo Soliman: Ich heiße Mohamed Fathy Abdo Soliman und komme aus Ägypten. Ich bin Friedensaktivist und verstehe mich als Agnostiker, bin also kein Muslim. Zudem bin ich Nubier, gehöre also einer in Ägypten benachteiligten Bevölkerungsgruppe an.

2012 wurde ich aufgefordert, meinen Militärdienst anzutreten, aber ich habe mich geweigert, denn ich glaube nicht an Gewalt. Krieg ist keine Lösung. Dazu kommt, dass in Ägypten das Militär massiv im Inneren eingesetzt wird, um Demonstrationen und Proteste auf den Straßen zu unterdrücken. Dabei werden Menschen auf offener Straße erschossen. So wie es auf dem
Tahrir-Platz geschehen ist. Daran möchte ich mich nicht beteiligen.


 

Wenn du Glück hast, und nur dann, musst du beim Militär nicht auf Menschen schießen, sondern bekommst einen Sklavenjob in einer Fabrik, in der Industrie. Dem Militär gehören nämlich über 40% der ägyptischen Volkswirtschaft. Viele Rekruten werden in den Militärbetrieben zur Arbeit eingesetzt.

Sie bekommen keinen Lohn und sind dem Militärgesetz unterstellt.

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Bankenkrach – der Nächste?

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von Leo Mayer / isw München


Jetzt kommt so etwas wie die zweite Welle – neun Jahre nach der Finanzkrise“, warnt der ehemalige Schweizer Zentralbankchef Philipp Hildebrand. Der Deutsche-Bank-Chefökonom fordert schon mal 150 Milliarden für Europas Banken. Angeblich ist der Brexit schuld. Doch das Problem liegt tiefer.

Seit dem Brexit-Referendum sind Europas Banken wieder in die Debatte gerückt. Innerhalb von zwei Tagen verloren die europäischen Banken fast ein Viertel ihres Börsenwerts. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass der Absturz der Banken bereits in vollem Gange war: Vom Mai 2015 bis April 2016 stürzte der Sammelindex des europäischen Bankensektors ‚Stoxx Europe 600 Banks‘ (600 Unternehmen aus 18 europäischen Ländern) um über 30 Prozent ab. So ist das Brexit-Referendum mehr der Zünder als der Grund der neuen Bankenkrise.


Italiens Banken in der Krise

Im Zentrum stehen die italienischen Banken, allen voran die älteste Bank der Welt und gegenwärtig der gefährlichste Brandherd der Finanzwelt, die Banca Monte dei Paschi di Siena (MPS). Diese hat faule Darlehen von rund 47 Milliarden Euro in den Büchern – und ist von der Pleite bedroht.
 

 

Insgesamt kommen die italienischen Banken auf 360 Milliarden Euro fauler Kredite, ein Fünftel der italienischen Wirtschaftsleistung. Von diesen 360 Mrd. werden rund 200 Mrd. – 14 Prozent aller Kredite – als ernsthafte Forderungsausfälle eingestuft, d.h. die Kreditnehmer können ihre Schulden nicht mehr bedienen, weil sie pleite sind. Verschärft wird die Situation dadurch, dass die ’notleidenden Kredite‘ in den Bankbilanzen noch mit 41 Prozent bewertet werden – ihr Marktwert liegt aber nur noch bei 18 bis 20 Prozent.

Dieser Berg fauler Kredite ist das Ergebnis von acht Jahren wirtschaftlicher Stagnation. Italien befindet sich seit dem Ausbruch der Finanz- und später der Euro-Schuldenkrise in einem nicht enden wollenden Niedergang – der sich jüngst wieder beschleunigt. Mittlerweile liegt die Wirtschaftsleistung elf Prozentpunkte unter dem Niveau vor 2008 und befindet sich derzeit auf dem Level des Jahres 2000; Italien hat seit Beginn der Krise ca. 30 Prozent seiner Industrieproduktion verloren, die Arbeitslosenquote liegt bei über 12%, die Jugendarbeitslosigkeit kletterte 2015 auf ein Rekordhoch von über 44%. Auch mit seinen Staatsschulden hat Italien im Jahr 2015 einen neuen Rekordstand erreicht (über 2.200 Mrd. bzw. 135% des BIP).

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Frankreichs Terror gegen Syrien: Deutsche Medien schweigen dröhnend

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von Ulrich Gellermann, Berlin


Bei Mord- und Totschlag senden und schreiben sich deutsche Medien mit langen Zeigefingern durch ihre Konsumenten-Landschaft: Der Russe war´s, und wenn der gerade mal nicht zur Verfügung steht, dann wird es einer aus dem afghanisch-pakistanisch-irakischen Raum gewesen sein. Dass der wirkliche Terror, wenn man die Todeszahlen betrachtet, immer und gern seine Ursache in den USA hat und wenn die es mal gerade wirklich nicht waren, dass dann immer und gern eines der "ach so zivilisierten" Länder des Westens in die Bresche bombt, mag der ARD-BILD-FAZ-Verbund zum Verrecken, in des Wortes doppelter Bedeutung, nicht wissen.

Gerade erst verübte Frankreich in Syrien sein gerühmtes Savoir-vivre (Lebensart) an 120 Menschen. An Kindern, an Frauen, an Alten, an Zivilisten. Die lebten jüngst noch in Toukhan al-Kubra, einem Dorf unweit Aleppo. Den Bomben-Vorfall meldete die syrische Regierung umgehend dem UN-Sicherheitsrat. Und Frankreich schweigt, Deutschland auch. Die USA ohnehin. Sind doch nur Syrer. Ist doch kein kostbares europäisches oder gar amerikanisches Leben.
 

 

Ganz zufällig stürzte gerade in Libyen ein französischer Militärhubschrauber ab: Drei tote Soldaten. Was macht die französische Armee in Libyen? Gibt es für den Einsatz einen UN-Beschluss? Das klärt François Hollande, der unglaublich tapfere französische Präsident, gern auf: Frankreich führe in Libyen “gefährliche Aufklärungsoperationen" durch. Am soeben noch lebenden Körper Libyens operiert der große weiße Doktor aus Paris herum. Und warum? Das sagt uns dann der Regierungssprecher Stéphane Le Foll: "Die Spezialkräfte sind da, natürlich um zu helfen und dafür zu sorgen, dass Frankreich überall präsent ist, um gegen die Terroristen zu kämpfen."

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Rassenpolitik und die US-Wahlen

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von Barry Grey / wsws.org


Anlässlich der Wahlparteitage der beiden großen kapitalistischen Parteien – der Republikanische hat am Montag begonnen – bemühen sich die beiden Parteien, allen voran die Demokratische Partei, und ein Großteil der Medien, die Hautfarbe als das vorrangige soziale und politische Problem in Amerika darzustellen.

Damit setzen die Demokraten ihre Jahrzehnte lange Politik fort, verschiedene Formen der Identitätspolitik basierend auf Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung etc. in den Vordergrund zu schieben. Seit dem Polizeimord an zwei Schwarzen, Alton Sterling in Louisiana und Philando Castile in Minnesota, sowie der Erschießung von fünf Polizisten in Dallas hat das einen neuen Höhepunkt erreicht. Die tödlichen Schüssen auf drei Polizeibeamte in Baton Rouge haben die Kampagne noch weiter angeheizt.

Mittwoch letzter Woche veranstaltete Präsident Barack Obama ein Treffen im Weißen Haus mit Vertretern der Polizei, Politikern und etablierten Führern von Menschenrechtsorganisationen wie Al Sharpton sowie bekannten Persönlichkeiten der Organisation „Black Lives Matter“ (Das Leben von Schwarzen zählt) wie DeRay McKesson. Er erklärte die Polizeigewalt zu einer Frage, die ausschließlich die Polizei und die „farbigen Gemeinden“ etwas angeht. Am darauffolgenden Abend hatte er den Vorsitz einer einstündigen Veranstaltung mit demselben Tenor, die von ABC News übertragen wurde.

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Digitalisierung ist Klassenfrage. 24. isw-forum zu digitaler Arbeit und Industrie 4.0

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von Kerem Schamberger / isw München


Wir diskutieren heute über die sich entwickelnde Realität der Wirtschaft. Derzeit gibt es 10 Millionen intelligente Roboter, 2020 sollen es Milliarden sein“, mit diesen Worten leitete Conrad Schuhler das 24. isw-forum im Münchner Gewerkschaftshaus ein. Trotz eines bayernweiten Aktionstages gegen das Freihandelsabkommen CETA, das isw schickte solidarische Grüße, kamen mehr als 70 Menschen. Vor allem Gewerkschafter und Aktivisten sozialer Bewegungen wollten über die vierte industrielle Revolution diskutieren. Die Referenten und ihre Themen versprachen einen interessanten Samstag.
 

 

Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Mitglied im Vorstand der IG Metall, referierte über das Spannungsfeld der digitalen Arbeit – stellt diese eine reine Rationalisierungsstrategie des Kapitals dar, oder beinhaltet sie auch Humanisierungspotential für die arbeitenden Menschen? Thomas Hagenhofer, Mitglied im ver.di-Arbeitskreis Medienberufe, beschäftigte sich mit der Frage, ob Digitalisierung zu menschenleeren Fabrikhallen führen wird und wie weitere Auswirkungen auf die Beschäftigung aussehen könnten. Last but not least drehte sich bei Marcus Schwarzbach, Berater für Betriebsräte, alles um Digitalisierung und Arbeitszeit.

Urban stellte zu Beginn fest, dass sich die Debatte um die Digitalisierung durch sehr abstrakte Diskussionen ohne Konturen auszeichnet. Der Begriff Industrie 4.0 wurde erstmals auf der Hannover-Messe 2013 einer breiteren Öffentlichkeit bekannt und war Teil einer Marketingstrategie der großen deutschen Elektro- und Metallindustrie. Er stellte aus dieser Sicht vor allem eine betriebswirtschaftliche Strategie, um Rationalisierungen der Arbeitswelt zu pushen, dar, so der Gewerkschafter. Bisher gäbe es keine verlässlichen Studien zur Digitalisierung der Industrie, sondern vor allem wertvolle Erfahrungsberichte der Betriebsratskollegen.

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Der russische Dämon. Feindbild Russland - das Phänomen der Russophobie

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Jens Wernicke (NDS) im Gespräch mit dem Publizisten Hannes Hofbauer

Die Typisierung „des“ Russen mit allerlei negativen Adjektiven beherrscht aufs Neue die Schlagzeilen deutschsprachiger Medien. Der dabei verwendete Singular ist ein untrügliches Zeichen für Distanz, Abscheu, Hass. Die meinungsbildenden Kräfte im Westen, so lehrt die Zeitgeschichte, freundeten sich mit Russland und seinen Führern nur in der Phase der Zerstörung der Sowjetunion an. Schon kurz darauf schlug die Freude über das Ende der kommunistischen Epoche in Skepsis um.

Das alte Feindbild entstand neu und durchzieht nun wie ein roter Faden die Rezeption Russlands im Westen. Jens Wernicke sprach hierzu mit dem Publizisten Hannes Hofbauer, der in seinem soeben erschienenen Buch „Feindbild Russland“ das Phänomen der Russophobie bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgt und als Werkzeug zur Durchsetzung von wirtschaftlicher und politischer Macht skizziert.

 

Islamophobie, Homophobie, Russophobie


Jens Wernicke: Herr Hofbauer, mitten in die immer schlimmer werdende Hetze gegen Russland publizieren Sie ihr neues Buch. Hoffen Sie, dass die Kriegstreiber noch aufzuhalten sind?


Hannes Hofbauer: Feindbildproduktionen reflektieren Feindschaften; das ist in der Weltpolitik nicht anders als im gesellschaftlichen Leben. Wenn wir uns die neue Ausprägung des alten Feindbildes Russland ansehen, dann hat sich das – nach einer Reihe von Zäsuren, über die noch zu sprechen sein wird – unmittelbar nach dem „Njet“ des ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch zum Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union im November 2013 festgesetzt. Damals wurde allen Beteiligten klar, dass der weitere Vormarsch von EU und NATO in Richtung Osten von Moskau nicht mehr so widerspruchslos hingenommen wird, wie die Erweiterungen des westlichen Einflussbereichs seit den 1990er Jahren.

Ich erwähne das nur gleich zu Beginn unseres Gesprächs, um klar zu machen, dass die „Hetze gegen Russland“ handfeste wirtschaftliche und geopolitische Interessen des Westens begleitet. Seit zur Ukrainekrise eine neue Front – nämlich die im Nahen Osten – hinzugekommen ist, sinken die Chancen auf ein friedliches Miteinander und haben die Kriegstreiber Hochkonjunktur.

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Der Generalbundesanwalt ist eine Beleidigung für die Justiz

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Eine Beleidigung des Generalbundesanwaltes


von Ulrich Gellermann


Darf man die Justiz beleidigen? Natürlich nicht. Ich versuche das trotzdem mal: Der Generalbundesanwalt ist gegenüber Verbrechen der Bundesregierung blind. Er ist eingebunden in ein Netzwerk von Treue und Gehorsam gegenüber einer Staatsmaschine, die mit dem Grundgesetz Fußball spielt und das für eine Notwendigkeit ausgibt.

Der Generalbundesanwalt ist an einer Fälschung beteiligt, die der Bevölkerung eine unabhängige Justiz vorgaukelt, die aber in der grundsätzlichen Frage von Krieg und Frieden Fünf gerade sein lässt. Der Generalbundesanwalt nimmt Weisungen entgegen, auch wenn er gar keine bekommen hat. Der Generalbundesanwalt ist ein gelernter Opportunist. Gut, hier fehlt die Stelle mit den Ziegen, aber dafür gab es keinen hinreichenden Tatverdacht. Alles andere lässt sich belegen.

Am Ende des letzten Jahres hatte die deutsche Regierung in ihrer Weisheit entschieden, die Bundeswehr zu einem „Einsatz“ gegen den IS nach Syrien zu senden. Eine untertänige Mehrheit des Bundestages stimmte diesem Bruch des Völkerrechts zu. Zwar redet die unendlich schlaue Regierung beharrlich von einem „Einsatz“, obwohl mehr als 55 Prozent der Deutschen das für einen „Krieg“ hielten und halten. Aber die Bevölkerung, die bevölkert zwar das Land, aber das reicht dann auch.

Nicht wenige dieser Deutschen sahen mit dem Kriegseinsatz das Grundgesetz und sein Friedensgebot verletzt und zeigten dieses Verbrechen beim Generalbundesanwalt an. Der hat scheinbar lange darüber nachgedacht, denn erst Monate später trudelte ein Serienbrief bei den Anzeigenden ein, unterschrieben von einem/einer geschlechtsneutralen „Schneider-Glockzin“. Wer auch immer drunter steht: Verantwortlich ist ein Generalbundesanwalt, der in unverantwortlicher Weise das Grundgesetz verbiegt und zudem eine grausige Komik verbreitet.

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Feindbild Russland. Geschichte einer Dämonisierung (HANNES HOFBAUER)

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DER BUCHTIPP!

Die Typisierung „des“ Russen mit allerlei negativen Adjektiven beherrscht aufs Neue die Schlagzeilen deutschsprachiger Medien. Der dabei verwendete Singular ist ein untrügliches Zeichen für Distanz, Abscheu, Hass. Die meinungsbildenden Kräfte im Westen, so lehrt uns die Zeitgeschichte, freundeten sich mit Russland und seinen Führern nur in der Phase der Zerstörung der Sowjetunion an. Schon kurz darauf schlug die Freude über das Ende der kommunistischen Epoche in Skepsis um. Das alte Feindbild entstand neu.

Hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg herrscht im Westen wieder eine russophobe Grundstimmung. Washington und Brüssel erlassen Einreiseverbote gegen Diplomaten, verhängen Sanktionen, sperren Konten, schließen Russland aus internationalen Gremien aus, boykottieren sportliche Großereignisse und mobben „Russlandversteher“ in den eigenen Reihen. Ein Stellvertreterkrieg in der Ukraine verfestigt das gegenseitige Misstrauen.
 

               

 

Autor Hannes Hofbauer verfolgt das Phänomen der Russophobie zurück bis ins 15. Jahrhundert, als der Zar im Zuge der kriegerischen Reichsbildung gegen Nordwesten zog. Es ging um Herrschaft, Konkurrenz und Meereszugang. Der Kampf um reale wirtschaftliche und (geo)politische Macht wurde auch damals schon ideologisch begleitet: Der Russe galt seinen Gegnern als asiatisch, ungläubig, schmutzig und kriecherisch, Stereotypen, die sich über Jahrhunderte erhalten haben.

Das Feindbild-Paradigma zieht sich wie ein roter Faden durch die Rezeption Russlands im Westen. Aktuell reagiert diese empört auf die Politik des Kreml, der mit der Machtübernahme Wladimir Putins innenpolitisch auf Konsolidierung und außenpolitisch auf Selbständigkeit setzt. Die Wegmarken der neuen Feindschaft sind zahlreich. Sie reichen vom Krieg der NATO gegen Jugoslawien (1999) über die Verhaftung des Oligarchen Michail Chodorkowski (2003) und die Osterweiterung der NATO, den mit US- und EU-Geldern unterstützten „Farbrevolutionen“ bis zum Krieg um die georgischen Provinzen Abchasien und Südossetien (2008) und hinterlassen die bislang tiefste Kluft im Kampf um die Ukraine (2015), die am überwunden geglaubten West-Ost-Konflikt auseinander gebrochen ist.

„Feindbild Russland“ erzählt die Beziehungsgeschichte des Westens mit Russland und spürt den wirtschaftlichen und geopolitischen Grundlagen der Russophobie nach.

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CETA und die nationalen Parlamente – freut Euch nicht zu früh!

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von Jens Berger / NDS


Nun soll das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA also doch „von den nationalen Parlamenten“ verabschiedet werden. Für viele freihandelskritischen Beobachter ist dies ein Grund zur Freude. Vor allem die Grünen haben bereits angekündigt, aus ihrem Widerstand gegen CETA eine Kampagne zu machen und „CETA zu stoppen“. Das wäre natürlich wunderbar; nur leider scheint Optimismus hier fehl am Platze zu sein. Es ist nämlich noch offen, über was die nationalen Parlamente eigentlich konkret abstimmen sollen und was passiert, wenn ein Staat CETA nicht ratifiziert. Am Ende könnte gar ein Szenario stehen, bei dem Nägel mit Köpfen gemacht werden, während die Gegner noch ihren Widerstand planen.

28 nationale und 14 regionale Parlamente müssen nun auf europäischer Seite „über CETA“ abstimmen. Doch über was genau dürfen die Parlamentarier entscheiden? Über das gesamte Abkommen? Oder nur über den kleinen Teil, der keine EU-Belange, sondern lediglich rein nationale Belange betrifft? Experten schätzen diesen Anteil übrigens auf 5% bis 10% des gesamten Abkommens.

In den deutschen Medien wird diese Unterscheidung seltsamerweise gar nicht vorgenommen. Hier ist CETA ein monolithischer Block, der entweder komplett „EU-only“ ist und ausschließlich in Brüssel verabschiedet werden kann oder ein gemischtes Abkommen, bei dem dann die 42 nationalen bzw. regionalen Parlamente dem gesamten Abkommen zustimmen müssen. Diese Rechtsauffassung teilen die Kanadier aber beispielsweise nicht. Dort heißt es in der angesehenen Zeitung THE GLOBE AND MAIL:

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Deutscher Werberat schützt die Junkfood-Industrie

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foodwatch und die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) legen Einspruch gegen ein Urteil des Deutschen Werberats ein. Dieser hatte eine Beschwerde der Organisationen gegen die EM-Kampagne von Coca-Cola zurückgewiesen. Das absurde Argument: Die Marketingmaßnahmen, darunter Cola-Aktionspackungen mit Panini-Stickern und Cola-Sammeldosen mit den Gesichtern der deutschen Nationalelf, richteten sich nicht explizit an Kinder, sondern in erster Linie an Erwachsene.

foodwatch und die DDG hatten Ende Juni einen sofortigen Stopp der EM-Kampagne von Coca-Cola gefordert und dies mit einem Verstoß gegen Verhaltensregeln für Lebensmittelwerbung begründet. Bei der Kampagne „Hol Dir das Team auf 24 Sammeldosen“ sind die Gesichter der Fußballnationalspieler auf Cola-Dosen abgebildet. Coca-Cola bietet zudem Aktionspackungen mit speziellen Stickern für die beliebten Panini-Alben an.

 


Coca-Cola verstößt gegen mehrere Verhaltensregeln

Coca-Cola verstößt mit seiner Kampagne gegen drei Verhaltensregeln des Deutschen Werberats über die „kommerzielle Kommunikation für Lebensmittel“:

⇒ 1. sei die Kampagne eine „direkte Aufforderung zum Kauf oder Konsum an Kinder“.

⇒ 2. nutze Coca-Cola das besondere Vertrauen aus, das Kinder Vertrauenspersonen wie den deutschen Fußball-Nationalspielern entgegenbringen.

⇒ 3. erschwere die Kampagne das „Erlernen einer ausgewogenen, gesunden Ernährung“.

Zuckergetränke wie Coca-Cola gelten nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als unausgewogene Lebensmittel, für deren Absatz Hersteller kein Kindermarketing betreiben sollten.

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Türkei-Putsch nicht ohne USA. Bundeswehr in NATO-Treue fest an der Seite welcher Türkei?

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von Ulrich Gellermann, Berlin


Seit Wochen kursierten im politischen Washington Gerüchte über einen Militärputsch in der Türkei. Ausgelöst hatte diese Vermutungen der ArtikelCould there be a coup in Turkey?“ von Michael Rubin im Blog des neokonservativen „American Enterprise Institute for Public Policy Research“ (AEI). Das AEI ist ein reaktionärer US-amerikanischer Think Tank in Washington, D.C. und gilt als Denkfabrik jenes militärisch-industriellen Komplexes in den USA, der sich wesentlich durch die Regierungen des Bush-Clans (Vatern und Sohn) vertreten sah. Namen wie Richard Perle, Lynne Cheney und Irving Kristol sind unter den prominenten Fellows des Institut zu finden. Michael Rubin berät für das US-amerikanische Militär hochrangige Offiziere, die in den Irak oder nach Afghanistan beordert werden.

Auch wenn US-Präsident Obama anlässlich des aktuellen Putsch-Versuchs zur Unterstützung der „demokratisch gewählten“ Regierung in der Türkei aufgerufen hat, ist nicht auszuschließen, dass eine andere Fraktion der US-Herrschaften eine andere Politik in der Türkei wünscht. Die Republik Türkei ist seit 1952 Mitglied der NATO. Nahezu zeitgleich kämpfte die türkische Armee an der Seite der US-Armee im Koreakrieg (1951-53): Rund 6.000 türkische Soldaten unterstützen den Machtanspruch der USA im Konflikt mit der Volksrepublik China. Seit dieser Zeit ist die Zusammenarbeit zwischen der US-Armee und den Türk Silahlı Kuvvetleri, den türkischen Streitkräften mehr als eng.
 

 

Die türkische Armee begreift sich selbst als Hüterin der Verfassung. Einer Verfassung, die Präsident Erdoğan durch seine Angriffe auf den dort verankerten Laizismus und seine diktatorischen Ansprüche seit langem gefährdet. Im Artikel 2 der Verfassung definiert sich die Türkei als „demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat“. (⇒ komplette türkische Verfassung in deutsch als  im Anhang!)

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Amokfahrt in Nizza: Terror auf allen Kanälen

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von Ulrich Gellermann, Berlin


Von einem "Angriff auf Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" wußte der französische Botschafter in Deutschland, Philippe Étienne, sofort zu erzählen. Aus der fernen Mongolei meldete sich die Terror-Expertin Angela Merkel mit der hochtönenden Botschaft, dass sie im Kampf gegen den Terrorismus fest an der Seite Frankreichs stünde. Der sonderbare Jean-Claude Juncker, der sich nicht nur gut im Steuerrecht auskennt, sondern auch schon mal Botschaften von Außerirdischen empfängt, sprach in einer Erklärung von einem "Terrorakt", den er scharf verurteile. Und Bundespräsident Joachim Gauck, der Mann, der jede Herausforderung annimmt, wenn er nur nicht selbst in den Kampf ziehen muss, blähte sich auf und wusste ganz genau: "Ein Angriff auf Frankreich ist deshalb ein Angriff auf die gesamte freie Welt“.

Zu dem Zeitpunkt, als alle alles wußten, war nichts, aber auch gar nichts klar, außer: Ein Mann aus Tunesien, der in Nizza lebte, ist mit einem LKW in die feiernde Menschenmenge auf der „Promenade des Anglais" in Nizza gefahren und hat nicht zu ermessendes Leid angerichtet. Die britische Premierministerin Theresa May, kaum im Amt und mit dem üblichen Regierungsverstand begabt, rief, wen auch immer, auf: „Wir müssen unsere Anstrengungen verdoppeln, diese brutalen Mörder zu besiegen, die unsere Art zu leben zerstören wollen“.

Plural? Welche Mörder ausser dem Attentäter Mohamed Lahouaiej-Bouhlel kennt sie denn im konkreten Fall? Prätentiös musste der französische Präsident erklären, Frankreich habe es mit einem Gegner zu tun, der allen Ländern den Krieg erklärt habe, deren größter Wert die Freiheit ist. Scheinbar kannte er den Täter. Ob er mit ihm schon mal telefoniert hat? Sahra Wagenknecht von der Linkspartei sagte in eine Kamera, der Anschlag in Nizza sei ein Anschlag auf unsere Freiheit.

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Russland, die EU und europäische solidarische Interessen

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von Peter Weber, Klotten


In der letzten Zeit häufen sich die Meldungen über die offensichtlichen Anstrengungen von westlicher Seite, den Kalten Krieg wieder aufleben zu lassen. Der NATO-Gipfel vom 9.7.2016 in Warschau spricht Bände im Sinne einer reaktionären Gesinnung des Westens. Ich habe mich immer bemüht, die Verhältnisse möglichst objektiv von beiden Seiten zu sehen und zu schildern. Nachdem ich nun einen persönlichen Aufenthalt in Russland erlebt habe fern vom touristischem Pauschalismus und jeden Tag individuell von russischen Gastgebern betreut und geleitet wurde, hat sich dieses Vorhaben mehr als bestätigt.

Daher bin ich ziemlich sicher, daß von Russland keine Gefahr für uns ausgeht. Die Tatsache, daß in Russland keine optimalen demokratischen Zustände herrschen, ändert nichts daran. Auch bei uns liegt einiges im Argen, weshalb wir zunächst vor unserer eigenen Haustür kehren sollten, bevor wir andere maßregeln. Russland jedenfalls hätte viel zu verlieren, sollte es in Richtung Westen intervenieren.

Wladimir Putin ist - genau wie die meisten westlichen Politiker - ein Machthaber und vertritt naturgemäß die nationalen Interessen Russlands wie dies GB, Frankreich, die USA u. a. auf westlicher Seite ebenfalls tun. Aber er ist im Gegensatz zu vielen westlichen Politikern keine Dumpfbacke und klug genug, keine unnötigen Provokationen vorzunehmen. Von Russland ginge nur dann eine Gefahr aus, wenn der Westen weiter auf Aggression setzt und die Gemüter weiter anheizt. Wenn der Westen überreizt, muß er sich nicht wundern, wenn Gegenreaktionen erfolgen.

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IWF an EU: Enteignet eure Bürger!

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Von Ernst Wolff / Autor des Buches „Weltmacht IWF- Chronik eines Raubzugs“


Das globale Finanzsystem gleicht seit 2008 einem Patienten, der auf der Intensivstation liegt und künstlich am Leben erhalten wird. Seine Ärzte sind die Zentralbanken, die ihm immer höhere Dosen immer billigeren Geldes verabreichen und dabei wissen: Ohne diese Behandlung wäre der Patient innerhalb kürzester Zeit tot.

Ähnlich wie mit dem Finanzsystem verhält es sich derzeit mit den italienischen Banken. Sie sind aus eigener Kraft nicht überlebensfähig. Für genau diesen Fall hat die EU die Bail-in–Regelung eingeführt. Sie besagt: In Not geratene Banken sollen nicht mehr wie 2008 durch ein Bail-out, also mit dem Geld der Steuerzahler, sondern zunächst durch die teilweise Enteignung von Aktionären, Einlegern und Sparern gerettet werden.


Italien und EU in der Sackgasse

Dieses Prinzip ist allerdings bereits im vergangenen Dezember bei vier Banken in der Toskana angewendet worden und hat nicht nur dort, sondern in ganz Italien für Aufruhr gesorgt: Es wurde nämlich deutlich, dass es alles andere als sozial gerecht ist. Während ultrareiche Investoren ihre Vermögen durch ihren Informationsvorsprung rechtzeitig abziehen und in Sicherheit bringen konnten, wurden Arbeiter, Angestellte, Kleinunternehmer und Rentner kalt erwischt und über Nacht zwangsenteignet. Einige von ihnen verloren ihre gesamten Ersparnisse.

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Für Deutschland sterben. Die Zukunft der Billiglöhner: Die deutsche Legion

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von Ulrich Gellermann, Berlin


Nos anciens ont su mourir / Pour la gloire de la Légion“ heißt es im Lied der französischen Fremdenlegion, „Unsere Alten wussten zu sterben / Für den Ruhm der Legion“, lautet die deutsche Übersetzung. Das wird man umtexten müssen, wenn die geplante deutsche Legion ihre mörderische Arbeit aufnimmt. Das jüngste Weißbuch der Bundeswehr schafft zwar die Voraussetzung für eine deutsche Legion, aber Alte, die schon für deren Ruhm gestorben sind, hat die neue Fremdenlegion noch nicht aufzuweisen.

"Nicht zuletzt böte die Öffnung der Bundeswehr für Bürgerinnen und Bürger der EU nicht nur ein weitreichendes Integrations- und Regenerationspotenzial für die personelle Robustheit der Bundeswehr, sondern wäre auch ein starkes Signal für eine europäische Perspektive“, heißt es im schönsten von-der-Leyen-Deutsch des Weißbuches, dem wichtigsten Grundsatzdokument deutscher „Sicherheitspolitik“. Und das zitierte Kapitel trägt den unnachahmlichen Titel: "Zur künftigen Personalstrategie der Streitkräfte." (als unten angehängt)
 

      

 

Diese eklige Mischung aus Wehrmachts- und Unternehmensberater-Sprech meint übersetzt: Wir brauchen für Auslandseinsätze eine robuste Todesschwadron, die auch mal alle Fünfe gerade sein lässt. So geht blutige Integrationspolitik. Zur Zeit haben immer weniger junge Leute Lust auf den Dienst in der neuen deutschen Herausforderungs-Armee. Da rekrutieren wir eben das „Regenerationspotenzial“ im Ausland. Und vorläufig beschränken wir uns auf die Fremden in der Europäischen Union, so verstehen wir eine europäische Perspektive.

Den Ostländern laufen doch ohnehin die Bürger weg. Rund drei Millionen junge Polen sind schon ausgewandert. Aus den prekären Ländern Bulgarien, Rumänen und den jugoslawischen Nachfolgestaaten sind ähnliche Zahlen bekannt. Der billigste deutsche Soldat bekommt zur Zeit 2.000 Euro. Da kann sich aber ein Pole ohne Arbeit freuen, wenn er das Geld bekommt. Und wir sorgen auch noch für gesunde Konkurrenz: Das Einstiegsgehalt bei der französischen Fremdenlegion liegt bei 1.280 Euro, das toppen wir auf alle Fälle.

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Friedensfahrt Berlin – Moskau vom 07. – 21. August 2016

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Helmut Schnug / Initiatoren Dr. Rainer Rothfuß und Owe Schattauer


Die Friedensfahrt von Berlin nach Moskau ist eine Bürgerinitiative zur Förderung der Völkerfreundschaft zwischen Deutschland und Russland.

Wir glauben an die Möglichkeit von Frieden trotz der offensichtlichen geopolitischen Agenda verschiedener Länder und Gruppierungen uns unseren europäischen Nachbarn Russland medial als Feindbild zu präsentieren. Anstelle von Sanktionen, militärischen Drohgebärden oder gar Krieg setzen wir auf Kennenlernen und Kooperation zwischen den Bevölkerungen beider Staaten, um das alternativlose, höchste Gut, den Frieden, zu sichern.

Wir sind fest entschlossen, eine am Bedürfnis des Menschen orientierte „Geopolitik von unten“, im Sinne tragfähiger Friedenspolitik auf der Grundlage von Empathie und Völkerfreundschaft, selbst in die Hand zu nehmen. Mit der Friedensfahrt setzen wir ein Zeichen und verbinden Menschen, Vereine, Städte, Firmen und letztlich zwei Völker miteinander.

Diese seitens der Menschen geschaffenen unumstößlichen Fakten der Völkerfreundschaft müssen seitens der Politik respektiert und weiterentwickelt werden.


Initiatoren der Friedensfahrt fordern Dialog mit Russland statt Aufrüstung in Osteuropa

Der Beschluss der NATO-Staaten bei ihrem Gipfeltreffen vom 8.-9. Juli in Warschau zukünftig in Polen, Lettland, Litauen und Estland jeweils 1.000 Soldaten zu stationieren, wird von den Initiatoren der für den 7.-21. August 2016 geplanten Friedensfahrt Berlin-Moskau kritisiert.

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Narrenstreich: NATO verspricht weitere 4 Jahre Krieg in Afghanistan

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von Ron Paul


Der längste Krieg in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika ist gerade noch länger geworden. Auf dem Warschauer Gipfel der NATO 2016 stimmte die Organisation zu, die afghanischen Sicherheitskräfte bis zum Jahr 2020 zu finanzieren. Hand in Hand mit dem Geld gehen natürlich US-Truppen und der NATO, und Tausende von Kontraktoren, Ausbildern und so weiter.

Präsident Obama sagte letzte Woche, dass die USA 3.000 Soldaten mehr als geplant in Afghanistan behalten müssen. Der wahre Grund liegt auf der Hand: der Einsatz ist gescheitert, und Washington kann das nicht zugeben. Obama sagte das allerdings so nicht. Er sagte: „Es liegt im Interesse unserer nationalen Sicherheit, besonders nach all dem Blut und Geld, das wir die Jahre hindurch investiert haben, dass wir unseren Partnern in Afghanistan die beste Chance bieten, zum Erfolg zu kommen.
 

 

So irrational ist die Logik Washingtons. Wo sonst außer in einer Regierung würde man das Argument hören, dass man nicht aufhören kann, Geld für ein Projekt auszugeben, weil man schon so viel nutzlos ausgegeben hat? In der realen Welt tun Menschen, die ihr eigenes schwer verdientes Geld in ein gescheitertes Unternehmen gesteckt haben etwas, was „die eigenen Verluste begrenzen“ heißt. Die Regierung tut das nie.

Reichen 15 Jahre „Blut und Geld” der USA nicht für eine „beste Chance“, um zum Erfolg zu kommen?

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Stellt unsere Kriegsverbrecher vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag

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von Eric Margolis


Der Chilcot-Bericht diese Woche über die Rolle Britanniens beim Einmarsch in den Irak 2003 war so höflich und reserviert wie eine ordentliche englische Teeparty. Keine direkten Beschuldigungen, keine Rede von Kriegsverbrechen durch den damaligen Premierminister Tony Blair oder dessen Leitstern, Präsident George W. Bush. Aber immerhin ziemlich belastend.

Derartige Regierungsberichte und Kommissionen sind eher dazu bestimmt, die Wahrheit zu vernebeln statt zu enthüllen und hässliche Fakten unter Bergen von Papier zu begraben, wie im reizenden Programm „Yes, Prime Minister“ lustig bemerkt wurde.
 

 

Und unter Bergen von Lügen. Die größte Lüge auf beiden Seiten des Atlantiks war, dass die Invasion und Zerstörung des Irak das Ergebnis von „fehlerhaften Geheimdiensterkenntnissen“ war. Die Lager von Bush und Blair und die Medien der Vereinigten Staaten von Amerika und des Vereinigten Königreichs trieben diese absurde Linie voran.

Nachdem ich seit 1976 über den Irak berichtet hatte, war ich einer der ersten, der versicherte, dass Bagdad keine sogenannten Massenvernichtungswaffen besaß, sowie keine Möglichkeiten, diese zu befördern, falls es doch welche hatte. Dafür wurde ich hinausgeworfen und kam auf die Schwarze Liste des führenden TV-Netzwerks und führender Zeitungen in den USA.

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Merkels Hand-Granate: Putin auf Hartz Vier: Fordern & Fördern

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von Ulrich Gellermann, Berlin


Da streckt sie die Hand aus, die Frau im Kostümchen: „Guten Tag Herr Putin, ich hätte gern einen Dialog mit Ihnen“. – Und in ihrer Hand liegt eine Granate. Nur so ist der dieser Satz der Bundeskanzlerin zu verstehen: "Abschreckung und Dialog: Das klare Bekenntnis zu Solidarität mit unseren Bündnispartnern gemäß Artikel 5 des NATO-Vertrags und die ausgestreckte Hand zum Dialog“, das hat die Frau jüngst im Bundestag als letzte Weisheit vor dem NATO-Gipfel in Warschau verkündet.

Es ist die Weisheit des Selbstmordattentäters. Und insofern ist es dann auch die letzte. Lässig tropfte der Frau mit dem Tantengesicht und dem Herzen eines Suizidmörders der Artikel 5 des NATO-Vertrages von den Lippen: „Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird.“ Welcher NATO-Staat ist denn von der Russischen Föderation angegriffen worden? Kein Aufschrei in deutschen Medien, nur die untertänige Weitergabe einer Bedrohungslüge: Mit neuen NATO-Truppen wird zur Zeit nur Russland bedroht. Gelogen hat die Merkel.
 

 

Ton und Gestus der Merkelschen „Abschreckung-und-Dialog-Doktrin“ sind aus den Büros der Agentur für Arbeit bekannt:

  • Sie haben ein Arbeitsangebot, so schlecht es auch sein mag, nicht angenommen? Sanktionen!
  • Sie haben einen Lehrgang, warum auch immer, abgebrochen? Sanktionen!
  • Sie haben nicht genug Bewerbungen geschrieben? Sanktionen!

Das asoziale Hartz-Vier-Instrumentarium nennt diese Methode Fördern & Fordern: Befördert wird der Arbeitslose in den Hungerjob, gefordert wird eine sklavische Demut.

Jetzt also der Präsident der Russischen Föderation: Zuckerbrot und Peitsche wird ihm angeboten, wie einem unmündigen Kind. Nur das Zuckerbrot wurde leider vergessen. Das wurde an den Hasardeur Petro Poroschenko vergeben. Der ukrainische Präsident, obwohl nicht Mitglied der NATO, nahm beim Warschauer NATO-Gipfel am „kleinen Kreis“ teil: US-Präsident Barack Obama, der britische Premier David Cameron, Frankreichs Präsident François Hollande, der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi und die Tante aus Deutschland kamen zusammen.

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Brexit, Russland, Noworossija: Kritischer Blick aus Russland auf die (europäische) Linke

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Kai Ehlers / Boris Kagarlitzki



Kai Ehlers - Der Brexit bringt es an den Tag: Wer geglaubt hat, das politische Russland nähme keinen Anteil am europäischen Geschehen, weil es zu sehr mit sich selber beschäftigt sei, sieht sich dieser Tage eines Besseren belehrt.  

Zwar hält sich das offizielle Russland mit Stellungnahmen weitgehend zurück, um so aufmerksamer jedoch werden die Vorgänge von Seiten der radikaldemokratischen Opposition verfolgt, wie dem unten folgenden Text aus dem Moskauer ‚Institut für Fragen der Globalisierung‘ zu entnehmen ist. Das Institut, das von Boris Kagarlitzki geleitet wird, vertritt die radikaldemokratischen Teile der Opposition in Russland. Seine Vertreter sind nicht zu verwechseln mit den Kritikern, die Putin bis heute mit Argumenten des gescheiterten Jelzinschen Liberalismus attackieren.

Im radikaldemokratischen Lager fühlt man sich aktuell an die Erfahrungen erinnert, die in den zurückliegenden drei Jahren mit dem Verlauf der ukrainischen ‚Revolution‘ gemacht werden mussten, wo Ansätze zur Entwicklung von Demokratie in Nationalismus und Separatismus stecken geblieben sind und schließlich in dem ‚eingefrorenen Konflikt’ endeten, den wir heute sehen.

Zur Kritik an der Politik des Westens, der ‚Demokratisierung‘ predigte, aber wirtschaftlichen Niedergang und die faktische Kolonisierung eines „failed state“ für die Ukraine brachte, kommt die ernüchternde Bestandsaufnahme für den östlichen Teil des Landes hinzu, in dem die Visionen für Autonomie und Selbstbestimmung im Zuge des inner-ukrainischen Krieges in einer Militärverwaltung untergingen.

Zur Erinnerung: Im Juli 2014, kurz nach dem Übertritt der Krim in russisches Staatsgebiet, fand in Jalta/Krim eine Konferenz des internationalen Solidaritätsnetzwerkes der Globalisierungsgegner statt, das zur Solidarität mit den von einem Krieg bedrohten Menschen in der Ukraine aufrief.  Von den rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern kamen vier Fünftel aus den autonomen Republiken Donezk, Lugansk und anderen nach Autonomie strebenden Teilen der Ukraine, die übrigen aus Russland, Europa, Kanada und den USA.

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Frankreich: Neues Arbeitsgesetz per Notverordnung

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von Alex Lantier / wsws.org


Vor dem Hintergrund anhaltender Proteste gegen das geplante reaktionäre Arbeitsgesetz in Frankreich griff Premierminister Manuel Valls erneut auf Artikel 49-3 der Verfassung[1] zurück, um das Gesetz in leicht geänderter Form ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung zu bringen und damit die Voraussetzungen für seine endgültige Verabschiedung zu schaffen. Mehrere hundert Demonstranten auf der Seine-Brücke Pont de la Concorde, die direkt auf das Parlamentsgebäude zuführt, wurden von Bereitschaftspolizei eingekesselt.
 

 

Auch gegen Proteste in zahlreichen anderen Städten setzte die Sozialistische Partei (PS) am Dienstag beispiellose Sicherheitsvorkehrungen in Kraft. Die Demonstration in Paris begann am Place d’Italie. Er wurde abgesperrt und von Bereitschaftspolizei umstellt. Die Demonstrationsteilnehmer wurden einer dreimaligen Durchsuchung unterzogen. Dabei wurden sie von oben bis unten abgetastet. Erst dann durften sie den Platz betreten.

Im Mai hatte die PS bereits den ersten Entwurf des Arbeitsgesetzes mithilfe des Artikels 49-3 durch das Parlament gepeitscht und später angedroht, den Protesttag am 24. Juni unter Berufung auf den Ausnahmezustand zu verbieten. Jetzt gibt sie erneut zu erkennen, dass sie vor nichts zurückschrecken wird, um ihre unsoziale Agenda durchzusetzen. Seit der Vorlage des ersten Gesetzentwurfs im Mai trampelt sie über die massive Opposition der Bevölkerung hinweg. Vor dem Hintergrund der Krise, die durch das Brexit-Votum ausgelöst wurde, und in Erwartung eines wirtschaftlichen Einbruchs will die PS das arbeiterfeindliche Gesetz so schnell wie möglich in Kraft setzen.

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Das britische Referendum: Ein großer Tag in der europäischen Geschichte

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von Boris Kagarlitzki / Direktor des ‚Instituts für Globalisierung und soziale Bewegung’ (IGSO) in Moskau


Aus dem Russischen von Kai Ehlers


Niemand hatte an diesen Sieg geglaubt. Sogar die, die die Kampagne für Großbritanniens Auszug aus der EU angeführt hatten, hatten nicht erwartet, dass am Morgen des 24. Juni 2016 verkündet werden würde, dass die Mehrheit für den Bruch mit der Brüssel’schen Bürokratie und der Politik des vergangenen Viertels des Jahrhundert gestimmt haben würde.

Die britische Entscheidung, sich zurückzuziehen, schickte Sturmwellen über den Kontinent. Die Eliten der Staaten waren verwirrt, die Märkte gerieten in Panik. Euro, Pfund und Öl stürzten ab, die Börsen-Spekulanten waren fassungslos. Die Griechen fühlten sich gerächt für die Art wie sie von der EU behandelt worden waren. Menschen in den benachbarten Staaten diskutierten die Möglichkeit, die britischen Erfahrungen selbst zu wiederholen. Das Bewusstsein der Massen ist an einem Wendepunkt: Was undenkbar schien, was definitiv außerhalb jeder Sphäre der Möglichkeiten zu sein schien, war plötzlich Realität geworden.
 

 

Die EU-Gegner hatten gewonnen trotz der Tatsache, dass alle herrschenden Eliten vereint für die Erhaltung der herrschenden Ordnung gestimmt hatten. Schottische Nationalisten, irische Republikaner, sogar die Labour Party schlossen sich den regierenden Tories an und argumentierten, dass das Land bei einer falschen Wahl vor einer Katastrophe stünde. Die Mainstream-Medien, nahezu die gesamte politische Klasse, die bekanntesten Intellektuellen und Schriftsteller und die Stars im Sport machten Kampagnen gegen den Exit. Die vertrauten Gesichter im Fernsehen schienen zu einem zu verschmelzen. Und dieses eine verschwommene Gesicht log auf die verschiedenste Weise, überredete, schüchterte ein und schmeichelte den Wählern. Leider stimmte in letzter Minute auch noch Jeremy Corbyn, der Vorsitzende der Labour Party in diesen Chor mit ein, allerdings mit Vorbehalt. Angesichts einer drohenden Spaltung der Partei gab er unter dem Druck des rechten Flügels nach und sprach vage davon, „in der EU bleiben zu wollen, um sie von innen zu reformieren“.

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BREXIT Skizze: „Mehr EU“ oder Rückfall in Nationalismus

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Ist das die einzige Alternative?



Europa“, „mehr äußere, mehr innere Sicherheit“, Bildung eines „Kerneuropa“, geführt von einem „Direktorium“, bestehend aus Deutschland, Frankreich, Italien, deren Vertreter schon jetzt beteuern müssen, kein „Direktorium“ sein zu wollen, zugleich „Weiterentwicklung“ der EU-Institutionen zu einer „wahren europäischen Regierung“, die von einem europäischen Parlament kontrolliert werde – wahlweise, falls alles nicht klappe, „mehr NATO“ – solche Schlagworte beherrschen zurzeit die etablierte politische Debatte um die möglichen Konsequenzen, die dem Ausscheiden Englands aus dem EU-Verband zu folgen hätten. Das alles geschieht mit der Begründung, den „Rechtspopulisten“ für die Inszenierung eines Dominoeffektes weiterer Referenden nach ihrer Art und möglichen Gefährdungen durch Russland keine Chancen geben zu dürfen.

Aber sind das die Alternativen: Mehr Zentralismus und „Sicherheit“ oder Rückfall in nationalistische Kleinstaaterei, an dessen Ende möglicherweise neue Kriege stehen könnten?

Nein, das sind schon lange nicht mehr die Alternativen. Forderungen nach Autonomie sind in der EU heute keineswegs nur nationalistisch, fremdenfeindlich oder gar rassistisch orientiert. Man denke nur an die Schotten oder die Katalanen. Seit Jahren und mit zunehmender Erweiterung und in wachsendem Maße  entwickeln engagierte Demokraten Ideen, Vorschläge, Pläne und Aktivitäten für ein Europa selbst bestimmter Völker und Regionen, anstelle einer bürokratischen EU der „Institutionen“. Die Ereignisse in Großbritannien heben das jetzt mit ins Licht.
 

 

Im Folgenden werden die Grundideen, Perspektiven und Problem, die in diesen Zusammenhängen diskutiert werden, vorgestellt:


Europa der Regionen: Wege der Selbstbestimmung auf freiheitlicher und demokratischer Grundlage[1]

Europa, die EU, der Euro-Raum befinden sich in der Krise. Das ist kein Geheimnis. Aus der Wertegemeinschaft, die nach zwei Weltkriegen aus dem Impuls hervorging, nie wieder Krieg, nie wieder Nationalismus, nie wieder Faschismus auf europäischem Boden zuzulassen, treten die Konturen einer Festung Europa immer deutlicher hervor, für die die Konkurrenzfähigkeit im „global play“ oberste Priorität hat. Im selben Zuge kommen Impulse aus der Bevölkerung, die sich unter der Forderung nach mehr Demokratie gegen diese Entwicklung wenden.

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Italiens Bankenkrise: Lunte am Pulverfass EU

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Von Ernst Wolff / Autor des Buches „Weltmacht IWF- Chronik eines Raubzugs“


Während die internationale Öffentlichkeit wie gebannt auf den Brexit und seine Folgen starrte, haben sich in der vergangenen Woche anlässlich der italienischen Bankenkrise hinter den Kulissen der EU dramatische Vorgänge abgespielt. Sie zeigen, dass nationale Regierungen und EU-Bürokratie aus Angst vor der Reaktion der Bevölkerung davor zurückschrecken, die von ihnen selbst zur Aufrechterhaltung des Bankensystems eingeführten rechtlichen Regelungen des Bail-in durchzusetzen. Diese Kapitulation bedeutet im Grunde nichts anderes als dass die Endphase der EU eingeläutet ist.
 

 

Um die Hintergründe und die Tragweite der Geschehnisse zu verstehen, hier zunächst ein Blick auf die Situation der italienischen Banken:


Italienische Banken in tiefer Krise

Die italienischen Banken befinden sich seit Längerem in einer tiefen Krise. Sie führen nach offiziellen Angaben faule Kredite in Höhe von 360 Mrd. Euro in ihren Bilanzen. Erst im Dezember griff die Regierung in Rom ein und rettete vier regionale Banken vor der Insolvenz. Sie griff dazu auf das in der EU eingeführte Bail-in zurück und erleichterte ca. 150.000 Aktionäre und Anleihegläubiger um die runde Summe von 750 Mio. Euro.

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Holländer: Neu abstimmen! Ukrainer rein in die EU, Russen raus aus Europa

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von Ulrich Gellermann, Berlin

Diese Niederländer. Man darf sie einfach nichts fragen. Die sagen glatt NEEN - NEIN. Wo doch die Europäische Union in ihrer Weisheit ein JA erwartet hätte. Gerade erst am 6. April haben die Holländer in einem Referendum mit rund 60 Prozent das EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine abgelehnt. Am Rand des letzten EU-Gipfels, noch ganz unter dem Eindruck des Brexit, hatten die Chefs der Union einen Ausweg gesucht. Denn schon im Jahr 2005 hatten die Niederländer in einem Referendum die Europäische Verfassung einfach abgelehnt. Auch mit rund 60 Prozent. Damals kamen die EU-Oberen endgültig zur Auffassung: Demokratie ist sehr, sehr hinderlich. Flugs bastelten sie den Lissabon-Vertrag. Der war nicht besser als die Verfassung, ließ sich aber an den Völkern vorbei unterschreiben. Das fand man vorteilhafter. Nun also schon wieder die Niederländer.
 

 

Das hatte sich die Europäische Union so schön gedacht, damals im November 2014, als man das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine in die Welt gesetzt hatte: Die Ukraine sollte der EU-Marktvergrösserung dienen, der bisherige Handel der Ukrainer mit den Russen konnte prima gestört und so nebenbei der ukrainische NATO-Vorgarten in ein hübsches Minenfeld verwandelt werden. Hatte man doch mit dem Artikel 7 des Abkommens eine „Annäherung im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik, einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ festgeschrieben. Diese schöne militärische Annäherung bis an die russische Grenze fand doch tatsächlich bei den Russen keinen richtigen Beifall. Und als dem damaligen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch klar wurde, dass der Vertrag weder mehr ökonomische noch sicherheitspolitische Vorteile für die Ukrainer bringen würde und er deshalb das Abkommen aussetzte, da ging der Kiewer Maidan los.

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Nach Brexit-Votum: Künstliche Beatmung fürs globale Finanzsystem

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Von Ernst Wolff / Autor des Buches „Weltmacht IWF- Chronik eines Raubzugs“

 

Die Entscheidung der Mehrheit der britischen Bevölkerung, die EU zu verlassen, hat drei Entwicklungen verdeutlicht: 1. Medien und Politik in Europa verlieren zusehends die Fähigkeit, die öffentliche Meinung zugunsten der Finanzindustrie zu manipulieren. 2. Das globale Finanzsystem kann Erschütterungen wie nach dem Brexit-Votum nur noch durch ein koordiniertes Eingreifen der Zentralbanken überstehen. 3. Der Machterhalt der Finanzelite und das System der parlamentarischen Demokratie sind auf Dauer nicht miteinander vereinbar.


Brexit-Votum hatte mit Demokratie nichts zu tun

Das Brexit-Votum zielte nicht darauf ab, dem britischen Volk die Entscheidung über die eigene Zukunft zu überlassen. Es war ein taktisches Manöver, mit dem die Cameron-Regierung die eigene Politik zur weiteren Begünstigung der Finanzelite absichern wollte. Trotz einer Manipulations-Kampagne von historischem Ausmaß ist dieses Manöver misslungen. 
 

 

Das Brexit-Manöver war nicht das erste seiner Art in der EU. Vor knapp einem Jahr ließ die griechische Regierung die Bevölkerung (auf Grund einer eklatanten Fehleinschätzung der Stimmung im Land) über die Austeritätspolitik abstimmen. Obwohl die überwältigende Mehrheit sich für ein Nein („Oxi“) entschied, verschärfte die Regierung ihre gegen die arbeitende Bevölkerung gerichtete Sparpolitik sogar noch.

Zwar werden Wirtschaft und Politik – entgegen aller anderslautenden Beteuerungen - auch im Falle Großbritanniens alles unternehmen, um die Entscheidung gegen die EU-Mitgliedschaft rückgängig zu machen. Das wird aber nicht verhindern, dass das Brexit-Votum wegen der Bedeutung Großbritanniens als fünftgrößter Wirtschaftsmacht der Erde und als Sitz des Finanzplatzes der City of London international wesentlich höhere Wellen als das Oxi-Votum in Griechenland schlägt.

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TAGESSCHAU auf der Barrikade: ARD ruft die Briten zur Neuwahl auf

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von Ulrich Gellermann, Berlin


Da guckt sie frech aus der Glotze, wie andere aus der Wäsche, die Annette Dittert. Und kommentiert den Brexit in der TAGESSCHAU. Kühn und gnadenlos liest sie den Briten die Leviten, die sich von einem „schrillen Bühnenbild aus unverschämten Lügen und übelster Propaganda“ hätten verführen lassen. Zu etwas was die ARD nicht will: Zum EU-Austritt.

Kann sich einer erinnern, dass die TAGESSCHAU jemals eine ähnliche heldische Haltung zur deutschen Innenpolitik eingenommen hätte? Zum Beispiel als sich eine große Koalition zusammenschob deren sozialdemokratischer Partner geschworen hatte, die Mehrwertsteuer nie und nimmer zu erhöhen, die dann doch von 16 auf 19 Prozent kletterte.  Da hätte die Dittert oder irgendjemand vom ARD-Personal doch kommentieren müssen: „Ein dumpfer Wahlkampf aus mieser Feigheit und in betrügerischer Absicht führte zu einer schrillen Wahlfälschung, deren verlogene Propaganda nun zur Bildung einer Regierung der arglistigen Täuschung geführt hat.“ Kann sich keiner daran erinnern? - Merkwürdig.

Auch keine Erinnerung daran, dass Joachim Gauck wegen seiner unverhüllten Kriegspropaganda jemals in der TAGESSCHAU als „gewissenloser gefährlicher Clown“ bezeichnet worden ist? Sonderbar. Denn so nennt Frau Dittert den Konservativen Boris Johnson, einen der Brexit-Protagonisten.

Nicht, dass man die englische Oberschicht, aus der Johnson ebenso wie Cameron stammt, nicht gut und gern alle Tage gewissenlos nennen dürfte. Aber wer nicht den Mut aufbringt, bei einer der endlosen Queen-Geburtstagsprozessionen, die von der ARD gern statt eines ordentlichen Programms gesendet werden, einen Lach-Sack oder ein Furz-Kissen auf die Tonspur zu bringen, der soll sich aus den Angelegenheiten anderer Völker raushalten, statt diesen Satz abzusondern: „Das britische Volk, das zu dieser Katastrophe von rücksichtslosen Zockern verführt wurde.“ Um dann zu fordern: „Neuwahlen wären vernünftig“.

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Kapitalismuskritiker – auf ewig gespalten? Was Kapitalismus überhaupt ist?

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von Marie-Luise Volk


Müssen wir nicht immer zuerst fragen, was Kapitalismus überhaupt ist? Allein diese Fragen spaltet die Kapitalismuskritiker-Community – zum Nutzen der Kapitaleigner. Kommen die Kapitalismuskritiker aus der “Marx’schen” Ecke, dann stehen die Argumente wie z.B. Eigentum an Produktionsmitteln, Mehrwert-Theorie und die Ansicht, dass Geld den Waren äquivalent sei, im Vordergrund. In dem “Lehrbuch politische Ökonomie” (Verlag Dietz, 1. Aufl. 1954, Kapitel 5) wird die Problematik beschrieben, die in der Geldwirtschaft durch die Trennung von Verkauf und Kauf entsteht:

Die Verdoppelung der Ware in Ware und Geld kennzeichnet die Entwicklung der Widersprüche der Warenproduktion. Beim unmittelbaren Austausch einer Ware gegen eine andere trägt jeder solche Akt isolierten Charakter, ist der Verkauf nicht vom Kauf zu trennen. Etwas anderes ist der Austausch mit Hilfe des Geldes, d.h. die Warenzirkulation. Hier bedingt der Austausch den allseitigen Zusammenhang der Warenproduzenten und die ständige Verflechtung ihrer Tauschgeschäfte. Er bietet die Möglichkeit, den Verkauf vom Kauf zu trennen. Der Warenproduzent kann seine Ware verkaufen und das erlöste Geld zeitweilig zurückhalten.

Sobald viele Warenproduzenten verkaufen, ohne zu kaufen, kann eine Absatzstockung eintreten. Somit schließt bereits die einfache Warenzirkulation die Möglichkeit der Krisen ein.

Stünde aber statt “Warenzirkulation” der Begriff “Geldzirkulation”, dann wäre die eigentliche Ursache exakter beim Namen genannt. Bereits hier kann man erkennen, dass die Begriffe, wenn sie richtig eingesetzt wären, für mehr Klarheit sorgten.

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Die Ursachen der Flucht

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von Conrad Schuhler / Vors. des Instituts für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.


Nach den Angaben des "Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge" (UNHCR) war 2015 ein Rekordjahr der weltweiten Migration. 2015 sind fast 63 Millionen Menschen geflohen. 2005 waren es 38 Millionen, 2010 44 Millionen und 2013 51 Millionen. Die Zahlen werden weiter steigen, weil die wesentlichen Ursachen der Flucht wirksam bleiben – nämlich die Kriege, die Armut und die zunehmende Umweltkatastrophe.

Den Balkan abzuriegeln, wird nur dafür sorgen, dass sich die Fluchtwege ändern. Eine noch massiver ausgebaute „Festung Europa“ wird Tausende mehr im Mittelmeer ertrinken lassen. Doch der Druck wird nicht nachlassen, er wird zunehmen. Der UN-Flüchtlingskommissar hat dieses Fazit gezogen:

„Flucht und Vertreibung prägen unsere Zeit. Betroffen sind die Leben von Millionen unserer Mitmenschen – sowohl jene, die zur Flucht gezwungen wurden als auch jene, die ihnen Zuflucht und Schutz gewähren.“

Sehen sich immer mehr Menschen zur Flucht gezwungen, so kehren andererseits immer weniger in ihre Heimat zurück. Die Anzahl freiwilliger Rückkehrer ist mit 84.000 Menschen auf dem niedrigsten Stand seit drei Jahrzehnten. Mit anderen Worten: Immer mehr Menschen fliehen, immer mehr Menschen beantragen Asyl, und immer mehr dieser Menschen richten sich darauf ein, in den Gastgeberländern länger oder für immer zu bleiben.

Der wesentliche Grund für die zunehmend niedrigen Rückkehrzahlen liegt darin, dass die Gründe der Flucht – die Kriege, das soziale Elend, die Umweltkatastrophen – nicht nur nicht entschärft, sondern im Gegenteil weiter verschärft werden. Um die Gründe für die Flucht zu benennen, müssen wir uns die Herkunftsorte der Migranten anschauen. Hier gibt es eindeutige Schwerpunkte. 2015 kamen aus 10 Herkunftsländern 77 % aller Flüchtlinge. Fast 60 % kamen aus zwei Ländern, Syrien und Afghanistan. Deutschland weist eine übereinstimmende Schwerpunktsetzung auf. 2015 entfallen fast zwei Drittel aller Flüchtlinge auf Syrien, Afghanistan und Irak. Schaut man sich die Liste der Herkunftsländer von Flüchtlingen an, so springen zwei Zusammenhänge sofort ins Auge:

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Nach dem ‚Brexit’: Können wir uns auch von einigen anderen Dingen trennen?

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von Ron Paul


Das Abstimmungsergebnis im Vereinigten Königreich in der letzten Woche, die EU zu verlassen, wird für viele ein Schock gewesen sein, aber das Gefühl, das die britischen Wähler dazu bewegte, die Brüsseler Herrschaft zurückzuweisen, ist nichts einmaliges. Tatsächlich nimmt dieses Gefühl weltweit zu. Frustration mit der Politik wie gehabt, mit politischen Parteien, die in ihrer Grundphilosophie keinerlei Unterschiede aufweisen, mit einer Wirtschaft, die dem einen Prozent auf Kosten des Restes der Gesellschaft dient, ist ein wachsendes Phänomen in ganz Europa und genauso auch in den USA. Die Erscheinungen wie Bernie Sanders und Donald Trump sind nur ein Beispiel für eine frustrierte Öffentlichkeit, die das Gefühl hat, dass etwas mit der Gesellschaft sehr falsch läuft, und die nach einem Ausweg sucht.
 

 

Was im Vereinigten Königreich, in Europa und in den Vereinigten Staaten von Amerika geschieht, ist nichts weniger als ein Zusammenbruch des gesamten Systems. Die Europäische Union war gedacht als eine Zollunion, in der Westeuropa sich nach dem Zweiten Weltkrieg durch freien Handel und ein Zurückdrängen von Bürokratie selbst wieder aufbauen konnte. Durch Korruption und politische Begierde wurde sie zu einer ungewählten Tyrannenregierung in Brüssel, wo die gut Vernetzten gut entschädigt wurden und abgeschottet von den Stimmen der einfachen Bürger.

Was immer in naher Zukunft geschieht – und es steht keineswegs fest, dass die Abstimmung zugunsten von „Brexit“ tatsächlich mit der Trennung des Vereinigten Königreichs von der Europäischen Union enden wird – es wurde eine Linie überschritten, die Unterstützer von mehr persönlicher Freiheit feiern sollten. Für freiheitsbewusste Briten ist die Herrschaft aus London der Herrschaft aus Brüssel vorzuziehen. Gerade wie Texaner der Herrschaft von Austin den Vorzug gegenüber der Herrschaft aus Washington geben sollten. Das heißt nicht, dass die eine oder die andere Option perfekt ist, sie führt immerhin wahrscheinlich zu mehr Freiheit.

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Merkels Waterloo in London: Ein Anfang vom Ende der Markt-Union

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von Ulrich Gellermann, Berlin


Angeführt wird der Merkel-Kampf um London von der extrem revolutionären SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Sie ruft auf ihrer Seite Eins den „Aufstand gegen Brexit“ aus. Wir sehen schon, wie der SZ-Chefredakteur die Kalaschnikows an die Massen rund um den Piccadilly Circus verteilt. Atlantische Stoßtrupps der Redaktion verschenken an den Eingängen zur Londoner Underground Dynamit-Päckchen: Kein Untergrundkampf ohne Stefan Kornelius.

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE konzentriert sich auf das Brexit-Hauptproblem: „Weitere Verluste an den Börsen erwartet“, erste Sammlungen für verarmte Spekulanten werden organisiert. Die DEUTSCHE WELLE, der staatliche Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland, riecht Schnaps. Der "Regrexit" sei unterwegs: „Es ist wie die Reue nach einer durchzechten Nacht. Am Morgen danach denkt man: Was um Gottes Willen habe ich getan?" Aus dem Etat des deutschen Außenministeriums sollen Millionen saure Heringe finanziert werden.

Nur auf die TAGESSCHAU, die staatliche kalte Dusche, die am Abend kommt, kann sich Angela Merkel noch verlassen: „Zwei Millionen fordern neues Brexit-Referendum“ sendet sie. Ihr blöden Briten, ihr habt einfach falsch gewählt. Eine ähnliche Unverschämtheit haben die Griechen mal mit einem OCHI, einem NEIN zum deutschen Willen gewagt. Die wurden dann mit Hunger bestraft. Als die Franzosen und die Niederländer einst in Volksabstimmungen zu Merkels Europa NEIN gesagt haben, da hat man ihnen schnell den Lissabon-Vertrag über das freche Votum gestülpt.

Ihr Briten werdet jetzt so lange das Referendum üben, bis es so sitzt wie die Kostümchen der Dame Merkel: So wie Korsetts das Fett bändigen, so werden wir die Briten zähmen! Ist das klar!? Da assistiert der SPIEGEL doch gerne: „Exit aus dem Brexit“, neu wählen, aber dalli!

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Trotz Votum bestehen Chancen GEGEN EU-Austritt Britanniens

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von Dr. Paul Craig Roberts


Die Brexit-Abstimmung zeigt, dass eine Mehrheit der britischen Wähler davon ausgeht, dass die Regierung des Vereinigten Königreichs andere Interessen vertritt als die Interessen des britischen Volks. So schwierig es ist, ihre eigene Regierung zur Verantwortung zu ziehen, so wissen die Briten, dass sie keinerlei Aussicht haben, die EU zur Verantwortung zu ziehen. Während ihrer Zeit unter der EU sind die Briten an historische Zeiten erinnert worden, in denen Gesetz das Wort des Souveräns war.

Die Propagandisten, die das politische und Medienestablishment des Westens umfassen, konnten erfolgreich die wirklichen Probleme aus der öffentlichen Diskussion draußenhalten und die Abstimmung für den Austritt als Rassismus hinstellen.

Trotzdem konnten sich genügend Briten gegen Gehirnwäsche und kontrollierte Debatte wehren und die wirklichen Fragen erfassen: Souveränität, rechenschaftspflichtige Regierung, finanzielle Unabhängigkeit, Freiheit von einer Beteiligung an Washingtons Kriegen und Konflikt mit Russland.

Das britische Volk sollte nicht so naiv sein anzunehmen, dass seine Abstimmung die Angelegenheit regelt. Der Kampf hat erst begonnen.

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EU – BREXIT: Tür auf für eine Föderalisierung europ. Regionen?

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Schlaglicht auf eine historische Tendenz




von Kai Ehlers, Hamburg


Ein demokratisches Europa miteinander föderal verbundener Regionen, in dem die Menschen selbstbestimmt in kooperativer Gemeinschaft und Wohlstand miteinander leben können, ist eine wunderbare Vision. Was hat der Austritt der Briten aus der „Europäischen Union“ mit einer solchen Vision zu tun? Fördert er sie, schädigt er sie oder zerstört er sie gar?

Spekulieren über die nächsten konkreten Folgen des britischen Referendums macht wenig Sinn. Sehr viel mehr Sinn macht es, sich Gedanken darüber zu machen, in welchem historischen Strom die britische Abstimmung steht. Das soll hier in wenigen ersten Stichworten geschehen. Sie können zugleich ein Licht darauf werfen, in wessen Interesse diese Entwicklung stattfinden könnte.


Zwischen Multipolarität …

Da ist zunächst die Multipolarität: Mit dem Ende der Sowjetunion Mitte der achtziger, Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts fand das Stichwort ‚multipolar‘ zugleich mit dem der Globalisierung seinen Eingang in die strategischen Optionen der neu entstehenden Weltordnung.
 

 

Es war Michail Gorbatschow, der es aus der Selbstbegründung des chinesischen Aufbruchs Mitte der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts in die Debatte darum brachte, wie er sich die neue Ordnung vorstellen könnte – ein Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok im Rahmen einer neuen Gruppierung der Weltmächte.

Unter Boris Jelzin versank die Vision des Multipolaren vorübergehend in der uneingeschränkten westlichen Dominanz über Russland, vor allem jener der USA. Unter neuen Zielsetzungen tauchte sie erst unter Wladimir Putin wieder auf, fand in den Verbindungen der BRIC-Staaten (heute BRICS), der "Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit" (SOZ), in Russlands Forderungen nach Reformen der Vereinten Nationen, um die herum sich die verschiedenen globalen Newcomer scharten, ihre Aktualisierung. Russland wurde zu ihrem Impulsgeber.

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Langzeitarbeitslose Menschen aus HARTZ-IV herausholen

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Vom Sozialen Arbeitsmarkt zum öffentlich geförderten Beschäftigungssektor


von Laurenz Nurk, Dortmund


Die Einführung der HARTZ-IV-Gesetzgebung hatte 2005 offiziell das wichtigste Ziel, die Arbeitslosigkeit, vor allem die Langzeitarbeitslosigkeit, zu senken. Nun, über 10 Jahre später, hat sich nicht viel getan, außer dass die Erwerbslosigkeit immer wieder individualisiert wurde und der HARTZ-IV-Bezieher in der untersten sozialen Stellung angelangt ist.

Da ist es leicht, irgendwelche Missbrauchsdebatten anzuleiern, diese Menschen als Minderleister abzutun, die erst einmal gebildet und weiterqualifiziert werden müssen, deren angebliche persönliche Probleme  bearbeitet und die mehr und mehr in privaten Unternehmen als Arbeitskräfte fast ganz ohne Kosten für den Betrieb ausgebeutet werden.

Immer wieder geht es um Programme und Maßnahmen und die x-ten Arbeitsmarktstrategien mit einem Sozialen, einem Zweiten oder einem Dritten Arbeitsmarkt, die es nun richten sollen. Seit 2012 ist überhaupt kein Rückgang der Zahl langzeitarbeitsloser Menschen mehr zu verzeichnen. Die ausschließliche Orientierung in Richtung erster Arbeitsmarkt ist offensichtlich gescheitert.

Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der Flüchtlingstragödie muss eine breite gesellschaftliche Initiative zur Schaffung von guter öffentlich geförderter Beschäftigung entwickelt werden. Den Menschen in der Bundesrepublik Deutschland wurde 2005 mit der HARTZ-IV-Gesetzgebung vorgegaukelt, dass mit diesem Instrumentarium vor allem die Arbeitslosigkeit abgebaut werden sollte. 10 Jahre später redet niemand mehr davon und das Wort Vollbeschäftigung hört man auch in Gewerkschaftskreisen nicht mehr.

Durch die herrschende öffentliche Meinung ist es für Viele selbstverständlich geworden, dass Menschen die unter der HARTZ-IV-Gesetzgebung zu leiden haben, ihre Lebensgrundlage entzogen wird, um Zwang auszuüben und die besonders Benachteiligten, die über keine sonstigen Mittel verfügen, gefügig zu machen.

Dass die offiziellen Arbeitslosenzahlen etwas gesunken sind, kommt nicht von ungefähr. Dahinter steht eine Fragmentierung und Prekarisierung des Arbeitsmarktes, mit der fast kein Beschäftigungsaufbau einherging. Dennoch und das ist einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik ist es gelungen, die Löhne von der Produktivitätsentwicklung zu entkoppeln und die Gewinne explodieren zu lassen.

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Goodbye England! Guten Morgen Deutschland

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von Ulrich Gellermann, Berlin

 

Von allen öffentlichen Lippen tropft, nach dem Brexit, eine neue Europäsche Union: Jetzt müsse sie aber sozialer werden. Jetzt müsse man aber den kleinen Leuten mal den Sinn der EU erklären. Jetzt müssen man aber mal die EU besser machen. Besser für wen? Für die Griechen, die von der EU in Hunger und Selbstmord getrieben wurden? Für die Spanier oder Portugiesen, deren Jugend ohne Zukunft ist? Für die Balten, die in Massen ihre Länder verlassen und vor dem neoliberalen Würgegriff in andere Länder fliehen? Für die Deutschen, denen aus dem Thatcher-Blair-England die Agenda 2010 importiert wurde? Für die Ukrainer, die man mit der Schimäre eines besseren EU-Lebens in einen Konflikt mit Russland gezwungen hat?

Der Brexit sei traurig, belehrt uns der Außenmeier, die Silberlocke auf dem Kopf der übergroßen Koalition. Todtraurig für die Hartz-Vierer, die jetzt nicht mehr mal eben nach London jetten können? Beklagenswert für die Frauen an den Supermarktkassen, deren private Pfund-Sterling-Reserven nun entwertet werden? Trostlos für die deutschen Hooligans, denen die Reise zu einer ordentlichen Prügelei in Manchester bald erschwert sein wird?

Nein. Deprimierend wird es für die deutsche Waffenindustrie, die Handelserschwernisse fürchtet, denn immerhin hatte sie im ersten Halbjahr 2015 bereits für 1,5 Milliarden Rüstungsdreck an das Vereinigte Königreich verkauft. Hoffnungslos für die Finanzbanker, deren ständige Boni-Erhöhungen in der Londoner City vorgelebt und zur Nachahmung empfohlen wurden. Erschreckend für alle Atlantiker, denn Großbritannien war und ist der treueste europäische Partner in allen Kriegen der USA.

Es seien mehr als 2.500 deutsche Unternehmen, die Niederlassungen in Großbritannien hätten, barmt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. An die über 5.000 deutschen Unternehmen in Russland, deren Existenz durch EU-Sanktionen gefährdet wurden, hat man jüngst noch kaum einen Gedanken verschwendet. Etwa die selbe Zahl an Unternehmen existiert in China. Müssen Russland und China jetzt schnell in die EU, um die englische Lücke zu schließen?

Und weiter denkt die SÜDDEUTSCHE über die Kosten nach, die jetzt auf „uns“ zukommen: Denn die Briten haben bisher „knapp fünf Milliarden Euro Netto pro Jahr aufgebracht. Fällt ihr Beitrag weg, wird Deutschland den Löwen-Anteil übernehmen müssen.“ Ach, ja, wer sagt das? Die Leute, die seit Jahr und Tag ihren Export über „unsere“ EU-Zuschüsse finanzieren. - Eine große Welle der Traurigkeit soll über das Land schwappen, damit „wir“ uns den Kopf der Unternehmer und ihrer Polit-Bürokratie in deutschen und europäischen Ämtern zerbrechen. Es gibt kein wir, es gibt nur die oder uns.

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Deutsche Großmachtansprüche: Merkel verkündet massive Aufrüstung der Bundeswehr

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von Johannes Stern / wsws.org


Deutschland will noch massiver aufrüsten als bisher bekannt. Das verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstagabend in einer Rede auf dem Wirtschaftstag der CDU in Berlin. „Wir stehen asymmetrischen Konflikten gegenüber, wie wir sie bislang noch nicht gekannt haben“, erklärte Merkel vor führenden Vertretern der deutschen Wirtschaft. „Die Verteidigungsfähigkeit der Europäischen Union“ sei jedoch „noch nicht darauf abgestellt, alleine die Sicherheit in unserem eigenen Gebiet zu sichern.

Die Schlussfolgerung der Kanzlerin: „Ein Land wie Deutschland, dass heute 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgibt und ein Land wie die Vereinigten Staaten von Amerika, das 3,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgibt werden sich annähern müssen. Es werde „auf Dauer nicht gutgehen, dass wir sagen, wir hoffen und wir warten darauf, dass andere für uns die Verteidigungslasten tragen.

Merkels Rede wird in den Medien als das gefeiert, was sie ist: Ein weiterer Meilenstein in der Rückkehr des deutschen Militarismus, seit Bundespräsident Joachim Gauck, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang 2014 offiziell die außenpolitische Wende verkündet hatten.

Das Handelsblatt titelte am Donnerstag in großen Lettern „Deutschland rüstet auf“ und nannte die Ankündigung Merkels eine „Zeitenwende“. In den vergangenen 25 Jahren hätten „Bundesregierungen unterschiedlicher Couleur dankbar die Friedensdividende eingestrichen“ und der Anteil der Wehrausgaben am BIP sei von 3,4 Prozent Mitte der 1980er-Jahre auf knapp 1,2 Prozent gesunken. Nun signalisiere Merkel „dass sie bereit ist nachzulegen“.

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Merkels Minsker Märchenstunde

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von Kai Ehlers, Hamburg

Die Parallel zu den NATO-Übungen in Polen [ KN-Artikel hier und hier], begleitet durch die neue Zielvorgabe von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die deutschen Militärausgaben über das von der NATO geforderte Maß auf das der Vereinigten Staaten heben zu wollen, sollen nach dem Willen der EU, allen voran der deutschen Kanzlerin Merkel, nun auch die Sanktionen, welche die EU im Sommer 2014 gegen Russland beschlossen hat, um ein weiteres halbes Jahr bis Ende Januar 2017 verlängert werden. Dies beschlossen die Botschafter der 28 EU-Staaten bei ihrem letzten Treffen Anfang Juni einstimmig. Ihr Beschluss wurde soeben von Brüssel bestätigt.  
 

Als Begründung für die Notwendigkeit der Verlängerung der Sanktionen wurde von der Botschafterversammlung angegeben, dass es mit der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen, die im Februar 2014 zwischen Angela Merkel, François Hollande, Wladimir Putin und Petro Poroschenko als „Reaktion auf Russlands Unterstützung der Separatisten“ beschlossen wurden, noch ‚gewaltig hapere‘, so der Tenor im Mitteilungsblatt der Regierung, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 22.06.2016, dem ein ausführlicher Bericht zu dem Treffen zu entnehmen war. In dem Bericht heißt es:

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Die USA spielen gegen Russland Eskalation

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von Valentin Vasilescu


Um seine Besetzung Ost- und Zentral-Europas weiter voran zu treiben, vervielfacht Washington seine Warnungen vor der "russischen Gefahr". Eine intensive Pressekampagne denunziert die ex-sowjetische Propaganda, während Militär-Experten Alarm schlagen über das Ungleichgewicht und die Notwendigkeit des US-Schutzschildes. Letzter Zombie dieser organisierten Hysterie ist ein Bericht der RAND Corporation [  im Anhang!] über eine mögliche - aber unwahrscheinliche - russische Invasion der baltischen Staaten.

Die atlantische Allianz hat ein BIP von 35.000 Mrd $, gibt aber davon für ihre Verteidigung nur 1.000 Mrd $ aus (von denen 700 Mrd $ allein auf die USA entfallen). Um Ton angebend zu sein, hat Washington für 2016 ungefähr 3,4 Mrd $ bewilligt, um die Ost-Flanke der NATO zu verstärken, d.h viermal mehr als zuvor. Dieses Budget beinhaltet den Aufmarsch von 4000 GI’s mit 250 Panzern und Bradley-Transportfahrzeugen, M109A6 Paladin 155mm Panzerhaubitzen, begleitet von 1.700 weiteren gepanzerten Fahrzeugen in sechs Ländern Ost-Europas.

Angesichts der Tatsache, dass die NATO-Mitglieder nicht gewillt sind für diesen Zweck bedeutenden Summen zu investieren, erfindet das Pentagon aller Arten von apokalyptischen Szenarien, die darauf abzielen, seine Verbündeten unter Druck zu setzen, damit sie sich an diesem gigantischen "Abschreckungs"-Apparat gegen Russland beteiligen. Die zusätzlichen jährlichen Kosten betragen 2,7 Mrd $. Die USA haben die neutralen Nachbarstaaten der Ostsee, wie Schweden und Finnland, gezwungen, auf ihrem Territorium NATO-Übungen zu organisieren. Parallel dazu haben die von Erfolg gekrönten Militäraktionen Russlands auf der Krim und in Syrien im Pentagon - welches in Europa im Gegensatz zu den 80er Jahren über eine Kontingent von 35.000 Mann verfügt -  zu Tobsuchtsanfällen geführt.

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Front National und AfD: Die soziale Abgrenzung nach unten ist ein ganz zentraler Punkt

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von Sebastian Chwala im Gespräch mit Patrick Schreiner via NachDenkSeiten


Ein Interview mit Sebastian Chwala über die Politik der Rechten sowie über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der deutschen AfD und dem französischen Front National. Chwala ist Sozialwissenschaftler. Im Herbst 2015 erschien von ihm bei PapyRossa eine Analyse der Programmatik, Geschichte und Wählerschaft des Front National. Das Interview führte Patrick Schreiner.


Patrick Schreiner: Sie haben sich in Ihrem Buch mit der Programmatik und der Wählerschaft des extrem rechten französischen Front National befasst. Von wem wird der FN denn gewählt, und was macht die Partei programmatisch, um diese Menschen für sich zu gewinnen?


Sebastian Chwala: Es existiert nicht das eine soziale Millieu oder die spezielle Berufsgruppe, von der man sagen könnte, sie wäre ausschließlich oder überwiegend für den Erfolg des Front National verantwortlich. Tatsächlich spricht der FN eine breite Gruppe von Wählerinnen und Wählern an. Sowohl Arbeiter als auch Angestellte und Kleinunternehmer wählen die Partei. Entgegen der Vermutung, dass vor allem ältere Menschen und Rentner sich in dem eher sozialkonservativen Programm wiederfinden, ist die Wählerschaft eher jung und erwerbstätig. Auch Erwerbslose finden sich dort. Diese Gruppe geht aber eher selten zur Wahl.

Seine Wähler versucht der FN vor allen Dingen mit zwei Themen zu binden: mit einem offenen anti-muslimischen Rassismus und mit der Ablehnung der Europäischen Union. Gleichzeitig positioniert sich der FN als starker Interessenvertreter des Kleinunternehmertums, welches eine zentrale Rolle in der nationalen Reindustrialisierungsstrategie der Partei spielen soll. Bemerkenswert ist, dass die FN- Programmatik Veränderungen erfahren hat. Nicht in den Kernaussagen, aber im Ton. Heutzutage kommt ein FN-Papier viel massentauglicher und ohne aggressive Sprache daher. Noch vor 20 oder 30 Jahren war das anders gewesen.

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Globales Zwischenhoch: Putin Krisenmanager – Chance oder Irrtum?

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von Kai Ehlers, Hamburg


Die Augen müsse man sich reiben, alles werde auf den Kopf gestellt, konnte man dieser Tage in dem führenden Blatt der deutschen Konservativen, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 20.06.2016 lesen.

Empörung breitete sich auf den Bonner und Brüsseler Etagen aus. Einen „ungeheuerlichen Vorwurf“  erkannte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen. Eckpfeiler der deutschen, der europäischen Außenpolitik, gar der NATO-Strategie sah man bedroht. Man wolle doch nur die Sicherheit an Russlands Grenzen sichern; ein anderes Interesse als Friedenserhaltung verfolge die NATO nicht, schob Generalsekretär Jens Stoltenberg am Tag darauf nach.


Putins Angebot: Weg mit den Sanktionen

Was war geschehen? Auf dem 20. Petersburger Wirtschaftsforum vom 17.06.2016, zu dem rund 500 Vertreter und Vertreterinnen von ausländischen Unternehmen aus 60 Ländern, vornehmlich aus dem Nahen Osten und Asien, aber auch aus den USA und der EU angereist waren, unter ihnen auch der Präsident der Europäischen Kommission der EU, Jean-Claude Juncker, hatte Russlands Präsident Wladimir Putin seine Gäste aus der EU mit dem Angebot überrascht, die von Russland als Reaktion auf die vom Westen nach den Krim-Ereignissen gegenüber Russland verhängten Sanktionen von Russlands Seite her aufzuheben. Gemeinsam könne man an den Aufbau einer eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft gehen  – wenn Russland sich darauf verlassen könne, anschließend nicht (man konnte das feine ‚wieder‘ mit heraushören) betrogen zu werden.

Und nicht nur das: Nicht nur lobte UN-Präsident Ban Ki-Moon Gastgeber Putin für seinen mutigen Schritt und dankte für sein Engagement in Syrien, nicht nur kniff sich Juncker eine Zustimmung zu dieser Perspektive ab, vorausgesetzt, dass Russland sich weiter kooperativ zeige, nein, allen voran nutzte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier die Gut-Wetter-Lücke zwischen dem Treffen in St. Petersburg und der für den 8. und 9. Juli bevorstehenden NATO-Tagung, mit Hinweis auf das zur Zeit in Polen durchgeführte NATO-Groß-Manöver „Anaconda“ [ KN-Artikel hier und hier] in der „Bild am Sonntag“ öffentlichzu mahnen: „Was wir jetzt nicht tun sollten, durch lautes Säbelrasseln und Kriegsgeschrei  die Lage weiter anzuheizen.


Aber war denn nicht alles ganz anders …

Aber die so Ermahnten können es einfach nicht glauben. War denn nicht alles ganz anders? Werden damit nicht alle Tatsachen auf den Kopf gestellt? War es nicht so, wie man es in einem Artikel der FAZ vom 20. Juli lesen konnte?

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Einige Gedanken zum Holocaustdiskurs

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von Elias Davidsson, Kirchen


Wie jedes Großereignis der Geschichte zeichnet sich der Diskurs über den Holocaust durch einige merkwürdige Merkmale aus, die mich zur Niederschrift der folgenden Gedanken veranlasste. Nicht unerheblich sind Versuche, den Holocaust in die Nähe der Anschläge vom 9/11 zu rücken. Aber der Reihe nach.

Zuerst soll hier erwähnt werden, dass gerade in der hebräischen Sprache das religiöse Wort "Holocaust" für die massenweise Ermordung von Juden durch das Regime des Dritten Reichs nicht verwendet wird, sondern das säkulare Wort “Scho’ah” (Katastrophe). Das Wort wird in Hebräisch – im Gegensatz zum europäischen Sprachgebrauch (“Holocaust”) – auch für andere Völkermorde verwendet.

 

 

Dass historische Ereignisse für politische Zwecke instrumentalisiert werden, ist weitgehend bekannt. Die Instrumentalisierung des “Holocausts” für politische Zwecke, sei es seitens des israelischen Staates oder der zionistischen Bewegung, ist dementsprechend weder einmalig noch besonders perfide. Es ist vielmehr typisch für die Abkömmlinge der Opfer eines historischen Unrechts, die sich damit Vorteile oder zumindest Entschädigungen erhoffen.

Was als “Holocaustleugnung” bezeichnet wird betrifft in erster Linie drei Sachverhalte:

  • erstens die Leugnung, dass Millionen von Menschen in Gaskammern ermordet worden sind,
  • zweitens, dass die Zahl von sechs Millionen ermordeten Juden übertrieben ist, und . .
  • drittens, dass es keine planmäßige Vernichtung der Juden gab (der Tod von vielen Juden und anderen Menschen in KZ soll das Ergebnis von Erschöpfung und Krankheiten gewesen sein). 

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Die Brexit-Kampagne: Nichts als ein riesiges Täuschungsmanöver

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Von Ernst Wolff / Autor des Buches „Weltmacht IWF- Chronik eines Raubzugs“


Seit Wochen bestimmt der mögliche Austritt Großbritanniens aus der EU die europäische Medien-Landschaft. Politik und Medien entwerfen immer neue Schreckensszenarien und warnen davor, dass die Entscheidung für einen Brexit das Schicksal Europas besiegeln könnte. Der Mord an der britischen Labour-Abgeordneten und EU-Befürworterin Helen Joanne „Jo“ Cox in Birstall bei Leeds zeigt, wie aufgeheizt die Stimmung ist.
 

 

Dabei handelt es sich bei der Brexit-Debatte um nichts anderes als eine im Interesse der Finanzindustrie inszenierte Täuschungskampagne. Ihr Ziel ist es, die Wut der arbeitenden Bevölkerung zu kanalisieren, den Menschen fälschlicherweise ein demokratisches Mitspracherecht in wichtigen Zukunftsfragen vorzugaukeln und sie von den wirklich entscheidenden Vorgängen – den historischen Manipulationen im Finanzsektor - abzulenken.


Das Märchen von den „fatalen“ Folgen des Brexit

Hintergrund der Brexit-Abstimmung ist die wachsende Unzufriedenheit der britischen Bevölkerung mit den sozialen und politischen Verhältnissen in ihrem Land. Sie hat dazu geführt, dass die beiden großen Volksparteien, die Arbeitspartei Labour und die Tories aus dem konservativen Lager, immer stärker an Rückhalt verlieren und die nationalkonservative UKIP (United Kingdom Independence Party) ganz erheblich an Zulauf gewonnen hat. Um diesen Protest nicht aus dem Ruder laufen zu lassen, hat Premierminister Cameron eine zunächst für 2017 angekündigte Volksabstimmung auf den 23. Juni dieses Jahres vorziehen lassen.

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Sibirien in die EU: Noch vor oder erst nach Georgien?

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von Ulrich Gellermann, Berlin


Den weltweit bekanntesten Georgier, Josef Stalin, halten die meisten Menschen für einen Russen. Obwohl Stalin, der prägende Diktator der Sowjetunion, als Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili in Gori unweit von Tiflis, der Hauptstadt Georgiens, geboren wurde. Diesem Georgien, mit kaum mehr Einwohnern als Berlin, aber mit noch größeren Problemen behaftet, will Frau Merkel nun den Weg in die Europäische Union ebnen. Jüngst hatte sie Besuch vom georgischen Ministerpräsidenten Giorgi Kwirikaschwili und schraubte sich diesen Satz aus den Mund: „Ich gehe davon aus, dass wir bei der Frage Visa-Liberalisierung für Bürgerinnen und Bürger aus Georgien zeitnah abstimmen können“. Die arme, NATO-geschädigte Frau. Hat die Türkei-Visa-Regelung noch am und im Hals, da will sie den nächsten Visums-Brocken schlucken. Ein Brocken, der aus dem Weg Georgiens in eine EU-Mitgliedschaft geräumt werden soll. [zur Vergrößerung 3x auf nachfolgende Karte klicken!]
 

 

Wer viel Mut hat, der kann jederzeit in den Abgrund der Europäischen Union blicken: Selbst wenn die Briten für einen Verbleib in der EU plädieren sollten, ist die Union zumindest in Großbritannien lang anhaltend beschädigt. Die Zahl und der Einfluß rechtsbeschissener Parteien in der EU wächst und wächst:

  • Polen scheint verloren,
  • Österreich ist knapp an einem völkischen Präsidenten vorbeigeschrammt,
  • über Ungarn mag der Mensch mit Verstand kaum reden,
  • die deutsche CDU schwankt noch zwischen AfD und CSU, wie Odyssos einst zwischen Skylla und Charybdis.


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Geschichtsschreibung und bewaffneter Kampf: Die RAF als Ikone

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von Ron Augustin


"In jeder Epoche muss versucht werden, die Überlieferung von neuem dem Konformismus abzugewinnen, der im Begriff steht, sie zu überwältigen." – Walter Benjamin

Die Geschichte der RAF umfasst einen Zeitraum von 30 Jahren. Es gibt zahllose Blickwinkel, unter denen die RAF und dieser Zeitraum dargestellt werden können, und grundsätzlich würde ich deren Legitimität auch nicht infragestellen (solange sie nicht bewusst als Waffe im Kampf um die Interpretationshoheit konzipiert sind), aber ich denke dass jeder von ihnen letztlich auf nur einen von zwei Ausgangspunkten zurückzuführen ist.

Dem einen entspricht eine distanzierte, gewöhnlich faszinierte Vorgehensweise, aus der Ergebenheit und Identifikation mit den bestehenden Verhältnissen. Sie soll so oder so einen bestimmten Konformismus legitimieren und zeichnet sich durch Sensationsgier, Voyeurismus, Sex & Crime und Oberflächlichkeit aus, losgelöst vom realen und politischen Zusammenhang.

Der andere Ausgangspunkt, der wie auch immer um Tiefe und Authentizität bemüht ist, kommt aus einem Engagement, d.h. aus dem Interesse, etwas zu lernen – das nicht immer einen direkt praktischen Bezug haben muss, das aber trotzdem aus einem mehr oder weniger konkreten Interesse an sozialer Veränderung entsteht, in dem Maß in dem nicht schon von vornherein eigene Positionen gegen vermeintlich andere verteidigt werden sollen. Also eher aus einer Perspektive von Widerstand – auch wenn das eine eigene und total andere Entwicklung ist als die unsere.

In der offiziellen Geschichtsschreibung und im Mainstream-Journalismus überherrscht natürlich der erste Ausgangspunkt. Ein Problem zu unserer Geschichte ist, dass auch Argumentationen aus der zweiten Perspektive oft Unterstellungen benutzen, die vom Mainstream übernommen worden sind. Dieser hat in Zeiten politischer und intellektueller Regression sozusagen die Interpretationshoheit, solange sie nicht grundsätzlich infragegestellt wird.

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Der Sturmvogel: Maxim #Gorki zum 80. Todestag

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von Ron Augustin

 

Vor achtzig Jahren starb der unsterbliche Alexei Maximowitsch Peschkow, der sich Gorki, der Bittere, nannte. Bitter über die Verhältnisse, in denen die Menschen leben, aber auch unablässig optimistisch in seinem Vertrauen darauf, dass die Menschen sich mit den Verhältnissen nicht abfinden werden. Mit Romanen und Bühnenstücken wie "Foma Gordejew", "Die Mutter", "Nachtasyl" und Klim Samgin sowie mehr als 1300 Erzählungen und Aufsätzen ein Großer der Weltliteratur. Unsterblich, aber während einige seiner Theaterstücke weiterhin aufgeführt werden, gibt es von seinen Werken nahezu keine Neuauflagen in den Verlagsprogrammen der letzten 30-40 Jahre.

Enger Freund Lenins mit einem solidarisch-kritischen Verhältnis zur Partei- und Staatsführung der UdSSR, unermüdlich in der Förderung anderer Schriftsteller, Initiator zahlloser sowjetischer Kulturprojekte, wurde er zu Zeiten der als Perestroika bekanntgewordenen “Umstrukturierung” der sowjetischen Gesellschaft zur Zielscheibe einer Hetze, wie selbst einem bête noir wie Jean Genet kaum zuteil geworden ist.

Noch Jahre nach dem Ende der Sowjetunion wurde er in Russland wie im Westen als stalinistischen “Götzen” betrachtet, den es vom Sockel niederzureißen galt. Sein Name wurde von den nach ihm benannten Orten und Straßen entfernt. Glücklicherweise wird in Moskau heute immer noch viel gelesen und nun gibt es dort seit kurzem sowas wie ein Gorki-revival. Sogar Gorkis Porträt, das vom Titelbild der gewichtigen Literaturzeitschrift Literaturnaja Gazeta entfernt worden war, prangt dort wieder neben dem Puschkins.

Gorki wurde am 16. März 1868 in Nishni Nowgorod geboren. Als er vier Jahre alt war, starb sein Vater, sechs Jahre später verlor er seine Mutter. Seine Kindheit verbrachte er hauptsächlich bei den Großeltern, die eine kleine Textilfärberei betrieben. Der Großvater soll ein jähzorniger und gewaltsamer Mensch gewesen sein, die Großmutter dagegen eine kluge Erzieherin, die dem Jungen unzählige russische Lieder, Sagen und Märchen beibrachte.

Da die Familie total verarmt war, musste er schon mit elf Jahren selbst sein Brot verdienen. Auf den Höfen der Stadt sammelte er Altmaterial, dann arbeitete er als Krämerlehrling, technischer Zeichner, Verladearbeiter und Geschirrspüler auf einem Wolgadämpfer, bis er sich auf dem Weg nach Kasan machte, wo er sich 1884 den dortigen revolutionär gesinnten Studenten näherte, immer bemüht, sich weiter zu bilden. Hier begann er, Das Kapital von Karl Marx [Das Marxsche Kapital Bd. I-III im Internet]  in der Übersetzung Plechanows zu lesen und revolutionäre Propaganda unter die Bauern des Wolgagebiets zu tragen. Jahrelang wanderte er an der Wolga entlang, lebte bei Fischern, Arbeitern, Obdachlosen und Verbannten, ernährte sich von Gelegenheitsjobs als Laufbursche, Hausdiener, Bäckereigehilfe, Nachtwächter, Eisenbahnaufseher oder was sich sonst so ergab.

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Die Hartz-Vier-Rasse: Bertelsmann zur Züchtung von Langzeitarbeitslosen

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von Ulrich Gellermann, Berlin


"Jobverlust im Alter wird in Deutschland zunehmend zu einer Falle“, teilt uns Aart de Geus, der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung anlässlich einer Studie zur Langzeitarbeitslosigkeit mit. In Fallen, das weiß der Waidmann, tappen Tiere. Wer die Falle für die Arbeitslosen aufgestellt hat, weiß der Stiftungs-Chef offenkundig nicht. Die bildungsständische ZEIT erkennt, dass “Langzeitarbeitslosigkeit hartnäckig“ ist. Diese böse Arbeitslosigkeit ist einfach nur halsstarrig. Die ähnlich hoch gebildete FRANKFURTER ALLGEMEINE meint sogar „Trotz Jobrekord bleibt Langzeitarbeitslosigkeit hartnäckig“. Beharrlich ist sie schon, die lange Arbeitslosigkeit. Und während die FAZ nur einen „Jobrekord“ sehen konnte, wußte die ZEIT sogar von einem „Jobwunder“ zu berichten. Das ist ehrlicher, denn man wundert sich immer wieder, für welche Hungerlöhne Menschen arbeiten müssen, um die Statistik zu verbessern.
 

 

Die nicht ganz so schlaue RHEINISCHE POST schließt sich der Bertelsmann-Analyse an: „Jobverlust im Alter wird zunehmend zu einer Falle“. Der gesichtslose Job-Verlust mutiert also irgendwie zu einer Fallgrube. Und Andreas Sankewitz (SPD), Vorsitzender des Sozial-Ausschusses, setzt noch einen drauf: „Langzeitarbeitslose in der Endlosschleife gefangen.“ Wer mag die Schleife gebunden haben? Für Arbeitslose halten die deutschen Meinungsmaschinen eine eigene Sprache bereit: Das Entpersönlichte, der fünfte Fall, der in die Falle führt.

Ein Unglück hat Lisa getroffen. Ihre Waschmaschine ist kaputt, für immer. Die war aus der guten Zeit, als sie noch Arbeit hatte und Geld. Eine neue? Nicht mal an eine neue Gebrauchte ist zu denken. Von Vierhundert Hartz-Euro monatlich, ohne Rücklagen? Aber Waschen muss sein. Sonst heißt es gleich Arbeitslose stinken. Zum Waschsalon? Auf Dauer zu teuer. Bei Freunden waschen? Die Zahl der Freunde ist geringer geworden. Seit Beginn der Arbeitslosigkeit. Gut, da wäre noch Heinz, aber Heinz geht ihr lieber an die Wäsche als dass er sie waschen ließe.

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EU will Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Despoten

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von Martin Kreickenbaum / wsws.org


In der Flüchtlingspolitik lässt die Europäische Union alle menschenrechtlichen Hemmungen fallen. In einem von der EU-Kommission vergangene Woche vorgelegten Strategiepapier werden „Migrationspartnerschaften“ mit neun Herkunfts- und Transitstaaten in Afrika und dem Nahen Osten umrissen, die für die Kooperation bei der Flüchtlingsabwehr und der Rücknahme von Flüchtlingen belohnt werden sollen.

Ziel der als „compacts“ bezeichneten Abkommen „ist eine Bekämpfung von Fluchtursachen und ein Rückgang der irregulären Migration nach Europa“, wie EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos in einem Interview mit der Tageszeitung DIE WELT erklärte. Tatsächlich handelt es sich aber um ein Fluchtverhinderungsprogramm, mit dem vor allem die Flüchtlinge selbst bekämpft werden sollen. Die „Partner“ der EU sollen Fluchtrouten schließen, Flüchtlinge festsetzen und in die Herkunftsländer abschieben.
 

 

Schon die Liste der Länder, mit denen Abkommen geschlossen werden sollen, macht deutlich, dass die EU bei der Wahl ihrer Kooperationspartner nicht zimperlich ist. Avramopoulos nannte in dem Interview Jordanien, Libanon, Tunesien, Niger, Mali, Äthiopien, Senegal, Nigeria und Libyen. Hinzu kommt noch das EU-Projekt „Better Migration Management“ (Verbessertes Migrationsmanagement), mit dem die EU insbesondere die diktatorischen Regime im Sudan, Südsudan, Äthiopien, Somalia und Eritrea bei der Flüchtlingsbekämpfung mit technischer Ausrüstung unterstützen will. Es handelt sich also um die wichtigsten Herkunfts- und Transitstaaten für Flüchtlinge aus Afrika.

Die Vereinbarung, die die EU mit diesen Staaten treffen will, soll die jeweiligen Regierungen davon „überzeugen, dass sie illegale Migranten wieder zurücknehmen. Wir möchten zudem erreichen, dass diese Länder konsequent gegen Menschenschmuggler vorgehen und dass sie ihre Grenzen wirksam sichern“, erklärte Avramopolous gegenüber der WELT. Flüchtlinge als „illegale Migranten“ zu bezeichnen, hat sich mittlerweile in der EU eingebürgert, um diesen verzweifelten Menschen, die vor Verfolgung, Krieg und Elend fliehen, jedes Recht auf Schutz in Europa abzusprechen.

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Cola-Kommentar von André Schürrle entlarvt Doppelmoral des DFB

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Nationalspieler müssen für Produkte werben, die sie selber nicht empfehlen



Berlin, 14. Juni 2016. Die Verbraucherorganisation foodwatch wirft dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) eine Doppelmoral bei seinen Werbeverträgen mit Coca-Cola, Ferrero und McDonald's zur Fußball Europameisterschaft vor. Weder eigene Spieler noch der Koch der Nationalmannschaft empfehlen den Verzehr jener Produkte, für die das Team Kindermarketing betreiben muss.

Nationalspieler André Schürrle erklärte kürzlich auf einer Pressekonferenz im französischen Évian, es gebe „keine Chips und keine Cola“ für die Mannschaft, sondern „eher gesunde Sachen“. Schürrle ziert ein EM-Werbeplakat von Coca-Cola, dem Weltmarktführer für Zuckergetränke. Der Team-Koch Holger Stromberg machte gegenüber foodwatch deutlich, dass er überwiegend stilles Wasser und Tee serviere – und nur gelegentlich eine „selbst gemachte Limonade“.
 

 

Dem DFB ist der Profit wichtiger als das Gemeinwohl. Die deutschen Nationalspieler müssen für zuckrige Cola werben, obwohl sie selbst von dem Verzehr abraten“, erklärte Oliver Huizinga, foodwatch-Experte für Lebensmittelmarketing.

Der DFB unterhält während der EM 2016 Werbeverträge mit Coca-Cola, Ferrero und McDonald’s. Seit mehreren Wochen druckt Coca-Cola die Gesichter der deutschen Nationalspieler auf ihre Cola-Dosen unter dem Motto: „Hol Dir das Team auf 24 Sammeldosen“. foodwatch kritisierte die Kampagne als verantwortungsloses Kindermarketing für ungesunde Lebensmittel. [Kritik M.-L. Volk: Solche Produkte als Lebensmittel zu bezeichnen, ist irreführend und falsch! Foodwatch sollte den Unterschied zwischen Lebensmitteln und Nahrungsmittel kennen!]. Der DFB mache sich zum „Diabetes Förder-Bund“. Der Sportverband torpediere die Bemühungen zahlreicher Eltern und Lehrer, Kinder für eine gesunde Ernährung zu begeistern.

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Rückgang der Ölpreise verändert die geopolitische Lage

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von Thierry Meyssan


Der Rückgang der Ölpreise hat die Theorie des "Hubbert Peak" zunichte gemacht. Es dürfte im nächsten Jahrhundert keine Energieknappheit geben. Der Rückgang der Preise hat wahrscheinlich auch begonnen, die Theorie "der globalen anthropogenen Erwärmung“ ins Wackeln zu bringen. Er hat auch die Rentabilität der alternativen Energiequellen, der Investitionen in Schieferöl und der Bohrungen in tiefen Gewässern ruiniert. Der Einbruch der Preise, der die geopolitische Lage völlig verändert, wird wahrscheinlich auch die US-Armee wieder in den Nahen Osten zurückbringen und das Pentagon zwingen, die Theorie des „Konstruktiven Chaos“ endgültig aufzugeben.

In zwei Jahren kam der Weltmarkt der Energiequellen vollkommen durcheinander. Zuerst haben sich Angebot und Nachfrage dramatisch verändert, dann die Handelsflüsse, und schließlich sind die Preise eingestürzt. Diese grundlegenden Veränderungen stellen alle Grundsätze der Geopolitik des Öls in Frage.


Der Mythos der Knappheit

Der Rückgang der Wirtschaft der westlichen Länder und einiger Schwellenländer führte zu einem Rückgang der Nachfrage, während das anhaltende Wachstum in Asien sie, im Gegenteil, erhöhte. Letztlich entwickelt sich die Gesamtnachfrage langsam weiter. Auf der Angebotsseite hat kein einziger fördernder Staat abnehmende Kapazitäten bemerkt, sondern einige waren selbst in der Lage sie zu erhöhen, wie China, das jetzt erhebliche strategische Reserven aufstockt. Also insgesamt ist der Markt sehr überschüssig.

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Gegen Krieg zu sein ist pro-amerikanisch

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von Mike Marion


Thomas Jefferson erklärte, der amerikanische Weg der Beziehungen mit der Welt solle bestehen aus „Frieden, Handel und ehrlicher Freundschaft mit allen Ländern – umschlingenden Allianzen mit keinen.“ Wie auch immer, im Lauf der mindestens sieben vergangenen Jahrzehnte hat die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika diese Mahnung auf den Kopf gestellt.

Frieden? Die US-Regierung hat seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahezu permanent vorsätzliche Kriege geführt. Sie hat fast 70 Jahre lang rund um die Welt mit offenen Kriegen, verdeckten Kriegen, Staatsstreichen, Ermordungen, Kalten Kriegen, Drohnenkriegen etc. Tod und Zerstörung gebracht.
 

 

Handel? Durch Sanktionen und Embargos hat die US-Regierung gegen Länder aufgrund politischer Animositäten gegen deren Anführer wirtschaftlichen Krieg geführt. Das hat zum Tod von hunderttausenden Unschuldiger geführt, denen die Möglichkeit verwehrt wurde, Güter und Dienstleistungen von den USA und vom Rest der Welt zu kaufen. Es hat auch die Möglichkeit von Amerikanern beschnitten, frei zu reisen und Handel zu treiben.

Ehrliche Freundschaft? Die US-Regierung hat in zynischer Manier Länder dazu manipuliert, viele Jahrzehnte lang ihren Zwecken zu dienen. Sie hat demokratisch gewählte Anführer gestürzt und Marionetten eingesetzt, die ihren Absichten nützen. Sie hat so viele umschlingende Allianzen geschaffen, dass die ganze Welt voller Stolperdrähte ist, die jeden Augenblick die USA in Konflikte hineinziehen könnten.

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Indiens Premier Narenda Modi zementiert Bündnis mit den USA

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von Keith Jones / wsws.org


Mit seinem zweitägigen Besuch in Washington Anfang vergangener Woche trieb Premierminister Narendra Modi die Verwandlung Indiens in einen Frontstaat des US-Imperialismus gegen China weiter voran.

Die strategische und militärische Offensive der USA gegen China, der „Pivot to Asia“ („Achse nach Asien“), ist bereits weit fortgeschritten. Die US-amerikanischen See- und Luftstreitkräfte wurden zu einem großen Teil in den Indopazifik verlegt und die militärischen Beziehungen zu den traditionellen Verbündeten der USA in der Region ausgebaut.

Das Pentagon hat unter der AirSea-Battle-Doktrin detaillierte Pläne für umfangreiche See- und Luftangriffe auf das chinesische Festland ausgearbeitet. Unter dem Vorwand, die Freiheit der Schiff- und Luftfahrt zu schützen, hat das US-Militär Chinas Souveränität verletzt, indem es Inseln im Südchinesischen Meer mit Kampfflugzeugen überflog und in chinesische Hoheitsgewässer vorstieß. Außerdem haben die USA mehrere südostasiatische Staaten dazu ermutigt, ihre Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer gegenüber China entschlossener geltend zu machen.

Zum Abschluss ihrer Gespräche veröffentlichten Modi und Obama eine gemeinsame Erklärung. Darin kündigten sie eine engere Zusammenarbeit im Indischen Ozean und im asiatischen Pazifik in „allen Bereichen“ an: „zu Land, zu Wasser, in der Luft, im Weltraum und im Cyberspace“.
 

 

Das US-Militär wird routinemäßig Zugang zu indischen Häfen und Militärbasen erhalten, um Nachschub entgegenzunehmen, Reparaturen auszuführen und seine Truppen ausruhen zu lassen. Im Gegenzug hat Washington Indien als „wichtigen Verteidigungspartner“ anerkannt. Dieser Status verschafft Indien Zugang zu hochmodernen Waffensystemen, die nur an die engsten Verbündeten des Pentagon abgegeben werden.

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Britisches Referendum: Der Brexit aus europäischer Sicht

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von Peter Schwarz / wsws.org


Liest man die internationalen Kommentare zum britischen Referendum über einen Austritt aus der EU, gewinnt man den Eindruck einer herrschenden Klasse, die völlig den Kopf verloren hat. Es hat lange gedauert, bis die internationalen Medien überhaupt realisiert haben, dass am 23. Juni im Vereinigten Königreich eine Abstimmung stattfindet, die weitreichende Auswirkungen für ganz Europa hat. Doch jetzt herrscht eine Stimmung der Panik.

Hinter den Kulissen geht das große Zittern vor dem ‚Undenkbaren‘ um“, schreibt Der Standard (Österreich). Die Neue Zürcher Zeitung (Schweiz) warnt: „Wenn Europa am Morgen des 24. Juni aufwacht, wird es sich auf einer politischen Landkarte wiederfinden, die sich über Nacht so radikal verändert hat wie nie seit dem Berliner Mauerfall von 1989“. Und Äripäev (Estland) fürchtet, die Entscheidung für einen Brexit könnte ähnliche Folgen haben wie die Lehman-Pleite, die 2008 die internationale Finanzkrise auslöste.
 

 

Jyllands-Posten (Dänemark) bezeichnet die Entscheidung des britischen Premiers David Cameron, die Briten über den Verbleib in der EU abstimmen zu lassen, als „massiven strategischen Fehler, ein politisches Spiel mit unverantwortlichem Einsatz“. Auch die Süddeutsche Zeitung (Deutschland) schreibt von einem „leichtsinnigen Spiel mit dem Brexit“. Il Sole 24 Ore (Italien) klagt: „Ein Brexit würde die Büchse der Pandora öffnen, und eine Flut von Beschuldigungen und möglichen neuen Austrittsbestrebungen auslösen… Wie auch immer der Entscheid am 23. Juni ausfällt, wir haben bereits alle verloren.

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