Die Wahrheit über die SCL Group und US-Tochtergesellschaft Cambridge Analytica

Psychologische Operationen des britischen und amerikanischen „Staates im Staat“

von Julie Hyland

Der Skandal um die Beziehungen von Facebook zu Cambridge Analytica (CA), dem Datenanalyse-Unternehmen, das mit dem ehemaligen Vorsitzenden von Trumps Wahlkampfteam Steve Bannon in Verbindung gebracht wird, beherrscht die Medien in den USA und Großbritannien.

Die ernsten datenschutzrechtlichen Bedenken in Bezug auf das Abschöpfen von persönlichen Daten von etwa 50 Millionen Facebook-Usern wurden von dem britischen Fernsehkanal Channel 4 News aufgebracht. Ein verdecktes Ermittlungsteam filmte den Geschäftsführer von Cambridge Analytica, Alexander Nix, wie er sich mit unsauberen Operationen brüstet, um Politiker zu gewinnen und Wahlen zu beeinflussen.

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Die Enthüllungen werden dazu benutzt, hysterische Behauptungen über eine „russische Einmischung“ zu verbreiten. Doch eine genauere Untersuchung zeigt, dass die eigentliche Gefahr für demokratische Rechte von Operationen zur subtilen Einflussnahmen ausgeht, für die Elemente des britischen und US-amerikanischen Staates im Staat verantwortlich sind.

Die Muttergesellschaft von Cambridge Analytica ist die in Großbritannien beheimatete Firma SCL. Sie war früher unter dem Namen "Strategic Communication Laboratories" bekannt, und ist eine private Firma für Verhaltensforschung und strategische Kommunikation. Sie wurde 1993 von Nigel Oakes gegründet. Oakes ist der Sohn von Major John Waddington Oakes und ein ehemaliger Freund von Lady Helen Taylor, geborene Windsor. Er war früher Angestellter bei der von Margaret Thatcher bevorzugten Werbeagentur Saatchi & Saatchi, bevor er SCL gründete.

Ähnlich wie Oakes sind die Vorstandsmitglieder von SCL Sprösslinge aus der britischen herrschenden Klasse, von ehemaligen militärischen Führungskräften und Militärausrüstern bis zu Sponsoren der konservativen Partei.

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31 Stunden sind genug: Denn Arbeitszeit ist Lebenszeit

von Bettina Csoka / A&W blog

Durchschnittlich 31 Stunden pro Woche beträgt die bevorzugte Arbeitszeit in der EU laut einer aktuellen Eurofound-Studie. Damit trifft das aktuelle österreichische Frauenvolksbegehren mit seiner Forderung nach einer 30-Stunden-Woche den Puls der Zeit. Im Gegensatz zur österreichischen Bundesregierung mit ihrem Vorhaben einer generell zulässigen 60-Stunden-Woche. Ausgeblendet wird dabei bewusst, dass in Österreich bereits sehr vielfältige Arbeitszeitformen (auch was die Dauer betrifft, möglich sind). ( Tabelle HÖCHST-ARBEITSZEIT, PDF)

Kommen dann noch verlängerte zumutbare Wegzeiten zwischen Wohn- und Arbeitsort dazu, können faktisch daraus schon über 70 Stunden werden, an die Erwerbstätige arbeitsbedingt gebunden sind. Für Familien- und Privatleben bleibt da nur mehr wenig Zeit und Energie. Das Wirtschaftsministerium – das neuerdings mit Wirtschaftsstandort und Digitalisierung betitelt ist – weiß Rat: Wer trotz realer überlanger Arbeitszeiten mit FreundInnen in Kontakt bleiben will, kann das ja digital machen. (⇒ Artikel auf WIENER ZEITUNG.at)

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Am längsten wollen die BulgarInnen mit 38 Stunden, am kürzesten die NiederländerInnen mit 26 Stunden arbeiten. Genau im EU-Schnitt rangiert Österreich, etwas darunter z. B. Deutschland und Schweden. Die Unterschiede in den Zeitwünschen zwischen Frauen und Männern sind in Österreich besonders hoch: Während Männer in Österreich im Schnitt eine 35-Stunden-Woche wollen, ist die bevorzugte Arbeitszeit der Frauen Österreichs mit 27 Stunden um acht Stünden kürzer. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Deutschland. Deutlich weniger weichen die Wunscharbeitszeiten etwa in Schweden voneinander ab. Die Ursachen für diese Unterschiedlichkeit hängen mit vielen Faktoren, insbesondere am Arbeitsmarkt, und von der zwischen Männern und Frauen unterschiedlich organisierten und verteilten Haus- und Versorgungsarbeit zusammen.

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Putins Wahlsieg – Signal für ein Russland nach Putin?

Russland wurde gewählt. Was zu erwarten war, ist eingetreten: eine überwältigende Mehrheit für Wladimir Putin. In Zahlen: 76,69 % für Putin, 11,77 % für seinen sozialistischen Herausforderer Pawel Grudinin, 5,65 % für den ewigen Provokateur Wladimir Schirinowski; die restlichen Kandidaten und Kandidatinnen fielen weit unter die 5% Marke. „Korruptionsjäger“ Alexei Nawalny scheiterte mit seinem Boykottaufruf.  

kai_ehlers_ukraine_sibirien_mongolei_hamburg_perestroika_glasnost_russland_china_kritisches_netzwerk_ylttanbik_wolgabolgaren_jurte_eurasien_attil_krimkilte_datscha.jpgDie Botschaft der Wahl ist unüberhörbar: Stabilität, Sicherheit, keine Revolution, nicht einen Weg zurück, keine Abenteuer voran, alles wie gehabt. Ruhe ist der erste Wunsch des nachsowjetischen Menschen. Wär‘s nicht nachweislich ein russisches – es könnte ein deutsches Wahlergebnis sein.

Und doch, wer glaubt, dass alles so weitergehen werde wie bisher, irrt sich. Der Sieger selbst versprach Veränderungen für den Fall seiner erneuten Präsidentschaft: Entbürokratisierung, Wachstum der Wirtschaft, Reformen im Sozialen. Und er versprach diese Veränderungen nicht nur; mit rigider Umbesetzung von Ämtern traf er schon im Vorfeld der Wahl Vorsorge dafür, das Notwendige auch durchsetzen zu können, was er jetzt vornehmen muss, denn das ist klar: das Votum des Wahlsieges bekam er zwar für die von ihm verfolgte Politik der Stabilität, aber ewige, zudem noch autoritäre Stabilität muss letztlich enden – in Stagnation.

Die drohende Stagnation ist wohl die größte Herausforderung für den in seinem Amt bestätigten Präsidenten, außenpolitisch wie auch innenpolitisch.

Außenpolitisch sind weitere Erfolge wie die Eingliederung der Krim, die Teilbefriedung Syriens, das Bündnis mit China zurzeit kaum vorstellbar. Die Welt hat sich im Status quo festgefahren. Russlands, konkret Putins Rolle darin ist die des Krisenmanagers. In dieser Frage kommt zurzeit niemand an ihm vorbei, aber Entwicklungsperspektiven sind darin kaum erkennbar, außer der von Putin in seiner kürzlich gehaltenen Rede an die Nation deutlich demonstrierten Bereitschaft Russland gegen jedwede zukünftige Angriffe zu verteidigen.

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Abrüsten? Nö, doch nicht.

von Matthias Höhn

matthias_hoehn_die_linke_verteidigungsausschuss_auslandseinsaetze_bundeswehr_nato_bundeswehreinsatz_ruestungsexporte_ruestungsindustrie_waffenexporte_waffenhandel_abruestung.jpgIm Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik setzen CDU/ CSU und SPD ihren in den vergangenen Jahren geübten Kurs nahtlos fort. Noch im Wahlkampf kündigten die Sozialdemokraten an, Deutschland zum »Vorreiter der Abrüstung« machen und sich den Festlegungen der NATO, weitere Milliarden in die Ausrüstung zu stecken, widersetzen zu wollen. Und dann gab es da noch das Versprechen, dass die in Deutschland gelagerten Atomwaffen der Vereinigten Staaten endlich aus Deutschland abgezogen werden sollen.

Pustekuchen. Das ideologische Fundament der kommenden kleinen Großen Koalition lautet: Deutschland muss mehr internationale Verantwortung übernehmen. Gemeint ist damit meistens militärische. Mit ihren beiden zentralen Wahlversprechen ist die Sozialdemokratie in den Koalitionsverhandlungen krachend, vielleicht auch willfährig gescheitert: Weder wird das Zwei-Prozent- Aufrüstungsziel der NATO in Frage gestellt, noch werden die US-Atomwaffen – die im Zweifel von deutschen Tornados an ihr Ziel gebracht werden – aus Deutschland abgezogen.

Auch die vielfach angekündigte strengere Exportpolitik für deutsche Waffen rückt mit der Koalition in weite Ferne. Eine dringend notwendige veränderte Politik gegenüber dem NATO-»Partner« Türkei oder Diktaturen wie Saudi-Arabien wird zwar immer wieder angekündigt, aber inhaltlich nicht untersetzt. Weder werden Lehren aus dem völkerrechtswidrigen Einmarsch der Türkei in Afrin gezogen, noch werden Rüstungsexporte an die Länder untersagt, die im Jemen-Krieg für unermessliches Leid sorgen – schließlich besitzt die Rüstungsindustrie »Vertrauensschutz« und darf erst einmal weiter liefern. Dabei ist es überfällig, endlich den Schutz von Menschen über den der deutschen Rüstungsfirmen zu stellen.

Entspannung und eine neue Ostpolitik mit Russland ist nicht in Sicht: Die vorhandenen Sanktionen bleiben bestehen. Stattdessen schickt Ursula von der Leyen 12.000 deutsche Soldaten zu NATO-Manövern an die russische Grenze, die sich unter geschichtsvergessenen Titeln wie »flammender Donner« oder »Eiserner Wolf« abspielen. Der Wille zu weiterer Konfrontation ist gegeben, notwendige Signale für Frieden und Entspannung bleiben hingegen aus.

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Steuerwettlauf nach unten: Neue Runde im globalen Steuerdumping

von Fred Schmid / isw München e.V.

Die Regie war perfekt. Beim Dinner mit 15 europäischen Konzernlenkern beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos (23.-26.01.2018) platzierte Trump die größten Lobpreiser seiner Steuerreform zu seiner Linken bzw. Rechten. So begann bei der Vorstellungsrunde im Uhrzeigersinn SIEMENS-Chef Joe Kaeser das Fleißaufgaben-Aufsagen: „Wir investieren viel in den USA“, sagte er zu Trump. „Glückwünsche zu Ihrer Steuerreform. Wir haben deshalb beschlossen, die nächste Generation von Gasturbinen in den USA zu entwickeln“. Der Präsident reagierte entzückt: „Das ist groß. Das ist ein großes Ding. Fantastisch!

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Nicht so „great“ empfinden das die Beschäftigten der SIEMENS-Kraftwerksparte, die wenige Wochen davor aus den Zeitungen erfahren mussten, dass ihr oberster Chef 6900 Arbeitsplätze streichen und das Turbinenwerk Görlitz und andere Standorte schließen will. ( >> Artikel hier, hier und hier). Der euphorischen Stimmung beim Dinner for Trump tat das keinen Abbruch; weitere Danksagungen anderer Konzernfürsten. Bill McDermott, Chef des Dax-Konzerns SAP beendete die Lobpreisungsrunde: „Herr Präsident, danke für die Steuerreform, wir sind sehr erfreut über die Steuerreform. Wir beschäftigen 15000 Menschen in den USA“, „wir planen zwei Milliarden Dollar Investitionen“. Danke, Herr Präsident.

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Der Arbeitskräftemissbrauch durch Leiharbeit hat System

von Markus Krüsemann / miese-jobs.de

Das Beschäftigungswachstum in der Leiharbeit hält unvermindert an und erreicht Rekordhöhen. Das ist weder Zufall, noch Zeichen für eine bloß stellenweise missbräuchliche Nutzung der Arbeitnehmerüberlassung. Mindestens drei Anhaltspunkte sprechen für den systematischen Missbrauch von Beschäftigten durch Leiharbeit.

leiharbeit_niedriglohn_tarifvertrag_leiharbeiter_niedriglohnsektor_arbeitsarmut_erwerbsarmut_kritisches_netzwerk_neoliberalismus_armuts_ausbeutung_prekarisierung_prekaritaet_working_poor.pngMit der Leiharbeit verhält es sich wie mit der Büchse der Pandora. Ist der Deckel erst einmal vom Gefäß, gibt es kein Halten mehr. Das Übel heißt in diesem Falle Prekarisierung der Arbeit u. Lohndumping mit ausbeuterischen Billigjobs. In Form der Arbeitnehmerüberlassung ergießt es sich seit nunmehr 15 Jahren mehr und mehr über den Arbeitsmarkt.

Es sickert im Verarbeitenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich in die Lücken, die durch den Abbau von Normalarbeitsverhältnissen gerissen wurden, und es behindert in Zeiten guter Konjunktur ihr eigentlich zu erwartendes neuerliches Entstehen.

Wie haltlos das Übel der Verleiherei sich ausbreitet, das belegen halbjährlich Zahlen aus der Bundesagentur für Arbeit (BA). Nach den kürzlich mit Verspätung vorgelegten Angaben der BA für die erste Jahreshälfte 2017 stieg die Zahl der Leiharbeitsbeschäftigten bis Ende Juni 2017 auf mehr als 1,04 Millionen. Mit einem Plus von 3,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat ist zugleich ein neuer Höchststand erreicht. Noch nie waren in Deutschland so viele Menschen als LeiharbeiterInnen tätig.

Beschäftigte in der Leiharbeit Juni 2004 bis Juni 2017  

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Wie lässt sich dieser unvermindert anhaltende Boom erklären in Zeiten einer schon länger andauernden stabilen Phase des Wachstums von Wirtschaft und (allgemeiner) Beschäftigung? Angeblich geht ein Boom bei der Arbeitnehmerüberlassung einem generellen Wirtschaftswachstum, ihr Schrumpfen einem Abschwung voraus, weshalb Leiharbeit gerne als Frühindikator für eine kommende konjunkturelle Entwicklung bezeichnet wird. Dementsprechend müsste in der derzeitigen konjunkturellen Hochphase längst eine verhaltene Entwicklung eingesetzt haben, weil Arbeitgeber die Mehrarbeit ja jetzt risikolos durch Schaffung regulärer Stellen auffangen könnten, während sie zu Beginn der Aufschwungphase aus Vorsicht noch darauf verzichtet hatten und stattdessen zunächst (und vorübergehend) Leihkräfte bevorzugten.

Wie die Zahlen nicht nur der letzen Monate zeigen, kann irgendwas an dieser lieblichen Theorie nicht stimmen. Wie sonst ist es zu erklären, dass die enormen Wachstumsraten bei der Leiharbeitsbeschäftigung über Jahre hinweg deutlich über den bereits sehr ordentlichen Steigerungsraten bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung liegen?

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Neoliberale Globalisierung: Deutschlands Exportüberschüsse treiben zum Handelskrieg

von Conrad Schuhler / Leiter der Redaktion des isw München e.V.

► Deutschland: Drehscheibe und Hauptprofiteur der neoliberalen Globalisierung

Deutschland ist unter den großen Nationen in herausragendem Maß „globalisiert“. Fast zwei Fünftel der produzierten Waren gehen ins Ausland, über ein Drittel aller in Produktion und Konsum abgesetzten Waren kommen aus dem Ausland. Export und Import zusammen beliefen sich 2017 auf 2.313.4 Billionen Euro. Die addierten Außenhandelsumsätze liegen zwar bei den Spitzenreitern – China und USA – noch höher (beide bei rund 3 Billionen Euro – Zahlen von 2016).

Doch bei der entscheidenden Größe, dem Außenhandelsüberschuss, liegt Deutschland weit vorne. Der Überschuss ist deshalb entscheidend, weil sich die Defizitländer in seiner Höhe beim Exportmeister verschulden müssen und weil dieser in der Höhe seines positiven Saldos seine Gesamtproduktion per Nachfrage aus dem Ausland absetzt. Das heißt, nicht nur hängt Deutschland von den globalen Handelsströmen ab – sein Wachstum basiert auf der Nachfrage des Auslands. Rund 8 % des gesamten Bruttosozialprodukts (die Differenz zwischen Export- und Importquote) fänden ohne diese Auslandsnachfrage gar keinen Abnehmer.

Deutschlands Außenhandel 2017

Exporte 1.279.1 Milliarden Euro plus 6,2 %
Importe 1.034.3 Milliarden Euro plus 8,3 %
Exportüberschuss 245.6 Milliarden Euro  
Exportquote 38.7 % (des BIP)  
Importquote 30.8 % (des BIP)  
Überschussquote 7.9 % (des BIP)

 

Entwicklung des Außenhandels in Mrd. €

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Die Grafik belegt die wachsende Orientierung der deutschen Wirtschaft auf den globalen Handel. Während das deutsche BIP von 2010 auf 2016 um 10,2 % zunahm, wuchs der Außenhandel im selben Zeitraum um 24 %, der Außenhandelssaldo um 62 % | destatis, Statistisches Jahrbuch 2017, S. 421. (PDF)

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Olaf Scholz (SPD) ernennt Goldman-Sachs-Mann Kukies zum Staatssekretär

Von Ernst Wolff / Autor der Bücher „Weltmacht IWF“ und neu: „Finanztsunami

Ein klares Signal an die Finanzelite

Wenige Tage nach seiner eigenen Ernennung zum Bundesminister der Finanzen hat Olaf Scholz (SPD) den Deutschlandchef der US-Großbank Goldman Sachs, Jörg Kukies, zu einem seiner Staatssekretäre ernannt. Kukies soll sich vor allem um die Europapolitik und die Finanzmarktregulierung kümmern. Das Bundeskabinett muss der Berufung des 50-Jährigen noch zustimmen.

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Scholz’ Personalentscheidung dürfte kein Zufall sein. Die neue Große Koalition in Berlin sieht schweren Zeiten entgegen, denn die politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Zeichen stehen auf Sturm. Während sich der Westen systematisch auf die Ausweitung eines Krieges im Nahen Osten und eine mögliche Konfrontation mit Russland und China vorbereitet, kommt die globale Wirtschaft trotz aller anderslautenden Meldungen auch zehn Jahre nach der letzten großen Krise nicht wieder in Schwung.

► An den Finanzmärkten brodelt es

Besonders kritisch ist die Entwicklung an den Finanzmärkten: Sie werden seit einem Jahrzehnt nur durch künstliche Manipulation am Leben erhalten. Die dazu erforderlichen  Maßnahmen – Gelddrucken und Zinssenkungen durch die Zentralbanken – zeigen aber immer stärkere und gefährlichere Nebenwirkungen (unter anderem Blasenbildung und Geldentwertung).

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Zuhälter, Huren und Johns des militärisch-industriellen Imperiums

von Philip A. Farruggio

Wir haben uns als Nation, als Kultur so schnell zurückentwickelt, dass selbst die 60er, 70er und 80er Jahre wie die guten alten Zeiten aussehen ... und das waren sie nicht. Dieses militärisch-industrielle Imperium wird von den Zuhältern geführt. Sie drängen ihre Huren, das politische System und die Mainstream-Medien in die Straßen unserer großen Nation, wo sie die Johns, die Mehrheit unserer Bevölkerung, anmachen.

Die größte Lüge, mit der sie die Johns betrügen, ist, dass wir eine Demokratie sind und dass ihre Stimme zählt. Was sie ntürlich den Johns nicht mitteilen, ist das nur das Zwei-Parteien-/Ein-Parteien-System zählt. Die zweitgrößte Lüge ist, dass wir in einem "System des freien Marktes" leben, in dem jeder John mit harter Arbeit und Fleiß an die Spitze der ökonomischen Leiter aufsteigen kann. Dann fährt die Lüge fort, indem sie sagt, dass die Menschen das Recht haben, so viel wie möglich zu verdienen, und dass "die Reichen alle Steuern zahlen und eine Pause verdienen". Sagen Sie das den Millionen von Johns jeden Tag an der Zapfsäule, indem Sie sie bitten, sich anzusehen, wieviel von jeder Gallone Benzin auf Steuern entfällt.

Sie surfen im Fernsehen und sehen, was die so genannten "News Channels" abdecken. Die demokratisch ausgerichteten Kanäle (CNN und MSNBC, um nur einige zu nennen), reiten voll auf diesem Russiagate herum, bereit, die Flammen eines neuen Kalten Krieges zu entfachen. Stunden um Stunden davon.

Und lassen Sie mich Sie fragen: War das, was von wem auch immer während der Kampagne 2016 durchgesickert wurde, tatsächlich die WAHRHEIT? Wenn ja, dann ist es doch egal, wer es ausgeplaudert hat! Wenn Sie zu den rechtsgerichteten republikanischen Kanälen gehen, verteidigen diese fortwährend diesen "Reality Star President" und seine rechtsextreme "Denkfabrik"- regressive Politik und Pläne, die "weniger als 1 % von uns" kontinuierlich zu unterstützen. Natürlich werden die Huren der Medien, wie auch die gewählten Huren, die Trommel für mehr Militärausgaben und mehr "'Big Stick"-Mentalität weltweit schlagen ... welche bereits unsere Städte in den Ruin treibt und unseren moralischen Kompass zerstört!

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Zuhause werden wir bald keine Ruhe mehr finden

Unsere Zeit braucht eine unmissverständliche Sprache

von Franz Witsch, HH

Liebe FreundeInnen des politischen Engagements,

ich möchte den politisch interessierten BürgerInnen einen Artikel mit dem Titel "Der Fall Skripal: Westliche Regierungen machen sich kollektiv lächerlich" ans Herz legen. Dieser von Paul Schreyer auf TELEPOLIS veröffentlichte Kommentar zeigt, von welchen mittlerweile „kranken“ Politikern die Welt regiert wird.  

wahrheit_politiker_verlogenheit_unwahrheit_luege_propaganda_manipulation_truth_tatsache_wahrhaftigkeit_authentizitaet_massenmedien_leitmedien_kritisches_netzwerk_luegengebaeude.png"Die Aufregung um den Mordanschlag auf den Doppelagenten Sergej Skripal nimmt zunehmend absurde Züge an - Ein Kommentar

Am Donnerstag kulminierte die öffentliche Empörung über den bislang völlig ungeklärten Vorfall in einer gemeinsamen Stellungnahme der Regierungen Großbritanniens, der USA, Frankreichs und Deutschlands. Man sei "entsetzt" von diesem "Übergriff gegen die Souveränität des Vereinigten Königreichs", der einen "Völkerrechtsbruch" darstelle und "unser aller Sicherheit" bedrohe." (TELEPOLIS) Hier bitte zunächst weiterlesen.

Der Text kommentiert den Fall Skripal, namentlich „die Aufregung um den Mordanschlag auf den Doppelagenten Sergej Skripal“. Der Fall nehme „zunehmend absurde Züge an.“ Anstatt Beweise vorzulegen, die die Schuld der russischen Regierung tatsächlich belegen würden, würden „sich die westlichen Regierungen – man möchte schon sagen, ‚wie gewohnt’– auf die psychologische Wirkung einer PR-Kampagne“ verlassen. Das geht so in der Art: irgendetwas wird im „blöden“ Bürger schon hängen bleiben.

Die Anti-Russland-Hysterie“, heißt es weiter, habe „sich zu einer waschechten Paranoia ausgewachsen, gegen die zunehmend selbst absurdeste Verschwörungstheorien harmlos erscheinen.“ Und sogenannte Qualitätsmedien wie DIE ZEIT und FAZ haben nichts anderes zu tun, als die Politik in ihrer „Wahnwelt“ zu bestätigen.

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Auswirkungen des digitalen Wandels auf die Arbeit

"Wenn Maschinen sich vernetzen, muss der Mensch aufpassen, nicht außen vor zu bleiben."

von Redaktion »Arbeit&Wirtschaft«, Wien

Die Soziologin Kerstin Jürgens spricht im Interview über die Auswirkungen des digitalen Wandels auf die Arbeit. Sie zeigt, wie wir Arbeit auch in Zukunft so regeln können, dass Menschen ihr Leben absichern können und warum der Mensch aufpassen muss, dass er zwischen selbstlernenden Systemen nicht auf der Strecke bleibt.

Cornelia Breuß: Sie sagen, die Zukunft der Arbeit ist ungewiss, weil wir die genauen Effekte des digitalen Wandels nicht exakt abschätzen können. Welche Effekte können das möglicherweise sein?

Kerstin Jürgens: Der technologische Fortschritt bringt uns in rasantem Tempo immer neue Innovationen ins Haus. Unsere digitalen Endgeräte werden immer leistungsstärker und „schlauer“. Es werden Systeme entwickelt, die nicht mehr von uns genährt werden müssen, sondern selbstständig lernen. Maschinen kommunizieren untereinander. Dies alles führt dazu, dass bisherige Arbeitsabläufe neu strukturiert werden können – und dass sich die Frage stellt, welche Aufgabe noch für den Menschen übrigbleibt.

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Cornelia Breuß: Was heißt das für unsere Arbeitsplätze?

Kerstin Jürgens: Sicher bleiben viele Berufe erhalten, aber in manchen Bereichen kann es zu einer deutlichen Rationalisierung kommen, durch die viele ihren Arbeitsplatz verlieren können. Aber gerade weil die technologischen Innovationen noch gar nicht alle umfassend eingesetzt werden, lassen sich auch die Effekte auf den Arbeitsmarkt schlecht ermessen. Bislang schaut man sich an, zu welchem Anteil jemand computerbasiert arbeitet. Damit aber ist nur ein Teil des Wandels in den Blick genommen.

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Stiller Abschied der SPD und ver.di von der Bürgerversicherung

von Laurenz Nurk

Die Bürgerversicherung sollte eigentlich mit dazu beitragen, das Chaos in der Krankenversicherung zu ordnen und die Gesundheitspolitik etwas gerechter zu machen. Sie sollte die allgemeine Krankenversicherungspflicht in der gesetzlichen solidarischen Krankenversicherung sein und allen Bürgern den gleichen Leistungsanspruch unabhängig von ihrem Einkommen bieten. Zur Finanzierung würden alle Einkommen und auch alle Einkommensarten für die Versicherung herangezogen und die Beitragsbemessungsgrenzen wegfallen. Dadurch könnten die Gewerkschaften auch die Verteilungsdebatte neu ankurbeln, doch der DGB ziert sich derzeit, die Beitragsbemessungsgrenze abzuschaffen, er zieht nicht einmal eine Anhebung der Grenze in Erwägung.

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H.S.: Die nachfolgende Grafik zeigt den Verlauf des effektiven Beitragssatzes in der gesetzlichen Sozialversicherung Deutschland im Jahr 2016. Über den Beitragsbemessungsgrenzen liegende Einkommensteile sind nicht mehr beitragspflichtig - der Beitrag in Euro bleibt dann unabhängig von der Einkommenshöhe konstant. Durch die Art der Berechnung des effektiven Beitragssatzes in Prozent (Beitrag geteilt durch Bruttoeinkommen) ist dessen Verlauf fallend (degressiver Tarif).

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Nicht nur der DGB, auch die SPD und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di rücken von der früher favorisierten Bürgerversicherung ab und lassen damit diese Idee klammheimlich sterben. In den nächsten Jahren bleibt es beim Nebeneinander der Privaten Krankenversicherungen (PKV) und der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), weil es derzeit keine sozialpolitische Kräfte gibt, die Alternativen beim Krankenversicherungsschutz aufzeigen.

► Private Krankenversicherungen (PKV)

Das Geschäftsmodell der PKV ist recht einfach: die Versicherer gehen von der Summe aus, die ihre Versicherten pro Jahr im Schnitt als Leistung in Anspruch nehmen. Naturgemäß ist diese Summe vor allem vom Alter des Versicherten abhängig und jüngere Versicherte nehmen nun einmal relativ selten Leistungen der Krankenversicherung in Anspruch, ältere Menschen entsprechend öfter. Besonders der Zeitraum um die letzten vier Monate vor dem Tod machen einen Großteil der insgesamt anfallenden Leistungen aus der Krankenversicherung aus. Da es in der PKV, anders als im gesetzlichen Krankenversicherungssystem keine Umlage gibt, muss rechnerisch jeder Versicherte sich selbst finanziell versichern.

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Horst Seehofer als Innenminister: Präventive Ermittlungen „quasi gegen jeden“

von Marie Bröckling

Unter Seehofer wurde in Bayern ein Gesetz zur Aufrüstung der Polizei auf den Weg gebracht, das ihr nie da gewesene Kompetenzen für präventive Ermittlung gibt. Plant der neue Innenminister bald Menschen in der gesamten Bundesrepublik durch die Polizei überwachen zu lassen?

Über die zu erwartende massive Ausweitung der Kompetenzen der Polizei unter dem neuen Bundesinnenminister Horst Seehofer berichtet das Politikmagazin „Monitor“ des ARD. Der CSU-Politiker befürwortet die präventive Überwachung der Telekommunikation und Online-Aktivitäten von Personen, ohne Hinweise auf konkrete Straftaten. Entsprechende Gesetzentwürfe zur Aufrüstung der Polizei hatte er in Bayern auf den Weg gebracht.

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Seehofer hat sich noch nicht ausdrücklich dazu geäußert, ob bayerische Verhältnisse auf Bundesebene zu erwarten sind. Der Gesetzentwurf der CSU zur Reform des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) in Bayern ermöglicht, dass die Polizei „quasi gegen jeden ermitteln“ kann. Ohne einen Hinweis auf eine konkrete Straftat dürfte die Polizei nach dem Gesetzentwurf auf Daten auf informationstechnische Systeme zugreifen, in bestimmten Fällen dürfte sie auch Daten löschen oder verändern.

Der PAG-Gutachter Hartmut Wächtler sagt gegenüber Monitor, dass damit die „größte und umfassendste Kontrollkompetenz geschaffen worden ist für eine Polizei in Deutschland seit 1945“. Eine Sprecherin des Bundesinnenministerium sagte auf Anfrage von netzpolitik.org dazu nur, dass man Ländergesetze grundsätzlich nicht kommentiere. ( PAG-Neuordnungsgesetz, Drucksache 17/20425, 101 Seiten, PDF)

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Studie: Beschäftigte im Handwerk liegen beim Verdienst deutlich zurück

Mangelnde Tarifbindung ein wichtiger Grund

von Hans-Böckler-Stiftung

Im Handwerk verdienen Beschäftigte im Schnitt deutlich weniger als in anderen Branchen. Der Abstand beim Stundenlohn beträgt durchschnittlich knapp 3,50 Euro brutto. Das liegt unter anderem an den Qualifikationsstrukturen – und an fehlender Tarifbindung. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie.

Sprichwörtlich heißt es, das Handwerk habe goldenen Boden. Wer dort als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer tätig ist, dürfte das allerdings anders sehen: Laut einer Studie von Dr. Katarzyna Haverkamp und Kaja Fredriksen liegen die Löhne im Handwerk etwa ein Fünftel unter dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt. Die Mitarbeiterinnen des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen haben für die Hans-Böckler-Stiftung die Lohnstrukturen in dieser Branche analysiert. Für das Verdienstgefälle zu den übrigen Wirtschaftszweigen machen sie vor allem den geringen Anteil Hochqualifizierter, die vielen Kleinbetriebe und die vergleichsweise schwach ausgeprägte Tarifbindung verantwortlich.

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Die Arbeitgeber klagen über Fachkräftemangel im Handwerk. Die Studie zeigt aber, dass insbesondere die Fachkräfte im Vergleich zu anderen Branchen wenig verdienen, auch weil die Tarifbindung im Handwerk besonders niedrig ist“, sagt Dr. Stefan Lücking, der die Untersuchung in der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung begleitet hat. „Eine stärkere Tarifbindung wäre das beste Rezept, um das Handwerk für Fachkräfte attraktiv zu machen.

Für ihre Untersuchung haben Haverkamp und Fredriksen mehrere umfangreiche Datensätze des Statistischen Bundesamts und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) ausgewertet. Wegen unterschiedlicher Abgrenzungen der Stichproben sind die Einzelergebnisse zum Teil nur begrenzt vergleichbar. Dass das Handwerk beim Lohnniveau deutlich zurückliegt, gilt allerdings unabhängig von der Methode und dem Zeitpunkt der Erhebung.

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Inszenierter Anschlag gegen Sergei Skripal? Großbritannien weist 23 russische Diplomaten aus

von Chris Marsden

Am Mittwoch gab Premierministerin Theresa May im Unterhaus weitgehende Maßnahmen gegen Russland bekannt. Sie erklärte das Putin-Regime für schuldig, den ehemaligen Doppelagenten Sergei Skripal und seine Tochter Julia in Salisbury vergiftet zu haben. Russland hatte zuvor eine 24-Stunden-Frist verstreichen lassen, die die May-Regierung dem Land für eine Erklärung gesetzt hatte.

May empörte sich über „den Sarkasmus, die Verachtung und den Trotz“ der Moskauer Regierung. Sie behauptete, die Verwendung des Nervengases der Nowitschok-Klasse auf britischem Boden komme einer „rechtswidrigen Gewaltanwendung“ durch Russland gleich. Der russische Staat habe sich des versuchten Mordes an Skripal und seiner Tochter Julia schuldig gemacht. May behauptete, der russische Präsident Wladimir Putin habe sich bewusst für dieses Vorgehen entschieden. Der russische Staat betreibe ein Chemiewaffenprogramm und verletze damit internationales Recht.

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Großbritannien reagierte darauf mit der Ausweisung von 23 russischen Diplomaten, die laut May angeblich als „verdeckte Geheimdienstler“ arbeiten. Sie müssen innerhalb einer Woche das Land verlassen. Außerdem gab May folgende weitere Maßnahmen bekannt:

Die Suspendierung hochrangiger bilateraler Kontakte zwischen dem Vereinigten Königreich und Russland.

Die Verabschiedung neuer Gesetze und anderer, nicht näher definierter Maßnahmen zum Schutz gegen „feindliche staatliche Aktivitäten“.

Eine verstärkte Kontrolle privater Personen- u. Fracht-Flüge, um die Einreise von feindlichen Personen nach Großbritannien zu verhindern.

Das Einfrieren russischen Staatsvermögens, das dazu dienen könnte, Leben o. Eigentum britischer Bürger oder Einwohner zu bedrohen.

Ein Boykott der Fußballweltmeisterschaft in Russland durch Minister und die königliche Familie, sowie die Rücknahme der Einladung an den russischen Außenminister Sergei Lawrow zu einem Besuch in Großbritannien.

Russland verurteilte die Ausweisung der Diplomaten als “unakzeptabel, ungerechtfertigt und kurzsichtig” und kündigte an, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

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Giftanschlag auf Sergei Skripal und die antirussische Kriegshysterie

Was steckt hinter den britischen und amerikanischen Ultimaten gegen Russland?

von Alex Lantier

theresa_mary_may_brexit_europaeische_european_union_united_kingdom_grossbritannien_england_salisbury_kritisches_netzwerk_russenfeindlichkeit_russophobia_russophobie_propaganda.jpgNur zehn Tage nach der mysteriösen Vergiftung des ehemaligen russischen Geheimagenten und britischen Spions Sergei Skripal und seiner Tochter Julia im britischen Salisbury hat die herrschende Klasse in Großbritannien eine antirussische Kampagne losgetreten und Moskau für den Anschlag verantwortlich gemacht. Mit Unterstützung führender Kreise in den USA und Europa versucht die britische Regierung den Fall auszunutzen, um eine Anklage gegen Russland zu konstruieren.

Am Montag setzte Premierministerin Theresa May Russland ein Ultimatum, das in der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch auslief, ohne dass Moskau den Forderungen Großbritanniens nachkam. Daraufhin kündigte May gestern Sanktionen an. Sie werde 23 russische Diplomaten ausweisen und Teile des russischen Staatsvermögens einfrieren lassen. Auch sollen einige Regierungsvertreter und Mitglieder des Königshauses nicht zur Fußballweltmeisterschaft reisen, die im Sommer in Russland stattfinden wird.

May hatte vor dem Ultimatum erklärt, wenn Moskau keine „glaubwürdige Antwort“ liefert, müsse sie daraus schließen, dass der „russische Staat rechtswidrig Gewalt gegen Großbritannien angewandt hat“. Während der Debatte im Parlament wurde May gedrängt, Artikel 4 des NATO-Vertrags anzuwenden. In diesem Falle wäre das Bündnis zu einer Krisensitzung gezwungen, um festzustellen, ob die „Unversehrtheit des Gebietes, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit“ eines NATO-Mitgliedstaats bedroht ist.

Bei diesen Fragen geht es um Krieg oder Frieden. Führende NATO-Vertreter versuchen offensichtlich, einen Vorwand für einen Krieg gegen Russland, eine der beiden größten Atommächte, zu konstruieren. Medienberichten zufolge wurde in herrschenden Kreisen in London auch über die Anwendung von Artikel 5 des NATO-Vertrags diskutiert. Der Bündnisfall verpflichtet alle NATO-Parteien, „im Falle eines bewaffneten Angriffs“ gegen ein Mitglied, „Beistand“ zu leisten, „indem jede von ihnen unverzüglich für sich und im Zusammenwirken mit den anderen Parteien die Maßnahmen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, trifft, die sie für erforderlich erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten“.

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Was die Entlassung des US-Außenministers Rex Tillerson bedeutet

von Dr. Paul Craig Roberts

Senator Charles "Chuck" Schumer (Demokratische Partei, NY) sagt, dass Rex Tillersons Entlassung darauf hinweist, dass die Trump-Administration zerfällt. Ich verstehe, warum Senator Schumer das so sieht, vor allem nach all den anderen Entlassungen und Rücktritten.

Ich sehe das anders. Die Entlassung des Außenministers Tillerson, die Ernennung des CIA-Direktors Mike Pompeo zum Außenminister und die Beförderung von Gina Haspel, die die geheimen CIA-Foltergefängnisse in Thailand beaufsichtigt hat ( Artikel in der New York Times), deuten darauf hin, dass der Militär-/Sicherheitskomplex seine Vereinnahmung des Trump-Regimes abgeschlossen hat. Von einer Normalisierung der Beziehungen zu Russland wird nicht mehr die Rede sein.

Die Kombination aus der Israel-Lobby, den Neokonservativen und dem Militär-/Sicherheitskomplex hat sich als zu mächtig erwiesen, um Frieden zwischen den beiden Atommächten herzustellen. Wenn man sich die Administration Trumps ansieht, sind die drei oben genannten Kräfte die Verantwortlichen.

Israel ist nach wie vor entschlossen, das US-Militär einzusetzen, um Syrien und den Iran zu destabilisieren, um die Hisbollah zu isolieren und die Unterstützung und Versorgung der Miliz abzuschneiden. Die Neokonservativen unterstützen sowohl das Interesse Israels als auch ihren eigenen Wunsch nach Washingtons Hegemonie über die Welt. Der Militär-/Sicherheitskomplex beabsichtigt, die "Bedrohung Russland" als Rechtfertigung seines Budgets und seiner Macht beizubehalten.

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Solidarität mit dem Antimilitaristen Thomas H.

Wann darf auf einer Messe gegen die Bundeswehr demonstriert werden?

von Thomas Mickan

Seit über zwei Jahren kämpft Thomas H. sich nun schon durch den Dschungel der Gerichte (vgl. GWR 411). Weil er bei einer Messe fünf Minuten sein Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit gegen die massive Werbung der Bundeswehr im öffentlichen Raum wahrnahm, will ihn die Staatsanwaltschaft bestrafen. Nun liegt das Verfahren beim Bundesverfassungsgericht mit einer hoffentlich guten Entscheidung, um die Bundeswehr in ihrem Nachwuchshunger in die Schranken zu weisen und das Recht auf freie Meinung und Versammlung zu stärken.

In Stuttgart, so der Vorwurf der dortigen Staatsanwaltschaft, habe der Aktivist Thomas H. bei den Protesten gegen einen Bundeswehr-Rekrutierungsstand auf der Ausbildungsmesse "Nacht der Unternehmen" in der Liederhalle am 17. November 2015 Unrecht begangen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Hausfriedensbruch.

► Runde 1 - Beim Amtsgericht bleiben alle Fragen offen

In einem ersten, fast alle Fragen offen lassenden Verfahren wurde der Aktivist vom Amtsgericht Stuttgart am 26. Juli 2016 zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt. Die unzureichende Wahrheitsfindung (die einzige Zeugin konnte sich beispielsweise nicht mehr daran erinnern, wo Thomas H. bei nur 5 - 6 weiteren Aktivist_innen gestanden hatte) und eine ungenügende Würdigung des "Fraport-Urteils", das in solchen Fällen in Betracht gezogen werden muss, führten dazu, dass Thomas H. Berufung beim Landgericht einlegte.

► Runde 2 - Landgericht weist Berufung zurück

Das Landgericht wies jedoch die Berufung als offensichtlich unbegründet zurück, und stützte sich dabei auf die Begründung des Amtsgerichtes. Dabei wies es Thomas H. zusätzlich als Bundeswehrgegner aus, obwohl seine beim Amtsgericht verlesene Erklärung nicht mit in die Akten aufgenommen wurde, die einzig diesen Schluss zugelassen hätten. Ebenso wurde sich an die Auslegung des Fraport-Urteils des Amtsgerichtes angeschlossen, dass keine Grundrechtebindung der Tema AG vorsah. Als private AG hatte diese die Messe ausgerichtet. Damit wird von vornherein ausgeschlossen, dass ein möglicher Hausfriedensbruch mit dem (auch nach dem Fraport-Urteil) höher zu wertenden Recht auf Versammlung abgewogen werden muss.

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Bei der „Rente mit 63“ hat Dortmund fast die rote Laterne bekommen

 – eine Auswirkung der vielen prekär Beschäftigten in der Stadt

von Laurenz Nurk

Die „abschlagsfreie Rente mit 63“ ist grundsätzlich eine gute Sache. Doch haben seit der Einführung 2014 nur wenige ältere Arbeitnehmer davon profitieren können. Die Rentenversicherung Westfalen (DRV Westfalen) veröffentlichte nun die Zahl der Rentenversicherten in ihrem Zuständigkeitsbereich, die vorzeitig ohne Abschläge in Rente gingen. Während in Minden-Lübbecke mit 42,7 Prozent der Rentenantragssteller diese Rentenart in Anspruch nehmen konnten, waren es in Dortmund nur 24 Prozent, nur in Bottrop ist die Zahl noch geringer.

Hier wird deutlich, dass in Dortmund immer weniger Menschen eine lückenlose Erwerbsbiografie aufweisen können, denn als Voraussetzung für den früheren Renteneintritt sind 45 Beitragsjahre der Rentenversicherten.

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► „Rente für besonders langjährig Versicherte“ – „Rente mit 63“

Einen Anspruch auf die „Rente für besonders langjährig Versicherte“- „Rente mit 63“ hat derjenige, der 45 Jahre Pflichtbeiträge aus Erwerbstätigkeit, Pflege von Angehörigen oder Kindererziehung geleistet hat. Dazu zählen auch Kinderberücksichtigungszeiten, Entgeltersatzzeiten wie Krankengeld oder Übergangsgeld, auch freiwillige Beiträge mit, ebenso Wehr- und Ersatzdienstzeiten, auch Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld und Zeiten aus Minijobs. Nicht berücksichtigt werden Pflichtbeiträge, die wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II oder Arbeitslosenhilfe gezahlt wurden und Zeiten aus einem Versorgungsausgleich, sowie aus einem Rentensplitting unter Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern.

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Schweiz: Neue Zürcher Zeitung auf AfD-Kurs

Rechtsruck der einstigen „Flagschiffe“ und der bürgerlichen Presse   

von Marianne Arens

Die Neue Zürcher Zeitung wandelt sich vom marktliberalen und konservativen Organ der Schweizer Bourgeoisie mehr und mehr zu einem rechtspopulistischen Hetzblatt. Sie richtet sich dabei nicht nur an ihre Schweizer Leserschaft, sondern gezielt auch an ein Publikum in Deutschland.

Unter anderen berichteten DIE ZEIT am 13. Dezember 2017 und das Medienmagazin ZAPP des Norddeutschen Rundfunks (ndr) am 28. Februar über den Rechtsruck der NZZ. Sie arbeite sich „inzwischen geradezu obsessiv an konservativen Reizthemen ab: an der Geschlechterfrage, an der politischen Korrektheit, am angeblich alles dominierenden sozialdemokratischen Mainstream“, schrieb DIE ZEIT.

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ZAPP wies auf die rechtspopulistisch aufgeladenen Themen hin, die auffällig oft die Seiten der NZZ füllen. Dazu gehört Kritik an Kanzlerin Angela Merkel von rechts, z.B. unter dem Titel „Starrsinn im Kanzleramt“, sowie das Schüren von Antiislamismus mit Artikeln über die Burka als „Gefängnis aus Stoff“ oder über „islamisch geprägte junge Herrenmenschen“.

In einem Artikel über die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin schrieb NZZ-Chefredakteur Eric Gujer: „Mit der abrupten Öffnung der Ostgrenze gab die CDU zugleich die Idee des Staatsvolks auf, das sich von andern Völkern unterscheidet und aus dieser Distinktion seine Existenzberechtigung ableitet.“ Zwei Autoren des Zürcher Tagesanzeigers kommentierten zu Recht, Gujer argumentiere „nahe an völkischen Thesen, die Migration als unzulässige ‚Völkervermischung‘ grundsätzlich ablehnen“. Die AfD hat diesen Artikel weitherum geteilt.

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Wohnen ist Menschenrecht für alle!

von Bündnis „AufRecht bestehen“

+++Bundesweites Bündnis fordert, die Wohnsituation  von  Arbeitslosengeld-II- und  Sozialhilfeberechtigten deutlich zu verbessern+++

Hartz IV und andere Sozialleistungen sollen das Minimum an Geld gewährleisten, das ein Mensch in Deutschland zum menschenwürdigen Leben braucht. Das sogenannte soziokulturelle Existenzminimum ist kein Almosen, sondern rechtlich garantiert: durch das Grundgesetz, aber auch durch internationale Verträge wie die UN-Konventionen. Grundsicherungsleistungen wie Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe teilen sich auf in den Regelbedarf (aktuell 416 € für Alleinstehende), Kosten der Unterkunft und eventuelle Mehrbedarfszuschläge.

► Wohnen ist Menschenrecht

Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen, …“ (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 25).

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Eine Wohnung ist mehr als ein Dach über dem Kopf. Eine Wohnung, in der man sich zuhause fühlt und vor deren Verlust man keine Angst haben muss, ist Menschenrecht und anerkannte Grundvoraussetzung für das psychische Wohl, die Teilhabe an der Gesellschaft und auch die Voraussetzung dafür, einen Beruf auszuüben. Arbeitslosengeld-II- und Sozialhilfeberechtigte bilden da keine Ausnahme, außer dass hier die Angst vor bzw. die Gefahr der Wohnungslosigkeit viel größer ist.

Die Jobcenter und Sozialämter übernehmen die Miete nur bis zu einer bestimmten Obergrenze. Wenn die Miete darüber liegt, zum Beispiel nach einer Mieterhöhung, werden die betroffenen Mieter*innen aufgefordert, die Wohnkosten zu senken, in der Regel durch einen Umzug. In vielen Städten besteht allerdings ein großer Mangel an preiswertem Wohnraum, die Mietpreisbremse ist gescheitert. Der vielerorts angespannte Wohnungsmarkt führt dazu, dass man schon sehr großes Glück haben muss, innerhalb der von den Kommunen vorgegebenen Obergrenzen eine Wohnung neu anmieten zu können.

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Ungleichverteilung: 45 Superreiche besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Deutschen

„Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen“

von Fred Schmid / isw München e.V.

club_rich_geldadel_geldelite_geldherrschaft_milliardaere_multimillionaere_neofeudalismus_obere_zehntausend_plutarchie_plutokratie_reichenliste_reichtum_reichtumsherrschaft_kritisches_netzwerk.jpg Im isw-wirtschaftsinfo Nummer 51Bilanz der Großen Koalition 2013 – 2017“ vom April 2017 machte das isw e.V. auf eine himmelschreiende Ungleichverteilung in Deutschland aufmerksam: „Die 15 Reichsten haben so viel wie das halbe Deutschland“ (S. 30). Die isw-Analyse ist inzwischen durch eine DIW-Studie vom Januar 2018 im Wesentlichen bestätigt worden („DIW-Discussion Papers: Looking for the Missing Rich: Tracing for the Top Tail of the Wealth Distribution", DIW 2018 >> PDF).

Danach besaßen 2014 die reichsten 45 Deutschen so viel wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung: Ein Geld-Hochadel von weniger als fünfzig Familien hatte also mit 214 Milliarden Gesamtvermögen Euro ebenso viel wie über 20 Millionen Haushalte (in Deutschland leben 82,5 Millionen Menschen in 41 Millionen Haushalten)[1]

Wie das isw hat auch das DIW die so genannten Reichsten-Listen (z.B. manager maganzin, forbes) bei den Berechnungen hinzugezogen – „valide (wissenschaftlich zuverlässige – F.S) Schätzungen“ nennt sie Stefan Bach, der Leiter der DIW-Studie – wodurch das wirkliche Gesamtvermögen, vor allem aber die Konzentration an der Reichtumsspitze deutlich höher ausfiel, als bei Berechnungen etwa der Bundesbank und des Statistischen Bundesamts. In der amtl. Statistik werden Superreiche systematisch unterschätzt bzw. kommen gar nicht vor. Einerseits, weil ihre Zahl so klein ist, dass sie in Stichproben nicht ausreichend erfasst werden. Zum anderen, weil die Statistiken auf freiwilligen Befragungen basieren und die Auskunftsbereitschaft mit wachsendem Reichtum nachweislich abnimmt.

Die wesentlichen Ergebnisse der DIW-Forscher: Den reichsten fünf Prozent der Bevölkerung gehörte 2014 51,1% des gesamten Vermögens. Ein Prozent der Bevölkerung (Haushalte) hatte ein Drittel (31,1%) und ein Tausendstel der Haushalte, also 41.000 – sprichwörtlich die „Oberen Zehntausend“ – nannten 17,4 Prozent des Gesamtvermögens ihr Eigen: 1.650 Milliarden Euro. Die unteren 50% der Bevölkerung – über 20 Millionen Haushalte – besitzen dagegen nur 2,3% des Gesamtvermögens: 214 Milliarden Euro.

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Der Bundes-Unrechtsstaat: Diesel-Mafia vor ein Tribunal

von Ulrich Gellermann, Mitautor des Buches "Die Macht um Acht".

Auf den Begriff „Unrechtsstaat" hatte die verblichene DDR ein Abo. Ganze Justiz- und Medien-Apparate wussten haargenau, warum die DDR ein Unrechtsstaat war. Denn die Gesetze in der DDR seien nur „Versatzstücke“ gewesen, die „bei Bedarf beiseite geschoben werden“ konnten, wenn sie „der Staatsführung […] oder sonstigen zur Entscheidung befugten Organen“ nicht passten.

gangster-mafia-unrechtsstaat-dieselmafia-organisierte-kriminalitaet-autolobby-dieselgate-kritisches-netzwerk-abgasaffaere-abgasskandal-organisiertes-verbrechen-betrugsskandal-vw-bmw.pngDa schau her. Vom DDR-Unrechtsstaat reden zumeist nur noch Historiker. Zumal in den Medien längst Russland das Unrechts-Erbe angetreten hat: Die New York Times brandmarkte Russland schon als „Unrechtsstaat“ und auch das Wochenmagazin Stern wusste, „Russland bleibt ein Unrechtsstaat“, weil der nach Recht und Gesetz verurteilte Michail Borissowitsch Chodorkowski nicht mal eben freigesprochen wurde.(⇒ stern-Artikel). - Iwan Pawlow lässt grüßen: Längst ist die Sowjetunion begraben, Russland ist kapitalistisch, aber das unersetzliche Feindbild wird jeden Tag neu übermalt.

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) spricht von Millionen Dieselfahrzeugen, die von der deutschen Automobilindustrie in betrügerischer Absicht mit gefälschten Abgaswerten unter die Leute gebracht wurden. Die Leute: brave Deutsche, die immer ordentliche Kreuze auf ihre Wahlzettel gemalt hatten und an den Rechtsstaat glaubten. Der Paragraph 263 des Strafgesetzbuches kennt den Betrug:

"Wer in der Absicht, sich o. einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

Aber es wird nix.

"Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den  §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht."

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Influencer in Uniform: Wenn die Exekutive viral geht

von Markus Reuter, Alexander Fanta, Marie Bröckling, Luca Hammer  

In Deutschland sind heute mehr als 100 Polizeien rund um die Uhr auf Twitter aktiv. Eine Datenanalyse von Netzpolitik.org und dem Medienwissenschaftler Luca Hammer nimmt die digitale Behördenarbeit unter die Lupe. In unserer Serie zeigen wir, wie sich die Polizei in dem sozialen Netzwerk eine neue Form der Öffentlichkeit schafft.

In den sozialen Medien erfinden sich die deutschen Polizeien gerade ein Stück weit neu. Wo früher spröder Amtscharme herrschte, twittern die Beamten nun lässige Sprüche, begleiten Demonstrationen mit Social Media Teams in Echtzeit und warnen partywütige Jugendliche vor zu viel Radau. Dürfen die das alles eigentlich? Netzpolitik.org hat rund hundert offizielle Twitterkonten der deutschen Polizeibehörden identifiziert und etwa 163.000 Tweets analysiert. Unser Bericht führt durch die Welt der Polizei-Influencer und zeigt, wie die deutsche Exekutive viral geht. In diesem Text liefern wir eine ausführliche Datenanalyse und Einordnung. In unserer Reihe „So twittert die Polizei“ bieten wir außerdem ein Interview mit einem Experten für digitale Polizeiarbeit, wir schauen nach der rechtlichen Lage und zeigen heikle Fälle und Fehlgriffe in der Social-Media-Arbeit der Polizeien.

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  -- CC-BY-SA 4.0 Stella Schiffczyk / netzpolitik.org

► Warum ausgerechnet Twitter?

Twitter spielt in der Social-Media-Strategie der Polizei eine Schlüsselrolle. Zwar nutzen nur etwa drei Prozent der deutschen Bevölkerung häufig den Kurznachrichtendienst. Dennoch ist die Polizei dort ebenso präsent wie im weit beliebteren Facebook. Twitter ist für die Öffentlichkeit besonders wichtig, denn nirgendwo in einem sozialen Medium findet man eine so hohe Konzentration von Politikern und Journalisten. Mit ihrer starken Präsenz auf Twitter zeigen die Polizeien, dass sie im Internet nicht nur die breite Masse erreichen – sie wollen auch gezielt den öffentlichen Diskurs beeinflussen. Wir haben uns darum in unserer Analyse auf Twitter konzentriert.

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Neuer internationaler Mindestlohnreport des WSI

von Malte Lübker und Thorsten Schulten / WSI REPORT Nr. 39

+++Mindestlöhne: In Westeuropa meist über 9,40 Euro, im EU-Mittel nominal kräftige Zuwächse, Reallohnverlust in Deutschland+++

Die Mindestlöhne in den 22 EU-Staaten, die über eine gesetzliche Lohnuntergrenze verfügen, sind zuletzt im Mittel kräftig angehoben worden – nominal um 4,4 Prozent. 19 Staaten haben ihre Mindestlöhne zum 1. Januar 2018 oder im Laufe des Vorjahres angehoben, lediglich in Deutschland, Griechenland und Luxemburg gab es keine Erhöhung. Die nominalen Erhöhungen waren die zweitstärksten seit 2009. Da die Inflation wieder anzog, legten die Mindestlöhne real weniger kräftig zu – im Mittel um 2,8 Prozent nach 5,1 Prozent 2017.

geldboerse_armutsrente_portmonee_bargeld_pleite_portemonnaie_kritisches_netzwerk_armut_altersarmut_altersvorsorge_verarmung_mindestrente_sozialabbau_kapitalismus_konsumverzicht.jpgIn den meisten EU-Ländern mit Erhöhungen gab es aber auch inflationsbereinigt Zuwächse. Das zeigt der neue Mindestlohnbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Der deutsche Mindestlohn ist mit 8,84 Euro pro Stunde spürbar niedriger als die Lohnuntergrenzen in den westeuropäischen Euro-Staaten, die mindestens 9,47 Euro Stundenlohn vorsehen, in Luxemburg sogar 11,55 Euro.

Nachdem die Austeritätspolitik in zahlreichen EU-Staaten über längere Zeit auch die Mindestlöhne ausbremste, „knüpft die Lohnentwicklung wieder an das Vorkrisenniveau an“, schreiben die WSI-Tarifexperten Prof. Dr. Thorsten Schulten und Malte Lübker. Die höchste Dynamik beobachten die Wissenschaftler in den mittel- und osteuropäischen EU-Ländern, die die Lohnuntergrenzen zuletzt um mindestens fünf Prozent, zum Teil zweistellig erhöhten. In Rumänien wurde die Lohnuntergrenze sogar um 52 Prozent angehoben – allerdings von einem geringen Ausgansniveau aus. In den west- und südeuropäischen Mitgliedsländern reichen die Anhebungen von 1,2 Prozent in Frankreich bis mindestens 4 Prozent in Spanien, Portugal und Großbritannien.

Trotz der Erhöhungen sei in vielen Ländern der Mindestlohn gemessen am mittleren Lohnniveau nach wie vor niedrig, betonen die Forscher. Das gelte gerade auch für Deutschland, wo der Mindestlohn nicht einmal die Hälfte des Medianlohns erreicht und damit deutlich unter der Niedriglohnschwelle liegt. Mindestlöhne spielten eine wichtige und wissenschaftlich breit anerkannte Rolle bei der Stabilisierung des Lohngefüges nach unten, so Schulten und Lübker. „Ohne Unterstützung durch ein starkes Tarifvertragssystem“ könne der Mindestlohn aber „auf sich allein gestellt kaum die Verbreitung von Niedriglohnbeschäftigung eindämmen.“ Daher seien weitere Maßnahmen zur Stärkung der Tarifbindung notwendig.

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EU droht mit Vergeltung für Trumps Handelskriegsmaßnahmen

von Peter Symonds

freiheitsstatue_donald_trump_statue_of_liberty_libertas_eu_european_union_fuck_off_make_america_great_again_first_frederic_auguste_bartholdi_kritisches_netzwerk_protektionismus.jpg Am Freitag [2.3.] drohten führende europäische Politiker mit handelspolitischen Vergeltungsmaßnahmen für die von US-Präsident Trump angekündigten Einfuhrzölle von 25 % auf Stahl und 10 % auf Aluminium. Trump machte daraufhin in einer Reihe von Tweets deutlich, dass er nicht von seiner Entscheidung abrücken wird, auch wenn sie einen Handelskrieg auslösen könnte.

Die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström erklärte in der Financial Times, die EU habe kaum eine andere Wahl, als die amerik. Einfuhrzölle in der Welthandelsorganisation anzufechten und ihrerseits Zölle und andere Vergeltungsmaßnahmen einzuführen. Sie warnte zudem vor einem Handelskrieg: „Wir riskieren einen gefährlichen Dominoeffekt.

Der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, deutete in der deutschen Presse an, dass u.a. Steuern auf amerik. Produkte wie Harley-Davidson-Motorräder, Bourbon Whiskey und Blue Jeans geplant sind, falls die USA die geplanten Zölle auf Stahl und Aluminium tatsächlich umsetzen. Diese Auswahl richtet sich gegen die Heimatstaaten von führenden Politikern der Republikanischen Partei (GOP). Als Seitenhieb gegen Trump und seine Regierung fügte Juncker hinzu: „Das ist alles nicht vernünftig, aber Vernunft ist ja ein Gefühl, das sehr unterschiedlich verteilt ist in der Welt.“ Er erklärte außerdem, die europäischen Vergeltungsmaßnahmen stünden im Einklang mit den Regeln der WTO.

Trumps Ankündigung löste weltweit Kritik und Warnungen aus, auch von Verbündeten der USA, die am stärksten betroffen sein werden, wenn die Zölle nächste Woche eingeführt werden. Die Rhetorik der Trump-Regierung richtete sich zwar gegen Russland und China, aber Russland ist nur der fünftgrößte Lieferant von Stahlimporten in die USA, und China nur der elftgrößte.

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Seppuku der SPD: Nicht wehrlos, einfach nur ehrlos

von Ulrich Gellermann, Mitautor des Buches "Die Macht um Acht".

spd_linkspopulismus_andrea_nahles_sozialverrat_olaf_scholz_vertrauensverlust_enttaeuschung_volkspartei_sozialabbau_sozialdemokraten_nogroko_kritisches_netzwerk_hartz_iv_leiharbeit.jpgSeppuku“ (Harakiri) nannte die japanische Adelskaste, die Samurai, den rituellen Selbstmord. Die Samurai führten das Seppuku hauptsächlich aus vier Gründen aus: Zum einen vermied es Schande, wenn man während einer Schlacht dem Gegner in die Hände fiel und Kriegsgefangener wurde. Des Weiteren konnte es beim Tod des Herren (Daimyō) ausgeführt werden, oder man protestierte mithilfe des Seppuku gegen einen irrenden Vorgesetzten.

Dass die Sozialdemokraten mit ihrer satten Mehrheit für die GroKo Selbstmord begangen haben, steht außer Frage: Nach dieser Entscheidung wird kaum ein Wähler noch ein Stück Brot von der SPD annehmen. Und da der sozialdemokratische Wahlverein nur bestehen bleibt, wenn er sich über eine ausreichende Zahl von Posten legitimiert – Inhalte hatte man schon lange nicht mehr anzubieten – war es das: Die SPD wird verschwinden.

► Ist die SPD einem Gegner in die Hände gefallen?

Keineswegs. Sie hat sich mit der Agenda 2010 dem ehemaligen Gegner selbst ausgeliefert. Genüßlich suhlte sie sich in Vokabeln wie Reform oder Modernisierung, und der dumme Spruch von 'Privat geht vor Staat' galt den Genossen als der Gipfel ökonomischer Weisheit. Der Tod eines Herren war von der SPD auch nicht zu beklagen: Wechselnde Vorsitzende hatten die Partei zwar in die Sümpfe der Korruption geführt, schwammen aber selbst immer oben.

Auf ihre Sesselkissen ließen sie deshalb gern den Spruch 'Mit vollen Hosen ist gut stinken' sticken, und lehnten sich in den bequemen Sitzgelegenheiten ihrer neuen Jobs gern lässig zurück. Ein Protest ist im jüngsten Suizid der SPD auch nicht zu erkennen: Jene, die gegen eine erneute GroKo protestierten, bekamen keine Mehrheit. Gegen wen hätten sie protestieren sollen? Gegen sich selbst?

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Die Bertelsmannisierung der Hochschullandschaft geht weiter

Universität Witten-Herdecke war die erste private Hochschule in Deutschland

Studierende sitzen in der Schuldenfalle

von Laurenz Nurk

Die Universität Witten-Herdecke (UWH) wurde 1983 als erste private Hochschule in Deutschland gegründet. Für die Menschen im Ruhrgebiet wurde diese Universität schnell zu etwas Besonderem. Einmal für die Patienten, die dort in der Uniklinik ganzheitlich und behutsam behandelt und in das Behandlungskonzept aktiv einbezogen wurden, zum anderen auch für die jungen Menschen, die dort das Medizinstudium aufnehmen konnten, auch wenn der Abiturdurchschnitt nicht so gut war. Es kam für die Aufnahme dort eher auf die Persönlichkeit des Einzelnen an und auf seine Motivation, diesen Studiengang zu wählen.

Kaum jemand war bekannt, dass mit den Geldern und der ideellen Unterstützung der Deutschen Bank, der Krupp-, der Zeit- sowie der Bertelsmann-Stiftung in Witten- Herdecke eines der ersten Versuchslabore für den Umbau der Hochschullandschaft errichtet wurde.

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Im politischen Berlin wird in der letzten Zeit intensiv an der Privatisierung von staatlichen Leistungen gearbeitet. Im Gegensatz zu den Autobahnprivatisierungen steht die Privatisierung des Sozial- und Bildungsbereichs nicht im Licht der Öffentlichkeit. Die aktuellen Entwicklungen in Sachen „Kommunalisierung“ oder zur Schaffung von „Bildungsregionen“ zielen mit ihrem Vernetzungsaktionismus darauf ab, bereits vorhandene private Sozial- und Bildungsinstitutionen gleichberechtigt neben die öffentlichen Angebote zu stellen, die es teilweise schon gar nicht mehr gibt, weil öffentliche Angebote zugunsten privater massiv abgebaut worden sind.

Das Ziel solcher zunächst lokalen Aktionen ist wohl, dass die Bevölkerung sich daran gewöhnt, dass die Kostenstellen für die sozialen Bedürfnisse des Gemeinwesens entweder billig ins Ehrenamt abgeschoben oder von privatwirtschaftlichen Aktivitäten aufgefangen und der privaten oder Gebührenfinanzierung und damit der Profitorientierung preisgegeben werden. Diese Bemühungen werden von den großen Stiftungen kräftig unterstützt, die das gleiche Ziel verfolgen und zeigen wollen, dass Privat vor Staat geht. Ganz früh schon, nämlich 1983, wurde in diesem Sinne die erste private Hochschule in Deutschland gegründet.

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EU als eigenständiger militärischer Akteur

Die Beschwörung des Abgrunds, um weiter aufzurüsten

von Walter Listl / isw München e.V.

kriegspropaganda_feindbilder_mobilmachung_nato_krieg_russland_china_iran_kritisches_netzwerk_kriegshetze_eskalation_aufruestung_friedensbewegung_ostermaersche_auslandseinsaetze.jpgVon der sog. Münchner Sicherheitskonferenz gingen vor allem drei Botschaften aus:

Erstens wurde festgestellt, dass sich die weltpolitischen Konflikte bedrohlich zugespitzt hätten, man bewege sich „hin zum Abgrund“ und der Weg zurück sei mit einem Fragezeichen versehen.

Zweitens wurde dies mit einem Plädoyer für eine massive Aufrüstung der Europäischen Union verknüpft, um in den zu erwartenden Großkonflikten militärisch dabei sein zu können.

Und schließlich ging es drittens darum, dass hierfür ganz generell, aber ganz besonders von Deutschland erheblich mehr Mittel in den Militärbereich investiert werden müssten.

Ganz klar wurden die Feinde genannt, die man für eine weitere Aufrüstung braucht: Russland, China, Iran.

► Siko-Chef Wolfgang Ischinger im Interview: Hin zum Abgrund

Vor einem Jahr kann man die Stimmung unter den westlichen Entscheidungsträgern so beschreiben […], wir nähern uns dem Abgrund, wir nähern uns dem Ungewissen – eine bedrückte Stimmung angesichts der neuen Figur in Washington. Ich denke, dass jetzt, ein Jahr später, wir richtigliegen, wenn wir als Motto […] für die Konferenz gewählt haben: „Hin zum Abgrund – und zurück?"

Und weiter: „Wir haben noch nie seit dem Ende der Sowjetunion eine so hohe Gefahr auch einer militärischen Konfrontation zwischen Großmächten gehabt. Das Misstrauen beispielsweise zwischen der Militärführung in Washington und in Moskau ist abgrundtief! Es könnte gar nicht schlimmer sein. Die Kontakte, die es früher zuhauf gab, sind im Wesentlichen eingefroren.

Die Gefahr von Missverständnissen, denken Sie an die Vorgänge in und um Syrien, denken Sie an die Vorgänge in und um Nordkorea, die Gefahr von Fehlkalkulationen, von ungewollten eskalatorischen Manövern ist größer, als ich sie in Erinnerung habe über die letzten 30 Jahre hinweg. […] „Ich denke, die Lage der globalen Sicherheit ist heute instabiler, als sie es jemals seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion war.

Seit einigen Jahren wird unmittelbar vor Beginn der Sicherheitskonferenz der „Munich Security Report 2018“ veröffentlicht. Im deutschsprachigen Text der diesjährigen Ausgabe mit dem Titel „Am Abgrund – und zurück?“ heißt es: „Im letzten Jahr ist die Welt näher – viel zu nah – an die Schwelle von extremen Konflikten gerückt und die internationale Gemeinschaft muss alles tun, um sich von dieser Schwelle wegzubewegen.

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Die HSH Nordbank AG und der Hedgefonds Cerberus

Ein Lehrstück über Moral und Kompetenz in der deutschen Politik

Von Ernst Wolff / Autor der Bücher „Weltmacht IWF“ und neu: „Finanztsunami“

Am Mittwoch verkündeten der Hamburger Senat und die schleswig-holsteinische Landesregierung, dass die skandalträchtige HSH Nordbank verkauft wird. Der Deal wird den Steuerzahler nicht nur mindestens 13 Mrd. Euro kosten, er wirft auch ein grelles Schlaglicht auf die Moral und die Sachkompetenz der politischen Elite in Deutschland.

Beim Hamburger Senat handelt es sich seit 2015 um eine Koalition aus SPD und Grünen, die schleswig-holsteinische Landesregierung wird seit 2017 von der CDU, den Grünen und der FDP gestellt. Alle vier Parteien waren sich in dieser Woche darin einig, die HSH Nordbank an ein Konsortium angelsächsischer Investoren zu verkaufen.

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Schwergewicht unter den Geschäftspartnern ist mit einem Anteil von knapp über 40 Prozent der US-Hedgefonds "Cerberus Capital Management", der sich nach langjährigen Aktivitäten im Automobil-, Waffen-, Pharma- und Immobilienbereich seit einiger Zeit auf den Bankensektor konzentriert.

CERBERUS wurde 1992 in New York vom Princeton-Absolventen Stephen A. Feinberg gegründet und hat sich den Ruf erworben, sein Geschäft mit besonders harten Methoden zu betreiben. In den USA gilt CERBERUS als „Geier-Hedgefonds“ (englisch vulture fund), dessen öffentlichkeitsscheue Führung vor allem dort ihr Geld macht, wo andere in Schwierigkeiten stecken.

► Absolut hemmungslos

Zunächst engagierte sich CERBERUS im Waffengeschäft, kaufte diverse Rüstungsunternehmen auf und wurde unter dem Namen „Freedom Group“ zum bedeutendsten Handfeuerwaffenhändler der USA. Mit der Übernahme von „DynCorp“ entstand ab 2010 ein „Sicherheits- und Militärunternehmen“, das weltweit Söldnerarmeen unterhält und seine Aufträge hauptsächlich von der US-Regierung bekommt.

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Die Berlinale-Wundertüte: Eldorado in der Schweiz / Arbeit in den Gängen

von Ulrich Gellermann, Mitautor des Buches "Die Macht um Acht".

berlinale_palast_goldener_silberner_baer_golden_bear_theater_am_potsdamer_platz_internationale_filmfestspiele_berlin_kritisches_netzwerk_filmfestival_filmpreise_wettbewerbsfilme.jpg Fast 400 Filme wurden auf der Berlinale gezeigt. So viel gute Filme auf einem Haufen kann es gar nicht geben. Also ist auch Schrott dabei oder mäßiges Zeug, sogar unmäßig dummes Zeug ist zuweilen zu sehen. Also ist und bleibt das größte Kulturereignis in Deutschland ein ganzes Regal voller Wundertüten: Mal sind Sammelbilder drin oder fader Süßkram, selten genug kluge, ergreifende Unterhaltung gar. So reißt man noch `nen Film auf und noch einen und manchmal, wenn die Festival-Regie und das Kritiker-Schicksal ein Einsehen haben, dann erblicken kleinere und größere Wunder das Licht der Leinwand. Zwei wunderbare Filme sollen, müssen für solche Glücksmomente stellvertretend erwähnt werden.

► ELDORADO

Als der nun ältere und respektable Schweizer Filmemacher Markus Imhoof ein kleiner Junge war, nahmen seine Eltern ein italienisches Flüchtlingskind auf: Giovanna. Die alliierten Bomberflotten hatten gegen Ende des Weltkrieges in Norditalien den Kampf gegen den deutschen und italienischen Faschismus aufgenommen und Giovannas Haus getroffen. So begann eine kleine, zarte Liebesgeschichte, die Imhoofs Dokumentarfilm ELDORADO in klugen Bildern nacherzählt und, wenn dann das Heute und die aktuelle Flüchtlingslage erreicht wird, in kräftigen Worten und Filmsequenzen erneut thematisiert: Imhoof ist immer noch verliebt. In die Menschlichkeit, die auch und gerade gebietet, auch denen ein Obdach zu geben, die vor den Wirtschaftskriegen flüchten, die heute gern und intensiv von der Europäischen Union und auch der Schweiz geführt werden.

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Gerade hat Imhoofs Kamera noch Flüchtlinge aus Afrika darüber erzählen lassen, was sie denn mit der Rückführ-Prämie anfangen wollen, die man in der Schweiz für rückkehrende Flüchtige zahlt: Ein paar Kühe wollen sie kaufen, ganz groß ins Milchgeschäft einsteigen. Da berichtet der Kommentar-Ton kalt und nüchtern, dass die europäische Milch derart subventioniert ist, dass sie trotz langer Wege und hoher Löhne die afrikanische Milch immer noch im Preis unterbieten. Das wird nichts mit dem afrikanischen Milchgeschäft. Die Tage der nächsten Flucht der Afrikaner in das Land, das sie für ein Eldorado halten, in dem Kühe wärmende Decken tragen, sind absehbar.

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BFH-Urteil zu Ausfall einer Kapitalforderung

Ausfall einer Kapitalforderung muss vom Finanzamt steuerlich berücksichtigt werden

von Laurenz Nurk

einkommensteuer_einkommensteuererklaerung_finanzamt_bundesfinanzhof_abgeltungsteuer_steuerzahler_steuerabzug_steuerausfaelle_steuerschuldner_kritisches_netzwerk_quellensteuer.jpgAls der vorläufige Gipfel zum Vorteil der Vermögenden in Deutschland ist das jüngste Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zu bewerten. Das höchste Finanz­gericht hat entschieden, dass der endgültige Ausfall einer Kapital­forderung eines Gläubigers zu einem Verlust führt, der vom Finanzamt steuerlich berücksichtigt werden muss. Konkret bedeutet das: Wer als Gläubiger sein Geld nicht zurückbekommt, muss weniger Einkommensteuer zahlen.

Dieses Urteil wird vor allem die vermögenden Geldverleiher, Spekulanten und die Finanzbranche insgesamt erfreuen. Wenn sie Geld verlieren, haftet der Staat.

Im konkreten Fall hatte ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen im Jahr 2010 rund 24.000 Euro gegen fünf Prozent Zinsen verliehen. Der Schuldner hatte mehr als 19.000 Euro nicht zurückgezahlt und schlussendlich Insolvenz angemeldet. Das örtliche Finanzamt hatte die 19.000 Euro Einbuße nicht als Verlust anerkannt. Das Ehepaar zog vor Gericht und hatte nun in der letzten Instanz Erfolg.

Mit dem Urteil wurde die Neuorientierung des Bundes­finanz­hofs deutlich, denn bisher fanden sich Gläubiger steuerlich in einer unerfreulichen Lage, wenn ihre Schuldner nicht mehr zahlten: Sie mussten für verliehenes Geld Steuern bezahlen, auch dann, wenn die Schuldner nichts oder nur einen Teil zurück­gezahlt hatten.

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Atomwaffenverbot: Bundesregierungen stehlen sich aus Verantwortung.

Über den Kampf für ein atomwaffenfreies Deutschland und gegen nukleare Aufrüstung

von Claus Schreer

atomwaffenverbot_ban_nuclear_weapons_women_against_military_madness_wamm_ican_atomwaffen_kritisches_netzwerk_nukleare_abschreckung_nuklearwaffen_nukes_kernwaffen.png Es ist ein seit mehr als vierzig Jahren andauernder Skandal: obwohl sich alle Kernwaffenmächte im Atomwaffensperrvertrag feierlich zur nuklearen Abrüstung verpflichtet haben, gibt es seit dieser Zeit keinerlei substanzielle Fortschritte. Die USA und Russland verfügen heute immer noch über 90 % aller Atomwaffen auf der Welt und die USA heizen das atomare Wettrüsten an, die US-Regierung will jährlich 40 Mrd. Dollar in die Aufrüstung ihres Atomwaffen-Arsenals investieren.

Eine gute Nachricht gibt es: Am 7. Juli 2017 haben 122 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen den Aufstand gegen die Atommächte gewagt und einen Vertrag zum Verbot aller Atomwaffen beschlossen. Das Abkommen verbietet neben der Herstellung, dem Besitz und dem Einsatz von Atomwaffen, auch die Drohung mit einem Nuklearschlag und es verbietet die Stationierung von Atomwaffen in anderen Staaten. Der Skandal: Deutschland hat die Atomwaffen-Verbots-Verhandlungen boykottiert.

► Bundesregierungen stehlen sich aus Verantwortung.

Die Heuchelei der Bundesregierung, die mit Lippenbekenntnissen eine Welt ohne Atomwaffen befürwortet aber Verhandlungen zur Abschaffung der Nuklearwaffen ablehnt, ist kaum noch zu überbieten. Gleichzeitig – und das ist der 2. Skandal – zeigt die Bundesregierung keinerlei Bereitschaft, die sog. nukleare Teilhabe an der Atomkriegspolitik der USA zu beenden. Zur Erinnerung: 2010 gab es einen – mit überwältigender Mehrheit aller Parteien – gefassten Beschluss des Bundestages, dass die US-Atomwaffen aus Deutschland abgezogen werden sollen.

Geschehen ist seither nichts. Statt des Abzugs geschieht jetzt genau das Gegenteil. Die in Büchel stationierten Atomwaffen werden durch eine völlig neue Version, die B61-12, ersetzt. Die Neue Bombe ist eine zielgenaue, bunkerbrechende, elektronisch gesteuerte Lenkwaffe mit variabler Sprengkraft und vergrößerter Reichweite. Dahinter steht die Absicht, den Einsatz von Atomwaffen unterhalb der Schwelle eines großen Nuklearkrieges zu ermöglichen. Die ca. 200 in Europa stationierten Atombomben, die bei einer militärischen Auseinandersetzung mit Russland eingesetzt werden sollen, sind wesentlicher Bestandteil der Nuklearkriegsstrategie der USA, einer Strategie, die einen Atomkrieg in Europa ermöglichen soll.

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Aus und Ende: Der Tod ist keine Grenze, denn wäre er eine, dann gäbe es ein Jenseits davon.

von Franz Schandl

Wohin gehen wir nach unserem Tod? Wir gehen nirgendwo hin, aber wir bleiben auch nicht hier. Vor dem Tod ist etwas gewesen, nach dem Tod aber kann nichts mehr sein. Viele Religionen leugnen letztendlich den Tod, nicht selten erklären sie das, was da ihrer Ansicht nach kommen soll, zum eigentlichen Ziel. Anstatt sich hier und jetzt mit dem Leben einzulassen, kanalisieren sie die Sehnsüchte der Menschen durch das Vertrösten auf ein Jenseits.

Erlösung im Tod ist sodann wichtiger als Lösung im Leben. Das Leben wird zu einer Etappe, zur Vorstufe des Todes. Das elementare »Das kann doch nicht alles gewesen sein« wird von einer Frage der Transformation zu einer der Theologie. Eins gibt sich auf, um sich geradewegs in den Projektionen wiederzufinden. Transzendenz jedoch ist eine Hinterlassenschaft im Diesseits. Das Jenseits ist eine Größe des Diesseits. Das Jenseits ist nicht jenseits.

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Religion ist Aufladung des Sinnlichen zum Übersinnlichen. Wirkliches und Unwirkliches werden vergeistlicht und somit der Reflexion als auch der Sinnlichkeit selbst entzogen. Es gibt nichts Übersinnliches, es ist das Sinnliche selbst, das sich über alle seine scheinbaren Grenzen hinwegzusetzen vermag. Jeder Zauber ist sinnlich. Zauber meint geradezu die Entgrenzung des Sinnlichen von einem kruden Realismus. Jene ist das Kind unserer blühenden Phantasie, die unendlich ist, aber zu einem Korsett wird, wenn sie als einschränkender Zwang eines zu fixierenden Glaubens fungiert.

Die meisten Religionen verdrängen den Tod, und zwar nicht nur konjunkturell – wofür es gute Gründe gibt – , sondern strukturell. Sie relativieren ihn, um geradezu die Bedeutung des Lebens, dieses einzigartigen und einzigen Daseins zu mindern. »Was der Glaube im Diesseits der Erde verneint, bejaht er im Himmel des Jenseits; was er hier aufgibt, gewinnt er dort hundertfältig wieder.« (Ludwig Feuerbach) Es gilt daher, den Tod als Tod zu akzeptieren, somit die Bedeutung des Lebens zu erhöhen anstatt zu mindern, es nicht als Stadium zu betrachten, sondern als Universum jedes einzelnen Individuums. So gesehen gewinnt das »Du sollst nicht töten« an fundamentaler Bedeutung. Orte und Zeiten der Liebe und der Freude sind hier zu schaffen, nicht in einen Abort des Todes zu verschieben.

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Merkels Massaker: In Berlin gepflanzt, in Ost-Ghuta geerntet

von Ulrich Gellermann, Mitautor des Buches "Die Macht um Acht".

Angela_Merkel_CDU_Bundesmutti_Raute_Bundeskanzlerin_TTIP_Freihandelsabkommen_cancellor_Handygate_alternativlos_Wachstum_Stasi_Putin_Ukraine_Uckermaerkerin_DDR_FDJ_Eurokrise_CETA.jpg Massaker! schreit es aus dem Kanzleramt. Und im ganze Land dröhnt das Echo. Und wirklich liefert der syrische Krieg erneut brutale Bilder. Tod und Verderben in Ost-Ghuta erzeugen Abscheu und Mitleid zugleich: Dem Sterben will niemand länger zuschauen. Da kommt Merkels Massaker-Schrei gerade Recht. Und wer, glaubt man Merkel und ihren Epigonen, ist Schuld am Krieg um Ost-Ghuta: Das Assad-Regime und „ganz besonders Iran und Russland“. Immer noch benutzt die Merkel in solchen Fällen ihre Kleinmädchen-Stimme, die klingt besonders glaubhaft.

Merkels Stimme war damals nicht zu hören, als im Januar 2012 am idyllischen Ludwigkirchplatz in Berlin-Wilmersdorf rund 50 syrische Oppositionelle auf Einladung des Auswärtigen Amtes zusammentrafen. Das aus deutschen Steuermitteln geförderte Projekt nannte sich "The Day After" und hatte nur ein Ziel: Das syrische Fell zu verteilen. Klar war auch, dass dafür zuvor dringend der syrische Präsident Baschar al-Assad erlegt werden müsse. So forderte auch Merkel einen "politischen Übergang" in Syrien, "an dessen Ende Assad nicht mehr im Amt sein kann". Assad muss weg: Das war aus dem US-Präsidial-Büro zu hören, das skandierten nahezu alle Medien der westlichen Welt. Und ob er nun tot oder lebendig "weg" sein sollte, das hatten die Schreier nie so genau festgelegt.

Baschar al-Assad war nie das, was man zum Beispiel in der Schweiz unter einem Demokraten versteht. Aber dieses Merkmal traf und trifft natürlich auch auf den jeweiligen König Saudi-Arabiens zu. Oder auf diverse Emire im Nahen Osten. Auch kennt so mancher NATO-Verbündeter das Wort Demokratie nur vom Weghören. Hat man im westlichen Chor je die Forderung "Scheich Tamim bin Hamad Al Thani muss weg" gehört? Der Mann ist seit 2013 Staatsoberhaupt des Emirates Katar. Das deutsche Auswärtige Amt nennt diese Diktatur eine "Monarchie mit Beratender Versammlung". Und dumm-stolz verkündet das Amt auf seiner Website: "Die politischen Beziehungen Katars zur Bundesrepublik Deutschland haben sich durch eine stetige hochrangige Besuchsdiplomatie noch intensiviert".

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Bankencrash in Lettland: Gefahr fürs internationale Finanzsystem?

Von Ernst Wolff / Autor der Bücher „Weltmacht IWF“ und neu: „Finanztsunami“

Die lettische Regierung wird am Montag in Riga zu einer Krisensitzung zusammentreten. Der Grund: Mit der ABLV Bank steht die drittgrößte Bank des Landes vor dem Zusammenbruch und muss daher abgewickelt werden.

ablv_bank_lettland_latvijas_aizkraukles_banka_riga_kritisches_netzwerk_bankencrash_korruption_liquiditaet_finanzkriminalitaet.jpgBereits am Samstag hatte die EZB bekanntgegeben, dass die ABLV auf Grund der „signifikanten Verschlechterung ihrer Liquidität“ wahrscheinlich nicht mehr in der Lage sei, Schulden und andere Verpflichtungen zu bedienen. Die Finanzaufsicht in Riga sei deshalb angewiesen worden, die Vermögenswerte der Bank einzufrieren. Damit haben die Kunden der ABLV, die der EZB seit 2014 untersteht, keinen Zugang mehr zu ihrem Geld. Die Filialen der Bank sind geschlossen, ihr Kartensystem ist abgeschaltet.

► Die US-Finanzaufsicht brachte den Stein ins Rollen

Die ABLV war vor kurzem ins Visier der US-Finanzbehörden geraten. die für Finanzkriminalität zuständige Abteilung des US-Finanzministeriums, das "Financial Crimes Enforcement Network" (FinCEN), hatte ihr vorgeworfen, Geldwäsche zu betreiben und ihren Kunden die Umgehung von US-Sanktionen gegen Nordkorea zu ermöglichen. Obwohl die ABLV Bank die Anschuldigungen zurückgewiesen hatte, wurde sie wenige Tage später vom Zugang zum US-Finanzsystem abgeschnitten.

Daraufhin zogen Anleger rund 600 Millionen Euro ab. Die EZB schritt ein und wies die lettische Finanzaufsicht Anfang vergangener Woche an, eine Auszahlungssperre zu verhängen. Die lettische Zentralbank versuchte zu helfen und stützte die ABLV mit fast 300 Millionen Euro. Da trotzdem noch eine Lücke von etwa 180 Millionen Euro klaffte und die ABLV eine bis Freitag gesetzte Frist zur Schließung der Lücke ungenutzt verstreichen ließ, beschloss die EZB am Samstag ihre Abwicklung.

Die lettische Regierung wird keinen einzigen Euro in die Rettung investieren“, kündigte Lettlands Regierungschef Māris Kučinskis an. Nach geltendem EU-Recht muss demnach die Bail-in-Regelung angewendet werden, nach der zunächst Aktionäre, Anleihebesitzer und Anleger mit Einlagen über 100.000 Euro anteilig zur Kasse gebeten werden.

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Amerikas Jugend vs. Waffenlobby: Das menschliche Leben wird billiger

von Robert C. Koehler

Die Schreie des Terrors und des Unglaubens gehen weiter. Teenager legen sich vor das Weiße Haus, um gegen die lauwarme, festgefahrene Waffengesetzgebung der Nation zu protestieren. Eltern trauern um ihre Kinder und starren auf die Wunde, die in die amerikanische Seele gerissen wurde. Sturmgewehre haben mehr Rechte als Schulkinder.

Eine Bewegung brodelt, so scheint es, eine Woche nach der letzten tödlichen Schießerei in einer Schule: siebzehn Menschen wurden an der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland, Florida, getötet, viele weitere wurden verletzt. Ein gestörter Einzelgänger - schon wieder einer - wird verhaftet.

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Es geht nicht nur um Gewalt, sondern wieder einmal um eine wilde, tiefgreifende Verletzung der tiefsten menschlichen Werte: das Leben ist heilig.

Oder nicht?

Wie kann das immer wieder passieren?

Es gibt ein größeres Problem, das in die soziale Ordnung eingebettet ist, als unseren Mangel an wirksamen Waffengesetzen, und ich hoffe, dass die Bewegung, die aus dem Parkland-Massaker hervorgeht, den Sprung über Wut und Anlasspolitik hinaus schafft. Die schwachen Waffengesetze der Nation - die einfache Verfügbarkeit von AR-15 Sturmgewehren - sind in der Tat ein Symptom der allgemeinen Verbilligung des menschlichen Lebens in der amerikanischen Gesellschaft, die sich in der immer größer werdenden Besessenheit der Nation mit Krieg und einem Militärhaushalt der Größe von Godzilla widerspiegelt. Krieg findet immer einen Weg, auf dem er nach Hause kommt.

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Anklagen gegen Russen als Teil der Kampagne für Krieg und Zensur

von Andre Damon

Verfahren gegen dreizehn russische Staatsbürger und drei Organisationen wurden eröffnet, die angeblich an einer Verschwörung zur „Beeinflussung des politischen Systems der USA“ beteiligt waren. Dies gab das US-Justizministerium am Freitag [16.02.] bekannt. Die Anklagen sind die ersten juristischen Schritte mit Bezug zur Wahl 2016, die auf die Untersuchungskommission des Sonderermittlers und ehemaligne FBI-Direktors Robert Mueller zurückgehen.

uncle_sam_usa_russian_bear_russia_drohgebaerde_machtdemonstration_drohung_bedrohung_russland_feindbild_saebelrasseln_russophobie_geopolitik_kritisches_netzwerk_weltmacht_kremlin.png Die Anklagen dienen hauptsächlich dem Zweck, die Behauptungen der New York Times, der Washington Post und der großen Fernsehsender zu untermauern, Russland hätte sich massiv in die Politik in den USA eingemischt und die Wahl 2016 manipuliert. Diese Kampagne dient zur Rechtfertigung, um Internetzensur durchzusetzen und die Bevölkerung auf einen Krieg gegen Russland einzustimmen.

Der Bericht der New York Times über die Anklagen beginnt mit der aufgeregten Erläuterung, sie entlarvten ein „fein gesponnenes Netzwerk, um die Wahl 2016 zu unterwandern und Trumps Wahlkampf zu unterstützen“. Sie beweisen angeblich, dass sich Agenten der russischen Regierung „als politische Aktivisten ausgegeben und die Streitthemen Zuwanderung, Religion und Rasse benutzt haben, um einen Wahlkampf zu beeinflussen, in dem diese Themen ohnehin schon stark umstritten waren.

 Vieles an diesen Anklagen ist äußerst suspekt, u.a. die Mitschrift der Aussagen einer angeblich bestens ausgebildeten Agentin. Sie soll vor Familienmitgliedern einen Großteil ihrer Aktivitäten ausgeplaudert haben, um ihre Überstunden zu entschuldigen. Doch selbst wenn man alles einfach für wahr hält, ist die Anklage insgesamt sehr dünn.

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Die Me-Too-Berlinale Was Kunst besser kann als Kampagnen

von Ulrich Gellermann, Mitautor des Buches "Die Macht um Acht".

"Me too, me too" schallt es von der Bühne im Berlinale-Palast und alle, alle stimmen in das eher wohlfeile Echo ein: Von der Kulturstaatsministerin, die den Begriff bisher auch schon kannte, aber nur wenn es um Posten und Finanzen ging, bis zu jenen Besuchern, die seit Jahren brav den Me-too-Produkten (Nachahmerprodukte) der Konsumindustrie folgten, um plötzlich eine echt neue Bedeutung des Begriffs zu entdecken. Nichts gegen eine Kampagne, die sich gegen die Gewaltstrukturen des Film- und TV-Betriebs wendet. Zu prüfen wäre, ob denn unter den BERLINALE-Filmen auch solche waren, die den Gewalt-und Herrschaftsstrukturen weit über das Glamour-Business hinaus nachspüren.

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► Black 47

"Black 47" von Lance Daly, das hätte solch ein Film sein können: Den historischen Hintergrund liefert die brutale Hungersnot im Irland des Jahres 1847, als die Iren nicht nur im Ergebnis der Kartoffelfäule starben oder auswanderten, sondern auch Opfer einer nicht geringeren brutalen Gewalt der britischen Herrschaft wurden. Doch der Film wendet keine Mühe auf, Hintergründe dieser Art zu erzählen. Das ist so, als ob man die Story von Harvey Weinstein und seinen Opfern erzählen würde, ohne die Unsummen zu erwähnen, die im Business verdient werden, ohne die Gier nach Profit zu berücksichtigen, und jene Gier nach erzwungenem Sex als Begleiterscheinung der systemischen Herrschaft zu bemerken.

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Fleischfresser Gabriel - perfide Großmachtphantasien und Kriegsrhetorik

von Johannes Stern

Nach Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die am Freitag [16.02] die "Münchner Sicherheitskonferenz" eröffnete, ließ am Samstag auch Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) keinen Zweifel daran, dass es bei der Bildung einer Neuauflage der Großen Koalition in Berlin um eine massive Aufrüstung der Bundeswehr und die Entwicklung einer unabhängigen Großmachtpolitik geht.

Europa brauche „eine gemeinsame Machtprojektion in der Welt“, erklärte Gabriel und fügte hinzu: „Die darf sich nie auf das Militärische allein konzentrieren, aber sie darf auch nicht vollständig darauf verzichten. Denn als einziger Vegetarier werden wir es in der Welt der Fleischfresser verdammt schwer haben.

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Es ist klar, was damit gemeint ist. Deutschland und Europa sind bereits jetzt alles andere als außenpolitische „Vegetarier“. Sie beteiligen sich seit langem an den US-geführten Angriffskriegen in Afghanistan und im Nahen und Mittleren Osten. Wenn Gabriel nun von „Machtprojektion“ und „Fleischfresserei“ spricht, kann das nur bedeuten, dass sich Deutschland und Europa auf noch massivere Kriegseinsätze vorbereiten, um ihre wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen weltweit durchzusetzen.

Die europäischen Mitgliedstaaten müssten „ein gemeinsames Verständnis ihrer Interessen in den Außenbeziehungen der Europäischen Union“ und „Strategien und Instrumente entwickeln, um diese Interessen gemeinsam durchzusetzen“, forderte Gabriel. „Vor allem in Afrika“ seien die Europäer mit „eigenen Initiativen“ gefordert, aber auch in der Region „von Osteuropa bis nach Zentralasien“.

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Doktor Gniffke bitte klagen. Tagesschau prostituiert sich schon wieder

von Ulrich Gellermann, Mitautor des Buches "Die Macht um Acht".

Ganz langsam, für die Rechtsabteilung der „TAGESSCHAU" zum mitschreiben: Der Begriff „prostituieren“ kommt aus dem Lateinischen und meint dort „sich vorne hinstellen, sich öffentlich preisgeben“. Natürlich steht die „TAGESSCHAU“ mit ihren zehn Millionen Zuschauern täglich ganz weit vorne. Und mit ihrer jüngsten Markschreierei „Moskau nach Cyberattacke am Pranger“ gibt sie sich mal wieder in aller Öffentlichkeit als journalistisch unqualifiziert und schwer russophob preis.

Doch es gibt noch eine zweite Bedeutung des P-Wortes, die hier gemeint ist: „Sein Talent in den Dienst einer unwürdigen Sache stellen“. Fraglos gibt es auch in der Mannschaft der TAGESSCHAU talentierte Leute. Solche, die mal Ideale hatten und sie heute besser gut verbergen. Solche, die gerade mit ihrer Arbeit beginnen und noch wissen, was das ist: Journalistischer Ethos. Sie wissen vielleicht noch nicht, dass sie den besser schnell vergessen. Und stellen ihre Talente doch in den Dienst einer unwürdigen Verbreitung von Schein-Nachrichten.

Wäre die tägliche Macht um Acht, das Leitmedium der Leitmedien, allein beim Verkauf von Standpunkten, Haltung und Gewissen am Bordstein der Informations-Verbreitung, dann gäbe es ein Korrektiv, eine Alternative im eklen Einheitsbrei täglicher Desinformation. Doch alle, alle geben Dr. Gniffkes dummes, ungeprüftes Zeug ungeprüft weiter: „ZDF heute“ weiß: „USA beschuldigen Russland“, wahrscheinlich war mal wieder die komplette Bevölkerung der USA zum Beschuldigen in Mainz. Die hochtrabende Wochenzeitung „DIE ZEIT“ nennt im Gefolge der TAGESSCHAU „Washington und London“ als trübe Quelle für einen „Virusangriff aus Russland“.

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Brief des Islamischen Emirats an das amerikanische Volk!

von Islamisches Emirat Afghanistan

+++An das amerikanische Volk, an die Vertreter von unabhängigen Nichtregierungsorganisationen und an die friedliebenden Kongressabgeordneten!+++

Mit der Hoffnung, dass Sie diesen Brief mit Bedacht lesen und die Zukunft der amerikanischen Streitkräfte und Ihre Gewinne und Verluste innerhalb Afghanistans im Lichte der vorherrschenden Realitäten, die in den folgenden Zeilen beschrieben werden, bewerten werden!

Amerikanisches Volk!

Ihnen ist klar, dass Ihre politische Führung vor 17 Jahren eine militärische Invasion unseres Landes begonnen hat. Diese Invasion stand nicht nur im Widerspruch zu den rechtlichen und nationalen Normen unseres eigenen souveränen Landes, sondern stellt auch eine Verletzung aller internationalen Regeln u. Vorschriften dar. Trotzdem wurden von Ihren Verantwortlichen die folgenden drei Hauptpunkte vorgebracht, um diese illegitime Invasion zu rechtfertigen:

    1. die Schaffung v. Sicherheit durch die Beseitigung der sogenannten Terroristen innerhalb Afghanistans.

    2. die Wiederherstellung von Recht und Ordnung durch die Bildung einer rechtmäßigen Regierung.

    3. Die Ausrottung von Betäubungsmitteln.

Lassen Sie uns analysieren, wie erfolgreich Ihre kriegerischen Führer waren und ob sie die oben genannten drei Werbesprüche in diesem verbrecherischen Krieg erfüllen konnten?

Verstärkte Unsicherheit und Kämpfe:

Als Ihr Ex-Präsident George W. Bush 2001 die Invasion Afghanistans anordnete, war seine Rechtfertigung für diese verbrecherische Tat die Eliminierung des islamischen Emirats (Taliban) und der Al-Qaida.

Aber trotz der Fortsetzung dieses blutigen Krieges für siebzehn Jahre und trotz riesiger Verluste von Menschen und Geld bestätigte Ihr derzeitiger Präsident Donald Trump die zunehmende Unsicherheit und das Auftauchen mehrerer Gruppen anstelle des Vereinigten Islamischen Emirats (Taliban), um den illegalen 17-jährigen Krieg in Afghanistan fortzusetzen.

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    Arbeitsmarktpolitische Förderung: Geringer Zuwachs 2017

    von O-Ton Arbeitsmarkt

    2017 stieg die Zahl der Teilnehmer an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen auf rund 895.000 Personen, das sind drei Prozent mehr als im Vorjahr. Zwei Förderbereiche wurden aber reduziert. Das geht aus der Förderstatistik der Bundesagentur für Arbeit hervor.

    Die Zahl der Teilnehmer an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in der Arbeitslosenversicherung und dem Hartz-IV-System lag nach vorläufigen und hochgerechneten Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Jahresdurchschnitt 2017 bei rund 895.000 Personen. Das waren gut 26.000 oder drei Prozent mehr als im Vorjahr. Nachdem sich die Zahl der Teilnehmer an allen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen von 2009 bis 2015 mehr als halbiert hatte, stieg sie 2017 also das zweite Jahr in Folge. Zwei Förderbereiche sind von diesem Anstieg ausgenommen.

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    Rückgang bei Maßnahmen der freien Förderung und den Maßnahmen für behinderte Menschen

    Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Teilnehmerzahlen in allen Förderbereichen in einem mäßigen Rahmen mit Ausnahme der besonderen Maßnahmen zur Teilnahme behinderter Menschen (minus 0,9 Prozent) und den Maßnahmen freier Förderung (minus 0,3 Prozent). Ein leichter Teilnehmerzuwachs ist bei den Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (4,4 Prozent), den Maßnahmen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und den Beschäftigung schaffenden Maßnahmen (5,4 Prozent) zu verzeichnen.

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      Siemens-Vision 2020: Die Zerlegung des Siemens-Konzerns

      von Fred Schmid / isw München e.V.

      Siemens-Vision 2020+ muss warten. Sein Strategie-Konzept, das Siemens-Chef Joe Kaeser ursprünglich im Mai dieses Jahres verkünden wollte, wird erst vorgestellt, wenn sich beim Umbau der Problem-Sparte Power&Gas, insbesondere bei den Verhandlungen mit der IG Metall und den Belegschaftsvertretern, eine Lösung abzeichnet (siehe Artikel: Siemens-HV: Beschäftigte fordern „Mensch vor Marge!“). Aber Konturen des Konzern-Umbau-Plans sind bei den gegenwärtigen Weichenstellungen bereits zu erkennen. Der Umbau dürfte auf die größte Verschlankung und Zergliederung des Konzerns in seiner Geschichte hinauslaufen, an dessen Ende möglicherweise „zwei Siemens“ stehen.

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      Der Grundgedanke ist die Verabschiedung vom Konzern-Konglomerat in der bisherigen Form und eine noch stromlinienförmigere Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Shareholder und Investoren. Kaeser auf der Hauptversammlung: „Wir haben verstanden, dass Konglomerate alten Zuschnitts keine Zukunft mehr haben“. Und: „Wir werden bestimmt nicht die Letzten sein, die als Konglomerat des Licht ausmachen“. Wobei Siemens in seiner jetzigen Struktur nicht etwa ein Gemischtwaren-Laden alten Stils ist, wie früher etwa der Oetker-Konzern – vom Puddingpulver bis zur Handelsflotte – und auch schon lange nicht mehr „eine Bank mit angeschlossener Elektroabteilung“, wie früher oft in Aktionärskreisen gespottet.

      Der jetzige Konzern ist aufgestellt als integriertes Technikkonglomerat im Industriesektor, dabei aber nach Meinung von Analysten und der Konzernverwaltung aber noch zu sehr diversifiziert, auf zu vielen Säulen ruhend. Die Zukunft gehöre den „fokussierten Spezialisten“, so Kaeser.

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        Aufstocker - vom Aufschwung abgehängt?

        von Markus Krüsemann / miese-jobs.de

        Die Zahl der Aufstocker geht weiterhin langsam zurück. Doch verabschieden sich nur Minijobber und Selbstständige aus dem Leistungsbezug. Die Gruppe der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Bezieher von Hartz IV-Leistungen wächst dagegen wieder. An ihnen scheint der Aufschwung vorbeizugehen.

        Bis Mitte des Jahres 2010 war die Zahl der abhängig Erwerbstätigen, die auf Grund zu geringer Einkommen auf zusätzliche Arbeitslosengeld II-Zahlungen angewiesen waren, auf 1,28 Millionen gestiegen. Danach wendete sich das Blatt. Jahr für Jahr ging die Zahl der Aufstocker ein wenig mehr zurück. Im Durchschnitt des Jahres 2016 lag sie dann bei knapp unter 1,09 Millionen ArbeitnehmerInnen.

        Abhängig erwerbstätige Aufstocker 2009 bis 2016 (Jahresdurchschnitt)  

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        Wie obige Graphik zeigt, sind im genannten Zeitraum aber eigentlich nur geringfügig Beschäftigte (und die hier nicht berücksichtigten selbstständig Erwerbstätigen) aus dem Leistungsbezug gefallen. Bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hat sich an der Gesamtzahl wenig geändert, die Zahl der Erwerbstätigen mit einem Bruttomonatseinkommen von mehr als 1.200 Euro ist sogar von durchschnittlich 120.000 im Jahr 2010 auf 167.000 in 2016 angestiegen.

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          Freiwilligkeit und Utopie

          von Stefan Meretz / Streifzüge 71/2017

          Freiwilligkeit ist nicht die Norm. Etwas freiwillig zu tun, schließt ungesagt mit ein, dass es normalerweise eine Gegenleistung oder gar ein Zwang ist, welche zur Tat anhalten. Es ist die Tauschlogik, die dahinter hervorlugt, und das setzt, was als normal gilt. Im Kapitalismus ist Freiwilligkeit die geadelte Ausnahme. Sie erscheint als Ehrenamt, als gute Tat, als Altruismus in einer Welt, in der Lohnarbeit, Profitstreben und Egozentrismus als selbstverständlich gelten.

          Jede gesellschaftliche Utopie enthält Freiwilligkeit mindestens als Moment, wenn nicht gar als konstitutiven Baustein. Die bisherigen Utopien lassen sich in drei Gruppen einteilen: kollektivistische, individualistische und ethisch-moralische.

          In kollektivistischen Utopien, wie sie vor allem in der historischen Arbeiter*innenbewegung verbreitet waren, ist das freiwillige Engagement Ausdruck der Einsicht in übergeordnete Notwendigkeiten. Die individuelle Besonderheit ist im kollektiven Ganzen aufgehoben. Freiwillig im Sinne der Notwendigkeiten des Ganzen zu handeln, bedeutet, die eigene Individualität zu leben. Dieser Zusammenhang liegt nicht auf der Hand, sondern muss erst erkannt werden. Erziehung und positiv verstandene Ideologie erhalten hier ihre zentrale Funktion.

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            „Gute digitale Arbeit 4.0“? Leeres Versprechen im Koalitionsvertrag

            von Marcus Schwarzbach / Gastautor des isw München e.V.

            Erwartungsgemäß nimmt die Digitalisierung breiten Raum im Koalitionsvertrag ein. Die Regierung wolle weiterhin „Industrie 4.0“ fördern. Denn die „Digitalisierung bietet große Chancen für unser Land und seine Menschen“. Ziel sei „eine Arbeitswelt, die Menschen im digitalen Wandel befähigt, sichert und mehr Lebensqualität ermöglicht“.

            Eine besondere Bedeutung wird dabei der mobilen Arbeit gegeben. Mobile Arbeit kann bedeuten, dass unterwegs oder zuhause gearbeitet wird. „Wir wollen mobile Arbeit fördern und erleichtern. Dazu werden wir einen rechtlichen Rahmen schaffen“, erklären Unionsparteien und SPD. Es solle einen „Auskunftsanspruch der Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber über die Entscheidungsgründe der Ablehnung“ von mobiler Arbeit geben. Dies unterstütze die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, suggerieren die Vertragspartner. „Die Digitalisierung hilft Eltern, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Diese Chance für mobiles Arbeiten wollen wir nutzen“.

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            Die Realität moderner Technik sieht anders aus. Durch Smartphones, Tablets oder Notebooks ist Arbeit nicht mehr zwangsläufig an einen bestimmten Ort oder feste Zeiten gebunden. Die Klagen im Betrieb über die ständige Erreichbarkeit werden größer – für immer mehr Beschäftigte verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit. „Mit dem Bearbeiten von beruflichen E-Mails von zu Hause, in der Bahn, im Bus, in Hotelzimmern, in Cafés, auf Dienstreise, nach Feierabend, am Wochenende oder im Urlaub hat sich Arbeiten ‚immer‘ und ‚überall‘ als Normalzustand etabliert“, betont die Soziologin Dr. Tanja Carstensen, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie der LMU München.

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              Viele Familien in Deutschland ärmer als bislang bekannt

              Deutschland ist bereits jetzt eines der sozial ungleichsten Länder in Europa.

              Von Juliet Hermien

              Am 7. Februar 2018 veröffentlichte die Bertelsmann Stiftung eine Studie, die aufzeigt, dass die Einkommenssituation vieler Familien in Deutschland wesentlich schlechter ist als bislang angenommen. Vor allem die armen Familien seien „bisher reicher gerechnet“ worden, „als sie tatsächlich sind“, heißt es in einem Artikel zur Studie auf der Webseite der Stiftung.

              Zu diesen Ergebnissen führte an erster Stelle die Anwendung einer neuen Methodik. Für Berechnungen von Einkommenssituationen wurde bislang die OECD-Skala verwendet. Allerdings wurde von den an der Studie beteiligten Forschern durch vergleichende Berechnungen festgestellt, dass diese „die Einkommen armer Haushalte systematisch über- und jene reicher Haushalte unterschätzt“. Auch in den Armuts- und Reichtumsberichten der Bundesregierung wurde die OECD-Skala bisher verwendet.

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              Die Skala arbeitet mit sogenannten Äquivalenzgewichten. Dabei wird davon ausgegangen, dass jedes Kind unter 14 Jahren 0,3 Mal so viel Einkommen benötigt wie ein alleinstehender Erwachsener. Jedes weitere Haushaltsmitglied das über 14 Jahre alt ist, also sowohl ein Jugendlicher als auch ein Ehepartner, erhält den Faktor 0,5. Eine Familie bestehend aus Eltern und zwei kleinen Kindern würde diesen Berechnungen nach also auf einen Faktor von 2,1 kommen und demnach das 2,1-fache Einkommen eines alleinlebenden Erwachsenen benötigen.

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                Mitgliederzahlen der DGB-Gewerkschaften rutschen erstmals unter 6 Millionen

                von Laurenz Nurk

                Für Gewerkschaften gibt es nichts Wichtigeres als Mitglieder. Wenn sie die Arbeitgeber nicht mit Mitgliedern beeindrucken können, können sie sie auch nicht mit Streikdrohungen erschrecken. Wer mit Streiks nicht einmal drohen kann, der braucht an den Tischen der Tarifverhandlungen gar nicht erst Platz zu nehmen.

                reiner_hoffmann_dgb_deutscher_gewerkschaftsbund_gewerkschaft_spd_mitgliederentwicklung_mitgliederschwund_mitgliederzahlen_kritisches_netzwerk_kampfkraft_tarifflucht_solidaritaet_stre.jpgImmer zum Jahreswechsel bilanzieren die Gewerkschaften die Entwicklung ihrer Mitgliederzahl. Die acht DGB-Gewerkschaften sind dabei sehr genau. Mal aus Eigeninitiative, mal auf Nachfrage teilen sie aufs Mitglied genau den Stand mit. Wie sich nun herausstellte, ist die Zahl der Mitglieder, die in den Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) organisiert sind, erstmals unter 6 Millionen gesunken. Zum Jahresende 2017 waren es genau noch 5,995 Mitglieder, gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 52.000. Zehn Jahre früher lag die Zahl noch bei 6,441 Millionen.

                Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann (Foto re.) schiebt diese Entwicklung nur auf die demografische Entwicklung, bei der mehr Menschen aus dem Erwerbsleben ausscheiden, als in die Gewerkschaft eintreten. Doch diese Sichtweise ist mehr als kurzsichtig, die Gründe sind vielfältiger und durch den DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften auch hausgemacht.

                Zur Jahrtausendwende hatte der DGB noch knapp 7,8 Millionen Mitglieder. 17 Jahre später rutschte die Zahl der Mitglieder in den DGB-Gewerkschaften erstmals unter die 6 Millionen Grenze.

                Die beiden größten Einzelgewerkschaften IG Metall und ver.di haben unterm Strich Verluste an Mitgliedern zu verkraften, ebenso die "Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie" (IG BCE). ver.di hatte Ende 2017 erstmals weniger als zwei Millionen Mitglieder. Geschrumpft sind auch die "Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft" (EVG), die nur noch auf rund 190.000 Mitglieder kommt und die "Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten" (NGG), die knapp unter die Marke von 200.000 Mitgliedern gefallen ist. Stabil geblieben ist die Mitgliederzahl der "Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft" (GEW) mit 278.243 Mitgliedern. Zulegen konnte allein die kleinste DGB-Gewerkschaft, die "Gewerkschaft der Polizei" (GdP), sie verzeichnet unter dem Strich rund 5.100 Zugänge und kommt jetzt auf 185.153 Mitglieder.

                Während die Berufsgewerkschaften tendenziell stabil oder wachsend sind, haben die meisten Branchengewerkschaften weiterhin Mühe, die Zahl ihrer Mitglieder zu halten. Als Gründe für das Schrumpfen der Mitgliederzahlen können, wenn auch nicht gern gehört wird, beispielsweise genannt werden:

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                  „Flash-Crash“ an den Börsen: Wie Großinvestoren Kleinanleger über den Tisch ziehen

                  Von Ernst Wolff / Autor der Bücher „Weltmacht IWF“ und neu: „Finanztsunami“

                  In der vergangenen Woche ist es an der New Yorker Aktienbörse mehrmals zu sogenannten „Flash-Crashs“ gekommen. Darunter versteht man extreme Kurseinbrüche, die nur wenige Minuten andauern und in deren Folge sich die Kurse zu einem beträchtlichen Teil wieder erholen.

                  In den Massenmedien werden diese „Flash-Crashs“ oft als nicht vorhersehbare, urplötzlich eintretende Ereignisse dargestellt, die besonders die großen Marktteilnehmer mit ihren riesigen Einsätzen hart treffen. In Wahrheit ist genau das Gegenteil der Fall: Flash Crashs können von großen Marktteilnehmern wie Hedgefonds und internationalen Großbanken absichtlich herbeigeführt und zur eigenen Gewinnmaximierung genutzt werden. Verlierer des Spiels sind die Kleinanleger.

                  profit_loss_risk_profitmaximierung_hedgefonds_kleinanleger_kurseinbrueche_kursverlust_kursrueckgang_kurssturz_finanzcrash_finanztsunami_systemcrash_kritisches_netzwerk_aktien_aktienboerse.jpg

                  Das Ganze funktioniert folgendermaßen: Werfen ein oder mehrere Hedgefonds oder Großbanken gleichzeitig große Aktienpakete auf den Markt, dann bricht der Kurs der betreffenden Aktien blitzschnell kräftig ein. Viele Kleinanleger haben zum Schutz vor größeren Verlusten „Stop-Loss-Orders“ platziert, die dazu führen, dass ihre Aktien bei einem bestimmten Kursverlust automatisch verkauft werden. Meistens werden diese Orders bei einem Verlust von fünf Prozent aktiviert.

                  Hedgefonds-Betreiber müssen also nur dafür sorgen, dass es zu einem Kurssturz von mindestens fünf Prozent kommt. Dann können sie abwarten, bis eine Verkaufswelle der Kleinanleger mit Stop-Loss-Ordern einsetzt und den Kurs weiter in die Tiefe treibt. Sobald der Kursrückgang dann abebbt, können sie erneut einsteigen und die Kurse so wieder in die Höhe treiben.

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                    Jetzt ist Schulz – oder beginnen die Probleme der SPD erst?

                    von Conrad Schuhler / Leiter der Redaktion des ISW München e.V.

                    martin_schulz_ruecktritt_machtgeilheit_wahlschlappe_vertrauensverlust_asoziale_politik_soziale_gerechtigkeit_waehlerverarschung_kritisches_netzwerk_spd_sozialdemokratie_nogroko.png Die SPD zeigt sich erleichtert: Martin Schulz ist weg, wenigstens hat er es verspochen, doch diesmal wird er nicht umhinkommen, das Versprechen auch einzuhalten. Als Außenminister wird er nicht an-, als SPD-Vorsitzender abtreten. Ein einjähriges Missverständnis zwischen SPD und Schulz habe sich erledigt, tönt es aus der Funktionärs-Dunkelkammer. Nur: Dies „Missverständnis“ war nicht allein, nicht einmal in erster Linie die Schuld von Schulz. Es war die Schuld des SPD-Apparats.

                    Schulz wurde vom damaligen Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel ins Amt geschoben und von 100% der Parteitagsdelegierten gewählt. Die Wahlkampflinie folgte den Beschlüssen der Parteiführung. Schulz’ Erklärung in der Nacht der Wahlkampfschlappe, dies wäre das Ende der GroKo, entsprach der kollektiven Beschlusslage und wurde vom Parteivolk begeistert begrüßt. Genau so waren die Zustimmung zu den Sondierungsgesprächen und zum Koalitionsvertrag einhellige Führungspositionen.

                    Der Jubel über die Schulz-Aussage, er werde nicht in ein Kabinett Merkel eintreten, war ebenso allgemein wie der über angebliche SPD-Erfolge bei den Koalitionsverhandlungen. Nun will die SPD-Führung den Unmut in der Partei damit wegschminken, er sei durch den Rückzug von Schulz hinfällig geworden. Das Ganze sei ein „Glaubwürdigkeitsproblem“ gewesen, was durch den „hochanerkennenswerten“ Schritt des Rückzugs nun gelöst worden sei. Jetzt ginge es nicht mehr um Personen, sondern um die Sachfragen.

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                      Spanien verdoppelt seinen Militärhaushalt

                      von Alejandro López

                      +++Herrschende Klasse Spaniens ignoriert traditionelle Feindschaft der Bevölkerung gegen Militär+++

                      Die Verteidigungsausgaben Spaniens werden laut Verteidigungsministerin Maria Dolores de Cospedal bis 2024 verdoppelt. Das erklärte die Ministerin vor dem Verteidigungsausschuss des Parlaments. Der Verteidigungshaushalt werde von 0,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (8,7 Milliarden Euro auf 1,53 Prozent des BIP (18,47 Milliarden Euro) steigen.

                      Um die Opposition gegen Krieg und die Empörung über eine Erhöhung der Militärausgaben unter Kontrolle zu halten, lehnte es Cospedal ab, den Brief an die NATO zu veröffentlichen, in dem sie die Erhöhungen näher erläuterte. Sie begründete diese Weigerung damit, dass Teile des Inhalts der Geheimhaltung unterlägen. Der Geheimhaltung unterliegt auch die wirkliche Höhe der Militärausgaben. Der pazifistischen Organisation "Centre Delàs d’Estudis per la Pau" zufolge gibt es eine ganze Reihe vov Ausgaben, die mit dem Militär in Zusammenhang stehen und nicht im Verteidigungshaushalt aufgeführt werden.

                      spanische_panzer_armadura_nato_maria_dolores_de_cospedal_garcia_minister_of_defence_spain_espana_kritisches_netzwerk_militaerausgaben_militaerhaushalt_militarisierung_militarismus_pesco.jpg

                      Wenn Rentenzahlungen, Sozialversicherungsausgaben und Versicherungsbeiträge des Militärs, von Auslandsmissionen, staatlichen Zuschüssen für militärische Forschungen und die Budgets der Guardia Civil und NATO-Beiträge hinzugezählt würden, dann betrüge der Verteidigungshaushalt in Wirklichkeit ca. 18,9 Milliarden Euro. 2024 würde er dann unglaubliche 28 Milliarden Euro betragen, erklärte das Centre.

                      Die Erhöhung der spanischen Verteidigungsausgaben geht auf die Übereinkunft auf dem NATO-Gipfel im vergangenen Mai zurück. Die Trump-Regierung hatte auf alle NATO-Mitglieder enormen Druck ausgeübt, ihre Verteidigungsausgaben bis 2024 auf zwei Prozent des BIP anzuheben.

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                        100 Jahre Achtstundentag in Deutschland

                        von Laurenz Nurk

                        arbeitskampf_arbeiterbewegung_arbeiterklasse_arbeitskaempfe_widerstand_sozialer_kahlschlag_streik_wochenarbeitszeit_arbeitszeitflexibilisierung_kritisches_netzwerk_maifeiertag_warnstreik.pngDie Verkürzung der Arbeitszeit gehört schon seit den Anfängen der Arbeiterbewegung zu ihren Kernforderungen. Mit wachsender Stärke gelang es ihr, nach und nach Erfolge bei der Verkürzung der Arbeitszeit zu erzielen. Der historische Durchbruch für den Achtstundentag in Deutschland kam im Jahr 1918. Als direkte Folge der Revolution wurde die Arbeitszeit für alle Arbeitnehmer auf acht Stunden pro Tag begrenzt. Das konnte damals auch deswegen durchgesetzt werden, weil das Wirtschaftssystem von einer gut organisierten Arbeiterbewegung grundsätzlich infrage gestellt wurde.

                        Zum hundertsten Jahrestag des Achtstundentags in Deutschland wird hier eine kleine Rückschau auf diese Form der Arbeitszeitverkürzung gegeben.

                        Hundert Jahre nach dem Sturm auf die Bastille, der als das Symbol für die Französische Revolution gilt, trafen sich am 14. Juli 1889 rund 400 Delegierte sozialistischer Parteien und Gewerkschaften aus zahlreichen Ländern zu einem internationalen Kongress in Paris. Die Versammelten verabschiedeten eine Resolution des Franzosen Raymond Felix Lavigne [Erg. H.S.: Gewerkschafter / Arbeiterführer aus Bordeaux], in der es hieß:

                        Es ist für einen bestimmten Zeitpunkt eine große internationale Manifestation zu organisieren, und zwar dergestalt, dass gleichzeitig in allen Städten an einem bestimmten Tage die Arbeiter an die öffentlichen Gewalten die Forderung richten, den Arbeitstag auf acht Stunden festzusetzen (…). In Anbetracht der Tatsache, dass eine solche Kundgebung bereits von dem amerikanischen Arbeiterbund für den 1. Mai 1890 beschlossen worden ist, wird dieser Zeitpunkt als Tag der internationalen Kundgebung angenommen.

                        So wurde die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung zum Ausgangspunkt für den Maifeiertag in Europa.

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                          Amerika, die Kurden und die Geschichte

                          Nur ein Bauer in ihrem Spiel

                          von Ted Snider

                          Das Einzige, was den Kurden jemals treu geblieben ist, ist die Geschichte: sie hat sie treu und ohne Ausnahme im Stich gelassen. Die Kurden werden in die Rolle der Bauern in den Schachpartien der mächtigen Länder getrieben. Sie leisten einen großen Teil der harten Arbeit, nur um dann geopfert zu werden, wenn Schachmatt in Sicht ist.

                          Erst kürzlich haben die USA die Kurden als nützliche Spielfiguren im Krieg gegen den Islamischen Staat wiederentdeckt. Doch obwohl sie eine der wirksamsten Kräfte im Kampf gegen den Islamischen Staat sind, laufen die Kurden jetzt, da das Ende absehbar ist, erneut Gefahr, im Stich gelassen zu werden.

                          Die USA wurden im Gegensatz zu Russland und Iran nie nach Syrien eingeladen. Sie schworen jedoch, dass sie nur dort waren, um Syrien vor dem Islamischen Staat zu retten. Vor kurzem jedoch hat Außenminister Rex Tillerson die amerikanische Position gewechselt. Amerika hat nicht die Absicht, Syrien zu verlassen, sobald der "Islamische Staat" schachmatt gesetzt ist. Die USA werden nach dem Krieg bleiben, und der ungebetene Aufenthalt hat mit mehr zu tun, als nur den Islamischen Staat unten zu halten. Er hat damit zu tun, den Iran draußen zu halten.

                          Im Einklang mit dem gegenwärtigen strategischen Drehpunkt von Syrien zum Iran und zur Hisbollah, hat das Halten amerikanischer Streitkräfte in Syrien mehr damit zu tun, den Iran und den mit dem Iran verbündeten Bashar al-Assad aus Syrien zu vertreiben, als damit, den Islamischen Staat aus Syrien herauszuhalten. Aber um den Ayatollah schachmatt zu setzen, muss Amerika seinen Bauern einsetzen, und dieser Bauer ist wieder einmal der Kurde.

                          Die 30.000 Soldaten der Grenztruppe, die die USA zur Blockierung des Iran einsetzen würden, würden sich größtenteils aus Kurden zusammensetzen. Aber eine bewaffnete kurdische Präsenz an der nördlichen Grenze zur Türkei ist eine rote Linie, vor der die Türkei schon lange gewarnt hat, dass sie es den Kurden nicht erlauben würde, diese zu überqueren. So hat die amerikanische Entscheidung den Zorn der Türkei über die Kurden gebracht.

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                            Die Elektronische Europäische Dienstleistungskarte

                            Mit dem Neoliberalismus Hand in Hand

                            von Aileen Körfer

                            Die Gewerkschaften auf nationaler und europäischer Ebene warnen seit einem Jahr vor den Gefahren des Vorschlages der Europäischen Kommission zur Einführung einer sogenannten »Elektronischen Europäischen Dienstleistungskarte«. In dem bereits fortgeschrittenen Gesetzgebungsverfahren bleibt nur noch wenig Zeit, um Einfluss auf die Entscheidungsträger auf nationaler und europäischer Ebene zu nehmen, um sie davon zu überzeugen, diesen Vorschlag abzulehnen.

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                            Die Dienstleistungskarte ist ein elektronisches Dokument, das Unternehmen u. Einzelpersonen berechtigen soll, eine Dienstleistung in einem anderen europäischen Mitgliedsland anzubieten. Während die Dienstleistungskarte von einer Behörde in dem Herkunftsland des jeweiligen Unternehmens oder der Einzelperson beantragt wird, muss das Pendant im Gastland diese genehmigen. Auch wenn ein elektronisches Konsultationsverfahren zwischen den Behörden vorgesehen ist, führt dieser Vorschlag zu einer Verschiebung der Zuständigkeitsverteilung vom Gastland hin zum Herkunftsland.

                            Nach Angaben der Kommission verfolgt der Vorschlag zur Einführung einer Dienstleistungskarte das Ziel, die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Gewerkschaftsvertreter und Arbeitgeberverbände verschiedener Branchen in zahlreichen europäischen Mitgliedsstaaten blicken jedoch mit großer Sorge auf diesen Vorschlag und warnen vor der Einführung des sogenannten Herkunftslandsprinzips durch die Hintertür, welches die neoliberalen Strukturen im europäischen Binnenmarkt für Dienstleistungen nur weiter vertiefen und die Errichtung eines gerechteren und sozialeren Wirtschaftsraumes weiter in die Ferne rücken lassen würde. Sollte es den Gewerkschaften nicht gelingen, diesen Vorschlag zu verhindern, werden die Beschäftigten die größten Verlierer sein.

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                              Globales Finanzsystem: Der Tsunami nimmt Formen an

                              Von Ernst Wolff / Autor der Bücher „Weltmacht IWF“ und neu: „Finanztsunami“

                              In den Chefetagen internationaler Finanzinstitute und Großkonzerne sowie in den Wirtschafts- und Finanzministerien rund um die Welt dürfte es derzeit hektisch zugehen. Zwar versuchen alle Beteiligten, die Entwicklung an den Finanzmärkten nach außen herunterzuspielen, doch den meisten ist mit Sicherheit bewusst, dass das System, das nur noch künstlich am Leben erhalten wird, jederzeit kollabieren kann.

                              Was ist geschehen? Am Freitag vergangener Woche ist der Dow-Jones-Aktienindex um 666 Punkte gefallen, am Montag dieser Woche um sage und schreibe 1175 Punkte. Er gab damit seine seit Jahresbeginn erzielten Gewinne komplett ab. Auch an den europ. und asiatischen Börsen kam es zu erheblichen Kursverlusten.

                              Niemand kann voraussagen, wie es in den kommenden Tagen weitergehen wird, doch die Zeichen stehen auf Sturm, denn die Zeiten, in denen wir leben, sind alles andere als normal: Seit neun Jahren kennen die Aktienbörsen der Welt nur einen Trend: aufwärts. Allein seit der Amtsübernahme v. Donald Trump ist der Dow Jones um 40 Prozent angestiegen, ein im Verhältnis zum Wirtschaftswachstum groteskes Missverhältnis. Der Hintergrund: Die extrem hohen Aktienkurse sind nicht das Ergebnis einer boomenden US-Wirtschaft, sondern einzig und allein die Folge der größten Spekulations- und Manipulationsorgie, die die Welt je gesehen hat.

                              ► Die wichtigsten Spieler im Casino: die Zentralbanken

                               Die wichtigsten Spieler im globalen Finanzcasino sind die Zentralbanken. Sie haben seit 2009 mehr als 15 Billionen Dollar ins System gepumpt und zu immer niedrigeren Zinsen vergeben, Staats- und Firmenanleihen sowie Aktien aufgekauft und Konzernleitungen ermöglicht, mit dem billigen Geld eigene Aktien zurückzukaufen und ihren Kurs so (zugunsten der Boni des Managements) in schwindelerregende Höhen zu treiben.

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                                Siemens-Hauptversammlung: Beschäftigte fordern „Mensch vor Marge!“

                                von Fred Schmid / isw München e.V.

                                joe_kaeser_ceo_siemens_ag_josef_kaeser_kritisches_netzwerk_gamesa_asozial_stellenabbau_stellenstreichungen_massenentlassungen_werksschliessungen_sozialabbau_waffenhersteller.jpgDie diesjährige Hauptversammlung des Siemens-Konzerns in der Münchner Olympiahalle machte schon von weitem auf sich aufmerksam: Trommelschläge auf Öl-Fässer, Trillerpfeifen, Rasseln. Einige Hundert Siemensianer aus den Standorten Görlitz, Erfurt, Würzburg, Offenbach und anderen hatten ein langes Spalier aus Transparenten gebildet mit Losungen: „Wir sind Siemens“, „Wir halten zusammen“- aufgeführt die von Schließung u. Stellenabbau betroffenen Standorte: Görlitz, Erfurt, Leipzig, Berlin, Essen, Mülheim, Duisburg, Offenbach, Erlangen, Nürnberg, „Wir kämpfen wie die Bären“, „Wir kämpfen für unseren Standort“, „Sicherung der Arbeitsplätze statt Shareholder Value“ und immer wieder auf Plakaten und gelben Warnwesten der Teilnehmer: „Mensch vor Marge!

                                Dazu eine Pappmache´-Plastik: Vorstandschef Joe Kaeser (Foto re.), der mit einer überdimensionierten Schraub-Presse immer mehr auf die Belegschaft drückt – rechts türmen sich die 500-Euro-Geldbündel, links landen Menschen in einem Müll-Container. Ein gutes Dutzend KollegInnen schaffte es mit ihren gelben Warnwesten „Mensch vor Marge“ und rückseitig „Stopp! Keine maximale Marge auf Kosten der Menschen“, bis in die Arena der Hauptversammlung mit einigen Tausend Aktionären vorzudringen, fast bis zum offiziellen Bühnentransparent „Siemens – Ingenuity for Life“. In der Tat: Einfallsreichtum (ingenuity) der Konzernherren zum Erhalt der Arbeitsplätze wäre gefragt.

                                Vorstandsboss Kaeser reagierte jovial auf das Go-in: Es sei „hochanständig“, dass sie da seien, sie sollten doch aufstehen, damit alle die Slogans lesen könnten – Zoom der Saalkameras und Großprojektion auf die Beam-Leinwand – Beifall. Er sei auch für das Motto, allerdings in leichter Modifikation: „Mensch und Marge“. Zuvor hatte er höchstpersönlich die 35 Siemens-Mitarbeiter begrüßt, die mit dem Fahrrad die 600 Kilometer-Strecke von Görlitz nach München gefahren waren und unterwegs die Losung auf ihren Trikots verbreiteten: „Keep Görlitz alive“.

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                                  Abgas für das Volk: "Diese Tests sind in keiner Weise zu rechtfertigen“

                                  von Ulrich Gellermann, Mitautor des Buches "Die Macht um Acht".

                                  "Ich vollziehe die Grundsteinlegung im Namen des deutschen Volkes! Das Werk soll entstehen aus der Kraft des ganzen deutschen Volkes, und es soll dienen der Freude des deutschen Volkes!“ Diese Ansammlung gefährlicher Phrasen entwichen Adolf Hitler am 26. Mai 1938 im Rahmen einer aufwendigen Einweihungsfeier bei der projektierten Stadt des KdF-Wagens, nahe Fallersleben. Der Grundstein für das heutige Volkswagenwerk war gelegt. Die Räder konnten rollen für den Sieg und die Deutschen sollten später mit dem „Kraft-durch-Freude-Wagen“ wenig Freude haben - er verschwand im Krieg. Das Reich auch. Geblieben ist bis heute VW. Der mächtige Konzern, der seit Jahren seine Kunden mit falschen Abgaswerten betrügt. Der Konzern, der gemeinsam mit anderen aus der Autoindustrie im Uniklinikum Aachen „25 junge, gesunde Personen“ über mehrere Stunden das Abgas einatmen ließ, das aus dem Auspuff kommt. Wie schön, dass die „Tagesschau“ in diesen Tagen versichert: "Solche Versuche sind notwendig“.

                                  vw_abgasaffaere_abgasskandal_volkswagen_dieselgate_dieselskandal_winterkorn_herbert_diess_kritisches_netzwerk_alexander_dobrindt_manipulation_abgaswerte_emissionsgate_carb.jpg

                                  Der „Völkische Beobachter“ (VB), das Parteiorgan der NSDAP, mochte damals keine Urteile über die SS-Gaswagen, die fahrbaren Gaskammern der Nazi-Mordmaschine zur Vernichtung kranker Menschen und KZ-Insassen abgeben. Die massenhafte Vernichtung durch Kohlenstoffmonoxid (CO), dem Dieselabgas zum Verwechseln ähnlich, wollten die Nazis ungern öffentlich thematisieren. Auch darin sind Ähnlichkeiten zu erkennen: Zwar wurde die Abgas-Studie des Uniklinikums Aachen im Jahr 2016 veröffentlicht, aber im Rahmen einer wissenschaftlichen Öffentlichkeit nachrichtlich schön tiefer gelegt. Unter dem fadenscheinigen Deckmantel der Wissenschaft arbeiteten auch Dr. Josef Mengele und andere Todes-Ärzte in den Konzentrationslagern: „Wenn die sowieso ins Gas gehen …“, meinte Mengele und auch: „Eine solche Chance bekommen wir nie wieder“.

                                   Natürlich kam beim Aachener Menschenversuch niemand unmittelbar zu Tode. Auch die Teilname der Probanden war relativ freiwillig: Arme Leute verdienten sich ein paar Cents dazu. Aufstocker eben. Und doch kritisiert der Umweltverband „Verkehrsclub Deutschland e.V.“ (VCD) die Versuche scharf:

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                                    Der deutsche Arbeitsmarkt: Fundament der Abstiegsgesellschaft

                                    von Lars Niggemeyer

                                    Der deutsche Arbeitsmarkt hat in den letzten 25 Jahren einen tiefgreifenden Wandel durchgemacht. Prekarisierung, Arbeitslosigkeit und Abstiegsängste waren für viele Menschen die Folge. Und das viel besungene »Beschäftigungswunder« ist bei genauer sowie realistischer Betrachtung gar keines.

                                    Am deutschen Arbeitsmarkt gab es im zurückliegenden Vierteljahrhundert zwei wesentliche Einschnitte:

                                    1. Die Wiedervereinigung: Mit einer neoliberalen Schockstrategie wurde ein Großteil der ostdeutschen Betriebe durch die Treuhand geschlossen oder durch den nicht produktivitätsgerechten Wechselkurs von Ost- und Westmark vom Markt verdrängt. Das führte zu nach 1945 für undenkbar gehaltener Massenarbeitslosigkeit in Ostdeutschland. Hiermit folgten auch massive Auswirkungen auf die Arbeitsmarktverfassung im Westen: Sehr viele gut qualifizierte ostdeutsche Arbeitskräfte waren gezwungen im Westen Arbeit zu fast allen Bedingungen anzunehmen. In der Folge nahm die prekäre Beschäftigung in Gesamtdeutschland enorm zu: Waren im Jahr 1991 erst 13% aller Arbeitnehmer nach Definition des Statistischen Bundesamtes atypisch beschäftigt, so lag diese Zahl zehn Jahr später bei 20%.

                                    neoliberalismus_endstation_sackgasse_neoiberalism_dead_end_kritisches_netzwerk_abstiegsgesellschaft_verteilungsgerechtigkeit_sozialabbau_leiharbeit_sozialer_abstieg.jpg

                                    2. Die Agenda 2010: Als Ursache für die in Wahrheit aus der neoliberalen Wirtschaftspolitik resultierende Massenarbeitslosigkeit wurden um die Jahrtausendwende der »starre Arbeitsmarkt« und die »blockierenden Gewerkschaften« ausgemacht. Die »Flexibilisierung« der Arbeitsverhältnisse und die »Stärkung der unternehmerischen Freiheit«, kurz: der Abbau von Schutzrechten und gesetzlichen Leistungsansprüchen der Beschäftigten sollte in die »verkrusteten Verhältnisse in Deutschland« neuen Schwung bringen. Die sei der einzige Weg zur Senkung der hohen Arbeitslosigkeit. Mit der Agenda 2010 wurden in der Arbeitsmarktpolitik fast nur noch Maßnahmen verfolgt, die beim Individuum ansetzen: Der einzelne Arbeitslose habe zu hohe Erwartungen an den Lohn, sei zu unqualifiziert oder zu faul. Dass insgesamt zu wenig Arbeit für alle Arbeitssuchenden vorhanden ist, wurde nicht mehr thematisiert.

                                    ► Schrumpfende Mittelschicht und Abstiegsängste

                                    Die Folgen dieser Politik waren für viele Menschen desaströs. Zu verzeichnen ist die Etablierung eines neuen, für die betroffenen Arbeitslosen und Beschäftigten rigiden Arbeitsmarktregimes mit einer Zone dauerhafter Prekarität für Millionen Beschäftigte. Im Ergebnis hat sich die Bundesrepublik in eine Abstiegsgesellschaft verwandelt: Nicht mehr der soziale Aufstieg, die Verbesserung der eigenen Einkommens- und Beschäftigungsbedingungen ist die vorherrschende gesellschaftliche Perspektive, sondern der erfolgte oder drohende Abstieg [1].

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                                      Arbeit 4.0: Ein Hype

                                      von Nikolaus Dimmel / Streifzüge 71/2017

                                      Alles wird neu. Sogar der Kapitalismus im Kapitalozän.[1] So alt kann die Megamaschine der kapitalistischen Landnahme gar nicht aussehen mit „Abstieg, Arbeitslosigkeit, Armut, Ausbildungsabbruch oder Auswanderung“ (um nur bei „A“ zu bleiben). Wenn wir schon bei „A“ im Kapitalverhältnis sind: „Automation“. Das ist das neue „Catchword“. Dazu werden assoziiert: Automatik, Big Data, Crowdsourcing, Crowdwork, Internet der Dinge, Open Innovation, Prosument, Robotik oder Social Forecasting. Zusammengerührt ergibt das das Schlagwort „Arbeit 4.0“.

                                      menschmaschine_roboter_robotik_kuenstliche_gehirne_intelligenz_arbeit_4_0_digital_work_digitales_arbeiten_digitalisierung_digitale_arbeitswelt_kritisches_netzwerk_spracherkennung_cyborg.jpg

                                      ► Depression und Aggression

                                      Die Situation ist nicht lustig. Niedrige Wachstumsraten und sinkende Kaufkraft, Stagnations- und Stagflationsperioden, die Vernichtung gesellschaftlicher Lebensgrundlagen, Massenarbeitslosigkeit, der Rückgang gesunder Lebensjahre, die Explosion sozialer Ungleichheit – all das trägt zu Depressionen, einem allgemeinen Sinnlosigkeitsempfinden, kollektiver Autoaggression und einem „erschöpften Selbst“ (Alain Ehrenberg) bei.

                                      Und so erfindet die politische Dienstklasse und mit ihr der ideelle Gesamtkapitalist als Coach der stagnierenden Arbeitsgesellschaft, die weder formelle Arbeit noch Wachstum generieren kann, ein neues neues Narrativ: Kapitalismus macht Neustart als Nummer 4. Das setzt freilich einen neuen „Frame“ des Fortschrittsdenkens, ein neues, ästhetisiertes Wiederaufbau-Märchen nach der Weltwirtschaftskrise 2008 voraus. Adressaten dieser neuen großen Erzählung sind sowohl Kapital als auch Arbeit.

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                                        Energiearmut: Den einen wird der Strom gesperrt, den anderen die Fonds gefüllt

                                        von Laurenz Nurk

                                        Wegen steigender Preise können immer mehr Bundesbürger ihre Stromrechnung nicht zahlen. Die Zahl der Stromsperren ist auf den höchsten Wert gestiegen, der je gemessen wurde. Die Bundesnetzagentur (BNetzA) berichtet für 2016 von 328.000 durchgeführten und über sechs Millionen angedrohten Stromsperren.

                                        stromzaehler_stromkonsum_stromverbrauch_stromkosten_strompreise_stromrechnung_stromschulden_stromsperre_stromsperren_kritisches_netzwerk_energiearmut_energiekosten.jpgDie zentrale Ursache für Energiearmut ist die Armut an sich. Besonders in Haushalten mit niedrigem Einkommen können die Kosten für Strom und Gas schnell zu einem existenzbedrohenden Faktor anwachsen. Wer mehr für Heizung, Warmwasser, Licht und den Betrieb von Kühlschrank und TV ausgeben muss, hat weniger Geld für Lebensmittel, Kleidung oder Bildung übrig.

                                        Diese Entwicklung wird sich aller Voraussicht nach in den nächsten Jahren fortsetzten.

                                        Für Energiearmut gibt es in Deutschland bisher keine einheitliche Definition. Man kann sich aber an eine in Großbritannien gebräuchliche Definition von Energiearmut ganz gut orientieren. Auf der Insel gilt ein Haushalt als energiearm, wenn er mehr als zehn Prozent seines Einkommens für den Kauf von Energie aufwenden muss, um im Hauptwohnraum 21 Grad Celsius und in den übrigen Räumen 18 Grad Celsius zu gewährleisten.

                                        Ein Schlüsselfaktor für das Entstehen und die Entwicklung von Energiearmut ist aber die Höhe der Energiepreise. Da hat sich seit Mitte der 1990er Jahre einiges getan.

                                        ► Die Energieversorgungsunternehmen (EVU)

                                        Als 1998 die “Liberalisierung” auch im Energiesektor einsetzte, kam es zunächst zu einem Rückgang der Energieunternehmen. Ab 2002 nahm dann ihre Zahl rasant zu, vor allem wegen der vielen Neugründungen von Stromvertriebsgesellschaften, der Marktregulierung von Stromhändlern und auch durch die „Legal Unbundling“, das ist die rechtliche Entflechtung von Stromerzeugung und Netzbetrieb. Außerdem hat es seit 2005 im Rahmen einer Rekommunalisierung 72 Stadtwerke-Neugründungen gegeben.

                                        Im Jahr 2013 gab es in Deutschland 1.402 Energieunternehmen im Bereich der Elektrizitätswirtschaft, das ist gegenüber 1998 eine Steigerung um 14,1 Prozent.

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                                          SPD-Fraktionsvorsitzende Nahles: „In die Fresse“ im Unternehmensinteresse

                                          von Marcus Schwarzbach / Gastautor des isw München e.V.

                                          spd_ausbeuter_billigloehne_hartz_iv_agenda_2010_jobwunder_leiharbeit_massenarmut_andrea_nahles_arbeitsarmut_jobwunder_sozialabbau_sozialdumping_martin_schulz_neoliberalismus.jpg Kurz nach der Wahl zur Fraktionsvorsitzenden der SPD im Bundestag verkündete die vormalige Bundesarbeitsministerium Andrea Nahles: Nun werde sie „den Schalter umlegen“. Und kündigte an: „Aber ab morgen kriegen sie in die Fresse“. (Manche hofften, damit sei Kanzlerin Merkel gemeint, die nun zumindest verbal von der SPD unter Druck gesetzt wird. Einige Stichpunkte der „Ergebnisse der Sondierungsgespräche von CDU, CSU und SPD“ zeigen aber, wer „in die Fresse“ bekommt.

                                          ► „Wettbewerbsfähigkeit“

                                          Einleitend wird „Wettbewerbsfähigkeit“ gefordert – für Neoliberale ein ideales Stichwort, um Lohnkürzungen und Steuersenkungen zu fordern. In Österreich will die neue Regierung das gesamte Arbeitsrecht im Sinne der Unternehmen überprüfen, Arbeitslose analog Hartz 4 unter Druck setzen. Forderungen, im Sinne einer „Wettbewerbsfähigkeit“ auch hierzulande Arbeiterrechte abzubauen, werden nicht lange auf sich warten lassen. Ähnlich auch das Verhalten gegenüber US-Präsident Donald Trump. So lobt nicht nur der Siemens-Boss Joe Kaeser die Steuersenkungspolitik Trumps im Interesse von Unternehmen und Reichen: „Glückwunsch zur Steuerreform“, sagte Kaeser in Davos. Forderungen, sich hierzulande an dieser Politik zu orientieren, folgend der Logik der „Wettbewerbsfähigkeit“.

                                          ► Arbeit auf Abruf

                                          Ein Satz zeigt den Zynismus der angehenden Regierungskoalition auf: „Die Arbeit auf Abruf nimmt zu, wir wollen jedoch sicherstellen, dass der Arbeitnehmer ausreichend Planungs- und Einkommenssicherheit in dieser Arbeitsform hat“.(>>klick)

                                          Diese auch KAPOVAZ ("Kapazitätsorientierte variable Arbeitsverhältnisse") genannte Vertragsgestaltungen sind im Einzelhandel weit verbreitet. Dabei wird vom Unternehmen der Umfang der zu leistenden Arbeitszeit im Einzelfall festgelegt. Der Beschäftigte weiß also erst kurzfristig, wann er zu arbeiten hat. Oft schwankt das Einkommen je nach Umfang der geleisteten Stunden.

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                                            Eintritt zum Ausstieg: der unschöne Tod der SPD

                                            von Ulrich Gellermann, Mitautor des Buches "Die Macht um Acht".

                                            spd_schafft_sich_ab_martin_schulz_olaf_scholz_andrea_nahles_kevin_kuehnert_jusos_jungsozialisten_groko_grosse_koalition_mitgliederentscheid_kritisches_netzwerk_sozialdemokraten.jpgWelch eine leere Idee: Komm mal eben in die SPD, stimme gegen deren erneuten GroKo-Versuch, dann kannste beruhigt wieder austreten. Das empfehlen die Jusos in NRW und anderswo. Selbst die tapferen Gegner einer erneuten großen Koalition in der SPD bedienen sich der fatalen politischen Rhetorik ihrer Gegner: Das Schlimmste soll durch ein kleineres Übel verhindert werden. Tritt ein, damit der Ausstieg aus der tödlichen Koalitions-Spirale möglich wird. Komm doch zur Beerdigung der SPD, nirgendwo schmeckt der Zer-Streuselkuchen besser.

                                            Gegen die GroKo eintreten. Gut. Aber wofür? Für eine echte Bürgerversicherung, für den Stopp aller Rüstungsexporte, sogar für eine neue Mieterpolitik ließen sich Partner finden. Wahrscheinlich nicht bei der CDU. Aber auch mit einer klaren, inhaltlichen Absage könnte man in alternative Kämpfe ziehen - sogar in Wahlkämpfe.

                                            Die SPD stirbt – Umfragen sehen sie unter 20 Prozent. Mit ihr stirbt ein Stück alter Bundesrepublik. Aber wer auf dieser Beerdigung tanzen will, der sollte ich fragen, wer die Musik bezahlt. Den Taktstock schwingen die Bertelsmänner und Denkfabriken wie der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM), deren händereibender Chef Hubertus Pellengahr vielen sozialdemokratischen Funktionären aus der neuen Klasse der Verwaltungsangestellten zum Verwechseln ähnlich sieht.

                                            Die eigentlichen Leistungsträger der Parteiorganisation sind nicht mehr die ehrenamtlichen Funktionäre sondern die Mandatsträger aus Kommunal-, Landes- und Bundespolitik, die SPD wird zunehmend zu einer ’Fraktionspartei’", schreibt die "Bundeszentrale für politische Bildung" (bpb). Und wer die alerten Schlipsträger am Rande sozialdemokratischer Versammlungen sieht, der könnte sie auch für Teilnehmer an einem Start-up-Seminar halten: Viel up, kein Start.

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                                              Systemdeserteur Roland Düringer: Eine gültige Stimme!

                                              Nachdenken durch Anecken

                                              von Christian Jakob, Bergisch Gladbach

                                              Der in Wien geborene Kabarettist, Schauspieler, Buchautor und politischer Aktivist Roland Düringer dürfte den meisten Menschen in Deutschland eher kaum ein Begriff sein. In Österreich hingegen ist Düringer bekannt wie ein bunter Hund. Humor, gepaart mit Tiefgründigkeit, schauspielerischem Talent und einem gewissen Hang zum “Nachdenken durch Anecken”, haben dazu geführt, dass Düringers Stimme gehört wird. Und das nicht nur bei seinen Anhängern und Fans. Durch seine linientreue Lebensweise und seinem politischen Aktivismus sorgt er regelmäßig auch bei seinen Gegnern für Stirnrunzeln. Er spricht Probleme nicht einfach nur in seinen Kabarett-Programmen an, sondern liefert auch in seinem Privatleben genau das ab, was er auf der Bühne präsentiert, kritisiert und sich dort auch echauffiert. Authentisch, klar im Blick und immer seiner Linie treu, erreicht Düringer sein Publikum und seine Anhängerschaft. Er lebt was er denkt und denkt wie er lebt.

                                              Wir diskutieren immer über das WAS. Was ist richtig, was ist falsch. Wir diskutieren aber immer weniger über das WIE, oder das WIE VIEL. Aber das ist die entscheidende Frage. Ist ein modernes Elektrofahrzeug besser für die Umwelt, oder ist es ein uralter Citröen BX mit 200.000 Kilometer Laufleistung und Dieselmotor, mit schwarzem Rauch aus dem Auspuff? Was ist besser für die Umwelt? Der Citröen, denn der muss nicht mehr produziert werden, den gibt es schon. Lediglich erzeugt ein alter PKW in uns ein schlechtes Gefühl.”[1]

                                              roland_dueringer_gueltige_stimme_boeheimkirchen_der_kanzler_systemmarionetten_systemtrottel_selbstversuch_sozialkritik_systemhuren_konsumkritik_kritisches_netzwerk_wutbuerger.jpg

                                              Durch seinen Vater, der als Garderobier am Wiener Burgtheater arbeitete, kam Roland Düringer recht früh mit der Schauspielkunst in Berührung. In einem Workshop für Schauspieler lernte er seinen späteren Kabarett-Partner und Co-Autoren Alfred Dorfer kennen. Dorfer tritt in regelmäßigen Abständen bei der Kabarett- und Satiresendung des ZDF “DIE ANSTALT” auf, und genießt dadurch hierzulande einen langsam steigenden Bekanntheitsgrad. Neben dem Schauspiel absolvierte Düringer die "Höhere Technische Lehranstalt" (HTL) für Maschinenbau, einer nur in Österreich weit verbreiteten Hochschuleinrichtung, die man in Deutschland mit dem Ingenieurstudium gleichsetzen kann.

                                              ► Karl, die "Goldene Romy" und der Ybbser Spaßvogel

                                              1985 schloss sich Düringer der Kabarettgruppe “Schlabarett” an, die von Alfred Dorfer und Peter Wustinger 1984 ins Leben gerufen wurde. Zusammen mit Andrea Händler trat das Quartett erfolgreich im Wiener Kabarett Niedermair, der Brut- und Förderstätte für Kabarett und Kleinkunst, auf und gingen mit ihrem damaligen Programm “Atompilz von links”, einer Parodie auf das österreichische Bundesheer, auf Tournee. 1986 folgte ihr Programm “Kultur gegen alle”. 1988 traten Düringer und Dorfer als Schlabarett-Duett mit “Sein und Schwein” auf. Zwischen 1985 und 1992 trat Düringer mit Schlabarett in 8 Programmen auf, bevor er sich 1994 zum ersten Mal als Solokünstler auf die Bühne versuchte. Sein Soloprogramm “Hinterholzacht” wurde noch im gleichen Jahr mit dem österreichischen Kleinkunstpreis ausgezeichnet.

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                                                Ein Jahr Trump – so geht Rechtspopulismus

                                                von Conrad Schuhler / Leiter der Redaktion des ISW München e.V.

                                                Trump hat die Bilanz seines ersten Amtsjahres treffend beschrieben. Zur allfälligen Feier lud der Präsident in sein „Winter White House" (Winter-Weißes Haus) ein, in seinen feudalen Mar-a-Lago-Club in Palm Beach, Florida (Jahresmitgliedsgebühr: 200.000 Dollar). Die Teilnahme am Fest-Dinner kostete pro Paar 200.000 Dollar, also eine Sache für die ganz Reichen. Trump wollte seine Gäste mit den Worten begrüßen: „You all just got a lot richer.“ „Sie alle wurden gerade eine Menge reicher“.

                                                donald_trump_orange_3_wall_street_45th_president_usa_presidential_election_republikaner_republican_party_republicans_federal_reserve_kritisches_netzwerk_america_first.jpg Die Begrüßung musste er sich versagen. Der Government Shutdown (englisch für Stilllegung der Regierung) zwang ihn, in Washington zu bleiben. Doch die Einschätzung trifft ins Schwarze, hatte Trump doch eben seine Steuerreform im Kongress durchgesetzt. Das reichste 1% würde bis 2027 ein Steuergeschenk von 207.000 Dollar pro Haushalt erhalten. Die Erbschaftssteuer wird ganz abgeschafft, die Unternehmenssteuern von 35 auf 21 % gesenkt.

                                                Die Steuerreform "Tax Cuts and Jobs Act" (TCJA) ist nur eine von zahlreichen „Reformen“ und Maßnahmen, die Trump im Interesse des Großen Geldes durchgeführt hat. Der in den deutschen Medien gerne als dumm und faul dargestellte „Clown im Weißen Haus“ hat emsig und zielstrebig die staatlichen Vorteile für Wall Street u. Großkonzerne vorangetrieben.

                                                Allein im Umweltschutz gab es 70 Dekrete und neue Gesetze. Die von Amtsvorgänger Barack Obama eingeführten Emissionsbeschränkungen werden Schritt für Schritt wieder zurückgenommen. Bisher geschützte Gebiete werden für Öl- und Gasförderung geöffnet. Die gesamte Küste – bis auf Florida, wo Trump größere Abschnitte am Meer besitzt – ist heute offen für Offshore-Bohrungen. Die Rohölexporte der USA haben sich 2017 verdreifacht. Insgesamt erleben die Unternehmen der fossilen Brennstoffe ein gewaltiges Comeback. In 2018 sollen sich die Exporte an Flüssigerdgas dank fünf neuer Hafenanlagen verdoppeln.

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