Einige Schlachten gewinnen, aber den Krieg verlieren!

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Überblick über die heutige Weltlage

von Saral Sarkar


Vor etwa drei Monaten las ich einen Artikel über den Krieg gegen den Islamischen Staat (IS). Der Autor Dr. Andrew J. Bacevich (1) schrieb unter anderem:


"Die Militanten des Islamischen Staates breiten sich in Syrien aus. Der Irak-Krieg III hat sich nahtlos verwandelt in Groß-Nahost-Krieg XIV. … Selbst wenn wir siegen, verlieren wir. Den Islamischen Staat zu besiegen, würde die Vereinigten Staaten nur tiefer zu einem Jahrzehnte alten Unternehmen verpflichten, das sich als teuer und kontraproduktiv erwiesen hat. ... Die Bemühungen der USA, Stabilität [in der Region] zu fördern, haben tendenziell genau das Gegenteil produziert.“


Hier will ich nicht über den IS schreiben. Hier gilt meine Sorge nicht dem Groß-Nahost, sondern der Welt, nicht dem Irakkrieg III, sondern dem "Krieg" (wenn ich hier diesen Begriff benutzen darf), den drohenden weltweiten Kollaps zu verhindern – den ökologischen und ökonomischen Kollaps sowie Kollaps des binnenstaatlichen und zwischenstaatlichen Friedens. Erfolg dabei ist ja auch die selbstverständliche Voraussetzung dafür, den Übergang zu einer friedlichen und nachhaltigen Weltgesellschaft beginnen zu können. Ich habe den Artikel mit dem Irakkrieg III begonnen, weil er derzeit der deutlichste, stärkste und überzeugendste Hinweis auf den kommenden Zusammenbruch ist.

Dieser hat drei verschiedene Aspekte:

  • Kriege und Konflikte – geführt bzw. ausgetragen mit unterschiedlichem Grad an Gewalt – toben seit den letzten Jahrzehnten in verschiedenen Teilen der Welt;
  • globale Erwärmung, Klimakatastrophen und weltweite Umweltzerstörung aller Art gehen unvermindert weiter,
  • Gesellschaften zerfallen infolge ökonomischer und politischer Krisen, gefolgt von gescheiterten oder scheiternden Staaten.

Zwar erzählt uns Prof. Steven Pinker in seinem Buch "Gewalt – Eine Neue Geschichte der Menschheit" ("The Better Engels of our nature"), dass die Welt der Vergangenheit, was gewaltsame Konflikte betrifft, sehr viel schlimmer war und dass wir wohl in der friedlichsten Ära in der Geschichte unserer Spezies leben. Das ist aber ein schwacher Trost. Denn seit den letzten zwei Jahrzehnten beobachten wir eine Verschlechterung der Lage.

In Widerspruch zu den großen Hoffnungen, die in den frühen 1990er Jahren nach dem Ende des Kalten Krieges erweckt wurden, als Kommentatoren sogar von einer großen Friedensdividende sprachen, die auf uns wartete, plagten in den folgenden Jahren viele kleine, mittelgroße und große gewaltsame Konflikte die Menschheit: der Völkermord in Ruanda, gefolgt von dem nicht enden wollenden Kleinkrieg im Osten des Kongo (siehe Erster Kongokrieg und Zweiter Kongokrieg ); die Jugoslawien-Kriege; das Aufkommen des islamistischen Terrorismus in vielen Teilen der Welt; der blutige 26-jährige ethnische Krieg in Sri Lanka; die gewaltsame Unabhängigkeitsbewegung der Kurden im Südosten der Türkei; dann der jahrzehntealte Bürgerkrieg in Kolumbien; der Terror der Drogendealer-Banden in Kolumbien und Mexiko; die laufenden Kriege in der Ukraine, Afghanistan, Syrien, dem Irak, Libyen, Somalia, im Jemen; und die vielen kleinen Konflikte und Aufstände, zum Beispiel auf den Philippinen, im Zentral-Indien, in der Xinxiang-Provinz von China, im russischen Kaukasus, in Nordirland usw.

Einige dieser Kriege und Konflikte sind entschieden, wurden gewonnen oder verloren, oder mit einem Kompromiss beendet: jene in Ruanda, Jugoslawien, Nordirland usw. Aber das waren, bildlich gesprochen, nur so viele "Schlachten", die entschieden wurden; die Menschheit jedoch verliert den „Krieg“, den nämlich gegen den drohenden weltweiten Kollaps. Wie Bacevich im Zusammenhang mit dem Krieg gegen den IS schrieb: "Unterdrückt man die Symptome, manifestiert sich die Krankheit einfach auf andere Weisen. Es gibt immer einen anderen ‚Islamischen Staat‘ in den Startlöchern." Wir könnten hier vielleicht noch die Lage in Nigeria und Pakistan erwähnen.
 

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Wird #Netanjahu vor dem #Strafgerichtshof in Den Haag enden?

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von Jonathan Cook


Das palästinensische Ansuchen an den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) hat eine Reihe von Ereignissen mit möglicherweise dramatischen Konsequenzen sowohl für Israel als auch für die Palästinenser in Bewegung gesetzt.

Am Wochenende stellte die Fatah ein Bild des israelischen Premierministers neben einem Galgenstrick auf ihre Facebook-Seite, mit den Worten „bald ist es so weit“ und dem Logo des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. Das ist sicher das, was viele Palästinenser als das Schicksal Netanyahus in den kommenden Monaten sehen möchten.

Letzte Woche unterschrieb der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas widerstrebend das "Statut von Rom", das den Weg zur Mitgliedschaft beim Internationalen Strafgerichtshof eröffnet, nachdem er es nicht geschafft hatte, eine Abstimmung im UN-Sicherheitsrat über eine Resolution zur Beendigung der Okkupation bis zum Jahr 2017 zu gewinnen.

Die Anhänger von Abbas’ Partei Fatah werden allerdings wahrscheinlich enttäuscht werden. Es müssen viele Hindernisse beseitigt werden, ehe jemand in Israel, vom Premierminister gar nicht zu reden, aufgrund einer Anklage wegen Kriegsverbrechen auf der Angeklagtenbank in Den Haag landen wird.

Der erste Test wird erweisen, ob Abbas die Nerven behält. Es wird 60 Tage dauern, ehe das Ansuchen auf Beitritt zum ICC wirksam wird. Bis dahin werden Israel und die Vereinigten Staaten von Amerika – von denen keiner das Statut von Rom ratifiziert hat – möglichst viel Druck auf ihn ausüben, damit er den Kurs wechselt.

Bei der Kabinettssitzung am Sonntag gab Netanjahu bekannt, dass Israel die monatlichen Steuereinnahmen einbehalten wird, die es im Namen von Abbas’ Palästinenserbehörde (PA) eintreibt und welche weiterzugeben es verpflichtet ist.
 

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#FDP sucht Anschluss. Neues #Logo soll Partei retten

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von Wilfried Kahrs / QPress.de


Polit-Bannhausen: Erinnern wir uns nicht alle von Herzen gerne an die großen Sternstunden der Polit-Märchen? Mogli (Rösner), Bambi (Lindner) und Balu (Brüderle) und machten es möglich, den Mehrwertsteuer-Traum für Hoteliers und edelste Klientel-Wirtschaft für handverlesenes Spender-Publikum. Nichts was die Blau-Gelben Engel von der Kokosnuss nicht möglich oder unmöglich machten, je nachdem was die Auftraggeber (nicht die Wähler) gerade wollten. Jetzt zu Jahresbeginn lag sie völlig danieder, mit gerade mal zwei Prozent dümpelte die FDP von der Wählergunst schleichend ins Wählerkoma, gänzlich unter all ihren möllemann’schen Märchenwerten von einst, aber schon fast genauso tot.



Jetzt kommt endlich frische Farbe ins Spiel, der Telekom-Teint soll helfen. Einige Beobachter setzen die aufaddierte Farbe mit dem letzten Versuch gleich. Andere wiederum wollen da eher eine „schwule” Komponente ausgemacht haben! Alles völliger Quatsch, aber doch ziemlich frisch, oder doch nicht? Das komplett neue Logo soll das Image der restlos abgetakelten FDP nunmehr zitronig frisch erscheinen lassen. Vielleicht will sich der Parteileichenduft nicht verziehen, weil die Farben nach wie vor völlig „grottig“ sind. Aber wie nur soll man aus dem tiefen Umfragewertegrab wieder auferstehen?

Auch der zweite Wurf ist keiner, Blau-Gelb muss ja irgendwie doch wieder oder immer noch dabei sein. Und die Serifenschrift macht es am Ende nur noch schlimmer, nicht weil man der Partei keine Ecken und Kanten zutraut, nein, weil es bei der Partei seit geraumer Zeit nirgends mehr echtes Profil gibt und es somit reine Vorspiegelung falscher Tatsachen ist.
 

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#Terroranschlag in #Paris. #Hollande ein Mitverursacher?

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von Volker Bräutigam


François Hollande, Monsieur le Président.

Ein fürchterliches Massaker wurde Ihnen vor die Haustüre serviert. 12 Tote sind zu beklagen. Ihren Angehörigen sowie den vielen Verletzten des Terroranschlags am 7. Januar in Paris gilt unser ganzes Mitgefühl. Ihnen, monsieur le président, gilt hingegen nur unser leises Bedauern. Denn anscheinend sind Sie, unfreiwillig und unbedacht, ein Mitverursacher dieses Verbrechens.

Am 4. Dezember vorigen Jahres haben Sie eine Reise in die einstige Sowjetrepublik Kasachstan unternommen. In der Hauptstadt Astana trafen Sie den Präsidenten Nasarbajew und den russischen Präsidenten Putin. Ohne Rücksicht auf die Gefühle des US-amerikanischen Weltherrschers - und ohne ihn um Erlaubnis zu bitten! - sprachen Sie sich dafür aus, zusammen mit dem russischen Präsidenten Putin, Bundeskanzlerin Merkel und dem ukrainischen Führer Poroschenko nach einer „diplomatischen Lösung“ der Ukraine-Krise zu suchen.

Doch damit nicht genug. Auf Ihrer Rückreise machten Sie am 6. Dezember überraschend einen Zwischenstopp auf dem Moskauer Flughafen Wnukowo 2 und trafen sich zu einem weiteren Gespräch mit Putin. Wiederum ohne vorher in Washington gefragt zu haben, ob Sie das auch dürfen. Und abermals verhandelten Sie mit Putin über den Ukraine-Komplex, ohne zu bedenken, dass in Kiew längst eine personalstarke US-Botschaft regiert und alleinzuständiger Gesprächspartner für alle Fragen von Krieg und Frieden ist.

Wie konnten Sie nur!

Am 30. Dezember erwiesen Sie sich gar vor aller Welt als renitenter Bursche, als Sie, Vertreter einer der Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat, dort für eine Palästina-Resolution stimmten und nicht dagegen, wie es der Anstand gegenüber Washington und Jerusalem verlangte. Und am 5. Januar setzten Sie allen Unverschämtheiten ihrer sogenannten Vernunftpolitik die Krone auf: Sie forderten öffentlich die Rücknahme aller Sanktionen gegen Erzfeind Russland. Sie stellten sich auf die Seite Putins, des Bösen.
 

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Von Zeit zu Zeit: Überforderung

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von Stephan Krull / via Ossietzky.net


Viele Menschen leiden an zu viel Arbeit. Andere leiden daran, ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen zu können, nicht gebraucht zu werden.

Von den gut 80 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern unseres Landes gehören etwas mehr als die Hälfte zur Altersgruppe der 20- bis 60jährigen, also zu den potentiell Erwerbsfähigen – einige steigen schon etwas früher in das Berufsleben ein, einige später aus; Summa etwa 45 Millionen. Laut Bundesregierung sind 42 Millionen Personen erwerbstätig, die Zunahme der Erwerbsbevölkerung zwischen 1991 und 2013 um gut drei Millionen Personen beruht auf der drastischen Zunahme prekärer Arbeit und unfreiwilliger Teilzeitarbeit sowie der Zuwanderung aus Südeuropa in den zurückliegenden zwei Jahren von fast einer Million Menschen. Drei Millionen sind erwerbslos, davon erhalten nach einer aktuellen DGB-Studie rund 750.000 Menschen kein Arbeitslosengeld, weil sie die Wartezeit nicht erfüllen oder keinen Anspruch auf »Hartz-IV«-Leistungen haben.

Und wo bleiben dabei diejenigen, die aus der offiziellen Statistik gefallen sind: 190.000 über 58jährige Arbeitslosengeldempfänger, 100.000 Ein-Euro-Jobber, 300.000 Menschen, die sich in beruflicher Eingliederung oder Weiterbildung befinden und 80.000 kranke Erwerbslose? Wo bleibt die »stille Reserve«? Stimmt mit der Statistik etwas nicht? Das Statistische Bundesamt rechnet anders als die Agentur für Arbeit, dazwischen klafft eine Lücke von zwei Millionen Erwerbstätigen. Wenn wir über diese Ungenauigkeit hinwegsehen, sind dennoch einige Zahlen aufschlußreich:

Von den angenommenen 42 Millionen Erwerbstätigen sind 37 Millionen Arbeiter, Angestellte oder Beamte, davon unterliegen 29 Millionen der Sozialversicherungspflicht, davon wiederum arbeiten 24 Millionen in Vollzeit. Das heißt, 13 Millionen Beschäftigte arbeiten in unterschiedlichen Teilzeitverhältnissen, acht Millionen davon außerhalb der Sozialversicherungspflicht. 2,5 Millionen Menschen sind Solo-Selbständige ohne Beschäftigte, knapp zwei Millionen sind Selbständige mit Beschäftigten.
 

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Auschwitz-Gedenken an die Befreiung, ohne die Befreier?

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von Evelyn Hecht-Galinski / Kommentar vom Hochblauen


Wie ist es möglich, dass zum Gedenken am 27. Januar, dem 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, die russischen Befreier zu Hause bleiben sollen?

Die Instrumentalisierung von Auschwitz insbesondere auch durch führende Politiker des “Jüdischen Staates”, wie Ministerpräsident Netanjahu und Kollegen ist schon lange eine Schande für alle Holocaustopfer. (1) (2) (3)
 

 

Das Gedenken im Jahr 2015 ist zu einem schändlichen Spielball der hetzerischen Anti-Russland Kampagne geworden. In Prag soll dieses Mal die große zentrale politische Gedenkveranstaltung stattfinden, die zum 60. Jahrestag noch problemlos in Warschau zelebriert wurde.

Aber dieses Jahr ist alles anders! Da wird durch die Verteufelung von Russland und Putin durch die USA und ihre willigen Helfer sogar das Gedenken an die Auschwitz Befreiung zu einem Instrument der Tagespolitik. Niemals zuvor ist das so passiert und es ist ein Schande, dass es geschieht, und wie! Es wird, weil die polnische Regierung inzwischen zu einem Hauptgegner Russlands geworden ist, keine Regierungsfeier in Polen geben, sondern es wird das Staatliche Museum von Auschwitz-Birkenau eine Gedenkfeier ausrichten, wozu Prominente aus der ganzen Welt und ein paar hundert der letzten noch lebenden ehemaligen Lager-Insassen erwartet werden. Im Prinzip kann man dagegen nichts vorbringen, aber warum wird erneut mit Doppelstandards gearbeitet?
 

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#Abendland im #Widerstand: NEIN zu #PEGIDA!

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Bei "Pack-die-da" gehen die Lichter aus

von Wolfgang Blaschka


Nun ist es Fakt: Im Abendland wird es zappenduster, sobald Nationalismus hervorquillt. Ein sinnfälligeres Bild hätte es kaum geben können als den verdunkelten Kölner Dom am ersten Montag des neuen Jahres 2015, als der KÖGIDA-Aufmarsch von tausenden Demokraten und Antifaschisten gestoppt wurde. Das seit der Romantik "deutscheste" aller deutschen Wahrzeichen neben dem Brandenburger Tor hüllte sich in Finsternis inmitten der Lichter der Großstadt und verschwand als Schatten seinerselbst aus dem Stadtbild, um den Ausländerfeinden keine Kulisse zu bieten.

 

 

Wiewohl reinste französische Kathedralgotik galt der Sakralbau im 19. Jahrhundert als Sinnbild für die Vollendung der deutschen Reichsidee. Ausgerechnet am Vorabend von Dreikönig verabschiedete sich der monumentale Schrein für die angeblichen Gebeine der drei Morgenländer ins Dunkel, seine Silhouette wurde schwarzes Loch im Schattenriss.
 
Auch in anderen Städten versammelten sich insgesamt 30.000 Menschen, dem rechten Spuk entgegenzutreten, der sich zeitgleich in Dresden zu seiner bisher größten Versammlung formierte mit geschätzt 18.000 Islamhassern. Nicht alle waren Nazis, und dennoch skandierten sie fremdenfeindliche, nationalistische und rassistische Parolen, wie sie sich hartgesottene Nazis in ihren kühnsten Träumen ausmalen. Für die muss es ein "innerer Vorbeimarsch" erster Ordnung gewesen sein: So viele Bürger, die ihren Forderungen Ausdruck verleihen! Da schwillt die bornierte Brust.
 

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#Mammon. Eine Motivgeschichte zur #Religiosität des Geldes

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Buchvorstellung von Helmut Schnug


. . . ist ein 376 Seiten umfassendes Werk, verfasst von Dr. Jochen Weiß aus dem Jahr 2004. Mit dieser Inaugural-Dissertation erlangte Jochen Weiß den akademischen Grad eines Doktors der Philosophie der Universität Mannheim. Die Dessertation erschien dann 2007 als Buch mit ISBN-Nr. 978-3-836-44661-7 im VDM Verlag (später übernommen vom AV Akademiker Verlag, Saarbrücken) und wurde von diesem im September 2012 als unveränderte Neuauflage mit ISBN-Nr. 978-3-639-42854-4 für EUR 79 wiederveröffentlicht.

Die Geldwirtschaft bedient sich vieler augenscheinlicher Anleihen aus der Religion: Die Architektur der Banken erinnert an die der Tempel, der Kredit ist sprachlich mit dem Credo verwandt, die Dollarnote trägt eine Pyramide und ein himmlisches Auge. Was aber steckt hinter den oft erwähnten Analogien? Kann von einer realen Religion des Geldes gesprochen werden?

Jochen Weiß beschreibt eine mythische Geschichte der Religiosität des Geldes in der Neuzeit. Da die mammonistische Religion nicht offen ausgeübt wird, spürt er ihren Formen in Motiven schöner Literatur nach, die eine fortlaufende Entwicklung der Geldreligion erkennen lassen. Erfolgsromane wie der anonyme Fortunatus-Roman, "Der Kaufmann von Venedig", Goethes "Faust" und Gustav Freytags Roman "Soll und Haben" bilden Epochenpfeiler, um die ein Motivfeld angelegt wird, das volkswirtschaftliche, soziologische, philosophische, psychoanalytische und theologische Werke integriert. Das Buch enthält ideenreiche Interpretationen für Literaturinteressierte, bietet aber gleichzeitig Beobachtern der heutigen westlichen Gesellschaft Einsichten in die unheimlichen Bedeutung des Geldes und einen faszinierenden Blickwinkel auf die Welt der Wirtschaft.

zum Autor:

Dr. Jochen Weiß studierte Germanistik, Medien- und Kommunikations- wissenschaften, Betriebswirtschaftslehre und öffentliches Recht in Mannheim und Leipzig, bevor er in Hamburg, Köln und Sydney promovierte. Er arbeitet in einer Kommunikationsagentur, die sich unter anderem auf Veränderungsprozesse spezialisiert hat. Nebenher ist Herr Dr. Weiß freier Berater und Seminarleiter für Mitarbeiterworkshops.

Die nachfolgende kurze inhaltliche Vorstellung gibt einen Einblick, was der Leser dieser Arbeit erwarten darf.
 

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Das Jahr der Finsternis: Versuch einer Jahresvorschau auf 2015

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von Wolfgang Blaschka, München


Die UNO hat das kommende als "Jahr des Lichts" ausgerufen. Das erhellt und erwärmt die Seelen der Erlösungs-Gläubigen. Prompt kommentierte das der Fernsehpfarrer in der ARD als gutes Omen für die Erleuchtung der Menschheit. Die Shanghaier wussten es besser: Es dürfte eher zappenduster werden. 36 Menschen wurden in Erwartung des großen Feuerwerks vor der imposanten Skyline an Silvester von ihren Mitmenschen zu Tode getreten, weil irgendein Witzbold täuschend echt aussehende 100-Dollar-Spielgeld-Noten auf die enthusiasmierte Menge nieder regnen ließ. Es brach Panik aus, weil die dicht gedrängten Massen einen Fetzen vom vermeintlichen Wohlstands-Schnäppchen erheischen wollten. Sie trampelten übereinander hinweg und töteten sich gegenseitig.
 

 

Reichtum gilt in China seit Konfuzius als das allerhöchste Glück, nicht etwa Frieden oder das Leben oder die Gesundheit oder ein phänomenales Buch oder eine große Liebe. Der schnöde Mammon gilt seit jeher als weit wirkmächtiger, wichtiger, erhabener denn alles andere. Die historisch kurze Periode der Priorität sozialer Werte zu Máo Zédōng Sozialismus-Zeiten hat die Volksrepublik längst hinter sich gelassen. Der Turbo-Kapitalismus im "Reich der Mitte" hat die traditionelle Maxime individuellen Reichwerdens als Ausdruck höchsten Glücks zur tödlichen Staatsräson wiederbelebt. Wer nicht schnell genug ist, zu alt oder zu lahm, zu ängstlich oder zu gebrechlich, bleibt auf der Strecke. Für die panisch zerstampften Leiber wurde es noch vor Jahresanbruch zappenduster.
 
Solche Szenen könnten sich auch anderswo abgespielt haben. Das System des Reichtum-Raffens herrscht beinahe weltweit. Wer nicht im "Globalopoly" mitspielt und es mit ehrlicher Arbeit versucht, bleibt ein armer Tropf.
 

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Das neue Jahr ist das alte: #TiSA macht Wahlen endgültig überflüssig

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von Ulrich Gellermann / RATIONALGALERIE


Irgendwo sitzen sie, die bleichen Büro-Fratzen und die dunklen Profit-Erfüllungsgehilfen. Ihre lächelnden TV-Masken haben sie in den schwarzen Aktenkoffern verstaut. Ihr blechernes Demokratie- und Freiheitsgeschwätz ist für den abendlichen Fernseh-Betrieb reserviert. Namenlos, bar jeder Verantwortung und Kontrolle basteln sie seit langem an TiSA (Trade in Services Agreement) [hier], einem Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen. Wie schon beim TTIP [hier und hier], dem Abkommen über die Auslieferung europäischer Rechte an die Konzerne der USA, sind es erneut feige Funktionäre, die mit TiSA Reste der EU-Demokratie wohlfeil verscherbeln: Für einen Posten hier, für ein amerikanisches Wohlwollen da. Und sie haben gute Gründe ihre Namen nicht preiszugeben: Man könnte sie zur Verantwortung ziehen, für das Schreddern ihrer Amtseide, für ihr Rumtrampeln auf Verfassungen.
 

 

Rund 50 Länder, unter Ihnen wie immer die USA und die EU, lassen hinter fest verschlossenen Türen zum Beispiel über den Bestand kommunalen Eigentums verhandeln: Es soll faktisch abgeschafft werden. Ob Krankenhäuser, Verkehrsbetriebe oder Wasserwerke, alles soll nach TiSA radikal dem Markt unterworfen sein. Und wenn städtische Betriebe einmal privatisiert worden sind, will das TiSA-Monster eine Rekommunalisierung gesetzlich verbieten. Wo immer in den Geheimpapieren von elektronisch erfassten Daten die Rede ist, taucht das giftige Wort "Liberalisierung" auf. Es gibt, im Vergleich mit den USA, in der EU immer noch ein paar staatliche Regeln zum Datentransfer: Weg damit. Die Konzerne brauchen den freien Zugriff auf alles, was ihnen Verkauf und Marketing erleichtert. Dass die kommunalen Banken und Sparkassen, letzte Bastionen städtischer Einflussnahme auf den Finanzsektor, abgeschafft werden sollen, versteht sich. Und auch die gesetzlichen Regelungen für Berufe wie Anwälte, Architekten oder Ingenieure stören die Markfetischisten sehr: Letzte Spuren von Staatlichkeit sind Hindernisse für den Profit.
 

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Das #Brasilien der deutschen Medien

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Von Frederico Füllgraf, Harald Neuber - amerika21/Jornal GGN


Am heutigen 1. Januar tritt Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff eine neue Amtszeit an, nachdem Sie sich in der Stichwahl gegen den Konservativen Aécio Neves durchgesetzt hatte. Amerika21-Redakteur Harald Neuber sprach über die Wahlen, das deutsche Brasilien-Bild und die Medien mit Frederico Füllgraf, Korrespondent der brasilianischen Zeitschrift Jornal GGN. Dort erscheint das folgende Gespräch parallel auf Portugiesisch.

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Frederico Füllgraf: Ein provokativer Einstieg: Deutsche lieben Caipirinha, brasilianische Strände und brasilianische Frauen. Sie verstehen es, mit ihren Unternehmen in Brasilien viel Geld zu verdienen. Für das gleiche Land aber hat die Mehrheit der deutschen Medien nur Spott und Hass übrig. Ist das nicht eine schizophrene Spaltung im Brasilien-Bild der Deutschen?


Harald Neuber: Das ist in der Tat provokant zugespitzt. Ich glaube, dass wir nicht von dem einem Brasilien-Bild der Deutschen per se sprechen können. Es gibt in der öffentlichen Meinung mehrere Bilder und Diskurse von und über Brasilien. Zum einen haben wir das klassische Brasilien-Bild, das stark von Tourismus und kulturellen Erfahrungen geprägt ist: die Strände und der Bossa Nova als frühe Form einer globalisierten Musik mit autochthonen Wurzeln. Auf der anderen Seite gibt es den Blick auf das aufstrebende, moderne Brasilien als Teil der BRICS-Staatengruppe. Ein Land, das eigene Entwicklungsinteressen vertritt, die in zunehmenden Widerspruch mit den Interessen der G7 stehen. Dieses moderne Brasilien wird tatsächlich kritisch kommentiert.

 


Dieses Phänomen der überlappenden Diskurse, der unterschiedlichen Medienrealitäten sehen wir übrigens auch im Fall von Kuba. Man kann das als schizophren betrachten: Auf der einen Seite reisen jährlich tausende Menschen nach Kuba und auch Brasilien und erleben funktionierende Staaten. Auf der anderen Seite kehren die dann zurück und lesen, dass diese Länder kurz vor dem Kollaps stehen. Sie haben die Realität erfahren und werden zu Hause mit einer konstruierten Medienrealität konfrontiert. Gegenfrage: Was kann ein Land wie Brasilien tun, um Mediendiskurse zu beeinflussen und ist der Regierung in Brasilien das Problem überhaupt bewusst?

 

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#Massenüberwachung: #Wettrüsten im Informationskrieg

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von Dr. Rolf Gössner


Noch während der Weimarer Republik hatte das Reichsgericht den pazifistischen Publizisten und Herausgeber der Zeitschrift »Die Weltbühne«, Carl von Ossietzky, zu anderthalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt: wegen des Verrats militärischer Geheimnisse. Das war 1931. Die Weltbühne hatte den heimlichen Aufbau einer deutschen Luftwaffe, der nach dem Versailler Vertrag völkerrechtlich strikt untersagt war, enthüllt. Der justizielle Angriff auf die Pressefreiheit, der spektakuläre politische Weltbühne-Prozeß und die anschließende Verurteilung der Militärkritiker erregten deshalb auch großes Aufsehen im In- und Ausland.

Carl von Ossietzky war ein couragierter Publizist, der einem Luftfahrtexperten – heute würde man wohl sagen: einem Whistleblower – dazu verhalf, seine Erkenntnisse über die Luftwaffe in der Weltbühne öffentlich darzulegen. Autor war der Flugzeugkonstrukteur und Pazifist Walter Kreiser (unter Pseudonym: Heinz Jäger), der deshalb zusammen mit Ossietzky wegen Geheimnisverrats vor dem Reichsgericht angeklagt worden war und 1931 ebenfalls verurteilt wurde, sich allerdings der weiteren Strafverfolgung durch Flucht entziehen konnte. [Anm. Admin: > Urteil]

Heute bewegt sich ein anderer Whistleblower in dieser Tradition und muß harte existentielle Konsequenzen ertragen: der ehemalige NSA-Mitarbeiter Edward Snowden. Er enthüllte 2013 unter hohem persönlichen Risiko über seine journalistischen UnterstützerInnen wie Glenn Greenwald und Laura Poitras eine bislang unvorstellbare Dimension geheimdienstlicher Überwachung, die Milliarden von Menschen in aller Welt betrifft und unser aller Leben, Bewußtsein und Verhalten beeinflußt.

Snowden spricht von der »größten verdachtsunabhängigen Überwachung in der Geschichte der Menschheit«. Diese digitale Durchleuchtung ganzer Gesellschaften stellt alle Menschen, die auf irgendeine Art elektronisch kommunizieren, unter Generalverdacht, unterhöhlt die Unschuldsvermutung, führt zu massenhafter Verletzung von Privatsphäre und Kommunikationsfreiheit, stellt verbriefte Grundrechte, ja die Demokratie insgesamt in Frage.

Im Zuge der Snowden-Enthüllungen stellte sich heraus, daß nicht allein US- und britische Geheimdienste in den globalen Massenüberwachungsskandal involviert sind, sondern daß auch bundesdeutsche Geheimdienste – BND, Verfassungsschutz und MAD – aufs engste in diesen menschenrechtswidrigen Geheimverbund verflochten sind. Sie profitieren von überlieferten Daten und übermitteln selbst Millionen von Telekommunikationsdaten aus Deutschland. Snowden spricht bildhaft davon, daß deutsche und US-Geheimdienste »miteinander ins Bett gehen« – eine wahrlich grauenhafte Vorstellung: Sie tauschen nicht nur massenhaft Informationen, sondern teilen auch Instrumente, gemeinsame Datenbanken, Spähprogramme sowie Infrastrukturen. Oder, wie der ehemalige NSA-Mitarbeiter Thomas Drake es ausdrückt: Der Bundesnachrichtendienst habe sich zum »Wurmfortsatz« der NSA entwickelt.
 

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#Hartz IV Regelsätze ab 01.01.2015

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von Helmut Schnug


Die Höhe des sogenannten Hartz-IV-Regelsatzes wird auf Grundlage der vom Statistischen Bundesamt durchgeführten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (ESV) bestimmt. Die ESV ist eine Befragung von rund 0,2% der privaten Haushalte in Deutschland. Nach Ermittlung der regelsatzrelevanten Nettoeinkommen als auch der Preisentwicklung wurde der Eck-Regelsatz ab 1.01.2015 um 2,04 Prozent von 391 Euro auf 399 Euro angehoben. Dieser Betrag gilt nun also für Alleinstehende und Alleinerziehende als menschenwürdiges Existenzminimum.  

Sie haben richtig gelesen: Menschenwürdiges Existenzminimum !

Die nachstehende Grafik zeigt in detaillierten Einzelbeträgen sortiert, wie sich der Eck-Regelsatz nach angedachtem spezifischem Verwendungszweck zusammensetzt. Greifen wir uns dazu mal vier Stücke aus dieser graphischen Torte heraus:

1. Für den Bereich "Wohnen, Energie, Wohninstandhaltung" sind monatl. 33,36 € errechnet worden, doch im realen Leben sind allein schon die monatlichen Abschlagszahlungen für die Stromkosten (Grundpreis, EEG-Umlage, Verbrauch, Ökosteuer, MwSt.) höher. Jedes Jahr erleben Hunderttausende, daß ihnen der Strom abgestellt wird weil sie ihre Rechnung nicht bezahlen konnten. Die Energiesperre dauert Tage, Wochen, manchmal länger. Allein 2013 wurden 345.000 Kunden der Strom abgestellt - und es werden jährlich mehr. Die Verbraucherzentrale (VZ) geht von einer deutlich höheren Zahl aus.

Das Essener Landessozialgericht entschied allerdings im Mai 2013: Das Argument mit der „schuldhaften“ Verursachung zieht nicht mehr als Ablehnungsgrund – die Jobcenter müssen die Stromschulden in Form eines entsprechenden Darlehens an den Hartz-IV-Bezieher unabhängig von der Schuldfrage übernehmen (Az.: L 2 AS 313/13 B ER). Und zwar immer dann, wenn es keinen anderen Weg gibt, um dem Betroffenen Strom für seine Wohnung zu verschaffen. (⇒ Quelle Focus-Artikel)
 

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Politische und ökonomische Lage: Zuspitzung der Widersprüche

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von Markus Lehner, Neue Internationale 195


Die_Zukunft_Zukunftsaussichten_Kritisches_NetzwerkEs ist schon ein Gemeinplatz, von wachsenden Spannungen in den internationalen Beziehungen zu sprechen. Das Zusammentreffen der Ukraine-Krise mit der 100jährigen Wiederkehr des Ausbruchs des 1. Weltkriegs ist auch den genügsamsten Kommentatoren nicht entgangen. Die innerimperialistischen Rivalitäten haben sich soweit verschärft, dass selbst bewaffnete Zusammenstöße zwischen der Allianz USA-EU-Japan und einem möglichen Russland-China-Block künftig durchaus denkbar erscheinen.


Ukraine

Ab Herbst 2013 entwickelte sich in der Ukraine eine Krise. Sie wurde durch die Versuche der USA, der EU und ihnen nahestehende nationalistische Kräfte in Kiew ausgelöst, ein Assoziierungsabkommen durchzudrücken, das die bestehenden Bindungen zu Russland gekappt hätte. Die Euromaidan-Bewegung, eine Pseudorevolution, entpuppte sich bald als ein weiterer Versuch der US-Administration, einen Regimewechsel herbeizuführen.

Die USA wie die EU stützen sich bei ihrer Strategie auf faschistische Kräfte bei der Etablierung einer ihnen genehmen Regierung. Der Ukraine-Konflikt ist nicht nur eine lokale Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Oligarchen, sondern v.a. Teil einer weltweiten Strategie, mit der Washington seine Rolle als Weltbeherrscher wieder herzustellen hofft. Damit verbunden ist das Ziel, die NATO an die Grenzen Russlands vorzuschieben.

Die US-Politik in der Ukraine erzeugt auch einen Konflikt mit Deutschland und blockiert Berlins Pläne für Wirtschaftsverbindungen mit China und Russland. Die Sanktionen gegen Russland schädigen auch deutsche Wirtschaftsinteressen. Russland hat auf die westliche Offensive mit der Festigung des Eurasischen Wirtschaftsverbunds (EAWU) mit Kasachstan und Weißrussland geantwortet und ein Gasabkommen mit China geschlossen.

Das enttäuschende Ergebnis des Arabischen Frühlings hat in den islamischen Ländern zu weiteren Zuspitzungen geführt. Die Revolutionen in Ägypten, Libyen und Tunesien endeten in einer repressiven Militärdiktatur oder in Regimen, die für die arbeitenden Massen keinen Fortschritt bringen.
 

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Die Politisierung des Bürgers. (FRANZ WITSCH)

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Beiträge zur Wahrnehmung und Produktion sozialer Strukturen

Franz Witsch, Autor sozialphilosophischer Texte und Bücher


Erster Teil: Zum Begriff der Teilhabe


Dieses Buch könnte der Ansatz zu einem Manifest sein. Allerdings ist die vorliegende Arbeit ein Suchen und Vortasten, und deshalb kann hier niemand ernstlich die erschütternde Wucht des 1848-er Pamphlets von Marx und Engels erwarten. Doch ergeben sich zwischen beiden Texten durchaus wesentliche Parallelen. Von der Methode her ist es die Bereitschaft, bei der Beobachtung des Zeitgeschehens und der Auseinandersetzung mit anderen Autoren ausgetretene Pfade zu verlassen. Es wird nach neuen Horizonten gesucht. Von der Sache her ist es die jeweilige Widerspiegelung eines historischen Umbruchs mitsamt seinen schweren sozialen Verwerfungen. Wie Marx und Engels den Wandel von der Agrar- zur Industriegesellschaft reflektierten, beschreibt auch "Die Politisierung des Bürgers" das Ende einer historischen Epoche und das Heraufdämmern einer neuen. Von ihr weiß noch niemand wirklich, was sie uns bringen wird. Wie das kommunistische Manifest der sich formierenden Industriearbeiterschaft eine Stimme geben wollte, kann auch "Die Politisierung des Bürgers" als Manifest verstanden werden, nämlich als Manifest von ausgegrenzten Schichten, deren Recht auf Teilhabe es nachdrücklich vertritt. Wobei Teilhabe, das Thema des hier vorliegenden ersten Bandes, sich ausdrücklich nicht nur auf die zur Disposition Gestellten bezieht. Ganz im Gegenteil: Grundlage des Konzeptes ist “das Allgemeininteresse, das alle Menschen einschließt”. Teilhabe soll als das gemeinsame Recht aller Bürger zum Hebel der Veränderung werden.

Der Autor des Buches lebt in Deutschland, und das merkt man – auch wenn er in der Auseinandersetzung mit anderen Autoren ganz selbstverständlich nationale Grenzen ignoriert. Sein Daseins-Hintergrund ist die Implosion zweier deutscher Lebensformen. Gleichheit und Gerechtigkeit für alle war Anspruch und Heilsversprechen der einen deutschen Republik. Wohlstand und Gerechtigkeit für alle hatte die andere zum offiziellen Daseinszweck erhoben. Weder der marktwirtschaftliche noch der staatsmonopolistische Kapitalismus zeigten sich dauerhaft in der Lage, solche Verheißungen in die Praxis umzusetzen und allen ihren Bürger zugleich Freiheit, Würde und wirtschaftliches Wohlergehen zu garantieren. So wurde der autoritäre Gleichheitsstaat der Monopolkapitalisten von Wandlitz genauso Geschichte wie die nivellierte Mittelstandsgesellschaft der Wirtschaftswunder-BRD. [ . . ]

Zweiter Teil: Mehrwert und Moral

Dritter Teil: Vom Gefühl zur Moral

Vierter Teil: Theorie der Gefühle
 

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Appell des Bundesverbands #Arbeiterfotografie zum Jahreswechsel 2014/15

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2015 zu einem Jahr der Befreiung machen!


vom Bundesverband Arbeiterfotografie

 

2015 ist das Jahr, in dem der Befreiung vom Faschismus vor 70 Jahren gedacht wird. Lasst uns dieses Jahr erneut zum Jahr der Befreiung machen – zu einem Jahr, in dem wir die Befreiung vom Imperialismus mit all seinen Organisationen und Methoden zur Unterwerfung oder Ausschaltung ihn störender Kräfte ins Auge fassen. In Erinnerung an die Verbrechen zweier imperialistischer Weltkriege, ausgehend von deutschem Boden, brauchen wir besonders vorwärts gewandtes Streben nach Überwindung der gigantischen Verbrechen von heute. Die Befreiung vom Imperialismus, der immer wieder mit faschistischen Kräften zusammenwirkt (man denke nur an Spanien, Griechenland, Portugal, Chile ... und heute Ukraine), ist ein Ziel, das bislang zu wenig im Fokus steht. Auf diesen Tag der Befreiung hinzuarbeiten, muss zu einer unserer Hauptaufgaben werden, wenn weitere Kriege und weiteres Unrecht verhindert werden sollen.


Befreiung von imperialistischer Propaganda

Lasst uns 2015 zu einem Jahr der Befreiung von imperialistischer Propaganda machen. Der 70. Jahrestag bietet sich an, insbesondere die Propaganda über die angebliche Rolle Englands und der USA bei der Befreiung vom Faschismus unter die Lupe zu nehmen. Stellen wir uns vor: es wütet ein Krieg, der so genannte Zweite Weltkrieg, der am Ende mehr als 50 Millionen Menschen das Leben gekostet haben wird. Auf der einen Seite steht der Faschismus. Und auf der anderen Seite stehen die Länder, von denen wir heute zu wissen glauben, dass sie die Welt von Faschismus und Holocaust befreien wollten. In dieser Situation gibt es eine Bank, mit der die "Befreier" den Faschisten die Finanzierung ihres Krieges ermöglichen. Sie trägt die Bezeichnung BIZBank für Internationalen Zahlungsausgleich und hat ihren Sitz in Basel. Ergebnis des Krieges ist eine ausgeblutete Sowjetunion und ein (West-)Deutschland als Vasallenstaat im US-Imperium. Und es ist ein Jahrhundertfeindbild geschaffen. Der einst geförderte "Führer" ist zur Inkarnation des Bösen mutiert, auf den bei der Schaffung neuer Feindbilder bei Bedarf Bezug genommen werden kann: Milosevic, Saddam Hussein, Ahmadinedschad – um nur einige Beispiele zu nennen.
 

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Die USA orientiert sich an Israel, um #Folter zu rechtfertigen

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von Vijay Prashad  


Fußnoten in Regierungsberichten sind oft der Ort, an dem verärgerte Bürokraten Hinweise hinterlassen. Hier werden andeutungsweise Informationen platziert, die woandershin führen. Höhere Vorgesetzte würden wohl keine potenziell kontroversielle Information im Text eines Berichtes zulassen.

In dem Senatsbericht über CIA-Folter gibt es eine solche Fußnote. Bald taucht in dem über 500 Seiten langen Bericht [siehe PdF] Fußnote 51 auf, die sich mit dem Entwurf zum Gesetzesanhang vom 26. November 2001 befasst betreffend Einvernahmen von Feinden: Gesetzliche Überlegung für CIA-Beamte.
 

 

Dieser Entwurf, so der Senatsbericht, „zitierte das ‚israelische Beispiel’ als eine mögliche Grundlage für die Argumentation, dass ‚Folter notwendig ist, um unmittelbar bevorstehenden wesentlichen physischen Schaden an Personen zu verhindern, wenn keine anderen Mittel zur Verfügung stehen, um den Schaden abzuwenden.’“

Das Recht der Vereinigten Staaten von Amerika ist ziemlich klar: Folter ist in allen Fällen illegal. Es gibt kein „tickende Zeitbombe“-Szenario für die grausame und unmenschliche Behandlung von Gefangenen. Wenn diese keine Grundlage im US-Recht hat, dann könnten ihre Beamten die israelische Praxis als Präzedenzfall hernehmen, meint die CIA. Die israelische Gerichtsbarkeit war großzügiger gegenüber Folter.

2007 war die CIA beunruhigt: könnte man zur Verantwortung gezogen werden für die Folter, die ihre Beamten in den sogenannten “schwarzen Orten” durchgeführt haben?
 

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2014: Das Jahr der Kröten. Versuch einen Jahresrückblick zu gewinnen

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von Wolfgang Blaschka, München


Wieder einmal rund um die Sonne geeiert, und immer noch ist Merkel da. Wie der Igel vor dem Hasen. Es wird allmählich wie mit Kohl. Sie war da, sie ist da und sie droht noch eine schier endlos bleierne Zeit zu bleiben. Durchsiebt und getränkt von weltweiter Verantwortung und entsprechenden Kriegen und Einmischungen kann ihrer Frisur nichts und niemand etwas anhaben, nicht einmal Drei-Wetter-Taft. Sie sitzt und sitzt und sitzt, die Frisur. Mit ihr die Kanzlerin. Generationen reifen heran, die nichts anderes kennen als sie, die Hassfigur der klammen Südeuropäer, gerade erst wiedergewählt zur CDU-Vorsitzenden mit einheitspartei-verdächtigen 96 Prozent, gefühlt auf Lebenszeit. Man nennt sie auch im Westen ostalgisch Mutti. Sie regiert mit der komfortabelsten Mehrheit, die je ein Regierungschef hatte in der Bundesrepublik Deutschland, und gilt den Anhängern der Christlichen Union als mächtigste Frau der Welt neben der Jungfrau Maria.
 
Nur noch übertroffen von ihrem großen Bruder wider Willen, der ihre Handy-Gespräche abhören lässt. Der lässt auch bombardieren und Foltergefängnisse nicht schließen, kann mit Drohnen ferntöten und weiß alles über sie und ihr Land, wie es sich für große Brüder geziemt. Eigentlich mag sie ihn nicht, aber sie kennt es nicht anders und weiß sich zu arrangieren mit der Macht. Von klein auf hat sie das gelernt. Und die Deutschen lernen mit ihr mit. Die Presse voran; die Medien fressen ihr aus der Hand. Was sie als Staatsraison verkündet, gilt und wird so getreulich geschrieben wie für die Geschichtsbücher. Das vom politischen Ziehvater verkündete Ende der Geschichte indes hat sie eiskalt überlebt. Fast unmerklich baut sie ihre Nachfolgerin auf, mit ähnlich stahlhelmartiger Frisur, nur noch eisiger lächelnd und zugegeben besser aussehend. Doch zusehends entgleisen auch deren Gesichtszüge immer öfter, zumal wenn sie hochnotpeinliche Militärgeheimnisse preisgibt, um auf Betteltour um Kampfdrohnen für die Bundeswehr zu gehen. Das ist Kalkül: Man soll den Unterschied zu ihrer Chefin am besten gar nicht merkeln.
 

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#HoGeSa – kein Wunder

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von Prof. Dr. Arno Klönne / Mitherausgeber der Zweiwochenschrift Ossietzky


Die Salafisten im deutschen Terrain werden gebraucht; ohne ihre Auftritte ließe sich eine »Volksgemeinschaft« von randalesüchtigen Fußballfans und militanten Neufaschisten nicht so leicht arrangieren. Zur Überraschung beamteter Sicherheitshüter präsentierten sich diese Milieus mit einem vereinten Erstauftritt in der rheinischen Metropole recht zahlenkräftig, obwohl für die einen das runde Leder ja gar nicht rollte und die anderen Wolfsangelfahnen nicht zeigen konnten; im Zeichen des »Kampfes gegen Gotteskrieger« wurde ein – wenn auch diffuses – Aktionsbündnis möglich: »HooligansGegenSalafisten«. Als »Wunder von Köln« feierte die Internetzeitung "Politically Incorrect" diesen Vorgang und wehrte alle Kritik an der Demonstration als verleumderisch ab; »friedliche Bürger« seien dort »verfassungstreu« aufmarschiert.

Weitere Demonstrationen dieses Genres wurden angekündigt, dann wieder abgesagt, vermutlich kommen demnächst neue Ankündigungen; die Szene ist mobil.
 

 

Die für »innere Sicherheit« zuständigen Behörden haben erst einmal noch damit zu tun, eine offizielle Sprachregelung für den Umgang mit »HoGeSa« zu finden. Offenbar hatten sie nicht die Zeit oder die Neigung, sich mit den durchaus vorhandenen und begründeten Warnungen vor einer Politisierung der Hooliganszene zu beschäftigen; und aus dem amtlichen Verfassungsschutz war Entwarnung gekommen: Nur 3,3 Prozent betrage der Anteil von »Rechtsextremisten« am gewaltbereiten Potential in den Stadien. So können Zahlen die Analyse ersetzen. Nicht gerechnet wurde mit der Möglichkeit, daß Aktionsdrang sich aus der Kurve auf die Politikstraße verlagern würde. Auch nicht damit, daß ein solcher Terrainwechsel von Arrangeuren vorbereitet und IT-methodisch beworben werden könnte.
 

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USA - #Kuba: Lockerung des 1962 verhängten Wirtschaftsembargos.

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"Kuba beabsichtigt keinen Marktsozialismus"

 

Ein Interview mit ehemaligen kubanischen Wirtschaftsminister José Luis Rodríguez


Von Rosa Miriam Elizalde / Übersetzung: Klaus E. Lehmann, amerika21.de


José Luis Rodríguez, kubanischer Wirtschaftsminister von 1995 bis 2009, gehört zu den wenigen Experten der Insel, die eine systematische und rigorose öffentliche Analyse der aktuellen Transformationsprozesse vornehmen. In einem Land, das fast jeden Tag mit einem neuen, in der Gaceta Oficial veröffentlichten Dekret erwacht und das auf strukturelle Veränderungen seines ökonomischen Modells zusteuert, sind kaum Funktionäre zu vernehmen, die die Maßnahmen verständlich erläutern, während im digitalen Raum – mit einer äußerst hohen Verbreitungsgeschwindigkeit – mit Inbrunst alle Arten von spekulativen Analysen blühen.
 

 

Auf jeden Fall ist die Wirtschaft das alles überragende Thema im Land. Kuba steht vor einem beinharten Dilemma: Entweder betreibt es einen Umbau seiner wirtschaftlichen Strukturen oder die Revolution läuft Gefahr zugrunde zu gehen. José Luis Rodríguez, Berater des Zentrums für die Erforschung der Weltwirtschaft (Centro de Investigaciones de la Economía Mundial - CIEM) in Havanna beantwortete im Vorfeld der letzten diesjährigen Sitzungsperiode des kubanischen Parlaments die Fragen der mexikanischen Tageszeitung La Jornada.


________________  zum Interview ________________


Gaceta Oficial: Warum Aktualisierung und nicht ökonomische Reform?


José Luis Rodríguez: Das kann man auf zweierlei Weise erklären. Zum einen wollte man betonen, dass alle Veränderungen, die man sich vorgenommen hat, die Aktualisierung eines sozialistischen Systems zur Voraussetzung haben, das auch als "möglicher Sozialismus" bezeichnet worden ist. Zum anderen wollte man sich auch von den Reformen distanzieren, die im Namen einer vorgeblichen Perfektionierung des Sozialismus in Europa am Ende zu seinem Verschwinden geführt haben.


Gaceta Oficial: Worin genau besteht das gewählte Wirtschaftsmodell? Wohin führt der Weg Kubas?


José Luis Rodríguez: Das gewählte Modell des kubanischen Sozialismus beinhaltet die Perfektionierung der Gesellschaft, die bisher aufgebaut worden ist und die verschiedene grundlegende Wesenszüge aufweist, die ihr sozialistisches Grundmuster unterstreichen.
 

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Demokratie – wo und wie?

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von Eckart Spoo / Mitherausgeber der Zweiwochenschrift Ossietzky


Demokratie findet nach übereinstimmendem Urteil der deutschen Konzernmedien erstens in Deutschland statt, zweitens in anderen NATO-Staaten und drittens dort, wo diejenigen an die Regierung gelangen, die von US-amerikanischen und deutschen Institutionen dazu ausersehen und darauf vorbereitet worden sind. Nützlich ist zum Beispiel ein Studium in Yale. Kontakte zur Central Intelligence Agency, zum Bundesnachrichtendienst oder zu einer Tarnorganisation eines Geheimdienstes dürften sich früher oder später ergeben haben. Es kann auch nicht schaden, eine Zeitlang bei einem US-amerikanischen Bankkonzern angestellt gewesen zu sein.

Wenn Wahlen andere Ergebnisse haben als die von den Wortführern der sogenannten westlichen Wertegemeinschaft gewünschten, muß das Militär eingreifen, und zwar möglichst das dortige, dessen Obristen in der USA ausgebildet worden sind.

Den militärischen Maßnahmen gehen gewöhnlich wirtschaftspolitische voran. Kraft seiner selbstverliehenen Kompetenz, gute Staaten zum Freihandel zuzulassen und böse davon auszuschließen, verhängt Washington Sanktionen. Der Wirtschaftskrieg hat mancherlei erwünschte Folgen: So kann das Regime, das ausgewechselt werden soll, geschwächt werden, der Schwarzmarkt kann sich ausdehnen, die Schwarzhändler (oder wie sich die Oligarchen nennen mögen) können zu Verbündeten der westlichen Wertegemeinschaft werden. So kann sich Demokratie entwickelnnämlich das, was die herrschende Meinung unter Demokratie versteht.

Wie Wahlen ausgehen, ist unwichtig. Das Ergebnis läßt sich korrigieren – wie zum Beispiel in Ägypten. Und wie in Afghanistan müssen nicht einmal alle Stimmen ausgezählt werden, bevor der westlicherseits gewünschte Kandidat Präsident wird. Einem mit großer Mehrheit wiedergewählten Präsidenten wie in Syrien schickt man islamistische Gotteskrieger aus Köln oder Hamburg auf den Hals. Als »Revolutionäre« tarnt man ukrainische Faschisten, die sich auf dem Kiewer Maidan an die Spitze von Demonstranten gesetzt haben; die USA zahlten nach Angaben der für Europa zuständigen Ministerialdirektorin im State Department, Victoria Nuland, fünf Milliarden Dollar für den Putsch.
 

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#Weihnachten 2014: Oh du schreckliche #Merkel-Zeit!

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von Evelyn Hecht-Galinski / Kommentar vom Hochblauen

 

Alle Jahre wieder erreichen uns schlimme Nachrichten aus aller Welt. Aber in keinem Jahr, wie diesem, schien mir die Aggressivität der offiziellen deutschen Politik so evident wie 2014. Merkel und Co. haben uns gegen die USA in die Heloten-Rolle getrieben. Wir sind zu öffentlichen Sklaven verkommen, die zwar in der Bundesrepublik sesshaft sein dürfen, Steuern bezahlen müssen, aber ansonsten nach den Wahlen die Politik abzunicken haben.

Wird nicht inzwischen bewusst ein Krisenszenario inszeniert, nur um uns immer mehr in die Abhängigkeit der USA zu zwängen? Nicht friedenstiftende Maßnahmen sind mehr gefragt, sondern allein unsere “gemeinsamen” geopolitischen Interessen werden betrieben.

Verfolgen wir nicht  eine verwerfliche Politik der Unmoralität, der Wirtschaftskriege, Sanktionen und der Regime-Changes, nur um Länder unseren Vorstellungen und Nutzen zu unterwerfen?
 

  

 

Gerade unter der “christlichen” Zionistin, US-Befehlsempfängerin und Pastorentochter Merkel wird unsere Republik immer mehr zu einem unselbständigen Vasallen dieser Amerikahörigkeit. Kann man dieses Gerede vom “westlichen Wertesystem” eigentlich noch hören, dass es zu verteidigen gilt? Was sind das für Werte? Ein Friedensnobelpreisträger, Drohnenkönig und “Tuesday Killing”-Präsident (1), der außer viel heißer Luft und großsprüchigen Ankündigungen so gut wie nichts Positives und Bleibendes in seiner Regierungszeit erreicht hat!

Aber dank Merkel ist die tiefe Verbundenheit zu den USA immer enger geworden. Sie zieht sich mittlerweile wie eine Schlinge um unseren Hals, sie erdrückt uns, diese Nähe. Vertritt Merkel eigentlich noch deutsche Interessen, nachdem sie “Israels Sicherheit” zur deutschen Staatsräson machte, wenn sie die unumkehrbare Anbindung an die USA vorantreibt, alles im Interesse der US-Hegemonie im wirtschaftlichen, wie im geopolitischen Interesse? Ist das nicht alternativlos dumm und schadet den deutschen Interessen, die dabei völlig vernachlässigt werden?

Auch das TTIP-Abkommen [hier und hier], “Merkels Baby”, ist allein für die USA ein Gewinn, für uns dagegen ein Minus-Geschäft. Anstatt blind der US-amerikanischen Politik zu folgen, wäre es doch die Pflicht einer deutschen Regierung, zu ermitteln, ob und wie deutsche Dienste an den Folterpraktiken des US-Geheimdienstes CIA mitgewirkt haben.
 

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#Jahrespressekonferenz des russischen Präsidenten Wladimir #Putin 2014

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Was Putin wirklich gesagt hat / Moskau, Do 18.12.2014


Die Mammut-Pressekonferenz des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit in diesem Jahr 1259 in- und ausländischen Journalisten, die diesmal knapp dreieinhalb Stunden dauerte, soll nicht nur beweisen, dass es nach wie vor Glasnost in Russland gibt, sondern sendet auch Botschaften an das eigene Volk und die Welt. Dafür spricht die augenscheinlich sorgfältige Auswahl der meisten Fragesteller und Fragen.

Russland.RU veröffentlicht wesentliche Teile der Pressekonferenz in einer nur leicht redaktionell bearbeiteten eigenen Übersetzung. Wir verzichten auf einen Kommentar und geben so unseren Lesern die Möglichkeit, sich selbst eine Meinung zu bilden.

Heute beginnen wir mit Fragen und Antworten zu politischen Problemen.

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Presse: Vor kurzem begingen wir den 25. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer.

In diesem Jubiläumsjahr wurde innerhalb weniger Wochen eine neue Mauer errichtet. Sie ist nicht aus Beton, aber dennoch nicht weniger präsent, unsichtbar – eine Mauer aus Entfremdung, Verdächtigungen, gegenseitigen Misstrauens, gegenseitiger Vorwürfe. Wohin kann diese Abkühlung führen? Manche sprechen bereits von einer Schwelle zu einem neuen “kalten Krieg”. Werden wir in der Zukunft in einer geteilten Welt leben oder gibt es doch Möglichkeiten, den Dialog und die Zusammenarbeit wieder herzustellen?


Wladimir Putin: Sie sprachen davon, dass die Berliner gefallen ist, und wir jetzt sehen, dass neue Mauern errichtet werden. Wir sehen das nicht erst jetzt.

Hat man uns nach der Berliner Wand nicht gesagt, dass es keine Erweiterung der NATO nach Osten geben wird? Aber es ging sofort los. Es gab zwei Wellen der Erweiterung. Ist das keine Mauer? Ja, das ist eine virtuelle Wand, aber sie begann zu wachsen. Und das PRO-System an unseren Grenzen? Ist das denn keine Wand?


 

Verstehen Sie, niemand hat innegehalten. Darin liegt das hauptsächliche Problem der heutigen internationalen Beziehungen. Unsere Partner haben nicht aufgehört. Sie haben sich als Sieger gesehen, dass sie jetzt das Imperium sind, und alle übrigen die Vasallen, die man niederhalten muss. …Sie haben nicht aufgehört, Mauern zu erreichten, ungeachtet aller unserer Versuche und Gesten, gemeinsam, ohne jede Trennlinien in Europa und in der Welt insgesamt zusammenzuarbeiten.

Ich denke, dass unsere durchaus harte Haltung in den bekannten Krisensituationen, einschließlich in der Ukraine, unseren Partnern andeuten soll, dass es der richtigte Weg ist, aufzuhjören diese Wände zu bauen und einen gemeinsamen menschenwürdigen Raum zu schaffen, einen Raum der Sicherheit und wirtschaftlichen Freiheit.

 

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#Wirtschafts-Dschihad gegen #Russland wird verschärft

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von Wilfried Kahrs / QPress


Mammons-Palace: Religionskriege sind keineswegs eine spezifische Angelegenheit von Islamisten, Moslems oder seien nur regional auf das sog. Morgenland begrenzt. Nein, wenn man sich vergegenwärtigt welcher Gottheit die meisten Menschen kapitalistisch-geprägter Ländern gerade dienen, kann man berechtigterweise von einem gerechten "Wirtschafts-Dschihad" gegen Russland sprechen - so eine Art heiliger Krieg auf monetärer Ebene. Nichts anderes sind die bislang verhängten Sanktionen. Selbstverständlich wird den unkritischen Menschen von Politikern, Lobbyisten und den meisten Medien eingeredet, Putin sei "böse" weshalb wir (die Unkritischen) Seite an Seite mit unseren "amerikanischen Freunden" diesen Geld-Dschihad durchziehen müssen, bis auch die russischen Märkte und Rohstoffe ergebenst zu unseren Füßen liegen. Im Bild der aktuelle Anführer der Wirtschafts-Dschihadisten mit seinen Machtinsignien.
 

 

Das Ganze ist nicht nur eine Glaubenssache, sondern in diesem speziellen Fall auch eine notwendige Unterwürfigkeitsgeste gegenüber den obersten Predigern des Mammon, die nun mal in Übersee residieren. An dieser Stelle müssen sich die EU, die europäischen Nationalstaaten selbst, insbesondere aber Deutschland entsprechend würdig erweisen, dieser Gottheit auch wirklich dienen zu dürfen. Hier sei an die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands erinnert, in der es schon einmal die Abkehr von dieser Gottheit versuchte. Die Folgen sind bekannt. Von Russland wissen wir, dass unter ex-Präsident Boris Jelzin entsprechende Glaubensbekenntnisse gegenüber dem Mammon auf dem Weg waren. Fast hätte der Komplettausverkauf funktioniert, bis der "Bösewicht Putin" das Ruder übernahm und dieser Glaubensrichtung ein Ende bereitete. Er begann die wohlwollenden Investoren aus aller Welt stark zu reglementieren, was als absolute Gotteslästerung zu bewerten ist. Genau deshalb müssen wir jetzt diesen Sanktionskrieg führen.
 

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Anerkennung des sog. Staates #Palästina ist keine wirkliche Anerkennung

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"Zionismus muss, genau wie die Rassengesetze, verschwinden!"

von Miko Peled

Während die Anerkennung eines sogenannten „Staates Palästina“ fortschreitet, wird es offensichtlich, daß das nichts als ein alter kolonialer Trick ist, abgestaubt und wieder benutzt. Die Tatsache, daß liberale zionistische Heuchler wie die israelischen Schriftsteller Amoz Oz und David Grossman überall auftauchen, sagt alles. In den Dreiecksbeziehungen zwischen den Europäern, dem kolonialen Regime in Palästina – Israel, und den Palästinensern bleibt alles gleich.

Wie gewöhnlich profitieren die Europäer, Israel wird gestattet, sein brutales koloniales Regime über Palästina zu behalten, und die Palästinenser bleiben allein. Die Anerkennung des „Staates Palästina“ ist nicht mehr als das, was Frantz Fanon „die Farce nationaler Unabhängigkeit“ nennt (Frantz Fanon: „Die Verdammten dieser Erde“). Es versorgt eine ausgewählte Gruppe von Palästinensern mit der Illusion von Macht, mit Titeln wie „Präsident“, „Minister“, „Botschafter“ und dem ständigen Favoriten „Sicherheitschef“ und spricht die Europäer wegen ihrer Komplizenschaft mit Israel frei.
 

Es gibt nun also gemäß einigen europäischen Ländern einen palästinensischen Staat. Seht doch, es muß ihn geben, wo sogar Großbritannien und Schweden und ein paar andere ihn anerkannt haben, und sie haben sogar einen „Präsidenten!“ Macht nichts, daß sich in Wirklichkeit nichts geändert hat. Gaza ist noch immer unter Belagerung und kein Ende in Sicht, palästinensische Gefangene siechen in den Gefängnissen der Kolonisatoren dahin, bewaffnete israelische Mobs und die terroristische Organisation, bekannt als IDF, terrorisiert Palästinenser, in der israelischen Knesset werden rassistische Gesetze verabschiedet, und kein einziger Flüchtling darf zurückkehren. Wir wären alle gut beraten, wenn wir uns daran erinnerten, daß die Anerkennung eines nicht wirklich existierenden „Staates“ zur Betäubung des Widerstands gegen ein rassistisches, kolonialistisches Regimes nichts Neues ist; sie wurde von den Europäern in Afrika und früheren Kolonien in anderen Teilen der Welt benutzt und immer von den Liberalen unter den Kolonialisten begrüßt.

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Gesinnungskumpanei

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von Volker Bräutigam / via Ossietzky.net


»Putin ist der Verlierer der Ukraine-Wahl.« »Ukraine: Plebiszit für den Westen.« »Ukraine entscheidet sich für Europa.« Quellenangaben für die Schlagzeilen des gleichgeschalteten deutschen Medien-Mainstreams erspare ich uns. Die dreiste Gleichsetzung »Europa = EU« definiert dessen Niveau ebenso wie die Kommentare das gedankliche Defizit der politischen Funktionselite.

Das neue Kiewer Parlament wird nach einem Wahlkampf besetzt, in dem 29 Parteien konkurrierten, viele nur wenige Wochen alt und alle ohne überzeugendes Programm. Das von faschistischen Kräften beeinflußte, multi-dysfunktionale Medienwesen schloß jeden vernünftigen Überblick über das Politikangebot aus. Erst recht blockierten die Überfälle faschistischer Knüppelgarden auf oppositionelle Politiker, die Anschläge auf deren Büros, Brandstiftung, Erpressung, das angekündigte Verbot der kommunistischen Partei und vieles andere mehr. Dennoch und ungerührt: Deutsche Beobachter waren des Lobes voll: Er habe »den Eindruck« gehabt, daß »die Wahlen sehr gut organisiert waren«, meinte der CDU-Europaabgeordnete Joachim Zeller am 27. August gegenüber der ARD-Tagesschau, es habe »eigentlich nichts ... auszusetzen« gegeben. Gehörten Tomaten auf den Augen zur Standardausrüstung der »prowestlichen« Wahlbeobachter?

Welches Gewicht die deutschen Massenmedien dem Wahlgang zumaßen, ist daran zu erkennen, daß sie noch drei Tage danach kein präzises Endergebnis nannten, obwohl ständig von dem »Kopf-an-Kopf-Rennen« der Parteien des Präsidenten Petro Poroschenko und des »Übergangs-Regierungschefs« Arsenij Jazenjuk die Rede gewesen war und obwohl eine entlarvend niedrige Wahlbeteiligung von allenfalls 52,4 Prozent feststand (Quelle: Zentrale Wahlkommission Kiew laut Stimme Rußlands). Von ARD über DLF bis ZDF jonglierte man mit Teilergebnissen und Prognosen – und beließ es schließlich dabei.
 

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#Sanktionen gegen #Venezuela: Barack Obama unterzeichnet Sanktionsgesetz

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Internationale Unterstützung für Venezuelas Regierung


Von Philipp Zimmermann / amerika21.de


Caracas/Washington. US-Präsident Barack Obama hat ein Gesetz über Sanktionen gegen Venezuela unterzeichnet. Als wichtigste Maßnahme sind im sogenannten "Gesetz für die Verteidigung der Menschenrechte und der Zivilgesellschaft in Venezuela" Reisebeschränkungen für venezolanische Regierungsfunktionäre und das Einfrieren von Geldern vorgesehen. Das Weiße Haus nannte als Grund dafür angebliche "Menschenrechtsverletzungen" durch die betreffenden Funktionäre während der gewaltsamen Proteste der Opposition im vergangenen Februar.

Von den Maßnahmen betroffen sind laut Gesetzestext Funktionäre, die während der Ausschreitungen "bedeutsame Akte der Gewalt oder ernste Verletzungen der Menschenrechte gegen Personen, die mit den Protesten in Verbindung stehen, angeordnet oder angeleitet" haben. Um welche Personen es sich konkret handelt, ist nicht bekannt. Ein Mitarbeiter der US-Botschaft in Caracas sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, es existiere "keine Liste möglicher Sanktionierter", es könnten jedoch dutzende Funktionäre auf allen Staatsebenen betroffen sein, insbesondere Angehörige der Sicherheitskräfte.

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro (siehe Foto) wies die Sanktionen mit deutlichen Worten zurück. Obama habe mit der Entscheidung einen "falschen Schritt" getan, so Maduro. Einerseits habe der US-Präsident gerade eben "das Scheitern einer Politik der Aggression und Blockade gegen Kuba anerkannt", andererseits eröffne er gleichzeitig eine neue Phase der Eskalation durch die "Aggressionen" gegen Venezuela.
 

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#DDR: Fähnleinführer im Bildungskollektivismus

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von Matthias Biskupek / via Ossietzky.net


Die Diskussion um Unrechtsstaat DDR, sozialistische Heimkinderqual und das polytechnische Erziehungssystem beweist immer wieder, daß heutzutage unsere Schüler zu wenig wissen. Besonders Lehrer sind überfordert. Wie mit der Stoffeinheit »DDR« umgehen? Drum drucken wir nachfolgend die Arbeit politisch interessierter bayerischer Schülerinnen und Schüler. Ein gelungenes Beispiel, auch zur Nachnutzung in den politischen Stiftungen der demokratischen Parteien empfohlen.

In der ehemaligen DDR herrschte eine rigorose staatliche Schulpflicht, da Privatschulen verboten waren. Außerdem mußten alle Kinder in die Kinderorganisation »Ernst Thälmann-Pioniere« eintreten. Ausnahmen gab es nur für wenige Schüler, deren Eltern trotz Verfolgung ihren katholischen Glauben nicht abgelegt hatten. Ein jüdischer Religionsunterricht wurde nicht gestattet.
 

 

Die Kinder trugen zum Zeichen ihrer Zugehörigkeit zur Kinderorganisation Halstücher. Der Knoten symbolisierte, daß man eng zusammengeknüpft war mit der SED, der Diktaturpartei in der ehemaligen DDR. Ähnliches kam auch beim Abzeichen der SED zum Vorschein, zwei ineinander verschlungene Hände. So wurde die Politik von oben nach unten dirigiert, welches sich auch in der kleinsten Zelle der Gemeinschaft, der Schulklasse, ausdrücken sollte.

Allerdings konnten sich viele Kinder dem staatlichen Zwang entziehen und besonders am Nachmittag in privaten Familienkreisen sich mit den damals noch einfachen Spielgeräten wie Joysticks beschäftigen.

In der Schule wurde das Lernen in einem Frontensystem durchgeführt. Der Lehrer betrat den Klassenraum, und alle Schüler stellten sich im Grundprinzip neben ihre Stühle. Dann sagte der Fähnleinführer, ein von den Lehrern bestimmter Klassensprecher: Achtung! Klasse zur Schulung angetreten! Und der Lehrer erwiderte: Freundschaft! Setzen!
 

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Ägypten: Die Militärrepublik. Es rollt die Konterrevolution!

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Bericht von Felix Wiesel


Am Samstag, dem 29.11.14 wurde Ägyptens Ex-Diktator Husni Mubarak zusammen mit seinen beiden Söhnen Gamal und Ala’a sowie dem ehemaligen Innenminister Habib al-Adli vom Vorwurf des Mordes freigesprochen. Sie sollten sich dafür verantworten, während der Revolution am 25. Januar 2011 den Tod mehrerer DemonstrantInnen verschuldet zu haben.

Die Urteilsverkündung und der Freispruch Mubaraks überraschen in Ägypten niemanden. Die Urteile sind die logische Konsequenz der politischen Ereignisse seit dem Sturz Mohammed Mursis am 3. Juli 2013. Damals machte sich das Militär die Proteste gegen die konservative Regierung der Muslimbrüder zunutze und putschte die Mursi-Regierung weg, die der privilegierten Position des Militärs hätte gefährlich werden können.
 

 

Obwohl keine Überraschung enttäuscht das Urteil. Es repräsentiert den eigentlichen Charakter des gegenwärtigen Sisi-Regimes. Nach der Revolution vom 25. Januar müssen die Jugend und die AktivistInnen nun zusehen, wie das Sisi-Regime die Politik Mubaraks fortführt. Am System hat sich nichts geändert, das Militär hält weiterhin alle Fäden in der Hand. Nur haben die Menschen in Ägypten bemerkt, dass Demokratie auch auf der Strasse funktioniert. Sie haben damit den "fortgeschrittenen Demokratien" des Westens einiges voraus, weil dort Demokratie auf den periodischen Gang zur Wahlurne begrenzt ist, um die Herrschaft des Kapitals für eine weitere Legislaturperiode zu legitimieren.


Repression

Seit Semesterbeginn im Oktober 2014 kommt es immer wieder zu Eskalationen mit der Polizei. Das Gelände rund um die Universität in Alexandria gleicht seitdem einem militärischen Aufmarschgebie. Schwer bewaffnete Polizisten stehen vor jedem Eingang des ummauerten Universitätsgeländes im Spalier. Hier konzentrierten sich die Stundentenproteste zu Semesterbeginn an der "Faculty of Engineering", bis der Campus von der Polizei gestürmt und zwei StudentInnen dabei erschossen wurden.
 

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"Die kühle Gesellschaft" - Von der Unmöglichkeit der Nähe

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Auszüge aus Claudia Szczesny-Friedmann's Buch

Buchtipp von Helmut Schnug


Vorwort

Menschliche Existenz ist gefährdet. Um das Überleben des einzelnen und der menschlichen Art zu sichern, haben sich Menschen deshalb von jeher zusammengeschlossen und versucht, gemeinsam Mittel und Wege zu finden, das Leben zu bestehen. Dies machte es dann aber auch notwendig, das Zusammenleben der Menschen so zu organisieren, daß der soziale Zusammenhalt gewährleistet war und keiner zum Opfer der rohen Gewalt eines anderen wurde. All jene Leistungen und Einrichtungen, die wir unter dem Begriff "Kultur" zusammenzufassen pflegen, dienen letztlich diesen zwei Zielen: den Menschen vor den Unbilden der Natur zu schützen und zugleich die Beziehungen der Menschen untereinander befriedigend zu regeln. An diesen beiden Ansprüchen muß sich jede Kultur messen lassen, auch wenn wir dabei von vornherein sicher sein können, daß sie nie zur vollkommenen Zufriedenheit aller Menschen und in jedem Fall nur annäherungsweise erfüllt werden können.

Was die Kultur in den westlichen Industrieländern der Gegenwart betrifft, so hat es allerdings den Anschein, als ob sie bei dem Versuch, den Bedürfnissen der Menschen nach Sicherheit zu entsprechen, ihre grundlegenden Ziele aus den Augen verloren hätte. Die Anstrengungen, die im Verlauf der Industrialisierung und Modernisierung unternommen wurden, Natur zu beherrschen, drohen nämlich bekanntlich inzwischen unsere Lebensgrundlagen zu zerstören. Was einmal Mittel zum Zweck war, wurde Zweck in sich selbst: auf diese Weise beschwor die technologische Entwicklung der letzten hundert Jahre neue Risiken herauf, statt die Risiken menschlicher Existenz nur zu mindern. So geht es heute nicht mehr nur darum, die Menschen vor der Natur zu schützen, sondern ebensosehr darum, die Natur vor dem Zugriff der Menschen zu schützen: eine historisch völlig neue kulturelle Aufgabe.

Das Unbehagen an der Kultur der Moderne rührt aber nicht allein daher, daß wir nun mit selbst produzierten Gefahren zu leben haben, deren Bewältigung nicht in Sicht ist; eine weitere wesentliche Quelle der Frustration des modernen Menschen liegt in seinen Beziehungen zu anderen Menschen. Diese Beziehungen werden vom einzelnen nämlich zunehmend als mangelhaft und unbefriedigend empfunden, nicht als Rückhalt und Bereicherung, sondern als Belastung, wenn nicht gar als Bedrohung seiner persönlichen Autonomie. Auch die Art und Weise, in der wir die Beziehungen der Menschen untereinander geregelt haben, läßt das ursprüngliche Ziel menschlicher Gemeinschaft also immer weniger ahnen: sich bei der Bewältigung des Lebens gegenseitig zu unterstützen. Dabei ist es ein charakteristischer Zug der Moderne, alle Schwierigkeiten und Probleme, die in zwischenmenschlichen Beziehungen auftauchen, dem einzelnen anzulasten. Was in Wirklichkeit eine Folge soziokultureller Gegebenheiten ist, wird deshalb meist nur als privater Konflikt, als persönliches Versagen, als individuelle Störung sichtbar, und auch nur auf dieser Ebene einer möglichen Lösung zugeführt. Das Allgemeine im Besonderen der sozialen Beziehungen der Moderne zu beschreiben, ist deshalb Anliegen dieses Buchs. Es handelt von den Beziehungen zwischen Männern und Frauen, zwischen dem einzelnen und den anderen, zwischen Erwachsenen und Kindern – und von den Bedingungen der Unmöglichkeit der Nähe zwischen ihnen.
 

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Ferguson, USA: Keine Anklage gegen Mörder-Cops führt zu Aufruhr

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von Dave Stockton


Tagelang gab es in Ferguson, im US-Bundesstaat Missouri, wütende Demonstrationen, nachdem das mehrheitlich von Weißen besetzte Geschworenengericht, das zur „Vorprüfung“ des Falles eingesetzt war, sich weigerte, den Killerpolizisten Darren Wilson wegen Mordes anzuklagen. Wilson hatte am 9. August 2014 den unbewaffneten farbigen Teenager Michael Brown erschossen. [Anm. Admin: Hintergrundinfos dazu hier , hier und hier]

Am 24. November brachen die Demonstrationen trotz des Ausnahmezustands aus, der eine Woche vor der Entscheidung vom Gouverneur Missouris Jay Nixon, Mitglied der Demokratischen Partei, verhängt worden war. 2.200 Mann Nationalgarde hatten bereits die Randbezirke von Saint Louis besetzt. 600 landes- und bundespolizeiliche Autobahnpatrouillen sowie eine Reihe FBI- und andere staatliche Agenten füllten den Repressionsapparat auf.


Landesweiter Protestwelle

Die Proteste breiteten sich quer durchs Land auf viele Großstädte aus. In einigen Städten gab es ähnliche Vorfälle nach dem niederträchtigen Freispruch des Wachmanns George Zimmerman, des Mörders von Trayvon Martin - ebenfalls ein Farbiger.

In New York erschoss die Polizei letzte Woche Akai Gurley, einen 28jährigen unbewaffneten Afroamerikaner. Hinzu kam der von einem New Yorker Polizisten herbeigeführte Erstickungstod von Eric Garner am 17. Juli.

Als verständliche Antwort darauf braute sich all dies zu wütenden Protesten zusammen, die nun ihren landesweiten Ausdruck nach diesem Gerichtsbeschluss zum Fall von Michael Brown fanden. In Cleveland rechtfertigt die Polizei einen neuerlichen Mord an einem farbigen 12jährigen Jungen am 22. November. Tamir Rice hatte mit einer Spielzeugpistole im Stadtpark hantiert.

Die Proteste nahmen ihren Anfang bei Kundgebungen mehreren Universitäten. Tausende GymnasiastInnen verließen den Unterricht. An mehreren Orten gab es Sitzstreiks. Die Polizei griff viele von ihnen mit Pfefferspray und Schlagstöcken an. Sie war bestens auf die Proteste vorbereitet, prügelte, kesselte Demonstrierende ein und nahm etliche fest. In Oakland befahl Bürgermeisterin Jean Quan von der Demokratischen Partei eine heftige Polizeiattacke auf 2.000 DemonstrantInnen und ließ 40 von ihnen verhaften. Oakland war 2009 Schauplatz eines weiteren ungesühnten Mordes der Polizei an einem 22jährigen Afroamerikaner namens Oscar Grant.
 

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Nicole Gohlke, MdB: »Ich bin für die Aufhebung des PKK-Verbots«

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Interview von Christina Müller


Nicole Gohlke ist Bundestagsabgeordnete der LINKEN. In den Jahren 2011 und 2013 bereiste sie verschiedene kurdische Gebiete. Die dort gesammelten Erfahrungen bestärkten die Abgeordnete in ihrer solidarischen Haltung mit der kurdischen Befreiungsbewegung. Sie zeigte auf einer Demonstration die Fahne der verbotenen PKK. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft München gegen sie. Im marx21-Interview erklärt Nicole Gohlke, warum und wie sie das Verbot der kurdischen Organisation kippen möchte.

 

Foto: © Richy Meyer, München

 

Christina Müller: Am 18. Oktober hast du auf einer Kundgebung zur Solidarität mit der kurdischen Stadt Kobané die in Deutschland verbotene Fahne der PKK, der Arbeiterinnen- und Arbeiterpartei Kurdistans, hochgehalten. Der Bundestag hat daraufhin deine Immunität als Abgeordnete aufgehoben. Die staatlichen Behörden können nun gegen dich ermitteln. Warum ist es dir wichtig, mit den Kurdinnen und Kurden solidarisch zu sein?


Nicole Gohlke: Die rund dreißig Millionen Kurdinnen und Kurden in der Türkei, in Syrien, im Iran und Irak sind weltweit das größte Volk ohne eigenen Staat. In ihren Siedlungsgebieten werden sie seit langer Zeit angefeindet, unterdrückt und verfolgt. Das reichte vom Entzug der Staatsangehörigkeit in Syrien bis hin zu Angriffen mit Chemiewaffen durch das irakische Saddam-Regime. Auch im Iran erging es der kurdischen Bevölkerung nicht viel besser – unabhängig davon, wer dort gerade herrschte.
 

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Der Wachstumswahnsinn

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von Ralph Hartmann / via Ossietzky.net


Nach einer alten griechischen Sage hatte Midas, einer der Könige in Phrygien, bei einem musikalischen Wettstreit den strahlend schönen Apollon benachteiligt, worauf dieser ihn so an den Ohren zog, daß daraus Eselsohren wurden. Fortan trug Midas eine Mütze, und nur sein Barbier bekam die verunstalteten Ohren zu sehen. Dieser wagte es nicht, das Geheimnis öffentlich zu machen, und so grub er lediglich am Ufer eines Flusses ein Erdloch, in das er hineinrief: »König Midas hat Eselsohren!« Nur das Schilfrohr hatte es mitgehört und flüsterte es den hochwachsenden Binsen zu, die die Nachricht weiter und weiter verbreiteten bis sie schlußendlich zu einer allgemein bekannten Tatsache, zu einer Binsenweisheit wurde.

Eine solche Binsenweisheit ist auch die Erkenntnis, daß die Ressourcen der Erde, unter anderem die Bestände an Eisenerz, Blei, Erdöl, Erdgas, Kupfer, Nickel, Wolfram, Zink und nicht zuletzt das Trinkwasser, begrenzt sind. Das hindert die national und global agierenden Herren der Industrie- und Finanzwirtschaft sowie ihre politischen Handlanger nicht daran, das ressourcenverschlingende wirtschaftliche Wachstum zur allein selig machenden Maxime zu erheben. Bei dieser Jagd nach Maximalprofiten steht die Bundesrepublik, in der es keinen Kapitalismus, sondern die wunderbare »soziale Marktwirtschaft« gibt, in der vordersten Reihe.

Der Münchner Autohersteller BMW beabsichtigt, zukünftig mehr zu produzieren – »dort, wo das Wachstum stattfindet«, unter anderem in Lateinamerika, Indien und China. Die Daimler AG steht da nicht nach. Ihr Schlachtruf ist kurz und einprägsam: »Wachstum und Effizienz: Daimler hält Kurs!« Aber der Minister für Wirtschaftswachstum, Sigmar Gabriel, und die Wirtschaftsweisen sind beunruhigt, die Wachstumsprognosen rutschen nach unten. Im Jahreswirtschaftsbericht [Anm. Admin: siehe PdF-Anhang] mit dem aufmunternden Titel »Soziale Marktwirtschaft heute – Impuls für Wachstum und Zusammenhalt« hatte Gabriel noch formulieren lassen: »Mit den Wachstumsaussichten für 2014 und 2015 nimmt Deutschland eine Spitzenposition im europäischen Vergleich ein.« Gabriel setzt auf das gleiche Pferd wie sein kläglich gescheiterter FDP-Vorgänger Philipp Rösler, der bei jeder Gelegenheit erklärte: »Ich stehe für Wachstum.«
 

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#Kriegserklärung an #Russland: #Kriegspropaganda durch US-Kongress

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von Ron Paul / ronpaulinstitute.org


Heute verabschiedete der Kongress, was ich als eine der schlechtesten Gesetzesvorlagen bezeichne, die es jemals gab.

H. Res. 758 wurde als Resolution angekündigt, die die „Aktionen der Russischen Föderation unter Präsident Vladimir Putin streng verurteilt, weil sie eine Politik der Aggression gegen benachbarte Länder mit dem Ziel der politischen und ökonomischen Dominierung durchführt.“

Faktisch handelte es sich bei dem Gesetzentwurf um 16 Seiten Kriegspropaganda, die sogar Neokonservativen die Röte ins Gesicht hätte treiben sollen, wenn sie denn dazu in der Lage wären.
 

 

Das ist die Sorte von Resolutionen, die ich im Kongress immer näher betrachtete, da sie als eher „harmlose“ Meinungserklärungen angekündigt wurden und oftmals zu Sanktionen und Krieg führten. Ich erinnere mich an 1998, als ich vehement gegen das Irak-Befreiungs-Gesetz argumentierte weil - wie ich damals sagte - dieses zum Krieg führen würde. Ich stimmte nicht gegen das Gesetz, weil ich ein Bewunderer von Saddam Hussein war - ebensowenig wie ich heute Putin oder irgend einen anderen politischen Führer bewundere - sondern vielmehr, weil mir klar war, dass ein weiterer Krieg gegen den Irak die Probleme nicht lösen, sondern die Lage wahrscheinlich verschlechtern würde. Wir alle wissen, was als nächstes kam.

Wenn irgend jemand denkt, dass ich übertreibe, wie schlecht die Resolution wirklich ist, dann lassen Sie mich nur einige wenige Beispiele aus diesem Gesetz anführen:
 

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#FOLTERBERICHT: Die #CIA und ihre Folterer

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von Andrew P. Napolitano


Als der Leiter der CIA-Folterabteilung beschloss, Videoaufnahmen von der entsetzlichen Arbeit seines Teams zu vernichten, setzte er unwissentlich eine Reihe von Ereignissen in Gang, die zur Veröffentlichung der massivsten detaillierten Dokumentation über gesetzwidriges Verhalten hoher Regierungsbeamter und die absichtliche Zufügung von Schmerzen an nicht am Kampf Beteiligte durch die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika seit den Tagen des Bürgerkriegs führten. Hier die Vorgeschichte.

Einer der wiederholt von Präsident George W. Bush angegebenen Gründe für den amerikanischen Überfall auf den Irak war der Betrieb von „Folterkammern“ durch Saddam Hussein. Während er genau das von sich gab, beauftragte er insgeheim CIA-Agenten mit dem gleichermaßen gesetzwidrigen Verhalten für ähnliche Zwecke: Gewinnung geheimdienstlicher Erkenntnisse und Abschreckung. Bush klang glaubwürdig, als er behauptete, dass seine Administration sich an gesetzliche Standards des Bundes und des Internationalen Rechts hielt.

Er wusste, dass er diese Behauptung machen konnte, weil die Folterer zur Stillhaltung verpflichtet waren, was auch bei ihren Regulatoren im Kongress der Fall war. Das CIA-Statut erlaubt dem Kongress, die CIA im Geheimen zu regulieren. Der Kongress hat zwei Ausschüsse für die Geheimdienste eingerichtet, einen beim Senat und einen im Repräsentantenhaus, die als Überwacher und Regulatoren der Aktivitäten der CIA fungieren. Als Grund für die Geheimhaltung wird angegeben, dass verhindert werden soll, dass unsere Feinde wissen, was die CIA macht. Das Ergebnis dieser Geheimhaltung war ein mundtot gemachter Kongress, der von gesetzbrüchigen und schurkischen Beamten angelogen wurde.
 

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Gegen den #Krieg – können wir sachlich bleiben?

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von Kai Ehlers

In wenigen Tagen, am 13.12.2014, wird es in verschiedenen deutschen Städten Demonstrationen für die Erhaltung des Friedens und die Rückkehr, bzw. den Aufbruch zu einem neuen Dialog mit Russland geben.

Passend zu diesem Anlass erschien vor wenigen Tagen der Aufruf von 64 Prominenten „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“, der zur Entwicklung einer neuen Entspannungspolitik gegenüber Russland aufruft. Kern dürfte der Satz sein, in dem eine „für Russland bedrohlich wirkende Ausdehnung des Westens nach Osten ohne gleichzeitige Vertiefung  der Zusammenarbeit  mit Moskau, wie auch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Putin“ als Fehler konstatiert wird. Dieser Aufruf ist, ungeachtet möglicher Vorbehalte zu einzelnen Passagen, in vollem Umfange zu begrüßen. Endlich haben die Widersprüche des sinnlosen Sanktionskrieges gegen Russland auch die politischen Etagen der etablierten Politik erreicht.
 

 

Selbstverständlich hat dieser Aufruf, initiiert und getragen von Kräften der etablierten Politik, auch die Funktion – wenn nicht bewusst, so doch faktisch – den wachsenden Unmut an der Basis der Bevölkerung zu integrieren, die sich nicht weiter in eine gefährlich eskalierende Konfrontation mit Russland hineinmanövrieren lassen will. Weniger freundlich ausgedrückt, der Aufruf hat auch die Funktion, der Kritik das Wasser abzugraben und sie auf seichteres Fahrwasser umzulenken, indem die Schuld für die Eskalation gleichermaßen auf den „Westen“, der sich zu sehr nach Osten ausgedehnt habe wie auch auf „Moskau“, das die Krim völkerrechtswidrig annektiert habe, verteilt wird.

Die „wütenden Reaktionen“[1] auf den Aufruf in den deutschen Leitmedien wie auch aus den verschiedenen politischen Etagen, insbesondere aus den grünen, in denen von „Schande“, „Russlandkitsch“, „politisch-intellektueller Zumutung“ und dergleichen die Rede ist, zeigen indes, wie weit das politische Klima bei uns bereits vergiftet ist, wie  weit die Vertreter/innen der zur Zeit in Deutschland und in der EU von der deutschen Regierung betriebenen Politik bereits in das neue Feinddenken versunken sind, anders gesagt, wie zurückliegende Ereignisse und historische Tatsachen bereits durch Mythen ersetzt werden, wenn selbst eine solche abgewogene Kritik nur noch wüste Beschimpfungen auf sich zieht.

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Doof-Print und Kauderwelsch: Intrigante Integrationskräfte der #CSU

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von Wolfgang Blaschka, München


Seit man in der CSU weiß, wie sich "Integration" buchstabiert, kriegt sie sich gar nicht mehr ein damit. Es ist noch nicht sehr lange her, dass man in deren Wählerkreisen bei dumpfen Stammtischrunden vom "Ausländer-Gschwerl" schwadronierte, doch nun gibt es kein Halten mehr mit der Eingemeindung. Die neueste Erkenntnis: Nur wenn Immigranten und Exilanten dazu "angehalten" sind sich der deutschen Sprache in Wort und Schrift sowohl im öffentlichen Raum als auch in der Familie zu befleißigen, lernen sie auch Deutsch zu sprechen - bekanntlich die wichtigste Voraussetzung für nachhaltige Integration. Seltsam, dass dieses Wort aus dem Munde manch bescheuerter Politiker wie eine Drohung klingt.
 

Foto: © Richy Meyer, München

 

Immerhin wird das Bairische nicht zwingend vorgeschrieben. Hochdeutsch wird inzwischen als Verkehrssprache anerkannt. Das ist eben die modernisierte CSU: "Man spricht deutsh", wie Gerhard Polt das in seinem gleichnamigen Film persiflierte. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer steht zu seinem Leitantrag, der bis an den Küchentisch greifen soll. Häme und Gelächter bundesweit! Doch die Assimilierungs-Bemühungen um die Zugewanderten sind bitter ernst gemeint. Wiewohl kosmetisch zurückgerudert wird: Statt "angehalten" heißt es nun: "... sollen ermuntert werden". Das klingt nicht ganz so blockwartmäßig. Das Kalkül, der Konkurrenz AfD ausländerfeindlich gesonnene Wähler abspenstig zu machen, bleibt jedoch bestehen. Und damit die Frage, ob und wie die CSU in eine moderne Gesellschaft integriert werden könne. Auf Dauer düpiert die dumpfdeutsche Sprachwart-Mentalität nämlich auch das angestammte, dialektgewohnte Klientel und konterkariert die eigenen polyglotten Werbesprüche. Ein "tragbarer persönlicher Rechner" (statt "Laptop") ginge schnurstracks in die "(Leder-)Hose".
 

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#Putin 2007: Brandrede und Sturmgewitter.

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von Georg Rammer / via Ossietzky.net


Menschen haben sich daran gewöhnt, daß Politik nichts gemein hat mit Rücksichtnahme, Ehrlichkeit, Empathie. Großmachtpolitik schon gar nicht. Beim Streben nach imperialer Hegemonie sind Gebote der Menschlichkeit kontraindiziert. Deshalb wird die Absicht, sich in andere hineinzuversetzen, mit Diffamierung bestraft.

Damit sind wir beim Ukraine-Konflikt und seinen Hintergründen. Nein, man muß kein Putinversteher sein. Es genügt schon, einfach nur zuzuhören.

Im Jahr 2007 wurde der russische Präsident zur 43. Münchner »Sicherheitskonferenz« eingeladen – zum ersten und zum letzten Mal. Er hielt dort eine Rede [Anm. Admin: Redetext siehe unten] und erntete heftige Reaktionen: »Putins Brandrede«»Sturmgwitter«»Putin ging auf den Westen los«»seine Worte knallten wie Peitschenhiebe«, schrieben die deutschen Zeitungen. LeserInnen konnten den fast einhelligen Kommentaren entnehmen, daß Putin durch seine Provokation den Kalten Krieg wiederbelebt habe. Leider waren sie kaum in der Lage, diese Interpretation zu überprüfen, denn sie erfuhren in aller Regel nicht, was genau der russische Präsident gesagt hatte.
 

Erinnern wir uns: Acht Jahre vor Putins Rede hatte die NATO einen Krieg gegen Jugoslawien begonnen, 2001 folgte der »Krieg gegen den Terror« in Afghanistan, zwei Jahre später der durch Lügen vorbereitete völkerrechtswidrige Krieg gegen den Irak. Der Nordatlantikpakt beschränkte sich längst nicht mehr auf den Nordatlantik, sondern dehnte sich immer mehr Richtung Osten aus: Zur NATO gehören seit 1999 auch Polen, Tschechien und Ungarn, 2004 wurden Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei und Slowenien eingemeindet. Die Ausdehnung erfolgte nicht nur räumlich– auch die Doktrin wurde extensiv neu gefaßt: präventive Einsätze, out of area, weltweit, auch ohne UN-Beschlüsse.
 

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Google spioniert und gibt die Informationen der US-Regierung

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von Ignacio Ramonet - Übersetzung: Susanne Schartz-Laux / amerika21.de


Ignacio Ramonet sprach mit Wikileaks-Gründer Julian Assange über sein neues Buch, globale Überwachung, Googles informelle Außenpolitik und die so genannte Zivilgesellschaft. Das Gespräch fand am 24. Oktober 2014 in London statt. Der Text des Interviews wurde von Julian Assange durchgesehen und korrigiert. Die Übersetzung und erste Niederschrift aus dem Spanischen leistete Marta Sedó.

Seit dreißig Monaten lebt Julian Assange nun in London. Assange, Vorreiter im Kampf um Informationsfreiheit, ist in den Räumen der Botschaft von Ecuador untergebracht. Dieses lateinamerikanische Land hatte den Mut, dem Gründer von Wikileaks diplomatisches Asyl zu gewähren, als dieser von der Regierung der USA und mehreren ihrer Verbündeten, u.a. Großbritannien, Schweden, verfolgt und bedrängt wurde.

Das einzige Verbrechen von Julian Assange besteht darin, dass er die Wahrheit gesagt und via Wikileaks [http://www.wikileaks.org/] neben anderen Enthüllungen die unheilvolle und verborgene Realität über die Kriege im Irak, in Afghanistan und die Machenschaften und Intrigen der US-Diplomatie veröffentlichte. Ebenso wie Edward Snowden, Chelsea Manning und Glenn Greenwald ist Julian Asssange Teil einer neuen Gruppe von Dissidenten. Diese werden derzeit gesucht, verfolgt und bedrängt, weil sie die Wahrheit aufdecken. Und sie werden nicht etwa von autoritären Regimen verfolgt, sondern von Staaten, die vorgeben "vorbildliche Demokratien" zu sein.

In seinem neuen Buch "When Google Met Wikileaks"1 geht Julian Assange in seinen wie immer hervorragend belegten Enthüllungen noch deutlich weiter. Das Buch ist Teil eines langen, im Juni 2011 geführten Gesprächs [Anm. Admin: siehe Transkript] zwischen Juliane Assange und Eric Schmidt, dem geschäftsführenden Präsidenten von Google.

Letzterer wollte den Gründer von Wikileaks für ein Essay über die Zukunft der digitalen Ära befragen, das er gerade vorbereitete. Als das Buch "The New Digital Era" 2013 erschien, stellte Assange fest, dass seine Erklärungen falsch wiedergegeben worden waren und dass die von Schmidt verbreiteten Thesen mittelmäßig abgehoben, wenn nicht größenwahnsinnig waren. Das neue Buch des Gründers von Wikileaks ist nun seine Antwort auf die sinnlosen Überlegungen des Google-Chefs.

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Die Fertigmacher. Arbeitsunrecht und professionelle Gewerkschaftsbekämpfung

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Buchempfehlung v. H. Schnug / Rezension v. Harry Popow / Interview mit NachDenkseiten


Autoren:  Werner Rügemer, Elmar Wigand

Verlag:  PapyRossa Verlag - zur Verlagsseite

ISBN-13:  978-3-89438-555-2

238 Seiten, Auflage: 1 (1. Oktober 2014),  Preis: 14.90 Euro

Die Autoren untersuchen jene Schattenseiten des vermeintlichen deutschen Jobwunders, die in den Medien weitgehend ausgeblendet bleiben. Sie stoßen auf die Verletzung von Menschenrechten und geltenden Gesetzen durch aggressive Unternehmer und ihre Berater. Zu den Leidtragenden gehören Beschäftigte in Branchen und Unternehmen wie Discountern, Paketdiensten, Speditionen oder Systemgastronomie und im Niedriglohnsektor sowie Arbeitssuchende, die mit Hilfe der Jobcenter in miserable Verhältnisse gepresst werden.

Die Gründung von Betriebsräten ist heute, in Zeiten von sogenanntem Union Busting, der professionellen, bisweilen kriminellen Bekämpfung von Gewerkschaften, oft ein gefährliches Abenteuer. Diese Verhältnisse sind nicht alternativlos, weil politisch gewollt oder toleriert und mitunter brutal durchgesetzt. Rügemer und Wigand nehmen Netzwerke einschlägiger Akteure (Arbeitsrechtler, Medienkanzleien, PR-Agenturen, Unternehmensberater, Detekteien, Personalmanager, gelbe Pseudo-Gewerkschaften) in den Blick. Sie schildern deren Methoden und Strategien anhand von Fallbeispielen und Personenporträts.


Werner Rügemer: Dr. phil., *1941, Publizist, Lehrbeauftragter an der Universität Köln, zahlreiche Bücher und Zeitschriftenartikel;

Elmar Wigand: *1969, Journalist, betreibt den Blog www.arbeitsunrecht.de. Beide haben 2009 den Kongress »ArbeitsUnrecht in Deutschland« organisiert.

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#Skandalös: Regierungsbildung in Kiew. Aufbruch in die Revolte?

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von Kai Ehlers / russland.RU


Eine Groteske wird soeben vor den Augen der Welt aufgeführt. Das Stück trägt den einfachen Titel: Die Verwandlung einer Umsturzregierung in ein modernes Protektorat. Inhalt: die  Übernahme der Ukraine in die Vormundschaft der USA, der Europäischen Union, des IWF und sonstiger internationaler Geldinstitute.

„Die Regierung steht“, titelte „Die Welt“ und andere Leitmedien fielen in diesen Tenor ein. Zwar sei das, was sich im Zuge der Regierungsbildung jetzt in Kiew abgespielt habe, ein „bisschen unorthodox“. Das Wochenblatt „Die Zeit“, nicht gerade hervorgetreten durch kritische Berichterstattung zum ukrainischen Bürgerkrieg, fand zur Beschreibung der Vorgänge sogar zu der Überschrift: „Jazenjuks schräges Krisenkabinett.“ (Die Zeit, 3.12.2014)  Aber schnell beruhigte man sich mit der Versicherung des ukrainischen Präsidenten, dass ungewöhnliche Zeiten auch ungewöhnliche Methoden erforderten. Ähnlich berichteten auch andere etablierte Medien.


Was ist geschehen? . . Betrachten wir die Aufführung aus der Nähe:

Am 2. Dezember 2014  bestätigte die am 26. Oktober des Jahres neu gewählte, in Kiew tagende Werchowna Rada mit 288 von 399 Stimmen das vom Gespann Poroschenko / Jazenjuk vorgeschlagene neue Kabinett (bei einer Enthaltung eines ins regierungsfreundliche Lager gewählten Maidan-Journalisten). Mit diesem Beschluss wurde die seit dem Umsturz vom 21. Februar 2014 provisorisch tätige Regierung abgelöst. Die Abstimmung wurde im „Paket“ durchgeführt. Die Kandidaten wurden nicht einzeln besprochen. Der Vorschlag Poroschenkos/Jazenjuks wurde en bloc und ohne vorherige Debatte durchgewinkt. Von Demokratie keine Spur.
 

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Russlands Zukunft: Was kommt nach Putin?

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von Kai Ehlers, Hamburg

 

Kai Ehlers[*] greift für die NachDenkSeiten die in den letzten Wochen in den deutschen Medien hochgekochte Frage auf, was in Russland nach Putin kommen könnte. Dabei analysiert er die westliche Agenda, zunächst in der Ukraine und dann in Russland einen „Regimechange“ herbeizuführen, und geht auch ausführlich auf die russischen Perspektiven ein. Einen „Maidan von unten“ wird es demnach in Russland nicht geben. Die Gefahr eines „Maidan von oben“ sei aber vorhanden. Das Ergebnis wäre jedoch nicht ein westliches Russland, sondern Chaos und das endgültige Ende der europäischen Friedensordnung.

„Früher konnte man ja bei der alten Sowjetunion mal die Hoffnung haben, dass sich Probleme bei den Herrschenden oder bei der sowjetischen Politik biologisch erledigen. Putin ist vergleichsweise jung, dynamisch.“ Mit diesem Satz, in dem das „leider“ nicht ausgesprochen, aber aus der Diktion mitzuhören war, resümierte Günther Jauch die von ihm am 17.11.2014 moderierte politische Gesprächsrunde über das von Hubert Seipel mit Wladimir Putin für die ARD geführte und in der Sendung besprochene Interview.

Demgegenüber fragte Matthias Platzeck, SPD, Vorsitzender des deutsch-russischen Forums bei einer zweiten Gesprächsrunde mit Jauch eine Woche später, aktualisiert durch Platzecks eigenen Vorstoß, die Krimfrage nachträglich mit Russland regeln zu wollen sowie durch die Brandrede Angela Merkels beim G-20-Gipfel in Brisbane: „Was käme denn, wenn der russische Präsident weg wäre? Sicher kein proeuropäischer Nachfolger, eher ein noch nationalistischerer Präsident. Wenn Russland als zweitgrößte Nuklearmacht der Welt aber politisch instabil würde, hätte das unabsehbare Folgen. Das wäre brandgefährlich!“[1]

Vergleichbare Fragen wurden und werden in den letzten Monaten, Wochen und Tagen rundum in politischen Etagen und in den Medien gestellt. Ohne hier auf die politische Plumpheit solcher Redeweise besonders eingehen zu wollen, stellt sich die Frage: Wissen die Jauch`s und andere Meister des „Talks“ eigentlich, wovon sie reden?
 

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#Russell-Tribunal zu Palästina: #Israel verstösst gegen #Völkerrecht!

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Untersuchung des Verbrechens des Genozids in Gaza


Die Veranstaltung Russell-Tribunal zu Palästina fand am 24. - 25. September 2014 statt und wurde in Belgiens Hauptstadt Brüssel abgehalten. Grund für diese außerordentliche Sitzung war eine Untersuchung der Militäroperation in Gaza, der sogenannten “Operation Protective Edge”, die vom 08. Juli - 26. August 2014 durch Israel mit verheerenden Folgen durchgeführt wurde. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden dabei ca. 100.000 Wohnungen zerstört oder beschädigt, wodurch 600.000 Palästinenser – nahezu ein Drittel der Bevölkerung von Gaza – obdachlos gemacht wurden oder dringend humanitärer Hilfe bedürfen. Es wurden 73 Israelis getötet, sechs von ihnen Zivilisten. Nahezu 2.188 Palästinenser, der überwiegende Teil davon Zivilisten, wurden ebenfalls getötet, unter ihnen über 500 Kinder. Außerdem wurden 11.231 Zivilisten verletzt.
 

 

Richter, Rechtsgelehrte, UN-Offizielle, Journalisten und kulturelle Koryphäen kamen in Brüssel zusammenkommen, um israelische Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und zum ersten Mal in Bezug auf Israel das Verbrechen des Genozids zu untersuchen. Das Tribunal prüfte auch rechtliche Konsequenzen prüfen, ebenso wie die Drittstaaten-Verantwortung, die sich aus dem Obengenannten ergibt.

Das Russell-Tribunal zu Palästina wurde unter der Schirmherrschaft des kürzlich verstorbenen Stéphane Frédéric Hessel (* 20. Oktober 1917 in Berlin; † 27. Februar 2013 in Paris). Hessel war ein ehemaliger Widerstandskämpfer, Konzentrationslager-Überlebender, politischer Aktivist und Autor der Universellen Erklärung der Menschenrechte und des kürzlichen Multimillionen-Verkaufs von “Time for Outrage!” (Zeit zur Empörung), “Empört euch!”, „Engagiert Euch!“ und „An die Empörten dieser Erde! Vom Protest zum Handeln.

Es war die fünfte Sitzung des Völkertribunals, die in den letzten fünf Jahren stattfand. Andere haben die Mittäterschaft der Drittpartei in Bezug auf die UN, EU und die Mittäterschaft von Unternehmen, als auch das Verbrechen der Apartheid, untersucht.

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Die Militarisierung der Gesellschaft

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Rudolph Bauer / via Ossietzky.net


Bei der Militarisierung handelt es sich um einen gesamtgesellschaftlichen Prozeß, der teils schleichend und kaum wahrnehmbar, teils aber auch schnell beziehungsweise ganz plötzlich abläuft. Dabei nimmt das Zivile den Charakter des Militärischen an. Im Gegenzug anverwandelt das Militärische sich das Zivile – entweder in verdeckter Weise oder ganz offen, vor unser aller Augen.

Exemplarisch läßt sich dieser Prozeß im Sport aufzeigen, der ursprünglich zivil angelegt ist: als friedlicher Wettbewerb zur Gesunderhaltung und Zerstreuung. Im militärischen Kontext werden Formulierungen aus der Sportsprache übernommen. So heißt es wie beim Fußball, die Armee der Bundeswehr sei »gut aufgestellt«, Deutschland »spiele« wieder in der »Oberliga« der Weltmächte und dürfe militärisch nicht »im Abseits« stehen. Umgekehrt findet sich die militärische Semantik auch im Sport wieder. Da wird »verteidigt« und »angegriffen«, es gibt »Niederlagen« oder »Siege«. Obendrein beschäftigt die Bundeswehr mehr als 700 Spitzensportlerinnen und Spitzensportler in 15 Fördergruppen. Eine Bestleistung wird dann beispielsweise als die eines Bundeswehr-Obergefreiten gefeiert, erst in zweiter Linie als die eines Sportlers.

Wie beim Sport, so lassen sich auch auf weiteren Feldern Anzeichen der Militarisierung benennen. Grob können unter anderem folgende Bereiche unterschieden werden: der militärische und Sicherheitssektor, der industrielle und logistische Bereich, das ideologische und mediale Feld sowie die außenpolitische und die innenpolitische Arena.

In Schlagworten lassen sich die Prozesse im militärischen und Sicherheitssektor nachzeichnen als die einer Entwicklung von der allgemeinen Wehrpflicht zur Berufsarmee, »vom Staatsbürger in Uniform zum archaischen Kämpfer« (Jürgen Rose). Die Neomilitarisierung auf dem Feld der Industrie und Logistik erfolgte schrittweise von der Wiederbewaffnung für die Landesverteidigung hin zum aggressiven Export von Waffen, Rüstungsgütern und militärischem Know-how. Die Entwicklung im ideologischen und medialen Bereich führt von der kritischen Berichterstattung (Beispiel: Spiegel-Affäre des Jahres 1962) zum affirmativen »embedded journalism«, zur leitmedialen Kriegshetze und -propaganda. In der Innenpolitik läßt sich der Fortgang der Militarisierung im Paradigmenwechsel vom Datenschutz zur Totalüberwachung beobachten, bei der Außenpolitik im Wandel von der Diplomatie und Entwicklungshilfe hin zu »robusten« Militäreinsätzen im weltweiten Maßstab. Nicht zu vergessen: In Schule und Wissenschaft verbreitet sich der hegemoniale Habitus imperialer Normalität und militaristischer Forschungsgeilheit.
 

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Die sehr private Erziehung des Kindes

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von Dr. Meinhard Creydt / Soziologe, Psychologe und Autor


Die Kindererziehung findet im modernen Kapitalismus unter besonderen äußeren Bedingungen statt. In Städten verschwinden unspezifische Freiflächen als für Kinder und Jugendliche attraktive Orte. Der Autoverkehr macht das Spielen von Kindern in der Umgebung der Wohnung oft problematisch. Die Verkleinerung der Familien und der Zwang zur Individualisierung als Anbieter von Arbeitskraft sowie die gestiegene räumliche Mobilität verringern die Zahl von Menschen, die unmittelbar im früher größeren Familiengefüge vor Ort präsent sind und am Wohl des Kindes tätig-praktisch Anteil haben: als ältere Geschwister, als unverheiratete Tanten oder Onkel, als Großeltern usw. „Jeder Haushalt ist auf die bloßen Hauptpersonen reduziert – auf weniger Hauptpersonen … Da gibt es nur die Hände einer einzigen Frau, um das Baby zu füttern, das Telefon abzunehmen, das Gas unter dem Topf, der überkochen will, abzudrehen, das ältere Kind zu trösten, das ein Spielzeug kaputtgemacht hat, und beide Türen gleichzeitig zu öffnen“, so Margaret Mead (zit. n. Szszesny-Friedmann 1994; 159, 169). Ein soziales Vakuum für die Kinder und ihre höhere Verletzlichkeit durch Trennungs- und Verlusterlebnisse sind die Folgen.

In modernen kapitalistischen Gesellschaften steigt der Bedarf nach zwischenmenschlicher Gegenwart und Resonanz. Die „Qualifikationen“ der Einfühlung, Rücksicht und Verantwortung für andere werden in steigendem Maße nachgefragt, bilden zugleich bei steigender Spezialisierung, Intensivierung der Arbeit, wachsendem Leistungsdruck und Konkurrenz einen nicht ausreichend nachwachsenden Rohstoff. Die Überforderung der Individuen als „Arbeitskraftunternehmer“ oder als „Planungsbüro“ ihrer eigenen Existenz geht mit einer Belastung mit Entscheidungen, Verantwortungen und Selbstsorge einher. Das Individuum ist von der Moderation der nicht nur verschiedenen, sondern widersprüchlichen Anforderungen absorbiert. Die Fokussierung des Individuums auf sich selbst fördert Narzissmus. Das eigene Handeln aus den Augen anderer zu betrachten, dafür werden bei den Innenarchitekten der eigenen „Identität“ und des eigenen „Lebensstils“ die Energie und der Sinn knapp.
 

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Gesundheitswirtschaft: Zwei- oder Drei-Klassen-Medizin

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Angefixt


von Urte Sperling


In Portugal, Spanien und Griechenland schließen Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens auf Geheiß der Troika die Tore, und für die Normalbevölkerung betreiben wieder freiwillige BarfußärztInnen und barmherzige Pflegende Notversorgung, in ärmlichen Räumen mit dem, was vorhanden ist oder gespendet wird. Wer noch Restersparnisse hat, kratzt diese zusammen, um seinen erkrankten Verwandten die Behandlung im Ausland zu finanzieren, wenn im Inland die entsprechenden Privatkliniken nicht »helfen« können oder aus Budgetgründen nicht wollen.

Bei uns ist die Zwei- oder Drei-Klassen-Medizin komplexer. Die Gegenwart und Zukunft des Gesundheitswesens, das dem Profitprinzip unterworfen wurde und zur Gesundheitswirtschaft beziehungsweise zum Gesundheitsmarkt mutierte, stellt sich als Paradox von »Über- und Unterversorgung« zugleich dar.

Die interessierten Branchen haben in der ersten Phase der »Modernisierung und Industrialisierung« der Medizin seit den 1970er Jahren in Kooperation mit den Trägern der Sozialversicherung, besonders den gesetzlichen Krankenkassen, Standards gesetzt, Erwartungshaltungen produziert und Versorgungsstrukturen geschaffen (Parallelität von Großkliniken und mittelständischen Privatpraxen bei Verbot von öffentlichen Polikliniken). Dann, nachdem die Aufbauphase abgeschlossen war, geriet das Gesundheitswesen als zu teuer in die Kritik.
 

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#Putin ist kein Sozialist: Anmerkungen zum Lärm um Front National

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von Kai Ehlers

Die Gewährung eines Kredites über neun Millionen Euro an den Front National durch eine tschechisch-russische Bank (FCRB) hat einen Sturm der Entrüstung in der deutschen Öffentlichkeit hervorgerufen. Für viele Menschen ist Wladimir Putins Gefährlichkeit damit endgültig bewiesen. „Der Deal mit Moskau“, war in „Spiegel-online“ zu lesen, „schürt Befürchtungen, Putins Russland finanziere gezielt populistische Parteien und Gruppierungen, um die Europäische Union als außenpolitischen Konkurrenten zu schwächen. Denn nicht nur nach Frankreich zum Front national streckt der Kreml seine Fühler aus. In Großbritannien umwirbt der Kreml die radikalen Europa-Gegner von Ukip. In Ungarn unterhält er gute Beziehungen zur rechtsextremen Jobbik-Partei. In Deutschland ist Putin auf der Suche nach einem politischen Partner fündig geworden: bei der Alternative für Deutschland. Die AfD wies einen entsprechenden Bericht jedoch als ‚falsch‘ zurück.“
 

 

Zugegeben, der Vorgang irritiert – dabei könnte er eigentlich weniger irritierend sein als die die Tatsache, dass die NPD in Deutschland Staatsgelder über die Parteienfinanzierung erhält. Solche bekommt der Front National nicht; in den etablierten politischen Etagen der EU geächtet, konnte er sich nicht einmal einen Bankkredit besorgen. Jetzt fließt ausländisches Geld, zudem ausgerechnet aus Russland, mit dem die EU sich im Sanktionskrieg befindet. Das sieht aus, als müsste man bei der ganzen Angelegenheit ein bisschen tiefer stechen.

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Beschwerde wegen Missachtung der Deutschlandradio-Programmgrundsätze

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Hier: Verstoß gegen §§ 6 und 7 des Staatsvertrags


Bezug: Hintergrundbericht Russische Kampfjets über Europa am 30.10. 2014



Volker Bräutigam
Adlerweg 1
23879 Mölln                                                                                                                                

An

Hörfunkrat DeutschlandRadio

-Herr Frank Schildt, Vorsitzender-

Programmausschuss DeutschlandRadio

-Frau Doris Krönig,Vorsitzende-

-Frau Helga Knich-Walter, Stellv. Vorsitzende-

-Herr Robert Clemen, Frau Katrin Hatzinger, Dr. Matthias Meyer, Prof. Angelika Mieth,

Prof. Dr. Franz Riemer, Herr Jörg Swane, Herr Axel Schmidt, Herr Stephan Thiemann, Frau Sigrid Wolff, Ausschussmitglieder-

Zur Kenntnis: Dr. Steul, Intendant

alle via hoererservice@dradio.de
 

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Münchner Flüchtlings-Camp polizeilich abgeräumt

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Die Eiseskälte bayerischer Asylpolitik ist klirrender als Winterfrost

von Wolfgang Blaschka, München


Bis zum 1. Dezember wollte die Landeshauptstadt München die Dauer-Kundgebung der 34 hungerstreikenden Non-Citizens auf dem Brunnenrondell des Sendlinger-Tor-Platzes dulden, solange die nicht in einen „trockenen“ Hungerstreik treten würden. Aufgrund der hinhaltenden „Angebote“ des Oberbürgermeisters Dieter Reiter (SPD) und der ablehnenden Haltung des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) sahen sie sich schließlich gezwungen zu diesem äußersten Mittel zu greifen, um ihren Forderungen nach menschenwürdiger Behandlung und Änderung der Asylpolitik Nachdruck zu verleihen.

 

 

Ermutigend: Viele Sachspenden trafen ein, spontan aus der Stadtbevölkerung: Decken, Schlafsäcke, Isomatten, warme Bekleidung. Deprimierend: Bereits zehn der Geflüchteten mussten in umliegende Krankenhäuser eingeliefert werden.
 
Um 21.42 Uhr am Mittwochabend des 26. November 2014, dem fünften Tag ihres öffentlichen Protestes, drohte der Kreisverwaltungsreferent Blume-Beyerle die gewaltsame Auflösung des Camps an. Rund 500 Polizeibeamte schritten anschließend zur Räumung, angeblich zum Schutz der Betroffenen vor „Unterkühlung“. Eine Sorte von Fürsorglichkeit, die einen frösteln macht: In Wahrheit richtete sich die Staatsaktion gegen die Entschlossenheit der Flüchtlinge, die bewusst gegen die Auflagen verstoßen hatten, indem sie mit der völligen Verweigerung von Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme auf ihre verzweifelte Lage aufmerksam machten.
 

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#Toilettengate: Kritik an Israel ist legitim

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von Stefan Bornost / ltd. Redakteur von marx21.


In der Partei DIE LINKE kursiert ein Aufruf „Ihr sprecht nicht für uns“. Dieser Aufruf legt den Bundestagsabgeordneten Annette Groth, Heike Hänsel und Inge Höger den Rücktritt nahe. Anlass sind die Konflikte um den Auftritt der israelkritischen Journalisten David Sheen und Max Blumenthal. Dieser Aufruf ist schädlich, spaltet die Partei und wird den Herausforderungen für die LINKE durch die Eskalation der Lage in Nahost in Ostjerusalem nicht gerecht.

Der Hauptvorwurf an die Bundestagsabgeordneten lautet, sie hätten mit Sheen und Blumenthal Leute eingeladen „die unzulässige Vergleiche Israels mit der deutschen Nazidiktatur“ ziehen. Dazu wird behauptet, dass die genannten Abgeordneten „durch Schürung obsessiven Hasses auf und der Dämonisierung von Israel antisemitische Argumentationsmuster und eine Relativierung des Holocausts und der deutschen Verantwortung für die millionenfache Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden befördern.“
 

 

Dass diese Vorwürfe sachlich falsch sind, davon konnten sich die Gäste der kurzfristig verlegten Veranstaltung mit Sheen und Blumenthal überzeugen. Hier berichteten die Journalisten fundiert und sachkundig von einem gefährlichen Rechtsruck in der israelischen Gesellschaft. Wie jüngste Studien belegen, gibt es in Israel einen Aufschwung des Rassismus sowohl gegenüber Arabern als auch gegenüber nicht-weißen jüdischen Zuwanderern. Die harte religiöse Rechte prägt zunehmend das gesellschaftliche Klima. Sie hetzt gegen Andersdenkende und Andersgläubige und organisiert zum Beispiel Demonstrationen gegen interreligiöse Heirat.
 

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Personalausweisentzug: Halbmond-Zwang

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von Volker Bräutigam


Bundesinnenminister Thomas de Maizière und seine Länderkollegen haben beschlossen, »gewaltbereiten Islamisten« den Personalausweis zu entziehen, um sie, wie dpa berichtet, »an der Ausreise in den Dschihad nach Syrien oder den Irak« zu hindern. Dem fraglichen Personenkreis werde ein Ersatzdokument ausgestellt. Ein Muster hatte der Minister schon für die Fernsehkameras dabei. Ein Vermerk auf dem Ausweis verbiete dem Inhaber das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise die heimliche Wiedereinreise.

Rechtsstaatliche Bedenken, das Projekt kollidiere unter anderem mit dem Grundsatz der Unschuldsvermutung, wurden in dem erlauchten Polizeiministerkreis vermutlich damit abgetan, daß die Betroffenen Rechtsmittel einlegen könnten. Die Minister dürften zwar gemerkt haben, daß damit eine unzulässige Beweislastumkehr stattfände, weil die Kläger beweisen müßten, daß sie nicht gewaltbereit sind. Aber Verfassungsminister können das Grundgesetz nicht immer unterm Arm tragen – und im Kopf schon gar nicht, aus Platzmangel.

Es sei mir immerhin gestattet, auf Schwächen des Beschlusses hinzuweisen und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Da sich mittels geheimdienstlicher Überwachung und willkürlicher Polizeikontrollen nicht sicherstellen läßt, daß der anvisierte Personenkreis den Ersatzausweis mit sich führt und an der Grenze unaufgefordert vorlegt, sollten die Gewaltbereiten zwangsweise einen gelben Halbmond mit der Aufschrift »Islamist« gut sichtbar auf Brust und Rücken ihres Kaftans tragen (oder sonstiger Klamotten, die der perfekt informierte Deutsche und sein Büttel an solchen Leuten kennen). Rechtliche Grundlagen und Durchführungsbestimmungen bräuchte man nicht erst zu entwickeln, sie könnten von Archivvorlagen abgeschrieben werden (Stichwort »Judenstern«).
 

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Ferguson, USA: Es geht um mehr als Rassismus

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Sicherheit der Bürger geht verloren mit der Verantwortungslosigkeit der Polizei


von Dr. Paul Craig Roberts


Die Ereignisse in Ferguson entwickelten sich, wie die meisten wachen Amerikaner dachten, dass sie sich entwickeln würden. Ein weißer Staatsanwalt brachte eine Grand Jury zu der Entscheidung, dass der weiße Polizist, der einen jungen schwarzen Mann angeschossen und getötet hat, im Recht war und kein Verbrechen begangen hat. [Anm. Admin: Hintergrundinfos dazu hier und hier]

Die schwarze Mehrheit, aber politisch machtlose Gemeinschaft in Ferguson besteht aus Amerikanern, die ständig von der Polizei schikaniert und misshandelt werden. Die schwarze Gemeinschaft reagierte auf die Entlastung des weißen Polizisten wie zu erwarten war. Die Ergebnisse waren Aufstände, Plünderung und die Zerstörung von Eigentum.
 

 

Diese Reaktion bestätigte die Weißen in ihrer Anschauung, dass schwarze Menschen zur Kriminalität tendieren und eine Gefahr sind für Leben und Eigentum der Weißen.

Die Angelegenheit wurde als weiß-schwarzer Rassismus dargestellt.

In Wirklichkeit geht es um viel mehr als um Rassismus.

Ich kann mich an Zeiten erinnern, als man sich auf die Polizei in Amerika verlassen konnte. Sie hatte sich selbst unter Kontrolle und sah ihre Rolle als Helfer der Bürger und Untersucher von Verbrechen. Sie achtete darauf, nicht Anklagen gegen unschuldige Menschen zu erheben und Bürger grundlos zu töten. Die Polizei setzte ihr Leben aufs Spiel, um zu verhindern, dass Fehler beim Einsatz ihrer Macht gemacht wurden.
 

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Was die Amerikaner am #Thanksgiving Day feiern

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von Dr. Paul Craig Roberts


Wenn die Amerikaner Thanksgiving Day (Erntedankfest) feiern, dann wissen sie nicht, was sie feiern.

In der amerikanischen Folklore ist Thanksgiving Day ein Feiertag, der 1621 eingeführt wurde, als die Pilger eine gute Ernte feierten. Einige Historiker sagen, dass dieses Ereignis nicht ausreichend dokumentiert ist, und andere glauben, dass die Tradition des Erntedankfests in die Neue Welt mit den Pilgern und Puritanern kam, die die englischen Tage des Erntedanks mitbrachten. Andere Historiker glauben, dass die Pilger ihre Rettung vor dem Hunger gemeinsam mit ihrem Gedenken an die Rettung aus der Belagerung von Leiden feierten.
 

 

Das Erntedankfest der Pilger, falls das so war, wird nicht das erste in der Neuen Welt gewesen sein. Historiker sagen, dass die Kolonialcharta von Virginia 1619 einen Tag des Erntedanks festsetzte, andere Historiker sagen, dass der erste Thanksgiving Day von den Spaniern in Florida 1565 eingehalten wurde.

Anscheinend hatten die verschiedenen englischen Kolonien und später amerikanischen Staaten ihre eigenen Erntedankfeste, sofern sie welche hatten. Abraham Lincoln versuchte 1863 Thanksgiving Day als landesweiten Feiertag einzuführen, aber das Land war  durch den Aggressionskrieg des Nordens gespalten.
 

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Islamischer Staat (IS / ISIS) ist nicht “der Islam”

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Offener Brief, unterzeichnet von über 120 Islam-Gelehrten


Vorbemerkung von Helmut  Schnug / Admin:

Die nachfolgende Veröffentlichung eines von über 120 Islam-Gelehrten verfassten bzw. unterzeichneten offenen Briefes, gerichtet an Dr. Ibrāhīm ʿAwwād al-Badrī, alias „Abu Bakr al-Baġdādī“ und an die Kämpfer und Anhänger des selbsternannten „Islamischen Staates“, dient NICHT dem Grund, die zum Teil  dogmatisch durchsetzten Ideologien des Islam hier im Kritischen Netzwerk zu verbreiten oder gar für diese Religion zu werben!

Meine und die kritische bis ablehnende Haltung zu allen Religionen (Christentum selbstverständlich inklusive) einiger Autoren sind persönliche Einzelmeinungen, die wir auf dieser Seite bereits in diversen Artikeln offengelegt und begründet haben. Diese können z.B. hier (Bertrand Russell), hier (René Wolf), hier (Wolfgang Blaschka), hier (Rudolf Kuhr), hier (Wolfgang van de Rydt) und hier (Rudolf Kuhr II) nachgelesen werden. Grundsätzlich gestehen wir natürlich jeder Person respektvoll zu, seinen Glauben zu vertreten und seine Religion auszuüben, ohne sich rechtfertigen oder gar verteidigen zu müssen. Das Recht auf konstruktive Kritik an religiösen Überzeugungen, den zum Teil menschenverachtenden Interpretationen und insbesondere an deren gesellschaftlicher, (hoch-)politischer und krimineller Umsetzung werden wir allerdings auch in Zukunft wahrnehmen.   

Seit Monaten wüten die Milizen des sog. "Islamischen Staates", kurz IS. Da viele friedliebende Muslime mit solchen Banden pauschal in Verbindung gebracht und kollektiv in die Ecke gewalttätiger Terroristen gebracht werden, häufen sich in letzter Zeit berechtigtermaßen Forderungen, Muslime in Deutschland und weltweit mögen sich doch bitte eindeutig und klar wahrnehmbar von dem IS/ISIS distanzieren und deren Handeln scharf verurteilen. Die Veröffentlichung des offenen Briefes möge daher der Stigmatisierung, alle Muslime seien Terroristen, entgegentreten und einen Dialog fördern.    
 

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Die Kriege des 21. Jahrhunderts

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von Marc-Thomas Bock


Bei der Voraussage gesellschaftlicher Szenarien orientieren sich GeisteswissenschaftlerInnen häufig am Verlauf historischer Epochen. Doch Geschichte wiederholt sich nicht so einfach.

Zur Interpretation gegenwärtiger Kriege und ihrer Ursachen steht dem Betrachter eine Fülle an gesellschaftstheoretischem Grundwissen und unmittelbarer, ja in Echtzeit übertragener Informationen zur Verfügung. Einhundert Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges ist der Mensch nicht nur medial in der Lage, das weltweite kriegerische Grauen scheinbar mitzuerleben, sondern es auch in atemberaubender Geschwindigkeit im Sinne seiner jeweiligen politischen Überzeugungen zu interpretieren.

Aus dem uns zur Verfügung stehenden Repertoire an geschichtlich Durchlebtem, aus dem Fundus philosophischer Lehren, aus ideologischen und religiösen Erfahrungen, aus dem Nachhall revolutionärer Umwälzungen und nicht zuletzt aus ökonomischen und völkerrechtlichen Gegebenheiten heraus deuten wir die heutigen Kriege. Und dies in dem dumpfen Wissen, daß sich der finale Sinn des Ganzen, das Töten unserer eigenen Spezies, nie ändern wird. Darum auch sind die Grunderkenntnisse zu Herkunft, Wesen und Charakter eines Krieges statisch.

Von Heraklit über Clausewitz bis hin zu den Erkenntnissen der modernen Friedens- und Konfliktforschung hat sich über Jahrtausende hinweg am Töten wenig geändert, sieht man von technischen Möglichkeiten einmal ab. Am Krieg profitieren häufig auch diejenigen, die ihn anzetteln, provozieren und möglichst intensiv betreiben. Nichts Bleibendes wird durch ihn selbst und um seiner selbst willen geschaffen, nichts »gereinigt«, nichts produziert. Welche Politik mit anderen Mitteln er fortsetzt und welche nicht, ist im Augenblick des Tötens und Vernichtens nicht immer mit Sicherheit zu sagen. Zu ermitteln bleibt: Wer beginnt ihn mit welcher Absicht, und wie führt er ihn aus?
 

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Nicaragua-Kanal: Baustart noch 2014

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von Timm B. Schützhofer / amerika21


Managua. Die Regierung von Nicaragua und das chinesische Konsortium HKND haben den Baustart des interozeanischen Kanals für den 22. Dezember 2014 angekündigt. Die Kosten für das Mega-Projekt werden auf 50 Milliarden US-Dollar geschätzt und es soll in fünf Jahren fertig gestellt werden.

Der Exekutivsekretär der Regierungskommission für den Kanalbau, Paul Oquist, sagte, dass einige Veränderungen an den ursprünglichen Plänen vorgenommen wurden, um die sozialen und ökologischen Schäden zu minimieren. Er machte darauf aufmerksam, dass die ausgewählte Route von Anfang an nicht die günstigste gewesen sei, sondern aus sozialen und ökologischen Gründen ausgewählt worden sei. An der Finanzierung des Projekts werden sich neben der in Hongkong ansässigen HKND auch Unternehmen aus den USA, Großbritannien, China, den Niederlanden und Australien beteiligen.
 

 

Während der Bauphase wird die Entstehung von 50.000 direkten Arbeitsplätzen erwartet, wobei ebenfalls von einem starken Multiplikationseffekt durch neue Arbeitsplätze in den Bereichen Transport, Telekommunikation und Dienstleistungen gerechnet wird.
 

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Washingtons Intervention in der Ukraine

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Die Tore zum Dritten Weltkrieg werden geöffnet


von Dr. Paul Craig Roberts


Laut Berichten hat Washington beschlossen, die Ukraine für einen neuen militärischen Überfall auf die russische Volksgruppe in Donetsk und Luhansk zu bewaffnen.

Ein Vertreter des russischen Außenministeriums verurteilte die rücksichtslose Entscheidung Washingtons, Kiew mit Waffen zu beliefern, als eine Verletzung von Abkommen, die eine politische Lösung des Konflikts erschweren wird. Diese Stellungnahme ist verblüffend. Sie lässt annehmen, dass die russische Regierung noch nicht kapiert hat, dass Washington kein Interesse an der Lösung des Konflikts hat. Washington bezweckt, die unglücklichen Ukrainer gegen Russland zu benützen. Je mehr sich der Konflikt verschlimmert, desto mehr freut sich Washington.

Die russische Regierung hat darauf gesetzt, dass Europa zu Sinnen kommen würde und dass der Konflikt friedlich gelöst werden kann. Die russische Regierung hat damit auf das falsche Pferd gesetzt und muss sofort etwas unternehmen, um einer Verschlimmerung der Krise vorzubeugen, indem es die Provinzen der Separatisten mit Russland vereinigt oder Europa die Hölle heiß macht.
 

Es wäre eine kostspielige Demütigung für die russische Regierung, gäbe sie die ethnischen Russen einem militärischen Überfall preis. Wenn Russland zuschaut, während Donetsk und Luhansk zerstört werden, dann wird der nächste Angriff gegen die Krim gerichtet sein. Zu dem Zeitpunkt, an dem Russland zu kämpfen gezwungen sein wird, wird Russland ein besser bewaffneter, besser vorbereiteter und schrecklicherer Feind gegenüberstehen.
 

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Obamas geheime Aufstockung in #Afghanistan

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von Daniel McAdams


Es ist ein Schema, an das sich Präsident Obama hält: als Friedensstifter posieren, der die Kriege der vorhergehenden Administration beendet, während er den Einsatz von Gewalt der Vereinigten Staaten von Amerika in Bereiche ausweitet, die sich Bushs Bande nicht einmal vorstellen konnte.

Im Irak wurde zum Beispiel aus einer unbedeutenden humanitären US-Operation zur Rettung einer kleinen religiösen Minderheit, die mit 20 Soldaten begann, ein neuer großflächiger Krieg in der Region. Zwei Länder, Irak und Syrien, werden regelmäßig vom amerikanischen Militär bombardiert. Milliarden wurden bereits ausgegeben. Es ist kein Ende in Sicht, und in Wirklichkeit geht die Eskalation weiter, nachdem der Präsident vor kurzem eine Verdoppelung der US-Soldaten im Irak bekanntgegeben hat.
 

 

Gleichermaßen bekommt auch Afghanistan seine eigene geheime Aufstockung auf Befehl Obamas. Die New York Times berichten, dass der Präsident insgeheim vor kurzem eine viel teurere Rolle für das Militär der Vereinigten Staaten von Amerika in Afghanistan im Jahr 2015 bewilligt hat. Der Präsident hatte den Amerikanern versprochen, dass US-Streitkräfte 2015 keine Kampfaufgaben übernehmen würden, aber laut der New York Times stellte sich das Pentagon gegen das Herabfahren des Krieges, indem es den Zusammenbruch des Irak in diesem Jahr als Grund angab, wieder Kampfaufgaben zu übernehmen.
 

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Lage und Situation der Flüchtlinge nach den Angriffen in Sengal und #Rojava

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Ein Armutszeugnis


Dr. med. Gisela Penteker, Türkeibeauftragte des Vorstands der deutschen IPPNW-Sektion

und Yilmaz Kaba, Vorstandsmitglied der Föderation der Êzîdischen Vereine e.V.

 

Wir waren zehn Tage lang, vom 14.09.2014–24.09.2014 in Nord-Irak und Rojava.

Die humanitäre Situation der Flüchtlinge war nur ein Teilaspekt unserer Delegationsreise. Seit Beginn des Bürgerkrieges in Syrien haben sich viele Angehörige von Minderheiten in die mehrheitlich von Kurden bewohnten Gebiete im Norden gerettet. In allen Kantonen hat sich durch die Binnenflucht die Zahl der Bevölkerung verdoppelt, zum Teil sogar verdreifacht. Aus Rojava hatte sich das Assad-Regime weitgehend zurückgezogen und die Menschen ihrem »Schicksal« überlassen. Überethnisch und überreligiös organisieren sich die Menschen in Rojava (West-Kurdistan/Nord-Syrien) basisdemokratisch in allen Bereichen des Lebens und haben sogar in jedem Kanton eine Übergangsregierung gebildet. Da sich die Selbstverwaltungsstrukturen weitgehend aus den Kämpfen in Syrien heraushielten, wurde ihnen immer wieder der Vorwurf der Kollaboration mit der Regierung in Damaskus gemacht. Wenn man die Gegebenheiten vor Ort selbst sieht und erlebt, wird deutlich, dass dieser Vorwurf absurd ist. Die drei Kantone in Rojava sind von der Türkei, der Regionalregierung Kurdistan (Nord-Irak), dem Irak und dem restlichen Syrien durch ein totales Embargo abgeschottet.
 

 

Als der Islamische Staat (IS) die Êzîden (êzîdische Kurden) in Sengal (Sindschar) angriff und sie zu Tausenden in die Berge flohen, waren es die Volks- und Frauenverteidigungskräfte YPG / YPJ aus Rojava, die ihnen einen Korridor in die Sicherheit freikämpften, den sie immer noch zusammen mit den Kämpfern der Volksverteidigungskräfte der PKK (der HPG) und der Frauenarmee YJA STAR sowie einer neu geschaffenen Einheit der Êzîden, den Verteidigungseinheiten des Widerstandes von Sengal, YBS, frei halten.


Flüchtlinge in Rojava/Nordsyrien

Wir haben das Flüchtlingslager Newroz im Region Cizîrê im östlichsten der drei Kantone besucht. Vor den Ereignissen von Sengal hatte es schon ein kleines Lager mit einigen 100 Flüchtlingen gegeben, das dann für die êzîdischen Kurden entsprechend vergrößert wurde. Die meisten Zelte sind vom UNHCR, das sich aber sonst nicht an der Versorgung beteiligt. Verhandlungen mit Damaskus über den Zugang des UNHCR scheint es nicht zu geben. Auch kein Angebot an die Flüchtlinge, in ein Lager der syrischen Regierung überzusiedeln. Zweimal pro Woche kommen UNHCR-Mitarbeiter aus Damaskus oder Qamislo (Al-Qamishli) – es gibt keine weitere Hilfe –, da das UNHCR mit dem Assad-Regime zusammenarbeitet, kommt im Newroz-Camp nur wenig an. Sie haben jedoch versprochen, die Zelte nach unten zu isolieren, sprich winterfest zu machen, bevor der Winter kommt. Flüchtlingshilfe wird unter kapitalistischen Bedingungen zum bürokratischen Aufwand. Ansonsten liegt die Versorgung der zurzeit im Lager lebenden ca. 15?000 Flüchtlinge in der Hand der Übergangsregierung des Kantons Cizîrê.
 

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Biden in der Ukraine: Krieg wird sicher folgen

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von Daniel McAdams  


Das Flugzeug des Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika Joe Biden ist in der ukrainischen Hauptstadt gelandet, wo er den von den Vereinigten Staaten von Amerika gestützten Präsidenten Petro Poroshenko und Premierminister Arseniy Yatsenyuk treffen wird. Wenn die Vergangenheit die Einleitung ist, dann sollten wir jederzeit auf einen ausgewachsenen Angriff Kiews auf den losgelösten östlichen Teil des Landes gefasst sein.

Bidens letzter Besuch in der Ukraine fand im April statt, wo er dem nicht gewählten Premierminister des Putschregimes Yatsenyuk sagte, dass „ihr diesen Weg nicht allein gehen werdet. Wir werden mit euch gehen.“ Innerhalb weniger Tage nach Bidens Unterstützungsversprechen wurde die Offensive Kiews gegen die Ostukraine merklich verstärkt. Bald danach fielen Artilleriegeschosse auf dicht bewohnte zivile Zentren, wo sie Hunderte in einem dramatisch gesteigerten Ausmaß töteten.

Die beiden ukrainischen Führer übernahmen die Macht, nachdem ein von den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union unterstützter Staatsstreich im Februar die rechtmäßig gewählte Regierung gestürzt hatte. Es ist zu erwarten, dass sie wieder die US-Administration um die offene Bereitstellung tödlicher Gewalt ersuchen werden, um diese gegen diejenigen einzusetzen, die in den Regionen Lugansk und Donetsk Unabhängigkeit suchen. Die USA haben es bisher abgelehnt, offen tödliche Waffen zu liefern, obwohl einige Besuche von Spitzenbeamten der CIA und der US-Sondereinsatztruppen nahelegen, dass bereits geheime Unterstützung und Ausbildung zur Verfügung gestellt worden sind.
 

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#Russland überfällt die #Ukraine. Wieder. Und wieder.

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Und noch einmal.. . . mit Saddams Massenvernichtungswaffen


von William Blum


Russland verstärkte weiter, was westliche und ukrainische Regierungsvertreter als heimliche Invasion beschrieben haben (27. August), indem es Soldaten mit Panzerfahrzeugen über die Grenze schickte, wobei es den Konflikt in einen neuen Teil des Territoriums der Ukraine ausweitete. Das jüngste Eindringen, an dem nach Angaben des ukrainischen Militärs fünf gepanzerte Truppentransporter beteiligt waren, war in dieser Woche mindestens die dritte Bewegung von Soldaten und Waffen aus Russland über den südöstlichen Teil der Grenze.

Keines der Fotos, das diese Geschichte der New York Times online begleitete, zeigte auch nur eine Spur dieser russischen Soldaten oder gepanzerten Fahrzeuge.

Die Geschichte ging weiter:

Die Obama-Administration hat im Lauf der letzten Woche bekräftigt, dass die Russen Artillerie, Flugzeugabwehrsysteme und Panzerung bewegt haben, um den Separatisten in Donetsk und Luhansk zu helfen. „Diese Einfälle weisen darauf hin, dass eine von Russland geleitete Gegenoffensive im Gang ist,“ sagte Jen Psaki, die Sprecherin des Außenministeriums. In der täglichen Presseinfomation des Ministeriums in Washington kritisierte Frau Psaki auch, was sie als „fehlende Bereitschaft der russischen Regierung, die Wahrheit zu sagen“ bezeichnete, nämlich dass deren Militär Soldaten bis zu 30 Meilen (ca. 50 km) weit auf ukrainisches Territorium geschickt habe.

Dreißig Meilen innerhalb des Territoriums der Ukraine und keine einziges Satellitenfoto, keine Kamera weit und breit, nicht einmal ein einminütiges Video, auf dem man das sieht. „Anscheinend (!) bezog Frau Psaki sich auf Videos von gefangenen russischen Soldaten, die von der ukrainischen Regierung gezeigt wurden.“ Anscheinend vergaß die New York Times, ihre Leser zu informieren, wo sie diese Videos sehen können. Ein Regierungsvertreter des Westens sagte, es könne möglicherweise Ziel der Russen sein, einen Ausgang zum Meer zu erobern für den Fall, dass Russland versucht, eine separatistische Enklave in der Ostukraine einzurichten. Dazu ist es natürlich nicht gekommen. Was geschah also mit all diesen russischen Soldaten 30 Meilen innerhalb der Ukraine? Was geschah mit all den gepanzerten Fahrzeugen, den Waffen und der Ausrüstung?

Die Vereinigten Staaten von Amerika verfügen über Fotos, die zeigen, dass die russische Artillerie in die Ukraine eingedrungen ist, sagen amerikanische Regierungsvertreter. Ein mit letztem Donnerstag datiertes Foto, das einem Reporter der New York Times gezeigt wurde, zeigt russische Militäreinheiten, die mit Artilleriepanzern in die Ukraine fahren. Ein weiteres Foto, datiert mit Samstag, zeigt Artillerie in Feuerpositionen in der Ukraine.  

Wo sind diese Fotos? Und wie werden wir wissen, dass es sich um russische Soldaten handelt? Und wie sollen wir wissen, dass die Fotos in der Ukraine aufgenommen worden sind? Aber am wichtigsten – wo sind diese verdammten Fotos?
 

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Sanktionen und Russlands Autarkie

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Hintergründige Betrachtungen statt vordergründiger Polemik

 

von Kai Ehlers / www.russland. RU 


Was geschieht, was bedeutet es, wenn Russland sich nicht mehr dafür entschuldigt, die seit der Auflösung der Sowjetunion bestehende Weltordnung verändern zu wollen, sondern demonstrativ Veränderungen fordert  und bewirkt – und dafür Anklagen, Kritik, propagandistische Anfeindungen, und nicht nur das, sondern auch Versuche des Westens erntet, Russland zu isolieren und im Sanktionskrieg zu schwächen?

Konkret: Hat Russland die Kraft diesen Konflikt zu bestehen? Worin könnte diese Kraft liegen? Nacheinander sind dazu drei Elemente zu betrachten:


1.    Die Rolle der Vielvölkerrealität Russlands?

2.    Die Rolle der traditionellen Selbstversorgungskultur Russlands.

3.    Russlands Reichtum an Ressourcen.


Die Überlegungen zu diesen Fragen sind als Annäherungen gedacht, die zur Diskussion stehen. Zustimmende oder auch gereizte Reaktionen sind erwünscht.


Vielvölkerrealität

Die Vielvölkerrealität ist Russlands Reichtum Nummer Eins. Anders als die aus der Geschichte übriggebliebenen großen Vielvölkerreiche der Neuzeit, die Habsburger Monarchie und das Osmanische Reich, überstand der russische Vielvölkerorganismus nicht nur den ersten und den zweiten Weltkrieg, sondern ging in Gestalt der Sowjetunion gestärkt und sogar noch erweitert daraus hervor. Während das Habsburger Vielvölkergebilde wie auch das Osmanische Reich im Zuge dieser Entwicklung in eine Vielzahl von Nationalstaaten zerfiel, die sich untereinander bekämpften und in ethnischen Säuberungen zerfleischten, ging das Zarenreich in eine föderale Ordnung von Unionsrepubliken, autonomen Regionen und Bezirken über. Das  mag man gut oder schlecht finden, man mag die später von Stalin betriebene „Sowjetisierung“, konkret Deportation ganzer Völker nach Sibirien dagegen halten, es war aber vom Ansatz her, wie ihn Lenin, selbst Stalin in der Gründungsphase der Union verfolgte, ein Schritt, der die traditionelle autokratische Herrschaftsstruktur in die Moderne einer föderal organisierten Pluralität von Völkern verwandelte, wenn auch unter Führung Moskaus.
 

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Bundeskanzlerin #Merkel - Rede in Sydney vor dem australischen #Lowy-Institut

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Unter staatsmännischem Deckmantel eine hetzerische Rede


von Hanns-Martin Wietek / Ergänzungen von Helmut Schnug


Bundeskanzlerin Merkel hielt in Sydney vor dem australischen Lowy-Institut für internationale Politik eine scharfe Rede, in der sie ihre Sicht der Ukraine-Krise darstellte, den Westen vor Russland warnte und Russland aufforderte im Sinn der westlichen Gemeinschaft zu handeln.

Auf die Argumente, die Putin in seinem Interview mit der ARD gebracht hatte, ging sie nicht ein, sondern festigte ihre Position. Sie ging zwar nicht direkt auf das Vieraugengespräch mit Putin ein, verkündete jedoch eindeutig die Quintessenz des Gesprächs: „In Europa gibt es noch Kräfte, (…) die auf das angebliche Recht eines Stärkeren setzen und die Stärke des Rechts missachten. Genau das ist durch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland geschehen. … Wer hätte es für möglich gehalten, dass 25 Jahre nach dem Fall der Mauer und dem Ende des Kalten Krieges und der Spaltung der Welt in zwei Blöcke, dass so etwas mitten in Europa geschehen kann: altes Denken in Einflusssphären, das internationales Recht mit Füßen tritt. … Wenn wir nicht daran glauben, dass unsere Werte so viel wert sind, dass sie sich durchsetzen, brauchen wir auch unsere Sonntagsreden nicht mehr zu halten.“ Über den Anteil des Westens an dieser erneuten Blockbildung ging sie nicht ein.
 

 

Ein ganz wichtiger Punkt, der ansonsten in den Medien kaum Beachtung fand, bezog sich auf ihre DDR-Sozialisation, als sie erklärte, dass die EU vor Moskau nicht kuschen werde wie es die DDR getan habe: „Ansonsten muss man sagen: Wir sind zu schwach, passt auf Leute, wir können keinen mehr aufnehmen, wir fragen erst in Moskau nach, ob das möglich ist. So war es ja 40 Jahre lang, und da wollte ich eigentlich nicht wieder hin zurück.“

Dass wir es heute nicht mehr mit der Sowjetunion, sondern mit einem veränderten Russland zu tun haben, diese Erkenntnis lässt ihr Unterbewusstsein offensichtlich nicht zu.


„Jetzt müssen wir zeigen, was wir aus all dem gelernt haben. Wir wissen auch aus der Geschichte, dass man nicht zu friedfertig sein darf, dass man Worte schon ernst nehmen sollte und genau hinhören sollte. Und wir wissen auf der anderen Seite, dass regionale Konflikte sich sehr schnell zu einem Flächenbrand ausweiten können.“


Dass der Westen jahrelang eben nicht auf die Worte und Zeichen aus Moskau „hingehört“ hatte und dessen Worte nicht ernst genommen hat und es nur deshalb zur heutigen Situation gekommen ist, das hat sie offensichtlich verdrängt. Direkt gefährlich werden ihre Worte, „dass man nicht zu friedfertig sein darf“. Mit diesen Worten kann man die schlimmsten Kriege rechtfertigen, denn es kommt immer auf die Interpretation des „zu“ an.

Die emphatische Anklagerede war nichts anderes, als ein Versuch, mit den altbekannten Argumenten, die eigene Macht zu sichern und darzustellen. Für eine Lösung der Krise war sie nicht nur untauglich, sondern kontraproduktiv. Man hat den Eindruck, dass sie sich nach dem Vierstundengespräch einfach mal kräftig abreagieren wollte. Eine wenig staatsmännische Politikerin, in deren Politik man kein Vertrauen setzen kann. Zur Lösung des entstandenen Ost-West-Problems bedarf es wahrscheinlich eines „Phoenix aus der Asche“.
 

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Geschichtsvergessener Zynismus

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von Dr. Rolf Gössner


Die offizielle Erinnerungspolitik und Entschädigungspraxis der Bundesrepublik krankte jahrzehntelang an blinden Flecken. Jedenfalls gibt es in der Geschichte der Aufarbeitung des NS-Unrechts die Kategorie der »vergessenen« – oder besser: der »verdrängten NS-Opfer«. Dazu gehören etwa die Opfer der NS-Militärjustiz, Wehrmachtsdeserteure, kommunistische Widerstandskämpfer, Sinti und Roma, Homosexuelle, Euthanasie-Geschädigte und Zwangssterilisierte. Manche dieser blinden Flecken sind zwar, zumindest teilweise, überwunden. Jedoch noch immer nicht im Fall der über fünf Millionen ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen, die nach den europäischen Juden zur zweitgrößten NS-Opfergruppe zählen; über drei Millionen, also mehr als die Hälfte, kamen während des Zweiten Weltkriegs in deutscher Gefangenschaft auf grausame Weise ums Leben. Ihnen und den lebenslang traumatisierten Überlebenden werden bis heute Anerkennung und Entschädigung als NS-Opfer, als Opfer des nationalsozialistischen Rassenkrieges verweigert.

Daß ihr Schicksal hierzulande überhaupt thematisiert und in einer Ausstellung (»Russenlager« und Zwangsarbeit) veranschaulicht wird, ist in erster Linie dem Verein »Kontakte – Kontakty« (»Kontakte zu Ländern der ehemaligen Sowjet-union«) zu verdanken. Die Ausstellung mit Bildern und Erinnerungen sowjetischer Kriegsgefangener gastierte in Bremen (Haus der Wissenschaft), was schon deshalb bedeutsam ist, weil sich gerade auch in Bremen viele Spuren deportierter Rotarmisten aus der Zeit 1941 bis 1945 finden. Sie mußten Zwangsarbeit verrichten beim Bau von Luftschutzbunkern und des U-Boot-Bunkers Valentin, in Bremer Rüstungsbetrieben wie Focke-Wulf, AG Weser, Bremer Vulkan, aber auch in anderen Firmen wie Borgward oder der Brauerei Beck & Co.

Für seinen außerordentlichen Einsatz zugunsten ehemaliger Zwangsarbeiter und Kriegsgefangener aus Ländern der früheren Sowjetunion, für die Gesten der Versöhnung und für die damit verbundene Völkerverständigung hat die "Internationale Liga für Menschenrechte" den Mitgründer des Vereins Kontakte, Eberhard Radczuweit, bereits im Jahr 2002 mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille ausgezeichnet. Seitdem haben Radczuweit und der Verein diesen beschwerlichen Weg weiter auf sich genommen, um Versöhnung, Anerkennung und Wiedergutmachung zivilgesellschaftlich zu organisieren und zu gestalten.
 

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Kann China Amerika in Schach halten?

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von John V. Walsh


„Kann Amerika China in Schach halten?” wird oft im Westen gefragt. Ausgehend von Amerikas endlosen Kriegen und Angriffen gegen die Entwicklungsländer der Welt sollte die Frage jedoch lauten: „Kann China Amerika in Schach halten?“ Oder zumindest: kann China die Vereinigten Staaten von Amerika zurückhalten, mehr Schaden in Ostasien und vielleicht auch anderswo in der Dritten Welt anzurichten?

Letzte Woche reiste Obama nach Peking zum Gipfel der "Asian Pacific Economic Cooperation" (APEC – Asiatisch-Pazifische Wirtschaftsgemeinschaft) als Repräsentant des Westens und dessen Jahrhunderte altem großen Projekt in Ostasien. Und was war das für ein Projekt? Die Geschichte sagt uns, dass der Westen mit seinen Missionaren und Soldaten, Obamas Vorgängern, die Region in Leiden und Blut gebadet haben.
 

 

Hier eine kurze unvollständige Liste::

  • die Opiumkriege gegen China,
  • der Krieg gegen die Philippinen,
  • die Atombomben auf Japan,
  • die Kriege gegen Korea und Vietnam,
  • die verheerenden Bombardierungen von Laos und Kambodscha,
  • und die militärische Niederschlagung der koreanischen Bewegung zum Sturz der Park-Diktatur.

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