Mitgliederzahlen der DGB-Gewerkschaften rutschen erstmals unter 6 Millionen

von Laurenz Nurk

Für Gewerkschaften gibt es nichts Wichtigeres als Mitglieder. Wenn sie die Arbeitgeber nicht mit Mitgliedern beeindrucken können, können sie sie auch nicht mit Streikdrohungen erschrecken. Wer mit Streiks nicht einmal drohen kann, der braucht an den Tischen der Tarifverhandlungen gar nicht erst Platz zu nehmen.

reiner_hoffmann_dgb_deutscher_gewerkschaftsbund_gewerkschaft_spd_mitgliederentwicklung_mitgliederschwund_mitgliederzahlen_kritisches_netzwerk_kampfkraft_tarifflucht_solidaritaet_stre.jpgImmer zum Jahreswechsel bilanzieren die Gewerkschaften die Entwicklung ihrer Mitgliederzahl. Die acht DGB-Gewerkschaften sind dabei sehr genau. Mal aus Eigeninitiative, mal auf Nachfrage teilen sie aufs Mitglied genau den Stand mit. Wie sich nun herausstellte, ist die Zahl der Mitglieder, die in den Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) organisiert sind, erstmals unter 6 Millionen gesunken. Zum Jahresende 2017 waren es genau noch 5,995 Mitglieder, gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 52.000. Zehn Jahre früher lag die Zahl noch bei 6,441 Millionen.

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann (Foto re.) schiebt diese Entwicklung nur auf die demografische Entwicklung, bei der mehr Menschen aus dem Erwerbsleben ausscheiden, als in die Gewerkschaft eintreten. Doch diese Sichtweise ist mehr als kurzsichtig, die Gründe sind vielfältiger und durch den DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften auch hausgemacht.

Zur Jahrtausendwende hatte der DGB noch knapp 7,8 Millionen Mitglieder. 17 Jahre später rutschte die Zahl der Mitglieder in den DGB-Gewerkschaften erstmals unter die 6 Millionen Grenze.

Die beiden größten Einzelgewerkschaften IG Metall und ver.di haben unterm Strich Verluste an Mitgliedern zu verkraften, ebenso die "Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie" (IG BCE). ver.di hatte Ende 2017 erstmals weniger als zwei Millionen Mitglieder. Geschrumpft sind auch die "Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft" (EVG), die nur noch auf rund 190.000 Mitglieder kommt und die "Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten" (NGG), die knapp unter die Marke von 200.000 Mitgliedern gefallen ist. Stabil geblieben ist die Mitgliederzahl der "Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft" (GEW) mit 278.243 Mitgliedern. Zulegen konnte allein die kleinste DGB-Gewerkschaft, die "Gewerkschaft der Polizei" (GdP), sie verzeichnet unter dem Strich rund 5.100 Zugänge und kommt jetzt auf 185.153 Mitglieder.

Während die Berufsgewerkschaften tendenziell stabil oder wachsend sind, haben die meisten Branchengewerkschaften weiterhin Mühe, die Zahl ihrer Mitglieder zu halten. Als Gründe für das Schrumpfen der Mitgliederzahlen können, wenn auch nicht gern gehört wird, beispielsweise genannt werden:

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