Abendland im Widerstand: NEIN zu PEGIDA!

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Wolfgang Blaschka
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Verbunden: 09.11.2010 - 02:16
Abendland im Widerstand: NEIN zu PEGIDA!
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Abendland im Widerstand

Bei "Pack-die-da" gehen die Lichter aus

Nun ist es Fakt: Im Abendland wird es zappenduster, sobald Nationalismus hervorquillt. Ein sinnfälligeres Bild hätte es kaum geben können als den verdunkelten Kölner Dom am ersten Montag des neuen Jahres 2015, als der KÖGIDA-Aufmarsch von tausenden Demokraten und Antifaschisten gestoppt wurde. Das seit der Romantik "deutscheste" aller deutschen Wahrzeichen neben dem Brandenburger Tor hüllte sich in Finsternis inmitten der Lichter der Großstadt und verschwand als Schatten seinerselbst aus dem Stadtbild, um den Ausländerfeinden keine Kulisse zu bieten.
 

Wiewohl reinste französische Kathedralgotik galt der Sakralbau im 19. Jahrhundert als Sinnbild für die Vollendung der deutschen Reichsidee. Ausgerechnet am Vorabend von Dreikönig verabschiedete sich der monumentale Schrein für die angeblichen Gebeine der drei Morgenländer ins Dunkel, seine Silhouette wurde schwarzes Loch im Schattenriss.
 
Auch in anderen Städten versammelten sich insgesamt 30.000 Menschen, dem rechten Spuk entgegenzutreten, der sich zeitgleich in Dresden zu seiner bisher größten Versammlung formierte mit geschätzt 18.000 Islamhassern. Nicht alle waren Nazis, und dennoch skandierten sie fremdenfeindliche, nationalistische und rassistische Parolen, wie sie sich hartgesottene Nazis in ihren kühnsten Träumen ausmalen. Für die muss es ein "innerer Vorbeimarsch" erster Ordnung gewesen sein: So viele Bürger, die ihren Forderungen Ausdruck verleihen! Da schwillt die bornierte Brust.
 

Der gemeine Nazi hat für gewöhnlich ein völkisch verklärtes Weltbild: Da hat ein homogenes "Volk" eine Nation zu sein mit einem "gesunden Volksempfinden", das einen natürlich gewachsenen, möglichst nicht kränkelnden "Volkskörper" bildet und möglichst "wie ein Mann" unter einem "geeinten Volkswillen" völkischen Parolen folgt, um alles, was es nicht will oder nicht sein will, abstößt, ausgrenzt und abhackt wie einen entzündeten Blinddarm oder einen erfrorenen Zeh, den es kurzerhand zum nicht dazu gehörigen "Volksschädling" deklariert und aus seinem "Lebensraum" verbannt, notfalls "ausmerzt" in gleichsam "nationaler Selbstverteidigung". Damit "das Volk", wie es sich die Völkischen so rein vorstellen, leben kann, müssen die "Volksfremden" weg - egal wie. So stellen sich das auch viele der "bürgerlichen" Dresdner Demonstranten vor, vielleicht nicht ganz so brutal wie eingefleischte Nationalsozialisten dazu fähig wären.
 
Wenn schon nicht direkt durch "Ausrottung", dann zumindest durch Lagerhaltung, Ausweisung oder Abschiebung. Zu unterschiedlichen Zeiten verschieden genannt bleibt es jedoch immer dasselbe Ziel: "Deutschland den Deutschen", plakatiert die NPD. "Abendland in Christenhand", reimen es sich die BSÖ-Populisten in Österreich zusammen. Am besten Jeder dahin, wo er herkommt, dann bleibt ihre beschränkte Welt in Ordnung. Dummeland den Dummeländern, Kohlrabien keinesfalls den Arabern, sondern den Kohlrabiern. Vielleicht gerade noch Platz für ein paar bunte Kolibris als schräge Vögel, aber dann muss Schluss sein mit "Durchmischung" und "Durchrassung", und "das wird man ja wohl noch sagen dürfen". Das ist eine der bemühtesten Redewendungen bei den "national gesinnten Deutschen", die in Wirklichkeit doch nur mehr oder weniger verkappte Rassisten, Antisemiten, Türkenfresser und Araberhasser sind. Als Europäer fühlen sie sich jedenfalls zu allerletzt, vielmehr als Deutsche, wenn nicht als Sachsen oder Dresdner eben.
 
Sie fühlen sich unverstanden von der modernen Welt, unwohl, unbehaglich, ja bedroht und geradezu verfolgt von "linkem Gesinnungsterror". Offen als Nazis auftreten mögen sie nicht, wo die "Lügenpresse" doch nur alles falsch wiedergibt. Also geben sie sich als "besorgte Bürger" aus, die um ihre angestammte Heimat fürchten. In Wahrheit haben sie durchaus berechtigt Angst vor sozialem Abstieg, vor Deklassierung, vor Arbeitslosigkeit und Altersarmut. Sie sehen allerdings die Ursachen nicht im Kapitalismus, sondern machen "Nichtdeutsche" zum Sündenbock.
 
Ehrlicherweise könnten sie als "Pack-die-da!" firmieren und mit ausgestrecktem Finger auf die "Schuldigen" an ihrem geistlosen Elend deuten, doch mit der Ehrlichkeit ist es bei den National-Schwurblern nicht so weit her. Schuld sind allemal nur "die Fremden" in ihren Augen, "Volksfremde", "Verräter", "Nestbeschmutzer", kurzum alle, die nach ihrer schlichten Auffassung keine echten rechten Deutschen sind. Also eigentlich die ganze, böse weite Welt da draußen.
 
So als hätte man die Hartz-Gesetze in Syrien verabschiedet und den armen Deutschen aufgezwungen. Als wären die Rettungsschirme für deutsche Banken nicht eine deutsche Erfindung, und das Elend der Bevölkerungen im Nahen und Mittleren Osten nicht das Ergebnis deutscher Waffenlieferungen und der Kriegspolitik des Westens insgesamt, an der deutsche Regierungen unterschiedlicher Zusammensetzung maßgeblich beteiligt waren und sind. Nun werden die Folgen dieser Politik auch hierzulande sichtbar, mittelbar erfahrbar als Flüchtlingselend. Das wollen sie nicht sehen.
 
Nur zu dumm in ihren Augen, dass Deutschland so beliebt in aller Welt ist trotz sovieler Dumpfdeutscher, welche den Zuwanderern keinesfalls gönnen wollen hierher zu kommen. Also müssen sie sich von ihrer hässlichsten deutschen Seite zeigen, dachten sich die Kartoffelnasen von PEGIDA: Engstirnig, fremdenfeindlich und provinziell abweisend.
 
Dazu brauchten sie eine Tarnung: Wie wär's, wenn sich die gelernten Euroskeptiker als lupenreine "europäische Patrioten" ausgeben, die nichts anderes wollen als zu verhindern, dass zuviele Morgenländer im Abendland zuviele Moscheen bauen? Das wird man doch wohl noch sagen dürfen, ohne gleich als Nazi zu gelten, oder wie oder was?! Seltsamerweise gerade an Orten, wo die Migrantendichte minimal ist, schreien die Deutschtum-Freaks am lautesten.
 
Seither bekommen sie Zulauf und werden von den rechten Parteien gehätschelt, weil sie doch angeblich "besorgte Bürger" sind und kein rechtsradikales Dreckspack. Die CSU gibt sich ebenfalls der Sorge hin, dass zuwenig und vor allem zu langsam abgeschoben wird, und fordert daher ein beschleunigtes Asylverfahren. Vielen Kommunen und Bezirken käme das gerade recht: Haben sie doch vor Ort für die Unterbringung und Betreuung jener Flüchtlinge zu sorgen, die sie von den Ländern zugewiesen bekommen nach Verteilerschlüssel, in letzter Zeit so zahlreich, dass einzelne Sammelunterkünfte bereits wegen Überfüllung zeitweise geschlossen wurden wie in München. Dort musste die bayerische BAGIDA nun schon mal kapitulieren, genauso wie die KÖGIDA kaum Boden unter die Füße bekam.
 
Am selben Abend nämlich haben in München rund 2.000 AntifaschistInnen einen Pulk von etwas mehr als 30 BAGIDA-Anhängern eingekreist und nach wenigen Schritten vom Sendlinger-Tor-Platz gleich am Oberanger zur vorzeitigen Aufgabe ihres Demonstrations-Vorhabens veranlasst. Geschützt von einem behelmten Polizeikarree wirkte das Häuflein meist männlicher Ausländerfeinde inmitten der entschlossenen Menge ziemlich verloren, welche sie lautstark zum "Abhauen" aufforderte. Gar nicht so einfach angesichts so vieler Gegendemonstranten, die sie umzingelt hatten.
 

Die Polizei bahnte der Bagage schließlich eine Gasse zum abseitigen Rossmarkt (immer an der Wand lang) zum schmachvollen Abzug ins politische Aus. Für nächsten Montag hat sich nach diesem Ofenschuss der BAGIDA (Bayern) nun die MUEGIDA (München) angesagt. Mal sehen, ob die dann auch bald wieder die Lust verliert. Vielleicht gründen sie sich demnächst um in HIDUGIDA (Hinterdupfing), um uns zu verwirren, oder treten als HIHU-HAGIDA (Hinterhuglhapfing) auf. Man wird sie jedoch immer an ihren angebräunten Sprüchen und bleichen Gesichtern erkennen. Wo sie auch aufkreuzen, formiert sich wirksamer Widerstand aus verschiedensten Bevölkerungskreisen.
 
Auch in Dresden kam es offenbar zu virtuellen Verwirrspielen gegen das rassistische "Original". Der "Postillon" hatte gepostet, der islamophobe "Abendspaziergang" in Dresden sei abgesagt. Leider war das noch nicht der Fall. Aber die weltoffene und hilfsbereite Zivilgesellschaft arbeitet bundesweit daran, dass es bald soweit sein wird. Die Bevölkerung hat nämlich mehrheitlich keine Lust darauf, dass demnächst überall im Abendland die Lichter ausgehen und die Bürgersteige hochgeklappt werden müssen, um den vernagelten Morgenlandhassern die Straßen zu überlassen.

Wolfgang Blaschka, München



Bildquellen:

1. Köln: Die Beleuchtung des Kölner Dom wurde als Protest gegen die Kögida-Demo um 18:30 abgeschaltet. Die Beleuchtung der Kirche Groß St. Martin, des Rathausturmes, der Philharmonie/Museum Ludwig und der Hohenzollernbrücke ist ebenfalls aus. Foto: © Raimond Spekking. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“.

2. „Köln stellt sich quer“ – Demonstration in Köln (LVR-Turm/Köln-Triangle) für Vielfalt und gegen Rassismus, gegen zeitgleiche und in der Nähe stattfindende Pegida/Kögida-Veranstaltung. Foto: Elya. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“.

3. Nachdem das Kölner Domkapitel die Abschaltung der Beleuchtung des Kölner Doms für den Zeitraum der dortigen "Pegida"-Demonstration ankündigte, folgte Berlin symbolisch dem Kölner Zeichen und schaltete am Brandenburger Tor der Pegida "das Licht ab". Beide Aktionen fanden am 05.01.2015 zu den jeweiligen Pegida-Demos statt. In Berlin gab es Gegendemos im Bereich Alexanderplatz, Unter den Linden und dem Umfeld des Brandenburger Tores. Blick des Fotografen von der Demo der türkischen Gemeinde Berlins, Straße des 17. Juni, in Richtung Brandenburger Tor.

Foto: Andreas Augstein. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“.

4. München GEGEN Rassismus. Die Aufnahme entstand am Max-Joseph-Platz, 22. Dezember 2014. Über 12.000 Menschen erhoben sich GEGEN Rassismus! Foto: Wolfgang Zeidler aka wzwz. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei wird unter der Creative-Commons-Lizenz „CC0 1.0 Verzicht auf das Copyright“ zur Verfügung gestellt.

5. "WIXEN GEGEN NAZIS" „Köln stellt sich quer“ ("Cologne opposing") – demonstration in Cologne for diversity and against racism, against „Pegida/Kögida“ demonstration nearby. Foto: Elya. Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“.