Beim Barte der Freiheit: Europa in Toleranz vereint zum Putin-Hass

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Wolfgang Blaschka
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Beim Barte der Freiheit: Europa in Toleranz vereint zum Putin-Hass
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Beim Barte der Freiheit


Europa in Toleranz vereint zum Putin-Hass


Da beißt die Maus keinen Faden ab: Selten wurde ein banaler Musikwettbewerb politischer überfrachtet als dieser Grand Prix d'Eurovision. Aber kein "bisschen Frieden"! Eine schallende Ohrfeige für Wladimir Putin und volle Klatsche gegen homophobe Russen sei dieses Ergebnis, klatschte die Presse. Sie feierte das kleine, konservative Austria als Botschafter europäischer Libertinage, die von einem nach wie vor bösen, rückständigen und beinharten Osten bedroht sei. Dabei hatte das russische Publikum wie auch das ukrainische durchaus Sympathien für das Siegerlied gezeigt, anders als die russische Jury, die keinen Deut zurückhaltender votierte als die deutsche. Beide sahen die bärtige Wurst im Schlauchkleid nur auf Platz 11. Waren die deutschen Juroren etwa genauso so rückständig homophob wie ihre russischen Kollegen? Oder waren gar selbst verkappte Russen?
 
Der Russe an sich muss ja in letzter Zeit für vieles herhalten. Nicht einmal den Tag der Befreiung gönnt er den Deutschen als deren ureigensten ungestörten Feiertag, ohne ihn sich für nationale Propaganda unter den Nagel zu reißen. Dabei hätte die Sowjetunion ohne den faschistischen Wehrmachtsüberfall gar keine Gelegenheit zum Siegen gehabt! Das sollte doch mal demütig bedacht werden:

  • Ohne deutsche Besetzung der Krim keine glanzvolle Rückeroberung.
  • Ohne Reichskommissariat Ukraine von 1941 keine Kriegswende von Stalingrad 1943,
  • also auch kein glorreicher 8. und 9. Mai 1945.

Der Sieg über den Faschismus hätte ohne Faschismus keine Chance gehabt, da keine Notwendigkeit. Auch den Kalten Krieg verdankten die Russen letztlich den Deutschen. Und nun auch den Schlamassel in der Ukraine, den der Westen mit seinem Assoziierungs-Druck so listig angerührt und ermuntert hat! Ohne den künstlich focierten Zwang sich kategorisch zwischen EU oder Russland zu entscheiden, wäre es wohl nie zu dem nationalistischen Umsturz gekommen. Der hatte zur Folge, dass sich die Krim davon macht und der Südosten kurz davor ist, ebenfalls eine Absetzbewegung in Richtung "Neurussland" ins Kalkül zu ziehen. Bisher jedenfalls ging es dort lediglich um mehr Autonomie, auch in dem Referendum vom 11. Mai - nicht um Anschluss an Russland.  

Inzwischen wird der "Russe" nur noch vom "Pro-Russen" getoppt. Der ist nämlich noch einen Zacken gemeiner und hinterhältiger, gern mit Zottelbart und dicker Knollennase unter der Bärenfellmütze gesichtet, wo immer die CIA einen Fotografen stationiert oder einen Agenten hat, der einem Fotografen seine Bilder abkauft. Einer soll sogar in Tschetschenien gesichtet worden sein. Wurde als "Beweis" für die allgegenwärtige Anwesenheit professioneller Pro-Russen kolportiert. Sah man sich die beiden Gesichter genauer vergleichend an, könnte der Eine auch der Vater von Conchita beim Ausflug in den Märchenwald gewesen sein, der Andere Väterchen Frost oder ein anderer Waldschrat - jedenfalls war es keinesfalls derselbe. So brillant arbeiten US-amerikanische Geheimdienste. Sie geben bisweilen sogar durch die Blume bekannt, dass kahlrasierte Schädel im Tarnfleck nicht zwingend Russen oder Pro-Russen sein müssen, sondern ganz ordinäre, brutale Blackwater-Söldner, die sich jetzt im Osten der Ukraine unter dem vornehmeren Label "Academia" herumtreiben; das klingt eher nach Forschungsinstitut denn nach Irak-Schlächter.
 
In der Tat gab es einiges zu erforschen und auszukundschaften, vor allem militärisch. Daher schickte auch die Bundeswehr den tapferen Oberst Schneider mit seinen zwei Kameraden und einem Dolmetscher in Zivil dorthin, ein bisschen Sprengstoff im Gepäck, aber als interessierte Touristen getarnt - wie sich das für rein zivile OSZE-Beobachter halt so gehört. Das mit der OSZE-Zugehörigkeit war schon wichtig, weil "enttarnte Bundeswehr-Spione" hätte sich in den Abendnachrichten nur halb so humanitär angehört. Mit offizieller und legaler OSZE-Beobachterei hatte die Spitzel-Mission freilich wenig zu tun. Es ging wohl mehr darum herauszufinden, wie stark die pro-russischen Kräfte inzwischen aufgestellt waren. Ein Großteil der bis dahin ukrainischen Militärs und Polizisten hatte sich von Kiew abgemeldet, nachdem sich dort ein durch nichts legitimiertes und von bezahlten Faschisten an die Macht geputschtes Regime breitgemacht hatte, deren erste Absicht es war, Russisch als zweite Amtssprache zu verbieten. Klar, dass das der russisch-stämmigen Bevölkerung im Süden und Osten der Ukraine nicht wirklich gefiel. Auch dass plötzlich die Siegesdenkmäler geschleift werden sollten, fand nicht ihren frenetischen Beifall. Als bald Kommunisten gejagt, Juden drangsaliert und Fernsehredakteure aus ihren Sesseln gewatscht wurden, hätte auch der naivste Maidan-Freund im Westen aufhorchen können und merken, welche Sorte von "Regierung" da unterstützt und hofiert wird, um die Ukraine mittels rabiater Stepan-Bandera-Fans "in Treue fest" in die NATO zu bugsieren. Die im Osten merkten es bald und begannen sich zu wehren. Kiew schickte seine Maidan-erprobten Nazi-Schwadronen, um auf die Bevölkerung zu schießen.
 
Dennoch wurde das deutsche Quartett "den Umständen entsprechend" gut behandelt, auch zuvorkommend bewirtet und sogar freundlich in die Belle Etage zur Geburtstagsfeier des (soviel Zeit zur Etikettierung muss sein:) "selbsternannten" Bürgermeisters von Slawjansk eingeladen. Trotzdem hatten sie die Hosen gestrichen voll, als der Beschuss der "Antiterror"-Einheiten von der Kiewer Junta näherrückte. Zurecht: Die knallharten Typen vom Rechten Sektor schossen schon auf dem Maidan nicht mit Wattebällchen. Da wurden die deutschen Helden vorsorglich in den sicheren Keller gebracht, was sich im Nachhinein sehr gut als schmachvolle Kerkerhaft ausschlachten ließ. Gerade dass die heimischen Leitartikler nicht für deren baldige Freilassung angefangen hätten zu beten! Zum Glück wollte die Tagesschau-Redaktion ihren sündhaft teuren Tisch nicht mit Kerzenwachs bekleckern, sondern nur mit gebetsmühlenhaft wiedergekäuten Lügen von den vier angeblichen "OSZE-Beobachtern" besudeln. Sternstunden der Pressefreiheit waren das! Ein Journalismus weitgehend frei von Tatsachen-Gehalt, wie gleichgeschaltet.
 
Überhaupt schrammte die Argumentationskette immer hart am Rande der Gepflogenheiten der Heiligen Inquisition. Für Putin konnte es nur noch ein "Gottesurteil" geben: Was auch immer er tat oder tun sollte, sprach es doch gegen ihn.

  • Erst sollte er sich nicht einmischen dürfen, sondern nur der Westen.
  • Dann sollte er sich sehr wohl einmischen und mäßigend wirken.
  • Dann sollte er sogar hart durchgreifen und die deutschen Gefangenen befreien.
  • Dann sollte er sich wieder nicht  auf der Krim einmischen,
  • und sofort danach wieder sich einmischen und darauf hinwirken, das Referendum abzublasen.

Glücklicherweise gelang ihm das doch nicht, sonst hätte es geheißen: Seht her, welchen Einfluss er hat! Ein Wort von ihm genügt, und die Pro-Russen fressen ihm aus der Hand. Nein, Putin ist weder Gott noch der leibhaftige Teufel. Der Westen würde ihn nur zu gern zu etwas verführen, was einen Vorwand lieferte, ihn noch weiter zu dämonisieren. Obwohl, tiefer als "Hitler" könnte er in den Augen seiner russophoben Gegner im Westen kaum sinken. Das Nazi-Etikett dürfte ihn besonders perfide beleidigen. Es sollte ihm wohl sein politisches Todesurteil sein. Mit solcherart schwerem Mühlstein um den Hals mussten früher die Delinquenten untergehen (dann war es "Gottes Wille") oder völlig unerwartet doch irgendwie überleben (dann standen sie "mit dem Teufel im Bunde").
 
Keine Frage: Man muss nicht mit Wladimir Putin politisch sympathisieren, um das Strickmuster zu erkennen, nach dem die westliche Mainstram-Presse ihre Rufmord-Kampagne fährt. Die erinnert an die vielen "Wiedergeburten Adolf Hitlers", angefangen bei Milosevic über Saddam Hussein, Bin Laden, Gaddafi bis hin zu Assad. Am Ende stand oft genug blanker Mord. Nur kriegen sie den Kreml-Chef halt nicht in die Finger. Zumal der Edward Snowden zu Gast hat, den Kronzeugen für die Skrupellosigkeit der USA beim Weltbeherrschen. Wie Biedermann bei den Brandstiftern fuchtelt Obama mit der Sanktionskeule und muss doch nur hilflos zusehen, wie sein Masterplan so einfach nicht aufgeht. Der Westen zündelt mit Nationalismus, und herauskommt Sezession. Müsste den Tea-Party-Leuten eigentlich gefallen, diese Vision von Unabhängigkeit. Aber nicht bei der Ukraine! Verlöre die doch ihre industriellen Kerngebiete, wenn es tatsächlich zur Abspaltung käme. Also muss Russland zunächst eingeschüchtert werden, um es schließlich auch militärisch einkreisen zu können, von einer ganz gebliebenen Ukraine aus, nicht von einer halben. Steinmeier macht dazu den Maitre de Plaisir.
 
Der torkelt im Spagat zwischen samtpfotig und forsch, im Schlepptau von NATO, EU und seiner Kanzlerin als wolle er den souveränen Bärenbändiger geben. Doch führt er nur sich selbst als Außeminister einer Mittelmacht vor, die auf das falsche Pferd gesetzt hat: Vitali Klitschko, das Hätschelkind der deutschen Adenauer-Stiftung, und hat sich ins Aus getänzelt. Bei der Wahl am 25. Mai geht es nur noch um zwei Oligarchen: Schokoladenkönig oder Gasprinzessin - beide von den USA protegiert. Diese alternativlose Qual werden sich die Autonomisten wohl kaum antun wollen, und daher den Urnengang wahrscheinlich auch boykottieren. Kiew hat im Osten und Süden ohnehin kaum noch Einfluss, außer um dort Chaos und Terror zu verbreiten. Ob brennende Gewerkschaftshäuser die Herzen der Menschen in Odessa für die Ukraine zu entflammen vermögen, darf getrost bezweifelt werden.

Auch die apodiktische Missachtung des Autonomie-Referendums von vornherein als "Null und Nichtig" zeigt deutlich, wieviel den westlichen Superdemokraten Volkes Meinung wert ist, wenn diese nicht in den Kram passt. Da werden schon durchsichtige Wahlurnen zum ultimativen Beweis, dass derlei Abstimmungen nicht transparent sein konnten, nicht geheim genug, zu offensichtlich öffentlich. Einen runden Tisch hat Putin gefordert, mit allen am Konflikt Beteiligten. Der wurde abgelehnt. Ausgerechnet Wolfgang Ischinger, der Chef der NATO-Sicherheitskonferenz in München, soll ihn moderieren. Nun darf sich Putin doch bitteschön wieder einmischen, um die Präsidentenwahl am 25. Mai zu garantieren. Am Ende müsste er noch russische Truppen einmarschieren lassen, um die Prorussen an die Urnen zu zwingen.
 
Die NATO übt derweil an ihrer Ostflanke den militärischen Aufmarsch, während sie den russischen Truppenabzug aus deren Grenzgebiet einfach nicht glaubt. Sie unterstellt absichtliche Luftraumverletzung, derweil deutsche und US-amerikanische Jäger den Himmel über den drei baltischen Staaten durchpflügen. Dort sollen nun auch Bodentruppen hin, getarnt als jeweils 150-köpfige Ausbildungs-Einheiten, permanent ausgetauscht im Vier-Wochen-Rhythmus. Noch scheint es zumindest auf ehemals sowjetischem Territorium opportun, das längst gebrochene Versprechen, kein NATO-Militär in frühere Warschauer-Vertrags-Gebiete zu entsenden, proforma aufrecht zu erhalten. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, wann auch dieser letzte Rest von diplomatischer Zurückhaltung dem offenen Säbelrasseln weicht. Schröders Geburtstags-Party wurde schon mal telefonisch gesprengt, weil der seinen Freund Putin umarmt hat. Die Bild-Zeitung hat Bärte zum Ausschneiden in Umlauf gebracht mit dem Hinweis, dieses Accessoir sei vor's Gesicht gehängt ein Ausweis von Toleranz und Individualität. Damit sich ihre Lesermassen daran gewöhnen: Die Freiheit trägt Bart. Wo immer sie zurecht gestutzt werden muss, darf der wieder zum Bärtchen werden.

Wolfgang Blaschka, München

 



Quelle der Erstveröffentlichung:  ISW – Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V. > Artikel

Bild- und Grafikquellen:


1. Ich wähle EUROMA .. weil EUROPA einen viel zu langen Bart hat.  Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress

2. Im Visier der NATO. Kriegstreiber NATO verletzt seit Jahrzehnten die Souveränität anderer Länder und verstößt gegen Völkerrecht. Originalfoto: Arkadius Neuman, Pixelio.de - Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress

3. "Wenn Krieg die Antwort ist, dnn war die Frage falsch." Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress

4. NATO - wir bomben nur für den Frieden. Grafikbearbeitung: Wilfried Kahrs / QPress

 

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Verbunden: 21.09.2010 - 20:20
Thema Russland bei Deutsche Wirtschafts Nachrichten


zum Thema hier ein paar aktuelle Artikelhinweise bei DEUTSCHE WIRTSCHAFTS NACHRICHTEN:

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