G'schiß um die Scheißhäusl. Der G7-Gipfel stinkt zum Himmel

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Wolfgang Blaschka
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Verbunden: 09.11.2010 - 02:16
G'schiß um die Scheißhäusl. Der G7-Gipfel stinkt zum Himmel
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G'schiß um die Scheißhäusl

Der G7-Gipfel stinkt zum Himmel

Ein stilles Örtchen ist Elmau dieser Tage gewiss nicht. Obwohl ringsum alles Natur ist. Nur Natur? Naja, abgesehen von den vielen zubetonierten Flächen, Sperrzonen, Drahtverhauen und den Mengen von Menschen, die da herumwuseln. Doch sind nicht letztere auch ein Teil der Natur? Evolutionstechnisch allemal. Jedenfalls haben sie natürliche Bedürfnisse, eben menschliche. Nun rächt sich die restriktive Haltung der bayerischen Staatsregierung gegen den zu erwartenden massenhaften Protest und ihr Wahn, jeden Furz wider den Gipfel der Selbstherrlichkeit unterbinden zu wollen: Es mangelt an Klohäuschen.
 

Die Camp- AG der Demonstrierenden, deren Antrag gegen Zahlung einer Verwaltungsgebühr von 500 Euro abgelehnt wurde, wollte am Montag die bestellten Bedürfnis-Container in Garmisch-Partenkirchen anliefern und zwischenparken, bis Gerichte ihrer Klage auf geordnetes Zelten auf einem Privatgrundstück stattgeben würden. Dazu hatten sie mit dem Ordnungsamt verhandelt, und das Ordnungsamt fand das in Ordnung. Eigentlich ist das auch die originäre Aufgabe des Ordnungsamts, für Ordnung zu sorgen und wildes Pieseln hinter Bäumen und Büschen, Sträuchern und Straßenschildern möglichst einzudämmen, zumindest nicht zu fördern.
 
Die Polizei machte dagegen Stunk und wollte das Abstellen der Klo-Kabinen unterbinden. Es gab lange Diskussionen und Debatten über die Frage, wieso organisiertes Urinieren die von oben verordnete Gipfelruhe stören, beeinträchtigen oder verhindern sollte. Wäre es denn angesichts zehntausender Protestteilnehmer nicht klüger, Klos zu haben? Oder sollen die alle in den Brunnen machen?
 
„Ich weiß nicht, ob das der Gefahrenabwehr dient und sich die Polizei nun gegen Toilettenhäuschen wehren muss“, kommentiert Bündnis-Sprecher Benjamin Ruß den beschwerlichen Vorgang. Doch die Vertreter der Ordnungsmacht schalteten zunächst auf stur, wahrscheinlich aus Gründen der Gleichbehandlung. Polizisten sind ja auch Menschen, die mal müssen. Offenbar haben sie nämlich dasselbe Problem. In mehreren Polizei-Unterkünften tauchten Aushänge auf, in denen dazu geraten wurde, freiwillig Windeln für Erwachsene zu tragen, denn es mangele an Notdurft-Gelegenheiten in unwegsamem Gelände. Polizeisprecher mochten dies nicht kommentieren. Vielleicht war es auch nur ein Fake. Jedenfalls fand es die Polizei ungerecht, dass Demonstranten keine Pampers tragen sollten. Obwohl das ja möglicherweise als passive Bewaffnung zählen und einen Vorwand zur Festnahme abgeben könnte.
 
Anscheinend stinkt es vielen Beamten wegen ihrer beschissenen Situation. Ihre Gewerkschaft stellt fest, dass "sehr viel Unruhe" unter den Einsatzkräften aufkomme, wo doch Ruhe und Ordnung erste Bürgerpflicht sein sollte. Gerade weil doch über den Wipfeln eine Ruh' zu herrschen habe, wenn nicht Hubschrauber wegen des Gipfels drüber knattern, sind eben die Ruhepausen das Problem. Die werden nämlich von einigen Bundesländern nicht bezahlt. Da kommt Unmut auf.
 
Nur ein Viertel der 17.000 Einsatzkräfte kommt aus Bayern, die anderen sind wochenlang fern der Heimat. Sobald die Polizisten nach ihren Zwölf-Stunden-Schichten von dem Einsatz in ihre Unterkunft zurückkommen, werde Freizeit angeordnet. Das habe die Landesregierung so beschlossen. Rainer Wendt von der Polizeigewerkschaft (DPolG) ist stinkig: „Das heißt: Wenn man dort schlafen geht oder sich dort ausruht, dann hat man da Freizeit. Und das sehen wir natürlich völlig anders. Wenn ich Freizeit habe oder wenn ich in meiner Freizeit schlafe, dann liegt meine Ehefrau neben mir und nicht meine Hundertschaft". Völlig richtig: Die Kollegen sollten in der Tat zuhause Freizeit machen anstatt im Oberland unter Stress und mit Schiss in der Hose Geländespiele zu veranstalten!
 
Die alte Forderung "Samstags frei für die Polizei" wird aber wohl unerkämpft und daher unerfüllt bleiben. Denn gleichzeitig schürt der Chef der "DPolG" kräftig Panik wegen der angeblich anreisenden und immer gern bemühten "3000 Gewaltbereiten": „Wir reden hier von Schwerkriminellen. Das sind richtige Verbrecher. Leute, die den Tod von Einsatzkräften billigend in Kauf nehmen.“ Damit meint er wohl Demonstranten, nicht etwa seine topfitte und gut gepolsterte Truppe oder jenen durchgeknallten italienischen Kollegen, der beim G8-Weltwirtschaftsgipfel 2001 in Genua den Demonstranten Carlo Giuliani erschossen hat - angeblich in Panik.
 
Wer so im Vorfeld redet, muss natürlich "das Schlimmste befürchten“. Man sei fest entschlossen zuzugreifen und die Gewalt schon im Keim zu ersticken. Das politische Klima wird durch derartige Verweise auf Polizeiterror und Straßenschlacht-Szenarien nicht entspannter, sondern geradezu vorsätzlich auf Krawall gebürstet. Heftige Auseinandersetzungen mit Demonstranten und daraus folgende Zusammenstöße werden fast immer von der Polizei provoziert. Der "harte Kurs gegen Gewalt" geht meist von den berufsmäßig Gewalttätigen aus, von der Staatsgewalt eben. Siehe das sinnlose Gezuppel und Gezerre um harmlose Dixi-Klos. Zu recht fragte sich ein Jugendlicher, der die Szene beobachtet hatte, warum man so ein „G'schiß um Scheißhäusl“ macht. Später hatte die Polizei dann doch noch ein spätes Einsehen. Die G7-Gegner durften ihre Notdurft-Zellen erst mal aufstellen.

Wolfgang Blaschka, München

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Nachtrag:

Aus aktuellem Anlass: es gibt auch mal gute Neuigkeiten zu vermelden !!! Heute Nachmittag hat uns die Nachricht aus Garmisch-Partenkirchen ereilt, dass das komplette Verbot für das Camp aufgehoben ist. Es gibt aber noch zahlreiche Auflagen. Ein Hoch auf den Optimismus der CampAG und der wunderbaren Vokü ! Und natürlich auch der Münchner Kanzlei Wächtler und Kollegen !

In den Bergen liegt die Freiheit und an der Loisach …

Zum heutigen Entscheid des Verwaltungsgerichts München erklärt der Sprecher des Aktionsbündnisses “Stop G7 Elmau”, Benjamin Ruß:


“Das Verwaltungsgericht München hat uns jetzt mitgeteilt, dass das Totalverbot des geplanten Camps in Garmisch-Partenkirchen aufgehoben ist. Das Aktionsbündnis kann damit die ursprünglich für das Camp vorgesehene Wiese nutzen. Wie jetzt die Nutzung und der Aufbau des Camps vor sich gehen werden, hängt noch von Auflagen ab, die die Gemeinde erlassen kann.

Wir haben uns die ganze Zeit verantwortlich verhalten und werden das auch weiterhin tun. Wir hoffen, dass sich nun auch die Gemeinde so verhält. Derzeit klären wir in unseren eigenen Organisationsstrukturen, wie wir den Aufbau angehen. Erste Arbeiten wollen wir schon heute Abend starten – deseskalierend und verantwortlich, wie wir es bisher auch gehalten haben.”


Die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen schließt rechtliche Schritte gegen die Aufhebung des Camp-Verbotes nicht aus. "Natürlich werden wir uns die Urteilsbegründung sehr genau durchlesen und kurzfristig entscheiden, ob wir noch Rechtsmittel hiergegen einlegen wollen", sagte Bürgermeisterin Sigrid Meierhofer (SPD). An die liebe Frau Dr. Sigrid Meierhofer : “Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten! ⇒ ihre Facebookseite

Nachdem heute der Bescheid über das Campverbot vom Verwaltungsgericht München gekippt wurde, hat die Camp AG mit dem Aufbau begonnen. Die ersten Zelte stehen schon.



 

Die Fläche liegt ziemlich zentral in GAP und ist vom Bahnhof sehr gut zu erreichen. Wir haben Aktionskarten drucken lassen. Eine Wegbeschreibung sowohl von der Autobahn als auch vom Bahnhof aus wird folgen. Wir haben gegen den Bescheid bezüglich des Sternmarsch Klage eingereicht. Repression is´ nicht!

Die Großdemo am Samstag findet statt und ist genehmigt. Achtet auf unseren Aktionskonsens (und das Blockadekonzept). Koordinierte Busfahrten aus verschiedenen Städten sind organisiert. Checkt dafür unsere Website aus!

Es gibt ein Infotelefon: 01520 83 21 807 - den EA erreicht ihr unter: 0049 (0)89 448 96 38

Achtet in den nächsten Tagen auf Ankündigungen, es kann sich spontan immer was ändern! Wir wünschen allen ein gute Anfahrt. Behaltet einen kühlen Kopf, lasst euch nicht stressen.

Auf nach Elmau - Widerstand muss leben!



Bild- und Grafikquellen:

1. Toi Toi & Dixi - es mangelt an Klohäuschen. Die Polizei machte Stunk und wollte das Abstellen der Klo-Kabinen unterbinden. Foto/Quelle: FB-Seite des AktionsBündnisses Stop-G7-Elmau 2015.

2. Toi Toi & Dixi - schnell werden noch Klohäuschen rangekarrt. Foto/Quelle: FB-Seite des AktionsBündnisses Stop-G7-Elmau 2015.

3. Rainer Wendt, April 2011. Wendt ist seit 2007 Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) - bitte nicht verwechseln mit der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Rainer Wendt fiel in der Vergangenheit häufig durch zugespitzte oder streitbare Äußerungen in der Öffentlichkeit auf.

  • In einem Interview im Vorfeld des 16. Europäischen Polizeikongresses im Februar 2013 forderte Wendt kurzfristig den Einsatz von 2.000 Cyber-Cops zur Bekämpfung von Internet-Kriminalität. Beim Polizeikongress selbst forderte er die vollständige Aufhebung der Privatsphäre im Internet.

  • Wendt äußerte sich Juni 2013 im Rahmen der Enthüllungen wohlwollend zum US-amerikanischen Internet-Überwachungsprogramm PRISM: „Präsident Barack Obama argumentiert mutig, entschlossen und er hat fachlich hundertprozentig recht.“ Das „wertvollste“ Bürgerrecht sei immer noch der Schutz vor Terror und Kriminalität. „Diese Politik wünschte ich mir auch in Deutschland und Europa.“

  • Am 1. Oktober 2010 sagte er zu dem Einsatz von Wasserwerfern, Pfefferspray und Schlagstöcken bei den Demos zu Stuttgart 21: „Polizeiliche Einsatzmittel müssen Waffen sein, die weh tun, nur dann wirken sie.“

  • Am 29. Mai 2012 forderte Wendt die Abschaffung aller Stehplätze in deutschen Stadien. „Die Stehplätze gehören abgeschafft, die Zäune erhöht, und bei jeder Ausschreitung sollten für den Verein 100.000 Euro fällig werden. Wem zudem strenge Leibesvisitationen nicht passen, der soll vor dem Stadion bleiben müssen.“ (Text entnommen bei Wikipedia). Wendt ist verheiratet und hat fünf Kinder.

Foto: Friedhelm Windmueller. Quelle: Wikimedia Cmmons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.

4. Nach der Aufhebung des Campverbotes hat die CampAG des Aktionsbündnisses mit dem Aufbau der ersten Zelte begonnen. Foto/Quelle: AktionsBündnis Stop-G7-Elmau.