KOMM ZIGAN, KOMM ZIGAN … Spiel mir das Lied vom Tod

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KOMM ZIGAN, KOMM ZIGAN … Spiel mir das Lied vom Tod
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Auf der Seite des Online-Magazins RATIONALGALERIE habe ich den nachfolgenden vom Herausgeber und Redakteur Ulrich Gellermann am 26. Oktober 2012 verfassten Beitrag gefunden und darf ihn hier mit seiner freundlichen Genehmigung vollumfänglich vorstellen:
 



KOMM ZIGAN, KOMM ZIGAN  …  Spiel mir das Lied vom Tod

Autor: U. Gellermann


Feierliche Gesichter, andächtige Mienen: Bei der Einweihung des Mahnmals für eine halbe Million von den Nazis ermordeter Sinti und Roma trug man Trauer, auch der Scheinheiligen-Schein war verbreitet: Rief doch die Bundeskanzlerin dazu auf, den Völkermord an hunderttausenden als „Zigeuner“ verfolgten Menschen als Mahnung für die Zukunft zu verstehen. „Das sind wir den Toten schuldig und das sind wir den Überlebenden schuldig.“ Scheinbar schien die lange Debatte darum, ob denn den Sinti und Roma der selbe Opferstatus beizumessen sei, wie den europäischen Juden, an ein gutes Ende gekommen zu sein. Vergessen die bayerische Landfahrer-Verordnung, mit der die Bewegungsfreiheit der Sinti und Roma bis in die 70er Jahre eingeschränkt wurde, vergeben, die Verfolgung der Minderheiten durch das Bundeskriminalamt mit dem Begriff des "Landfahrer-Unwesens", geschreddert, die Akten des "Zigeuner-Experten" Josef Ochs, der erst als SS-Mann den Kampf gegen das "Zigeunerunwesen" führte und später in der Bundesrepublik als "Zigeunerexperte" im Bundeskriminalamt tätig war. Als wär´s eine Operette von Emmerich Kalman, so glaubte man leise das Lied aus der Gräfin Mariza zu hören: "Joi, joi, joi! Komm Zigan! Komm Zigan! Spiel mir was vor! Komm Zigan! Spiel mir was ins Ohr!"

Doch in der wirklichen Wirklichkeit spielt eine ganz andere Musik: "Asylmissbrauch" schreit der Bundesinnenminister mitten in die süßliche Denkmal-Musik jenen Roma und Sinti entgegen, die ihre Heimat in Serbien und Mazedonien in Richtung Deutschland verlassen wollen. "Friedrich will Flüchtlingen ans Geld" textet die "Frankfurter Rundschau Online" flott. Die Agentur Reuters übernimmt das Wort vom "Asylmissbrauch" ohne Bedenken. Der "Stern" wendet das schöne Wort "zügig" auf die Ausländerabwehrmassnahmen an und die "Rheinische Post" kommt uns niedlich: "Friedrich will Asylbewerber schneller heimschicken". Der Ton ist nicht neu: Man kennt ihn noch rund um das Pogrom in Rostock-Lichtenhagen, als die BILD-Zeitung mit ihrer Kampagne gegen "Kriminelle Ausländer" die Hatz orchestrierte und der hessische Ministerpräsident Roland Koch schlug mit seiner Aktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft dazu den Takt. Dass die serbischen und mazedonischen Roma in ungesicherten, unhygienischen Verhältnissen leben müssen, dass 30 Prozent von ihnen keinen Zugang zum Trinkwasser haben, dass sie rassisch diskriminiert werden und häufig In Gettos leben? Ja und, sagt der Innenmister, die wollen doch nur unser Geld.

Man weiß von Mordserien an Sinti und Roma in Ungarn, viele Romakinder in Rumänien leben auf der Straße, in Tschechien und der Slowakei gab und gibt es Brandanschläge auf Roma und Sinti und auch Zwangssterilisationen an Roma-Frauen. In Bulgarien machen Skinheads Jagd auf Roma und alle genannten Länder gehören der EU an. Aber auch in europäischen Kernländern kam es, wie in Frankreich, zu Massenabschiebungen oder wie in Italien zur Abnahme von Fingerabdrücken aller Roma für eine rassistische Zentraldatei. Ihre Fingerabdrücke geben auch die asylsuchenden Roma in Deutschland als erstes ab: Sicher ist sicher.

"Dieser Völkermord" erklärte die Kanzlerin am Berliner Mahnmal, "hat tiefe Spuren hinterlassen und noch tiefere Wunden." Das spielt sie nur vor, die Merkel. Wer ihrem Innenminister sein Ohr leiht, der weiß: Das Mahnmal ist Folklore, in den deutschen Asyl-Lagern werden ganz andere Melodien aufgespielt.
 



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