Mutti der Kompanie: Bundeswehr soll familienfreundlicher werden

1 Beitrag / 0 neu
Bild des Benutzers Wolfgang Blaschka
Wolfgang Blaschka
Offline
Verbunden: 09.11.2010 - 02:16
Mutti der Kompanie: Bundeswehr soll familienfreundlicher werden
DruckversionPDF version

Mutti der Kompanie


Bundeswehr soll familienfreundlicher werden


Nachdem sich Mutti Merkel nicht um alles kümmern kann, hat sie leyenweise die Ursula als Dienstherrin über die Bundeswehr delegiert, bevor die dereinst ihre Nachfolgerin werden kann. Nachdem Frau Beimer aus der Lindenstraße nicht mehr als Mutter der Nation zur Verfügung steht, musste anderweitig für Ersatz gesorgt werden. Wer wäre da besser geeignet als die zweite Frau im Staate mit eingebauter wetterfester Stahlhelmfrisur? Den Soldaten und Soldatinnen soll es eine Freude bereiten und ein Pin-Up im Spind wert sein. Endlich bekommen sie einen ordentlichen, familienverträglichen Job mit Gleitzeit, Teilzeit, Elternzeit, mit dreizehntem Monatsgehalt und Weihnachtsgeld, Schlechtwetterzulage und vielleicht demnächst sogar zivileren Umgangsformen. Ein Job wie jeder andere, nur eben besser. Gerade für Eltern und solche, die es werden wollen. Vorausgesetzt, sie haben ein Faible für Strampelanzüge in olivgrün.

 


Vorbei die Zeiten, als der Spieß die Mannschaftsdienstgrade ruppig anraunzen konnte: "Schütze Meyer, Hand vom Sack!" Künftig könnte es heißen: "Ach, wären Frau Gefreite mal eben so nett, die Munitionskiste nach vorne zu tragen?" Aber gern doch. "Wenn Sie mir Ihren Helm kurz ausborgen wollten, es regnet. Ich möchte mir ungern meine Frisur ruinieren". Schon wäre das Arbeitsklima so attraktiv, dass an Schnuppertagen selbst hartgesottene Taliban in die Dienste der Besatzerarmee eintreten würden, sofern neben dem Haarnetz nach der Dienstvorschrift auch ein Bartnetz zulässig wäre. Da wäre Musik drin in der Vision einer durchhumanisierten Armee, die noch dazu mit umweltfreundlichen 3-Liter-Panzern patrouillieren würde, um die kahlen Hochebenen ihrer Besatzungsterritorien nicht zu zerklüften. Kuscheln am Hindukusch! Mit tuffigen Wattebällchen. Zumindest aber mit lustigen Luftballon-Spielen im Tarnnetz auf deutschen Kasernenhöfen.

Soweit ist es noch nicht ganz, aber in diese Richtung sollte es nach dem Willen der siebenfachen Vorzeigemutter gehen, die jetzt die fesche Kriegsministerin gibt. Vorderhand könnte immerhin mehr Standortsicherheit für die Lebensplanung (zumindest bis zum berufsbedingt vorzeitigen Ableben) durch weniger willkürliche Versetzungen, mehr Kinderbetreuung in den Kasernen und eventuell Spielplätze direkt neben dem Exerzierplatz garantiert werden, damit Papi oder Mami die kleinen Racker beim Stammstehen besser im Blick haben, und die Kleinen beim Marschieren den Eltern mit Papphelmen hinterherdackeln können. Die Truppenübungsplätze ließen sich zu riesigen Abenteuer-Spielplätzen für Groß und (Oberst) Klein um- und ausbauen.

Tatsächlich ist so etwas ähnliches bereits vorgesehen: Im "Gefechtsübungszentrum“ (GÜZ) in der Colbitz-Letzlinger Heide in der Altmark nahe Magdeburg. Dort entsteht derzeit auf einem riesigen Gelände des Rüstungskonzerns Rheinmetall für 100 Millionen Euro die Phantomstadt "Schnöggersburg" mit allem, was zu einer Stadt "in Zielgebieten“ dazugehört: Regierungsviertel, Industriegebiet, eine komplette Altstadt, Moscheen und Kirchen, Krankenhäuser, mit einem Elendsviertel und insgesamt 20 km Straßen, U-Bahn, Kanalisation und sogar einem künstlichen Fluss. Sogar ein Autobahn-Teilstück mit Verkehrskreiseln und allem Drum und Dran zwischen zwei Ausfahrten wird detailgetreu angelegt.

Laut Kommandantur soll es eine Modellstadt werden, wie sie "überall auf der Welt stehen könnte“. Künftige Kriege und Aufstandsbekämpfung sollen hier möglichst "realitätsnah“ im gemeinsamen Rollenspiel von Luft- und Bodenmilitärtrupps geübt werden. Soldaten der Bundeswehr-Bodentruppen, die in den Kriegseinsatz gehen, werden an 250 Tagen im Jahr in zweiwöchigen Trainingskursen unter "realistischen Bedingungen“ auf den Häuserkampf vorbereitet. Das Gelände soll zu Übungszwecken auch anderen Armeen der NATO- und EU-Staaten dienen. Da kommt Freude auf in den Kinderherzen, auch wenn Kindersoldaten noch nicht direkt im Gefecht mitspielen dürfen. Krieg ist noch längst kein reines Kinderspiel.
 

Allerdings muss erst die allgemeine Sicherheitslage verbessert werden. Das geht natürlich vor. Ursel kennt sicher den Rat, den ihr Vorgänger noch als 500-Milliarden-Loch hinterließ: Da müssen endlich Aufklärungsdrohnen her. Nur zum Schutz der Soldaten, versteht sich. Als Einstieg! Das klingt wesentlich menschenfreundlicher als Kampfdrohnen oder gar Killerdrohnen. Die kommen später. Fragt sich nur: wozu? Ist der Luftraum über Deutschland so stark gefährdet? Müssen etwa deutsche Kasernen und Schießplätze gegen Feindeinwirkung aus der Luft gesichert werden?

Oder gehört das einfach zur humanitären Kriegsführung unter familienfreundlichen Bedingungen, dass der treusorgende Papa während der Überwachung der Hausaufgaben seiner Kinder nebenher am Computer einer afghanischen Familie das Lebenslicht ausbläst, die das Pech hat, im selben Haus zu wohnen, in dem auch eine als Zielperson zum Abschuss freigegebene "Führungsfigur des Terrors" residiert? Es könnte auch ein kleines Dorf sein. Oder eine Hochzeitsgesellschaft, die der Vater ins Visier nimmt, während er dem Sohnemann, der unbedarft fragt: "Krieg ich ein Bonbon?" Manieren beibringt: "Wie heißt das?!" Großes Rätselraten. "Das heißt: Humanitäre Aktion, ich bitte um ein Bonbon!"

Im Endstadium des Projekts könnten die Kinder zur Nachwuchsförderung sogar an die Einsatzorte ins Ausland mitgenommen werden, um frühzeitig ins Militärische hineinzuwachsen und den fertigen Erwachsenen beim Brunnenbauen und Frauenbefreien zuzugucken. Tage der Offenen Tür am Hindukusch mit Dingo-Fahren und Minenausbuddeln wären doch der Renner. Viele Kinder aus nicht-militärischen Elternhäusern würden flehentlich krähen: "Papiii, Mamiii, warum seid ihr nicht beim Bund!?" Der Fritz von der Soldatenfamilie nebenan hatte letztens seine Mom in die Luft fliegen sehen. Jetzt ist er der Held im Kindergarten.

Dass es mit der Menschenfreundlichkeit der GroKo im zivilen Sektor noch nicht so ganz klappt, musste die Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) schmerzlich erfahren, als ihr kühner Vorschlag, für Eltern die 32-Stundenwoche einzuführen, pauschal abgebügelt wurde. Immer-noch-Regierungssprecher Steffen Seibert ließ im Namen seiner Chefin kühl ausrichten, sie habe da lediglich einen "persönlichen Debattenbeitrag" gebracht. Damit war die Diskussion vom Tisch. Wahrscheinlich müssen junge Eltern künftig eben die Uniform anziehen, um optimale Bedingungen für die Nachwuchs-Aufzucht zu genießen. Die Armee als Kinderparadies hätte dann auch weniger Rekrutierungsprobleme. Die Ursel denkt durchaus strategisch.


Wolfgang Blaschka, München
 



Quelle:  Erstveröffentlichung bei RATIONALGALERIE > Artikel
 

 

Bildnachweis:

 

1. Karikatur mit Panzer: Kostas Koufogiorgos © , Stuttgart - klick


2. Bundeswehrsoldaten durchsuchen ein Haus im Ortskampf. Foto: amera Operator: SSGT MARIA J. LORENTE, USAF. Quelle: Wikipedia Commons. Diese Datei ist ein Werk eines Mitarbeiters der Streitkräfte der Vereinigten Staaten oder des Verteidigungsministeriums der Vereinigten Staaten, aufgenommen oder hergestellt während seiner offiziellen Anstellung. Als amtliches Werk der Bundesregierung der Vereinigten Staaten ist dieses Bild gemeinfrei.


3. Boden-Kontrollstation der Aufklärungsdrohne LUNA (Luftgestützte Unbemannte Nahaufklärungs-Ausstattung). Sie wird von der Firma EMT im bayerischen Penzberg gebaut und von der Bundeswehr in Einsatzgebieten zur Aufklärung eingesetzt, ebenso von Bundespolizei sowie Landespolizeien. Mit Killerdrohnen anderer Hersteller kann Menschenleben geradezu spielerisch ausgelöscht werden - ganz einfach per Joystick. Foto: Michael. Quelle: Wikipedia Commons. Dieses Foto ist gemeinfrei und darf für jedweden Zweck genutzt werden, es sei denn, Bedingungen sind gesetzlich erforderlich.