Vor dem italienischen Referendum
► von Marianne Arens / wsws.org
In einer Woche wird in Italien über die Verfassungsreform von Regierungschef Matteo Renzi abgestimmt. Die Reform sieht vor, das parlamentarische Zweikammersystem abzuschaffen, indem der Senat entmachtet und deutlich verkleinert wird. Die Entscheidungsprozesse im Abgeordnetenhaus sollen einfacher und schneller ablaufen. Hinzu kommt das bereits im vergangenen Jahr verabschiedete neue Wahlrecht „Italicum“, das der stärksten Partei einen massiven Regierungsbonus garantiert und dem Ministerpräsidenten eine wesentlich größere Macht verschafft.
Die Verfassungsreform gilt als Kernstück des Reformprogramms des 41-jährigen Renzi, der im Februar 2014 nach einem internen Putsch in der Demokratischen Partei (PD) die Regierung übernahm und sich bisher nie einer Wahl stellte. Die Ausschaltung des Senats, in dem auch zahlreiche kleinere Parteien vertreten sind, in Verbindung mit dem „Italicum“, das der stärksten Partei automatisch eine absolute Mehrheit der Mandate im Abgeordnetenhaus garantiert, soll Renzi besser in die Lage versetzen, seine neoliberalen Reformen gegen heftige gesellschaftliche Widerstände durchzusetzen.
Die Reform ist offensichtlich ein Schritt in Richtung autoritärer Herrschaft. „Eine so schwerwiegende Reform“, urteilt der britisch-italienische Historiker Paul Ginsborg, „die noch dazu mit dem ‚Italicum‘ einhergeht, verrät die klare Absicht, die politische Macht in Richtung einer Präsidenten-Republik zu verengen, und könnte einen starken Mann an die Macht bringen. Schon dieses Element allein weckt in mir Zweifel an der Reform.“
Um dem Referendum Nachdruck zu verleihen, hatte es Renzi mit seinem persönlichen politischen Schicksal verbunden und wiederholt mit seinem Rücktritt gedroht, falls es scheitern sollte. Zwischenzeitlich hat er sich zwar wieder von dieser Drohung distanziert, doch das Referendum hat eine eigene Dynamik entwickelt und sich in eine Abstimmung über Renzis Politik verwandelt.