#Nordkorea: Wasserstoffbomben zum Geburtstag v. Kim Jong-un

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von Eric S. Margolis


„Beginnen wir 2016 … mit der erregenden Explosion unserer ersten Wasserstoffbombe, so dass die gesamte Welt auf unsere sozialistische, atomar bewaffnete Republik und die große Partei der Arbeit Koreas schauen wird!“ (-Kim Jong-un)

Die Nordkoreaner sind vielleicht glücklich, aber der Rest der Welt ist es sicher nicht. Wie vorherzusehen schäumten die Vereinigten Staaten von Amerika, Japan, Australien und Südkorea vor Wut über die explosiven Nordkoreaner. China blickte finster und brummelte.
 

 

Diese Scheinheiligkeit und Hysterie machten die Finanzmärkte der Welt, die bereits aufgrund der groben Fehler Chinas schwankten verrückt, da uninformierte Investoren es eilig hatten, in die Rettungsboote zu flüchten. Die UNO schüttelte ihr Fäustchen gegen Nordkorea, wobei sie ignorierte, dass die USA, das Vereinigte Königreich, Frankreich, Russland und China allesamt gegen das Verbot von Kernwaffenversuchen aus dem Jahr 1963 verstoßen.

Da gab´s keinen Pieps in Richtung der atomaren Gesetzesbrecher Israel, Pakistan und Indien. Kein Wort darüber, dass die heute aufgeregten Südkorea und Taiwan von der CIA auf frischer Tat bei dem Versuch ertappt worden waren, ihre eigenen Atomwaffen herzustellen.

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Das Weihnachtswunder von #Regensburg: #Domspatzen bringen etwas Licht ins Dunkel des Doms

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von Wolfgang Blaschka, München


Ein Christmetten-Besucher kam am 24. Dezember 2015 doch sehr ins Staunen, als er in den Programmheften wie von Geisterhand eingelegte Informationsblätter fand, die er in der gotischen Kathedrale nie vermutet hätte. Offenbar gab es heimliche Unterstützer der Aufklärung über dunkle Seiten der Domspatzen-Geschichte, von denen die beiden Flugblatt-Verteiler vor dem Dom nichts ahnten. Es wird wohl auf immer ein Geheimnis bleiben, wem sie diese unerwartete Hilfe zu verdanken hatten. Hier ihre Weihnachtsgeschichte:
 

 

Was machen zwei ehemalige Domspatzen ohne familiäre Verpflichtungen, denen man in düsteren Kindheitstagen ihren Glauben gründlich ausgeprügelt hat, an Heiligabend, wenn sie das Bedürfnis haben sich mit den dunkelsten Kapiteln ihrer Vergangenheit auseinander zu setzen und eine Debatte darüber anzustoßen? Sie bereiten sich selbst eine Weihnachtsüberraschung und stellen sich dem lebenslangen Schmerz, indem sie nach Regensburg fahren, zurück an den Tatort, um die Aufklärung zu befördern. Ihr Plan war so schlicht wie bescheiden, die Christmetten-Besucher mit der traurigen Wahrheit über die trüben Traditionen des Domchors zu konfrontieren und zu informieren über den gegenwärtigen Stand der Aufdeckung jahrzehntelanger Verbrechen an dessen Sängern.

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Care Revolution: Schritte in eine solidarische Gesellschaft

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Konzept der Care Revolution


Viele Menschen geraten beim Versuch, gut für sich und andere zu sorgen, an die Grenzen ihrer Kräfte. Was als individuelles Versagen gegenüber den alltäglichen Anforderungen erscheint, ist jedoch Folge einer neoliberalen Krisenbearbeitung. Notwendig ist daher ein grundlegender Perspektivenwechsel – nicht weniger als eine Care Revolution.

Gabriele Winker entwickelt Schritte in eine solidarische Gesellschaft, die nicht mehr Profitmaximierung, sondern menschliche Bedürfnisse und insbesondere die Sorge umeinander ins Zentrum stellt. Ziel ist eine Welt, in der sich Menschen nicht mehr als Konkurrent_iinnen gegenüberstehen, sondern ihr je individuelles Leben gemeinschaftlich gestalten.

aus dem Vorwort:

Sorgearbeit, meist von Frauen geleistet und häufig nicht entlohnt, nimmt als Thema meiner wissenschaftlichen und politischen Tätigkeit seit vielen Jahren einen großen Raum ein. Mir geht es darum, ihre Organisation im Kapitalismus und die damit verbundenen sozialen Ungleichheiten zu verstehen und zu benennen. Dabei wird mir immer klarer, dass gerade in Zeiten der neoliberalen Individualisierung jegliche politische Initiative Menschen als soziale Wesen mit ihren Bedürfnissen nach Kooperation, Unterstützung oder Zuwendung ernst zu nehmen hat. Entsprechend stelle ich den Wunsch, für sich und andere zu sorgen und selbst Sorge zu erfahren, ins Zentrum meines Transformationsvorschlags.

Meine Hoffnung ist, dass sich in diesem Konzept der Care Revolution viele Sorgearbeitende treffen und gemeinsam Schritte gehen können. Daraus kann sich die konkrete Utopie einer solidarischen Gesellschaft entwickeln, mit sicherlich spannenden und überraschenden Wendungen.

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Crash, Krieg oder Bürgerkrieg: Was erwartet uns #2016?

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Von Ernst Wolff / Autor des Buches „Weltmacht IWF- Chronik eines Raubzugs“


Die meisten Menschen werden in diesen Tagen des Jahreswechsels von einem Gefühl unbestimmter Zukunftsangst beherrscht. Sie spüren, dass unsere Gesellschaft an einem Punkt angekommen ist, an dem es so wie es bisher nicht weitergehen kann. Höchste Zeit also, einmal Bilanz zu ziehen und eine Standortbestimmung vorzunehmen.


Wie sind wir in die gegenwärtige Lage geraten?

Die Welt, in der wir leben, hat sich in den vergangenen Jahren von Grund auf verändert. Der alles entscheidende Wendepunkt war die Krise von 2007 / 2008. Nach über drei Jahrzehnten der Deregulierung des Finanzsektors hatte ausufernde Spekulation zu riesigen Schuldenblasen geführt. Der Zusammenbruch des kreditgetriebenen US-amerikanischen Häusermarktes ließ eine davon zerplatzen und trieb internationale Großbanken, Versicherungen und Konzerne rund um den Globus in den Ruin.  
 

 

Anschließend zwangen die hinter diesen Institutionen stehenden Investoren die Politik, die bankrotten Unternehmen nicht abzuwickeln, sondern im Zuge der größten Vermögensumverteilung in der Geschichte der Menschheit mit Hilfe von Steuergeldern am Leben zu erhalten. Den arbeitenden Menschen, die die für diesen „Bail-out“ (englisch aus der Klemme helfen bzw. Rettungsschirm) notwendigen Summen erwirtschaftet hatten, wurde erklärt, das Ganze geschehe zu ihren Gunsten, denn die geretteten Unternehmen seien „too big to fail“ („zu groß, um sie zusammenbrechen zu lassen“)

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Es ist anscheinend an der Zeit: DIE ZEIT endlich abzubestellen

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von Wolfgang Blaschka, München


Wenn ein vermeintlich liberales Blatt, mit dessen Papierkeule man schon immer die eigene Oma erschlagen konnte, vor allem mit der Wochenend-Ausgabe, wenn also DIE ZEIT einen befremdlichen Artikel von Heinrich Wefing lanciert, in dem offen der "starke, der wirkmächtige Staat" gefordert wird in der trügerischen Hoffnung, dass dieser doch bitte nicht allzu autoritär ausfallen möge, dann ist es an der Zeit darüber nachzudenken, wieweit die Hysterie weiter Kreise des Klein- und Bildungsbürgertums gediehen ist.

Tatsächlich klingt die Beschwörung wie ein Bittgesuch an die Verbrecher im Bundesnachrichtendienst (BND), die Haudegen bei der Bundeswehr und die Zugriffs-Fanatiker in den Polizei-Apparaten, doch endlich klar Schiff zu machen und das Ruder entschlossen zu übernehmen.

  • Als müsste man denen das noch extra sagen!
  • Als hätten die Spitzel vom Verfassungsschutz nicht schon ausgiebig von Paris profitiert mit Stellenzuwachs, als wäre die Bundeswehr in Afghanistan nicht gerade erst aufgestockt worden.
  • Als müssten die Damen und Herren in den olivgrünen Strampelanzügen mit den geschulterten Maschinenpistolen noch deutlicher, noch entschiedener, noch zahlreicher in den Bahnhöfen herumlungern, völlig sinnlos zwar, aber überstundenschwanger bis zum Burnout!

Dass sie die Nazibrut in Heidenau nicht in den Griff bekommen haben, lag nicht an personeller Unterbesetzung, sondern am laschen Einsatzkonzept der sächsischen Polizeiführung. Dass die rechtsradikale Schildträgerin, die durch die Medien geisterte, nicht identifiziert wurde, lag offensichtlich am mangelnden Fahndungswillen der Staatsschutzbehörden. Wenn eine Polizei so etwas nicht vermag, dann sollte sie in ihrem absichtlichen Unvermögen nicht noch stärker aufgerüstet, sondern radikal von rechtem Personal gesäubert werden.

Viele Polizisten waren gegen Nazis sträflich geduldig.

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NATO-Krieg in der Türkei: Deutsche AWACS-Flieger gegen Russen und Kurden

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von Ulrich Gellermann, Berlin


Die NATO ist doch immer für eine krachende Sylvester-Rakete gut: Jetzt sendet sie AWACS-Maschinen von ihrem deutschen Stützpunkt in den Krieg der Türkei. Vorbeugend teilt ein Sprecher des deutschen Kriegsministeriums, dem die AWACS-Flugzeuge unterstehen, auf die Schnelle mit: Dafür brauche man kein Bundestagsmandat, denn die Militärmaschinen sollen nur zur Erstellung des Luftlagebildes beitragen. Außerdem sei derzeit kein Einsatz von Waffengewalt zu erwarten. Und um den verlogenen Unsinn zu komplettieren, wird noch betont: Der Islamische Staat habe keine eigenen Luftstreitkräfte - und das syrische Regime werde voraussichtlich keine eigenen Militärflugzeuge gegen die Türkei einsetzen.

Ein bisschen Wahrheit muss sei: Natürlich gibt es weder IS-Kampfflugzeuge noch syrische Maschinen im türkischen Luftraum. Wenn es um die ginge, dann könnte die AWACS-Besatzung also zu Hause bleiben. Doch es geht um die Lage-Beobachtung des syrischen Luftraums, der bis zu einer Tiefe von 400 Kilometern von den AWACS-Systemen kontrolliert werden kann. Und da die NATO die Flugdaten ihrer eigenen Maschinen – die USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland sind dort bereits im völkerrechtswidrigen Einsatz – genau kennt, geht es um die Spionage gegen syrische und russische Maschinen. Also um die Lieferung feindlicher Daten an die freundlichen NATO-Flugtruppen in diesem Raum.
 

 

Die kranken Hirne in den NATO-Stäben und den deutschen Ministerien verschärfen die brisante Lage in Syrien. Statt sich mit den Russen und Syrern im Kampf gegen den IS zu verständigen, versuchen sie die Kontrolle des Luftraums zu erreichen und produzieren so Daten, die jederzeit auch der gefährlichen Autokratie in Ankara dienlich sind. Exakte Daten über russische Flugbewegungen erleichtern es der Türkei, das nächste russische Flugzeug abzuschießen. Keine Frage, dass ein weiterer Abschuss einer russischen Maschine durch türkische Einheiten – die Mitglied der NATO sind und ihre Angriffsdaten demnächst von AWACS-Flugzeugen beziehen können – den Krieg im irakisch-türkisch-syrischen Raum nur weiter verschärfen würde. Es kann ganz schnell um einen Krieg NATO gegen Russland gehen. Viel näher könnte man einem Weltkrieg kaum kommen.

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Proletariat und Sozialismus kontra Bürokratie und Staatskapitalismus

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Rosa Luxemburg und Wladimir Lenin

von Siegfried Buttenmüller


Am 10. Januar 2016 findet in Berlin wieder die alljährliche Demonstration zu ehren der ermordeten Spartakisten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht statt. Zeitweilig wurde und wird auch versucht, diese Kundgebung zur „Lenin-Demonstration" oder doch zur „Luxemburg-Liebknecht-Lenin-Demonstration" umzufunktionieren.

Zwischen Rosa Luxemburg und Lenin gab es jedoch viele grundsätzliche Kontroversen und Dispute, die in diesem Artikel einmal aufgearbeitet werden sollen.
 

 

In Polen kreuzten sich beider Wege mehrfach, denn Rosa Luxemburg begann ihre politische Aktivität in Ostpolen wo Sie geboren wurde, das damals zum russischen Zarenreich gehörte. So waren beide zeitweilig Mitglied in selbiger Sozialdemokratie Rußlands. Eine der großen Kontroversen zwischen beiden entzündete sich an Lenins Unterstützung für Józef Klemens Piłsudski, die Rosa Luxemburg scharf kritisierte. Jener Pilsudski, der im August 1920 in der Schlacht bei Warschau der Roten Armee der Bolschewiki eine vernichtende Niederlage beibringen sollte und die als militärische Entscheidungsschlacht zwischen „kommunistischen" und „kapitalistischen" Truppen in Europa gesehen werden kann, wie das die Bolschewiki auch getan haben.

Die Ursachen der Niederlage in dieser weltgeschichtlich sehr bedeutenden Schlacht in Polen waren jedoch letztlich nicht militärischer sondern politischer Natur. Politische Fehler und Irrwege wie sie vorher genau in den Differenzen zwischen Luxemburg und Lenin zum Ausdruck kamen, waren ursächlich: Erst unterstützte Lenin das „Selbstbestimmungsrecht" der Polen, nämlich einen bürgerlich kapitalistischen Staat gründen zu dürfen sowie Pilsudski auch persönlich, drehte sich dann aber um 180 Grad und wurde wortbrüchig, indem er versuchte, Warschau von der Roten Armee gegen den Widerstand der Bevölkerung besetzen zu lassen.

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DIE ZEIT ruft nach dem „starken Staat“

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von Johannes Stern / wsws.org/de


In einem langen Artikel mit der provokanten Überschrift „Politische Führung: Darf's auch etwas mehr sein?“ ruft das liberale Wochenblatt DIE ZEIT nach einem „starken Staat“. Tatsächlich handelt es sich eher um einen Schrei. Buchstäblich in jedem Absatz wird dem Leser die zentrale Botschaft des Artikels eingetrichtert: Deutschland braucht wieder einen „starken, durchgreifenden Staat“!

Der Artikel beginnt mit folgenden Worten: „Wenn nicht alles täuscht, erleben wir gerade die Wiederkehr des starken Staates. Man muss nicht lange überlegen, um sich klarzumachen, dass die enormen Aufgaben, die in den nächsten Jahren auf uns zukommen, nicht ohne einen starken Staat gemeistert werden können“.

Nur der „starke Staat“ könne die klassischen Staatsaufgaben „Sicherheit und Ordnung, Recht und Gerechtigkeit“ erledigen. „Die Zivilgesellschaft kann das nicht […], der Markt vermag es nicht, die Algorithmen der digitalen Staatsverächter von Google und Co. können es erst recht nicht, und Europa versagt gerade ziemlich kläglich“, schreibt der Autor des Artikels, Heinrich Wefing.

Im nächsten Absatz erklärt der politische Redakteur der ZEIT: „Alles spricht dafür, dass wir künftig mehr Polizisten brauchen, mehr Richter, mehr Lehrer, vermutlich auch mehr Soldaten und Spione. Und mehr heißt jeweils: viel mehr. Wir reden nicht von einer Handvoll zusätzlicher Sozialarbeiter und Staatsanwälte hier und da, sondern eher von Hundertschaften.“

Und weiter: „Integration, Innere Sicherheit, Intelligence, also Nachrichtengewinnung durch Geheimdienste – das sind die drei großen Aufgaben des Staates in den kommenden Jahren, und sie können nur gelingen, wenn der Staat über ausreichend Mittel verfügt – und sie auch einsetzt.“

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Der Rechtsstaat im Untergrund. (WOLF WETZEL)

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Big Brother, der NSU-Komplex und die notwendige Illoyalität


Autor: Wolf Wetzel

Verlag: PapyRossa Verlag, Köln

ISBN: 978-3-89438-591-0 / 219 Seiten, Preis: 14,90 €

Wolf Wetzel befasst sich mit drei zusammenhängenden Strängen untergründiger Staatsaktivitäten. Der erste handelt von der Aufrüstung im Innern, begründet mit dem 11. September 2001. Der Kontext: Ein andauernder Ausnahmezustand mit immer neuen »Sicherheitsgesetzen« und permanenter Kriegsführung. Der zweite Strang hat sich schleichend in die Geschichte des 21. Jahrhunderts eingeschrieben: Die totale Erfassung und Überwachung der eigenen Bevölkerung, oszillierend zwischen Leugnung und Legalisierung dieser illegalen Praxis.

Der dritte Strang des staatlichen Untergrunds verfolgt die Spur des NSU. Dreizehn Jahre lang konnten nach offizieller Version Neonazis unerkannt morden. Nun verbrennen Akten und sterben Zeugen – Parallelen zum Oktoberfestattentat von 1980 drängen sich auf. Was ist von dem konstatierten Behördenversagen zu halten, wenn keiner, der daran maßgeblich beteiligt war, zur Rechenschaft gezogen wird? Wenn im Gegenteil geheimdienstlichen Anstiftern Straffreiheit per Gesetz garantiert werden soll? Eine Antwort auf all diese Praktiken lautet, zusammenzufinden in der notwendigen Illoyalität.


Einleitung:

»Wir leben in einem Überwachungsstaat« | »Die lügen wie gedruckt« | »Die machen doch eh, was sie wollen« | »Das Parlament ist ein Puppentheater | »Die, die wirklich regieren, werden gar nicht gewählt« …

Viele dieser Sätze stehen für schwere Anzeichen von Verschwörungstheorien, für paranoide Wahnvorstellungen, für indiskutable Unterstellungen. Doch all das, was wir in den letzten paar Jahren geballt erfahren durften, mussten, lässt die allermeisten Verschwörungsfantasien blass aussehen.

Das Buch folgt denen, die von Verschwörungstheorien reden, wenn es um ihre Praxis geht ... wenn alle politisch Verantwortlichen nichts gewußt haben und es trotzdem passiert ... im Fall des NSU, am Beispiel der transnationalen Überwachung durch NSA, GCHQ und deutsche Geheimdienste.

Seit Gründung der BRD spricht man von einer (schwierigen bis notwendigen) Balance zwischen Schutzrechten gegenüber dem Staat und den ›Sicherheitsinteressen‹, wenn es um die Durchsetzung letzterer geht. Doch was passiert, wenn sich diese Balance in ein Fallrohr verwandelt hat? Wenn nicht die Verdächtigen, sondern die Unverdächtigen Basis totaler Erfassung sind, wenn die Auswertung und Verknüpfung digitaler Spuren mehr über uns verrät, als wir selbst über uns wissen?

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Joachim #Gauck: Die echte Weihnachtsbotschaft

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TV-Rede des Bundespräsidenten als Fälschung entlarvt

von Ulrich Gellermann, Berlin


LiebeMitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

in diese Tage der Andacht und der Harmonie mischt sich ein schriller Ton der Fälschung. Unverantwortliche Elemente haben, wie ich vermuten muss, mit Bedacht dem deutschen Fernsehen und der Weltöffentlichkeit eine Rede unterschoben, die angeblich von mir ist, aber doch nur von einem Schauspieler vorgetragen wird. Dort redet ein Mensch, der mir ein wenig ähnlich sieht, aber bei weitem nicht mein Format erreicht. Schließlich bin ich ich und ich bin einmalig, im Sinne von selten, wie seltsam, rar, im Sinne von Rarität.

Durch die Niedertracht dieser Fälschung sehe mich gezwungen, meine echte Originalrede über das Internet in all die weihnachtlich geschmückten Haushalte zu tragen, die mit Recht eine Rede von mir auf dem Gabentisch erwarten.

Tiefe Sorge bewegt mein Herz und die Herzen aller Deutschen. Denn in einer Situation, in der unser Vaterland, mitten in der Weihnachtszeit, vom Terror bedroht ist, wollen immer weniger junge Menschen den so notwendigen Dienst an der Waffe versehen. Wie mir die verehrte Frau Verteidigungsministerin mitteilte, melden sich nicht nur weniger Soldaten für den Ehrendienst, immer mehr verlassen sogar in der Probezeit die Bundeswehr. Soldat auf Probe, welche eine Verkehrung der Verhältnisse, so als ob man einen Krieg probieren könne, wo doch der Krieg selbst eine Probe auf´s Exempel ist: Beispielhaft ist der Krieg jene neue Herausforderung, die dem größer gewordenen Deutschland zu eigen ist, tatsächlich sein neues Wesen ausmacht, ein Wesen, das zur Genesung einer kranken Welt beitragen wird.

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Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte in #Syrien

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Eine verfassungs- und völkerrechtliche Analyse


von Norman Paech / Professor für Verfassungs- und Völkerrecht i.R. der Uni HH


Die Bundesregierung begründet ihren Antrag „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS“ v. 30. 11. 2015 mit dem Selbstverteidigungsrecht gem. Art. 51 UN-Charta und der EU-Beistandsklausel gem. Art. 42 Abs. 7 EU-Vertrag sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des UN-Sicherheitsrats.

1. Die Bundesregierung beruft sich zunächst auf die Beistandspflicht, die der französische Präsident Hollande gem. Art. 42 Abs. 7 von den EU-Mitgliedstaaten eingefordert hat und die ihm am 17. November 2015 auch einstimmig zugesichert worden ist. Dieser Beistand verpflichtet die Staaten jedoch nicht zu einem bestimmten Handeln, geschweige denn zu einer Unterstützung mit militärischen Mitteln. Jeder Staat ist souverän in der Wahl seiner Mittel. Wenn jedoch die Bundesregierung sich zu einem militärischen Einsatz entschieden hat, benötigt sie eine völkerrechtliche Legitimation, die sie in dem Selbstverteidigungsrecht des Art. 51 UN-Charta sieht.
 

 

Sie verweist dazu auf die militärischen Einsätze mehrerer Staaten (USA, Australien, Großbritannien, Frankreich), die bereits seit September 2014 dem „Irak - auf dessen Ersuchen – in Ausübung des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung im Sinne von Art. 51 der Charta der Vereinen Nationen militärischen Beistand leisten“. Die USA haben in der Tat bereits am 23. September 2014[1] dem UN-Generalsekretär Ban Ki-moon ihr militärisches Eingreifen unter Berufung auf legitime Selbstverteidigung angezeigt.

Um auch den Einsatz von Militär in Syrien zu begründen, schreibt die Bundesregierung: „In diesem Zusammenhang werden auch militärische Maßnahmen auf syrischem Gebiet durchgeführt, da die syrische Regierung nicht in der Lage und/oder nicht willens ist, die von ihrem Territorium ausgehenden Angriffe durch IS zu unterbinden.“ Offensichtlich nimmt die Bundesregierung ein kollektives Verteidigungsrecht sowohl zugunsten Syriens als auch Frankreichs in Anspruch. Ein individuelles Selbstverteidigungsrecht, wie es in Kreisen der Koalition[2] und z.B. von den USA[3] und Frankreich wegen direkter Bedrohung durch den IS in Anspruch genommen wird, nimmt die Bundesregierung derzeit nicht wahr.

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Der „Krieg gegen den Terror“ ist ein Irrweg

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Deutschland sollte nicht Kriegspartei werden!


von Sven Lüders / Humanistische Union


Als schweren Fehler und als Verstoß gegen das Völkerrecht hat die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union (HU) das Vorhaben der Bundesregierung bezeichnet, mit der Bundeswehr in den Bürgerkrieg gegen Syrien einzugreifen.

Tornado-Jets, Tankflugzeuge, eine Fregatte und Satellitenaufklärung sollen den Kampf einer internationalen Allianz gegen den „Islamischen Staat“ (IS) unterstützen. "Wieder einmal erliegen die politisch Verantwortlichen der verhängnisvollen Fehleinschätzung, Terrorismus durch Bombardierungen ausrotten zu können“, stellt der Vorsitzende der HU, Werner Koep-Kerstin, fest.

Als überstürzt wird die Reaktion der Bundesregierung auf die Terroranschläge in Paris bezeichnet, weil die Allianz gegen den IS bisher keine gemeinsamen Vorstellungen zur Beendigung des Bürgerkrieges und zur Zukunft Syriens untereinander abgestimmt hat. Die Interventionen in Afghanistan, Irak und Libyen haben aber gezeigt, dass geeignete Exit-Optionen und politisch-wirtschaftliche Strategien unbedingt erforderlich sind, um die weitere Zerrüttung solcher Post-Konfliktstaaten zu verhindern.


Unvereinbar mit dem Völkerrecht

Die Bürgerrechtsorganisation kritisiert darüber hinaus, dass die militärische Intervention in Syrien nicht mit dem Völkerrecht vereinbar ist. Nur der UN-Sicherheitsrat kann nach der UNO-Charta eine bewaffnete Intervention zur Sicherung des Weltfriedens beschließen, nicht aber eine sich selbst mandatierende Staatengruppe, die meint, auf diese Weise zum ius ad bellum, zum „Recht“ mächtiger Staaten zur Kriegsführung, zurückkehren zu können.

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Mutter Teresas „Nächstenliebe“ - der große Bluff

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von Dr. Meinhard Creydt


Angesichts der angekündigten Heiligsprechung von „Mutter Teresa“ lässt sich fragen, was die katholische Kirche faktisch unter Nächstenliebe versteht. Die britische Zeitung „The Guardian“ bezeichnete die Sterbehospize des Ordens von Mutter Teresa als als eine „organisierte Form unterlassener Hilfeleistung“. Einem Bericht über den Orden von „Mutter Teresa“ zufolge stand für ihn „nicht die humanitäre und medizinische Hilfe im Vordergrund, sondern die Missionierung zum katholischen Glauben.“

Zu der häufig geäußerten Kritik an der mangelhaften medizinischen Ausbildung ihrer Mitarbeiter entgegnete sie z.B.: „Nicht der Erfolg, sondern die Treue im Glauben ist wichtig.“ Diese Aussage ist neben vielem anderen Beleg dafür, dass ihr eigentliches Interesse dem Leben nach dem Tode galt, und so wollte sie auch ihre Nonnen nicht als Sozialarbeiterinnen verstanden sehen. Sie sah die Armut und das Leid als gottgegeben an und es ging ihr nicht wirklich darum, das irdische Leid ihrer Patienten zu lindern. Das folgende Zitat gibt in seiner ideologisch eingeschränkten Sichtweise beredtes Zeugnis:

„Es ist etwas sehr Schönes, wenn man sieht, wie die Armen ihr Kreuz tragen. Wie die Passion Christi, ist ihr Leid ein großes Geschenk für die Welt.“

Nach ihrem Tod wurden in den Lagern ihrer Hospitäler große Mengen schmerzlindernder Mittel gefunden, die aus Spenden stammten, die sie aber ihren Patienten vorenthalten hatte. Trotz großer Spendeneinnahmen war die medizinische Versorgung in den Sterbehospizen recht dürftig. Die Ernährung war katastrophal und zuweilen wurde das medizinische Besteck nicht ausreichend desinfiziert. Leicht heilbare Patienten wurden nicht immer in ein Krankenhaus eingewiesen, sondern sie wurden stattdessen zu Tode gepflegt, deshalb spricht „The Guardian“ von „organisierter Form unterlassener Hilfeleistung“.

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Die „Zinswende“: ein kalkuliertes Täuschungsmanöver der #Fed

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Von Ernst Wolff / Autor des Buches „Weltmacht IWF- Chronik eines Raubzugs“

 

Wochenlang hat die Welt darauf gewartet, dass die US-Notenbank Federal Reserve endlich ihr jahrelang verschlepptes Versprechen einlöst, die Leitzinsen zu erhöhen. Am Mittwoch, 16.12. 2015 um 14:00 Uhr Ortszeit New York, war es endlich so weit: Janet Yellen verkündete nach 7 Jahren Nahe-Null-Zinsen eine Erhöhung des Zinssatzes um 0,25 Prozent.
 

 

Yellen begründete den Schritt damit, die Notenbank reagiere auf „beträchtliche wirtschaftliche Fortschritte“. Der Arbeitsmarkt erhole sich zusehends und auch die Lohnentwicklung zeige deutliche Verbesserungen. Die vom Ausland ausgehenden Risiken seien seit dem Sommer gesunken und beim Rückgang des Ölpreises handle es sich um ein „vorübergehendes“ Phänomen.


Selten dreiste Lügen

Selten ist die gesamte Welt in derart dreister Weise angelogen worden. Nicht einer der angegebenen Gründe hat auch nur das Entfernteste mit der Wirklichkeit zu tun. Weder hat die US-Wirtschaft an Fahrt aufgenommen, noch steigen die Löhne, noch hat sich die Situation am Arbeitsmarkt verbessert. Der freie Fall des Ölpreises deutet zusammen mit den weltweit sinkenden Rohstoffpreisen auf einen dramatischen Nachfragerückgang und ist ein Alarmzeichen erster Güte. Trotzdem haben fast alle Mainstream-Medien die positive Reaktion der Aktienmärkte auf Yellens Entscheidung sofort als Bestätigung für die Richtigkeit ihrer Aussagen gefeiert.

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Screenshot #Syrien: Vom Schachspiel zum Poker

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von Kai Ehlers, Hamburg


Die  Schärfe der globalen Spannung, die zurzeit über Syrien lastet, fordert über die Tagespolitik hinaus mehr Beachtung der langfristigen Wirkungen der dortigen Vorgänge. In Kurzem:

„The Grand Chessboard…“[1] nannte Zbigniew Kazimierz Brzeziński sein bekanntestes Buch, in dem er die Strategie der US-Regierung Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts vor aller Welt offenlegte. Essenz der Strategie war: Es dürfe nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, durch den die USA zur einzigen Weltmacht geworden seien, kein neuer Rivale auf dem Globus heranwachsen, der die Vorherrschaft der USA in Frage stellen könne.

An dieser Zielvorgabe ließ sich die US-Politik bis in den Ukrainischen und auch bis in den Syrischen Krieg hinein messen: Unruhe schaffen, um mögliche Rivalen zu schwächen. Hauptadressat dieser Politik war und ist das nachsowjetische Russland als Impulsgeber einer multipolaren Welt.

CIA-Vorgaben aus den Jahren  90/91 des letzten Jahrhunderts, die empfahlen, dem absehbaren Bevölkerungswachstum der ehemaligen Kolonialgebiete wirksam entgegenzutreten, bildeten den nicht-öffentlichen, aber keineswegs geheim gehaltenen Hintergrund dieser Strategie. In den Vorgaben wurde vorgeschlagen dafür zu sorgen, dass die in den ehemaligen Kolonialländern heranwachsenden „Überflüssigen“ (in der Fachsprache der Dienste „Youth-Bulge“, Jugendüberschuß genannt) sich in lokalen Kriegen und Bürgerkriegen gegenseitig dezimieren.[2]


Die Partie stagniert

Diese 91er Strategien, sagen wir es vorsichtig, haben sich überlebt. Die Jahrzehnte der einsamen US-Vorherrschaft wie auch der ebenso einsamen multipolaren Opposition Russlands dagegen gehen ihrem Ende entgegen. Eine neue Lage hat sich herausgebildet: Vergangen ist die unipolare Welt der scheinbar unaufhaltsamen neoliberalen Globalisierung, die sich nach Ende des Kalten Krieges unter der Dominanz der USA entwickelte hatte. Auch die der Globalisierung vorangegangene systemgeteilte Welt mit ihren leicht erfassbaren Freund-Feind/Sozialismus-Kapitalismus-Schablonen liegt weit zurück und ist nicht wiederholbar – auch nicht als Krieg der Kulturen.

Entstanden ist eine globale Gemengelage gegenläufiger, sich auf vielfältigste Weise überschneidender Interessen, die sich in wachsender Rivalität gegenüberstehen. Die langfristigen strategischen Optionen der systemgeteilten, ebenso wie die der unipolaren und auch der multipolaren Welt sind nicht vergessen, aber sie schrumpfen zurzeit auf kurzatmige taktische Manöver zusammen. Im Kampf um Ressourcen, globalen Einfluss und mögliche Vorherrschaft ist das Schachspiel aktuell zum Poker verkommen, in dem sich die ‚Spieler‘ in wechselnden Bündnissen gegenseitig belauern, einander zu übervorteilen und ins Risiko zu ziehen versuchen.

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Zombie-Katholiken, #Pseudolinke und #Islamfeinde

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„Wer ist Charlie?“, war die Frage, die der französische Soziologe, Historiker und Autor Emmanuel Todd kurz nach den Anschlägen auf „Charlie Hebdo“ im vergangenen Januar stellte und damit in Frankreich für Furore sorgte. Auch nach dem jüngsten Massaker in Paris ist Todds Werks aktueller denn je. Anhand von knallharten Fakten stellt es sich nämlich nicht nur unbequemen Fragen, sondern beleuchtet auch die Schattenseiten der französischen Gesellschaft.


Von Emran Feroz c/o NachDenkSeiten (NDS)


Emmanuel Todd war schon immer ein kritischer Zeitgenosse. Egal bei welchem Thema, der sympathisch wirkende Mann legte stets seinen Finger auf die Wunde. „Was will der denn schon wieder?“, dachten sich wahrscheinlich viele Franzosen. Doch dann ging Todd zu weit. Nachdem das blutige Massaker in den Redaktionsräumen der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ stattfand und ganz Frankreich vereint gegen den Terror zu sein schien, zog Todd mit seinem neuesten Werk alle Register.

In „Qui est Charlie“ (Deutsche Ausgabe: „Wer ist Charlie? – Die Anschläge von Paris und die Verlogenheit des Westens“) geht Todd der Frage nach, welche Gesellschaftsschicht seines Landes sich tatsächlich mit „Charlie“ identifiziert, sprich, wer waren all die Hunderttausende von Menschen, die sich am 11. Januar, also wenige Tage nach den Anschlägen, auf den Straßen Frankreichs versammelten und an jenem berühmten Trauermarsch teilnahmen? Und wofür demonstrierten sie überhaupt?

Für die französische Gesellschaft ist das Ergebnis, zu dem Todd nicht nur anhand seiner persönlichen Meinung, sondern vor allem mittels Empirie, demografischen Tatsachen und allerlei anderen Fakten kommt, niederschmetternd. So kommt der Autor unter anderem zum Schluss, dass jene, die am 11. Januar für „Charlie“ auf die Straße gingen, nicht die Meinungsfreiheit verteidigen wollten, sondern lediglich ihr „Recht, auf die Religion der Schwachen zu spucken“.


Laizismus als Ersatzreligion

Diese Religion der Schwachen, sprich, der Islam, spielt in Todds Buch eine bedeutende Rolle. So wird unter anderem eingeräumt, dass es einfach nicht fair sei, die Religion einer Minderheit, die permanenter Diskriminierung und systematischer Benachteiligung ausgesetzt sei, zu verunglimpfen. Abgesehen davon ist es für Todd ohnehin mehr als offensichtlich, dass der französische Staat institutionell islamophob sei, was vor allem mit der Tatsache zu tun hat, dass die entchristianisierte Gesellschaft einen Sündenbock, ja, einen neuen Feind benötigt, den sie in Form des Islams gefunden hat.

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Bürgerliches und kriminelles Handeln

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von Dr. Meinhard Creydt


Handeln „nach Recht und Gesetz“ steht in Gegensatz zu kriminellem Handeln. Die bürgerliche Gesellschaft funktioniert normalerweise ohne kriminelles Handeln. Ihre Strukturen und Lebensweise sind zugleich so beschaffen, dass aus ihnen starke Motive für kriminelles Handeln erwachsen. Einige von ihnen skizziere ich in diesem Artikel.


Menschen und Gegenmenschen

Der Vertrag bildet in der bürgerlichen Gesellschaft die Normalform der Geschäftsbeziehungen. Materialiter [dem Wesen nach] sind die Interessen der Vertrags“partner“ oft voneinander verschieden oder einander entgegengesetzt. Im marktwirtschaftlichen Warentausch verfolgen die Teilnehmer ihren Eigennutz, ihren Sondervorteil, ihr Privatinteresse. Bei solcher Motivation für das Sich-Einlassen auf das Interesse des Anderen liegt es nahe, die Verknüpfung des Nehmens mit dem Geben zu lösen und das Nehmen betrügerisch mit dem Schein des Gebens zu erreichen oder es ohne jeden Schein von Reziprozität (auch Prinzip der Gegenseitigkeit) per Gewalt zu erzwingen.

Dem unmittelbaren oder einseitigen Egoismus stehen die Reziprozitätsnorm und die Achtung der rechtlichen und staatlichen Voraussetzungen des Systems der Marktwirtschaft entgegen. Sie überwinden allerdings nicht die Ursachen, die aus Kooperation eine antagonistische Kooperation machen: Auf Märkten bildet „die wechselseitige und allseitige Abhängigkeit der gegeneinander gleichgültigen Individuen ihren gesellschaftlichen Zusammenhang“ (Marx 1974, 74). Jeder hat an dieser Wechselseitigkeit Interesse nur, „soweit sie sein Interesse als das des andren ausschließend, ohne Beziehung darauf, befriedigt. Das heißt, das gemeinschaftliche Interesse, was als Motiv des Gesamtakts erscheint, ist zwar als fact von beiden Seiten anerkannt, aber als solches ist es nicht Motiv, sondern geht sozusagen nur hinter dem Rücken der in sich selbst reflektierten Sonderinteressen, dem Einzelinteresse im Gegensatz zu dem des andren vor“ (Ebd., 155f.).

Willkür bzw. die Durchsetzung des eigenen Zwecks ohne die Anerkennung des anderen Subjekts mit seinen Zwecken macht nicht den Regelfall der Transaktionen aus. Der Verzicht auf kurzfristige Vorteilsnahme, Übervorteilungen, Vertragsverletzungen oder offene Gewalt, aber bereits auch die Achtung der staatlichen Infrastrukturen der Marktwirtschaft (inklusive steuerlicher Abgaben) resultieren aus einem Kalkül: Im Unterschied zu einer Raub- und Abenteuerwirtschaft lassen sich die Privatinteressen in dauerhaften und gesicherten Bahnen langfristig ertragreicher befriedigen.

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Sag Nein: keine Daten für die #Bundeswehr. #Widerspruch ist möglich und nötig!

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Städte und Gemeinden geben der Bundeswehr die Namen und Adressen von jungen Menschen, die demnächst volljährig werden. Diese schickt dann an diese Adressen Werbe- und Informationsmaterial zum Dienst in der Bundeswehr.

 

Dies geschieht aufgrund von § 58c des Soldatengesetzes

 

Übermittelt werden jeweils bis zum 31. März die Daten zu Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die im Jahr darauf volljährig werden. Der Zwang zum Kriegsdienst ist zwar ausgesetzt, so dass junge Männer deutscher Staatsangehörigkeit seit 2011 nicht mehr zwangsweise gemustert, einberufen und einer Gewissensprüfung unterworfen werden. Ausgesetzt heißt aber nicht abgeschafft. Der Zwang tritt im Spannungs- und Verteidigungsfall  automatisch wieder in Kraft.

 

Alle Männer sind gemäß § 1 Wehrpflichtgesetz ab dem 18. Lebensjahr wehrpflichtig.

Neu ist, dass auch die Daten weiblicher Jugendlicher erfasst und der Bundeswehr übermittelt werden, um zu versuchen, sie für den Kriegsdienst anzuwerben.

 

TIPP: Allerdings ist es möglich, dieser Datenübermittlung an die Bundeswehr rechtzeitig zu widersprechen oder die Löschung der Daten zu verlangen - und damit ein Zeichen gegen Krieg und für Frieden zu setzen.

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#Bildungswahn? – Ausbildungswahn! Mit der Zeugung beginnt das Training.

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von Prof. Dr. Peter Kern


Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG titelte am 13.11.2011: „Bildungswahn“. Bettina Weiguny stellt fest: „Eltern investieren so viel Geld wie nie in ihre Kinder. Und glauben doch nicht, dass sie es schaffen. Irgendetwas ist hier krank.“


Was ist passiert?

Sie sind im Stress, Eltern wie Kinder, Lehrerinnen und Lehrer sowieso. Sie alle sind im Bildungsstress. Ohne schulische Karriere keine Zukunft, ohne Abitur kein lebenswertes Leben. Seit dem von der OECD verordneten PISA-Schock im Jahre 2000 glaubt die Öffentlichkeit zu wissen, dass das deutsche Bildungssystem nichts taugt. Von diesem Glauben profitieren unzählige Bildungsgremien, Bildungsanbieter, Bildungsmessen, Bildungsforscher und Bildungspolitiker. Sie alle produzieren eilfertig Bildungsprofiteure, vor allem aber Bildungsopfer.
 

 

Die alte Volksschule ist längst Vergangenheit. Als Hauptschule ist sie verkommen zur allseits verpönten Restschule. In ihr verwahrlosen die Loser unseres Bildungssystems, also all die Leistungsverweigerer aus bildungsfernen Unterschichten, allen voran die integrationsresistenten Migrantenkinder. So lauten jedenfalls die veröffentlichten undifferenzierten Urteile. Für jeden bildungswilligen Vater, für jede bildungswillige Mutter sind folglich diese als stumpfsinnig und aggressiv abgestempelten Bewohner unserer Problemschulen ein Graus. „Um Himmels willen, dort darf mein Kind nicht hängenbleiben!“

Insbesondere die Mittelschichteneltern zittern und bangen. Kaum sind sie selbst aufgestiegen, schon droht ihren eigenen Kindern der Verlust des mühsam errungenen sozialen Platzes in der Mitte der Gesellschaft. Man hofft, ihn durch Bildung sichern zu können. Und schon bricht eine nie dagewesene Bildungshysterie aus, die sich zur Bildungspanik aufschaukelt. Alles wird getan, um den eigenen Nachwuchs fit zu machen für die erbarmungslosen Kämpfe in den ökonomischen Marktarenen.

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Schuldlos mit Mundlos: Das deutsche Hascherl Beate #Zschäpe

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von Wolfgang Blaschka (WOB), München


Als "Terror-Braut" geisterte sie durch die Presse, immer nur von hinten abgebildet. Die Jagd auf ihr Gesicht geriet zum Medien-Hype. Monatelang hatte die Angeklagte im NSU-Mordprozess geschwiegen, drehte den Medienvertretern und dem Publikum den Rücken zu und ließ sich auf keinen Blickkontakt mit den Nebenklägern ein. Mit ihrem Verteidiger-Trio Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm hatte sie sich längst verkracht. Am 249. Verhandlungstag endlich lässt sie ihren pennälerhaft wirkenden vierten Pflichtverteidiger Mathias Grasel eine 53- Seiten-Erklärung verlesen. Insgesamt hat sie fünf Anwälte. Richter Götzel wollte da keinen Spielraum für Revisionsgründe lassen.
 

 

Als sie Grasel für sich sprechen lässt, ist es vorbei mit dem fahlen Nimbus, den sie in rechtsradikalen Kreisen möglicherweise noch genossen haben mag. Sie stellt sich als schlicht gestricktes Frauchen dar, das keine Ahnung haben wollte vom außerhäuslichen Treiben ihrer beiden Mords-Männer, mit denen sie in Wohngemeinschaft lebte. Was die so trieben, will sie wie so viele deutsche Ehefrauen nicht gewusst haben. Nur böse Ahnungen sollen sie beschlichen haben, wenn sie davon tags darauf in der Zeitung las.
 
Gleichwohl hegte sie einen bösen Verdacht. Doch war sie eine treue, ordentliche Hausfrau: „Ich hatte gelegentlich eine Pistole in den Schrank geräumt, wenn sie herumlag. Ich gewöhnte mich daran, ab und zu eine herumliegende Pistole gesehen zu haben. Akzeptiert habe ich es nie.“ Waffen hat sie natürlich nicht beschafft, nur weggeräumt. Was ein gutes Hausmütterchen halt so tut.

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#SPD: Pax Americana. Ein Parteitag der Unterwerfung

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von Ulrich Gellermann, Berlin


Da war doch was? Richtig, sie hatte jüngst noch gezuckt - die SPD-Leiche. Als immerhin 28 der 193 sozialdemokratischen Abgeordneten im Bundestag NEIN zum Bundeswehr-Einsatz in Syrien sagten. Für einen Moment erinnerte man sich an eine SPD mit einem linken Flügel, an eine SPD, die mal gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik war und auch gegen die NATO-Mitgliedschaft. Doch die kurzen Zuckungen gemahnten nur wenig später an das Huhn, dem man den Kopf abgeschlagen hat und das danach einfach weiter flattert.

Auf dem SPD-Parteitag entschied sich dann "eine große Mehrheit" lieber für den Blindflug deutscher Tornados in den Syrien-Krieg. Immerhin, die SPD-Rest-Linke Hilde Mattheis stellte die intelligente Frage: „Wissen wir eigentlich, wie wir aus diesem Konflikt wieder raus kommen?“
 

 

Dumpfes Schweigen war die Antwort auf die linke Delegierte. Über den Kriegs-Einsatz durfte nicht einmal abgestimmt werden. Er wurde von einem lärmenden Versprechen des SPD-Chefs Gabriel übertönt, der vielleicht dann abstimmen lassen will, wenn sich deutsche Bodentruppen in die syrische Schlächterei einmischen sollten. Eine Vorahnung hätte die Delegierten beschleichen können: Wenn Gabriel schon jetzt eine Abstimmung über deutsche Panzer in Syrien vorgaukelt, dann ist zwar die Abstimmung noch fern, aber die Bodentruppen sind näher als gedacht. Macht nichts, sagt sich der Durchschnitts-Delegierte, zupft an seiner Krawatte und träumt sich in die nächste Besoldungsgruppe: Ministerialdirigent kann er werden. Das verträgt sich nicht mit Widerspruch.

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Die Profiteure von #Paris. #Geheimdienste haben nichts verhindert

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von Wolfgang (WOB) Blaschka, München


Seit den Bombenanschlägen von Freitag, dem 13. November, gilt einmal mehr der Ausnahmezustand. Nicht nur in Frankreich über drei Monate, sondern auch in Belgiens Hauptstadt, örtlich auch in Deutschland. In Hannover wird ein Länderspiel abgesagt, am Hauptbahnhof ein Gepäckstück in die Luft gesprengt. Blinder Alarm: Ein Ingenieur hatte seinen Werkzeugkoffer vergessen. Der Innenminister „beruhigt“ die Bevölkerung mit dem Spruch, Details könne er nicht nennen, da „Teile der Information die Öffentlichkeit beunruhigen“ könnten. In München erstürmt ein Sonderkommando ein Hotel. Blinder Alarm: Ein iranisches Ehepaar hatte noch eine Camping-Gaskartusche von der Flucht im Gepäck. So ging es an vielen Orten mit blindem Alarmismus.
 

 

Bayerns Innenminister muss eingestehen, einem Irrtum aufgrund von Namensgleichheit aufgesessen zu sein. In St. Denis feuerte die Polizei 5000 Schuss aus Maschinenpistolen auf ein Türschloss, bevor sich drei Personen dahinter in die Luft sprengten; angeblich sei darunter einer der Drahtzieher von Paris. Brüssels Innenstadt wurde komplett abgeriegelt, die Metro tagelang stillgelegt, 16 verdächtige Personen verhaftet; die angeblich gesuchte nicht darunter.

Den Schülern wird die falsche Lehre vermittelt, Terrordrohungen seien gut für Schulfrei, Hysterie rette vor Hausaufgaben. Die wurden nie gemacht. Die Vorstadt-Dschihadisten kamen nicht von Irgendwo, sondern aus dem kalten Herzen Europas, aus den tristen Banlieues rund um Paris und Brüssel – ausgegrenzt, vernachlässigt, missachtet. Hätte Hollande tatsächlich im Rachefuror die Herkunftsorte der Kids treffen wollen, wären statt Syrien die Peripherie von Paris und die Gemeinde Molenbeek-Saint-Jean in der Hauptstadt Europas zu bombardieren gewesen.

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Feuer am Fuss - Die Maeva-Trilogie.

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Der Untergang unserer Zivilisation im Zeichen des kollabierenden kapitalistischen Systems


Abgrundtief realistisch und dennoch voller Hoffnung – dies ist das Motto von Dirk C. Flecks Maeva-Trilogie, welche die schrecklichen Folgen unserer zerstörerischen Lebensweise schildert, jedoch nicht ohne denkbare Auswege aus dem drohenden Dilemma aufzuzeigen. »Feuer am Fuß« schildert die fürchterlichen Zustände, die uns das zusammenbrechende kapitalistische System bescheren wird. Kurz: Der Roman handelt vom Untergang unserer Zivilisation, der sich auf vielfältige Weise seit geraumer Zeit ankündigt.

Aber wie in den beiden Vorgängerromanen hält Fleck auch hier das Prinzip Hoffnung hoch. In vielen gebeutelten Regionen der Erde entwickelt sich inmitten des Ökozids ein neues Bewusstsein, das von den ausschwirrenden Vertretern der Urtraditionen spirituell unterfüttert wird. »Feuer am Fuß« ist eine literarische Hochrechnung, zu der es nicht einmal sonderlich viel Fantasie brauchte.

»Feuer am Fuß« ist ein Roman, der ohne Erklärungen auskommt. Es handelt sich um eine literarische Hochrechnung, die jeder, der seine Augen einigermaßen offen hält, sofort nachvollziehen kann. In dem Roman geht es um nichts weniger als den Zusammenbruch unserer Zivilisation, die in ihren Grundfesten bereits heute stark erschüttert wird.

Im Jahre 2035 aber wächst angesichts der globalen Katastrophe in manchen Regionen der Erde ein neues Bewusstsein heran, das die Menschen wieder in Verbindung bringt mit der Schöpfung. Das ist die ganze Geschichte dieses Buches. Allerdings treten einige seiner Protagonisten hier nicht zum ersten Mal auf.
 

 

Der Journalist und Schriftsteller Fleck lebt in Hamburg und ist Autor bei Equilibrismus, einem sozio-ökologisches Wirtschaftskonzept, das bereits vorhandene nachhaltige Lösungsansätze aus den Bereichen Wirtschaft, Ökologie und Gesellschaft miteinander verbindet. Equilibrismus bedeutet Gleichgewicht und leitet sich ab vom lateinischen Wort aequilibrium (aequus = gleich, libra = Waage).

Das Projekt Equilibrismus ist umfassender als die Maeva-Trilogie, die jedoch als hervorragender Impulsgeber funktioniert. Die Bücher bringen uns auf den Geschmack, sie machen eine bessere Welt sinnlich erfahrbar, wie Dirk C. Fleck in seinem Vorwort schreibt. Sie lassen uns diese mögliche zukünftige Welt fühlen und spüren. Dabei betreiben sie keine Schönfärberei, weil sie die negativen Entwicklungen ebenso hochrechnen wie die positiven. Das Fantastische an diesen Romanen ist, dass ihre praktische Umsetzung schon möglich wäre, weil alle technischen und sozialen Lösungsvorschläge, von denen die Rede ist, heute schon vorhanden und anwendbar wären. Sie werden von den kapitalen Interessen nur erfolgreich blockiert – zu unser aller Schaden. Was wir jedoch sofort umsetzen könnten, und dazu rufen diese Bücher eben auch auf, ist ein anderer Lebenswandel, einer, der den Verzicht zum Gewinn macht, der keine Scheu hat, die spirituelle Essenz, über die wir verfügen, auch zu benutzen – zum Wohle der ganzen Gemeinschaft.
 

 

Wir müssen endlich verstehen, dass wir es nicht mit Fehlern im System zu tun haben, sondern mit einem fehlerhaften System. Deshalb ist es dringend notwendig, dass wir aus diesem System ausbrechen, um ein völlig neues Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell aufzubauen – im Einklang und Symbiose mit den Naturregeln. Wir wollen einen Modellversuch wagen, mit dem wir den Schritt weglenken von der globalen Monopolisierung hin zur globalen Bio-Regionalisierung. Das Projekt soll als Präzedenzfall dienen, der durch seine positive Dynamik beweist, dass es sehr wohl Alternativen zu dem zerstörerischen System gibt, das heute alles Leben auf diesem Planeten zutiefst bedroht. Wann, wenn nicht jetzt, wollen wir damit beginnen, dem Wahnsinn Einhalt zu gebieten und dem Leben wieder eine Chance zu geben?

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Syrien – Gipfel der Souveränität

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von Kai Ehlers, Hamburg


So wie es vom Gipfel aus abwärts geht – oder im hohen Flug in ungesicherte Gefilde, so geht es vom Krieg in Syrien aus in die endgültige Beseitigung des Prinzips des souveränen Nationalstaats – oder zu deren grundlegender Neubestimmung.

Schauen wir, was da auf dem syrischen Schlachtfeld zusammenläuft:

Die westlichen Alliierten intervenieren in Syrien mit dem Ziel den gewählten Präsidenten zu stürzen. Nach der Souveränität des Landes wird nicht gefragt. Aber mit Baschar al-Assads politischem und physischen Überleben erreicht die Interventionspolitik des westlichen Blocks ihren erkennbaren Höhen- und Wendepunkt.

Die Türkei, Syrien, Iran, der Irak verhindern im Namen ihrer jeweiligen nationalen Souveränität eine kurdische souveräne Nationenbildung. Das ist Inanspruchnahme und Zerstörung des nationalen Souveränitätsprinzips in einem Zug.

Israel, Palästina, der Libanon, Jordanien, Irak, Ägypten, Libyen, Tunesien und weite Gebiete Afrikas bilden ein wildes Gewürfel von Staaten, deren Souveränität als Nationalstaat von innen und von außen in Frage steht oder schon zerstört ist. Saudi Arabien, Katar und Kuwait, auch die Türkei dulden die Expansion eines „IS“, der sich ausdrücklich nicht als Nationalstaat, sondern als nicht durch Grenzen zu definierenden Gottesstaat versteht, fördern ihn gar unter der Hand. Hier entsteht ein rechtsfreier, an keinerlei völkerrechtliche Kodifizierung gebundener Raum.

Die Europäische Union schließlich, um das Problem auch von der Seite der herrschenden Kräfte her anzuschauen, fällt angesichts der Auswirkungen des syrischen Krieges und vor dem Hintergrund des eingefrorenen Ukrainischen Kriegsgeschehens in die nicht überwundenen nationalen Sonderinteressen ihrer Mitglieder zurück. Diese Entwicklung konterkariert alle öffentlichen Einheitsbeteuerungen aus der Europäischen Union. Es scheint, dass die „klassische“ Politik-Regel, nach der eine äußere Bedrohung den inneren Zusammenhalt festigt, im Fall der EU ins Gegenteil umschlägt.

Allein Russland besteht auf diesem Kampffeld darauf, dass das Grundprinzip der nationalen Souveränität gewahrt werden müsse. Für den Einsatz seiner Bomber auf syrischem Gebiet holte Russland sich das Einverständnis Assads.

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Soldaten! Verweigert den Syrien-Befehl! Wer seinem Land treu dient, sagt NEIN

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von Ulrich Gellermann, Berlin


AN DIE SOLDATEN DES SYRIEN-KOMMANDOS

"Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr mir Gott helfe." (Gelöbnis der Bundeswehr)

Soldaten!

Ihr habt geschworen, der Bundesrepublik treu zu dienen. Jetzt will man Euch in einen Krieg senden, der diesem Schwur widerspricht. Das gilt für die kämpfenden Einheiten ebenso wie für die nachgeordneten Dienste.

Dieses Kommando widerspricht jeder Vernunft, jeder militärischen Einsicht und allen Gesetzen, die Euren Dienst betreffen.

Euer Einsatz wird von der Regierung mit der "Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen" begründet. Ihr wisst, dass Euer Kommando in Afghanistan die gleiche Begründung hatte. Und Ihr wisst auch, dass nach 14 Jahren dieses Auslandseinsatzes der Terror nicht geringer sondern nur mehr geworden ist.

Auch der von den USA geführte Krieg im Irak wurde mit der Terror-Bekämpfung begründet und hatte doch nur mehr Terror und Terroristen zur Folge.

Euer Schwur mahnt Euch zur Verteidigung unseres Landes. So wie auch das Grundgesetz im Artikel 87a Euch ausdrücklich nur zur Verteidigung verpflichtet. Was auch immer erzählt wird: Es gibt kein UNO–Mandat für den Einsatz in Syrien.

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Globale #Klimagerechtigkeit heißt auch Bezahlung konkreter #Klimaschulden

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von Dr. Helmut Selinger c/o Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.


Die globale Klimabewegung hat schon seit Jahren die weltweite Klima-Ungerechtigkeit thematisiert. Damit ist die Tatsache gemeint, dass die Haupt-Leidtragenden des anthropogenen Klimawandels viele Länder des globalen Südens sind, die selbst kaum zum Problem des Klimawandels beigetragen haben.

Andererseits sind besonders die industrialisierten Länder des globalen Nordens mit ihren viel zu hohen CO2-Emissionen meistens wesentlich weniger von den negativen Folgen des Klimawandels betroffen.
 

 

Bisher wurde der Gedankengang einer globalen Klimagerechtigkeit zwar häufig formuliert, jedoch oft nur in Sonntagsreden. Es wurde fast nie eine praktikable Methode angegeben, wie eine relevante und konkrete Kompensation nach dem Prinzip einer globalen Klimagerechtigkeit aussehen könnte. So lange es jedoch nur bei einer allgemeinen Forderung bleibt, ist dies folgenlos. Deshalb sollte die Forderung nach Anerkennung und Bezahlung konkret bezifferbarer und transparent nachvollziehbarer Klimaschulden als Ausgleich zwischen dem globalen Norden und Süden eine Antwort der weltweiten Klimabewegung sein, die ethisch geboten ist.

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#Bundeswehreinsatz in #Syrien: Und der Plan dahinter?

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Eine Analyse des Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.


Der Bundestag hat entschieden. Deutsche Soldaten werden nach Syrien entsandt, um im Kampf gegen den sog. Islamischen Staat (IS) mitzuwirken, wenn auch hinter den eigentlichen Frontverläufen. So soll die Bundeswehr mit einer Fregatte und mit Aufklärungsflügen der Anti-IS-Koalition aus dem Hintergrund heraus Unterstützung liefern. Dennoch stellt der Beschluss die deutsche Außenpolitik, und auch die Innenpolitik, wie wir gleich aufzeigen werden, vor neue Herausforderungen.

Zunächst einmal stellt sich nun für Deutschland die Frage, mit welcher Strategie gegen den IS in Syrien vorgegangen werden soll? Die Bundesrepublik ist zwar ihrem engsten Partner Frankreich nach den grausamen Anschlägen von Paris mit dieser Entscheidung zur Seite gesprungen. Doch gerade Deutschland muss sich beim Kampf gegen die Terrororganisation IS einige wichtige Fragen stellen.


Deutsche Waffen gegen die internationale Koalition?

Wie geht man damit um, dass Deutschland Teil einer internationalen Koalition ist, die den Kampf gegen eine Organisation führt, welche u.a. mit deutschen Waffen ausgestattet ist? Mit dieser Frage muss sich die Politik in Berlin wohlmöglich auseinandersetzen. Denn es besteht kein Zweifel daran, dass Saudi-Arabien, einer der wichtigen Abnehmer der deutschen Waffenproduktion, zu den Hauptunterstützern des IS gehört. Es kann wohl kaum jemand garantieren, dass der Islamische Staat mittlerweile nicht auch mit deutschen Waffen für sein Kalifat und gegen die „Ungläubigen“ in Syrien und im Irak kämpft.

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Klimaflüchtlinge werden zum Haupttreiber künftiger Migration

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von Fred Schmid c/o Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.


Rückversicherungen decken Risiken von Erstversicherungen aus Großereignissen ab, etwa Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Erdbeben, Waldbrände. Grundlage für ein renditeträchtiges Geschäft ist dabei eine möglichst exakte Berechnung von Risiken und Wahrscheinlichkeiten aller Art. Weltgrößter Rückversicherer ist die Munich RE, ihre wissenschaftlich fundierten Prognosen gelten als sehr treffsicher. Seit geraumer Zeit analysiert sie auch die wahrscheinlichen Auswirkungen des Klimawandels.

Munich RE-Chef Nikolaus von Bomhard zur aktuellen Flüchtlingswelle und den zu erwartenden Klimaflüchtlingen: „Ich fürchte, wir sehen bislang lediglich die Spitze des Eisbergs. Schon jetzt sind etwa 60 Millionen Flüchtlinge weltweit unterwegs. Die Zahl wird steigen, wenn es nicht gelingt, die stetig zunehmenden Konflikte in so vielen Ländern einzudämmen, und wenn der Klimawandel voranschreitet. Der Klimawandel hat das Potenzial, zu einem Haupttreiber künftiger Wanderbewegungen zu werden“ (Spiegel, 24.10.15).

UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres prognostizierte bereits 2009 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen, dass der Klimawandel in naher Zukunft zum Haupttreiber für Bevölkerungswanderungen werde. Nach Greenpeace sind schon heute mehr als 20 Millionen Menschen auf der Flucht vor den Auswirkungen des Klimawandels. Da sie als Klimamigranten eingestuft werden und nicht unter die Kriterien der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) fallen, sind sie nicht in den UNHCR-Flüchtlings-Statistiken enthalten. Wobei sich die Fluchtursachen häufig überlappen, in sich verstärkende Wechselwirkung treten. Darauf weist Entwicklungsminister Gerd Müller hin: „Es ist kaum bekannt, dass Syrien in der Zeit von 2006 bis 2011 unter der schlimmsten Dürre seit 100 Jahren litt. Kenner der Region sagen, dass diese Dürre ein Brandbeschleuniger in der Syrienkrise war“ (HB, 1.11.15).

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„Nach Paris ist alles anders“?

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Angst-, Aufrüstungs- und Kriegsreflexe nach den Terroranschlägen in Paris


Nichts gelernt in Sachen Terrorursachen und „Terrorbekämpfung“!?


von Dr. Rolf Gössner


„Nach Paris ist alles anders“, hören wir seit den grauenvollen Anschlägen am 13. November. Stimmt das? Tatsächlich frage auch ich mich nach jedem großen Anschlag: Muss ich etwa manches widerrufen, zumindest in Frage stellen, was ich bisher Staatskritisches enthüllt und publiziert habe: etwa über unkontrollierbare Geheimdienste oder über heillose Neonazi-Verflechtungen des „Verfassungsschutzes“ oder über Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Terrorbekämpfung? Doch jedes Mal komme ich zur Überzeugung, dass die Kritik berechtigt bleibt, weil im Spannungsverhältnis Freiheit und Sicherheit auch die politischen Probleme und Reaktionsmuster im Kern gleich geblieben sind - auch dieses Mal, trotz Art und Dimension der grauenvollen Massaker, trotz aller Betroffenheit und Trauer.


I. Fatale Aufrüstungsdynamik mit hohem Gewaltpotential


Und so erleben wir auch dieses Mal wieder die altbekannten sicherheitspolitischen und medialen Reflexe: Neben der Beschwörung „unserer westlichen Werte“ erschallt der immer gleiche hilflose Schrei nach dem starken Staat: nach abermaligen Gesetzesverschärfungen, nach verfassungswidrigen Militäreinsätzen im Inland, nach weiterer Polizei- und Geheimdienst-Aufrüstung, nach noch mehr Überwachung der Bevölkerung. Gerade Geheimdienste erhalten wieder enormen Auftrieb - trotz ihrer Riesenskandale, Ineffizienz und Kontrolldefizite. Insgesamt also eine fatale Aufrüstungsdynamik mit hohem Gewaltpotential, bedrohlicher Kriegsrhetorik, nun auch noch mit völkerrechtswidrigem Militäreinsatz der Bundeswehr in Syrien – Reaktionen mit unkalkulierbaren Risiken, aber ganz im Sinne des sog. Islamischen Staates, der sich zu den Anschlägen bekannte und sich von einer solchen Gewalteskalation neue Terrorhelfer aus und in Europa erhofft.

Sage und schreibe fast 90 Prozent der Bevölkerung sowohl in Frankreich als auch in Deutschland befürworten wieder verschärfte Sicherheitsmaßnahmen im Inland (ARD-Umfrage), sind also bereit, abermals Freiheitsrechte für vermeintlich mehr Sicherheit zu opfern. „Angst ist das Schmieröl der Staatstyrannei“ – es ist diese bittere Erkenntnis, die uns warnen und veranlassen sollte, uns der politisch-medialen Angstmacherei, dem Überwachungswahn, jedem Angriff auf die Bürgerrechte und jeder Kriegstreiberei zu widersetzen.

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#Rüstungsaktien profitieren vom #Terror

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von Fred Schmid c/o Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.


Kaufen, wenn die Kanonen donnern, war Bankier Lord Rothschilds Aktientipp. Heute müsste es genauer heißen: … wenn die Bomben knallen. Seien es die Sprengstoffgürtel der Terroristen oder die Bomben aus den Flugzeugen der Staatsterroristen über Syrien, Afghanistan und Jemen oder die Jahre davor Libyen und Irak. Aus jedem dieser Bombenkrater kriechen neue al-Kaida- und IS-Kämpfer, die ihre mörderische Botschaft inzwischen bis in die westlichen Hauptstädte tragen. Dies wiederum forciert dann den „Krieg gegen Terror“, in den westliche Regierungschefs sofort ziehen. Eine endlose Spirale!

Mit ihr drehen auch die Kurse der Rüstungsaktien nach oben. Das Branchenbarometer Dow Jones US Defense Index stieg nach den Attentaten von Paris mit zwei Prozent plus deutlich stärker als der Marktdurchschnitt mit 0,4%. Der US-Defense legte in diesem Jahr schon um 16 Prozent zu, der S&P 500 im gleichen Zeitraum nur um ein Prozent (FAZ, 20.11.15). Vor allem die Öl-Staaten Saudi-Arabien und Katar, die einen unerbittlichen Krieg im Jemen führen und ein sehr zwielichtiges Verhältnis zu al-Kaida und IS haben, melden neuen Bedarf an Waffen an, dem der Westen willfährig nachkommt.

Drei Tage nach Paris ratifizierte das US-Außenministerium den Verkauf von computergesteuerten Bomben und anderen Waffen an Saudi-Arabien. Deutschland genehmigte bereits vor Wochen den Export von Kampfpanzern und Panzerhaubitzen an Katar. Heckler & Koch wurde vom Bundessicherheitsrat ein Millionendeal zur Ausfuhr von Kleinwaffen in den arabischen Raum genehmigt. Auch „Rheinmetall profitiert vom Krieg“ überschrieb die FAZ (6.11.15) einen Artikel über die Rüstungssparte des Konzerns. Nach den Anschlägen von Paris machte die Aktie einen Kurssprung von fast fünf Prozent. Insgesamt war der Rüstungsumsatz in den ersten drei Quartalen um 17 Prozent gestiegen und wird im vierten Quartal nochmal einen Satz nach oben machen.

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Ballern ist balla-balla. #Bundeswehr schießt auf #Grundgesetz

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von Wolfgang (WOB) Blaschka, München


Das Kabinett hat getagt, das Kabinett hat beschlossen, die Bundesregierung dekretiert: Jetzt ist Krieg. Das Parlament diskutiert, das Parlament beschließt, der Bundestag nickt die Kriegserklärung ab. Das Mandat ist so gut wie sicher. So geht Demokratie in Zeiten des Kriegsterrors: Der Terrorkrieg hat Vorrang vor allen widersprechenden Tatsachen, vor aller Logik, vor Recht und Gesetz.
 
Keine fremde Macht, kein Staat noch irgendeine andere Kraft haben Deutschland angegriffen, auch nicht einen seiner Verbündeten. Paris wurde von Franzosen und Belgiern mit blutigen Attentaten in Angst und Schrecken versetzt. Der daraufhin hastig verhängte französische Ausnahmezustand soll nun auf Deutschland und andere EU-Staaten übergreifen, zumindest jener chronisch um sich greifende geistige Notstand auf die Gehirne der Regierenden andernorts, die jeden Funken Vernunft auszuschalten imstande sind.
 

 

Die wollen und sollen nun Terror mit Krieg vergelten gegen ein Land fernab, in dem Bürgerkrieg herrscht, mithin Krieg und Terror. Es scheint als wolle man ein Feuer mit Brandbeschleunigern bekämpfen. Es ist als sollte man den Amoklauf einiger Durchgeknallter in einem Gymnasium dadurch beenden, dass man die Grundschulen ringsum, aber auch in weiter entfernten Stadtvierteln mit Bomben belegt. Denn verrückte Grundschüler könnten dereinst in das betroffene Gymnasium übertreten und schlimme Dinge veranstalten. Man züchtet den Terror mit vorgeblicher Terror-Prophylaxe. Man befeuert den Krieg mit noch mehr Krieg. Dem IS ist das gerade recht!

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Alternativlos in den syrischen Krieg? Den #Terrorismus besiegen?

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von Kai Ehlers, Hamburg


Wenn die deutsche Bundesregierung der deutschen Bevölkerung erzählen will, es gebe keine Alternative zum Kriegsbeitritt der Bundeswehr in Syrien – was ist das? Dummheit? Lüge? Schamloser Opportunismus?

Man mag es kaum zum x-ten Mal wiederholen, was selbst die Strategen des von George W. Bush 2001 losgetretenen „Krieges gegen den Terrorismus“ inzwischen eingestehen mussten: dass der von den USA geführte „Krieg gegen den Terror“ den Terror erst zur globalen Geißel hat werden lassen, und zwar in doppelter Weise: als staatlichen Terror und in der Entstehung dessen, was sich heute „IS“ nennt sowie anderer verstreuter Milizen.

Wie dumm muss man also sein zu glauben, jetzt könne das gelingen, was in den zurückliegenden fünfzehn Jahren des Anti-Terror-Kriegs nicht gelungen ist: dem  „IS“ Terror, wie angekündigt, mit einem Krieg gegen ihn „den Boden zu entziehen“.

Diesem Phänomen des Globalismus, das mit der apokalyptischen Todesbereitschaft seiner ihm aus diversen Krisengebieten zuströmenden Kämpfer  und Kämpferinnen in den Endkampf um die Rettung der Welt zieht, ist mit Armeen, die ihre Soldaten und ihre Tötungsmaschinen als Verlust verbuchen, nicht beizukommen. Die Welten dieser beiden Truppen klaffen, obwohl in ihrer Gewaltbereitschaft deckungsgleich, zu weit auseinander, als dass sie sich gegenseitig vernichten, geschweige denn retten könnten.


Neue Formen des Krieges

Es offenbart sich in dem ungleichen Kampf eine neue Form des Krieges, die den irregulären Partisanenkampf der Vergangenheit in einer Welt, die von der technischen Funktion ihrer Apparate abhängig ist, auf das Niveau einer unkontrollierbaren Revolte gegen das Funktionieren dieser Apparate führt. Diese Revolte trägt die Züge eines Kreuzzuges gegen eine aus dem Ruder laufende technische Zivilisation. Diese Revolte zieht umso mehr Kräfte an, je unmenschlicher die Zivilisation in Erscheinung tritt.

Jede Bombe, welche die territoriale Bindung des Terroristen vernichtet, streut ihn mit neuem Schub über den Globus aus. Mit herkömmlicher nationalstaatlich gewachsener Mentalität, die sich darin ausdrückt, dem Terror den territorialen Rückzugsraum entziehen zu wollen, ist dessen totalem Weltbild, das keine irdischen Grenzen und Regeln, keine Nation und keine Kultur außer den eigenen pseudoreligiösen Endzeitvorstellungen anerkennt, nicht beizukommen.

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Die weltweite #Einkommensverteilung: Die letzten 40 Jahre und die Perspektiven

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von Franz Garnreiter c/o Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.


Bis vor wenigen Jahrzehnten war die weltweite Einkommensverteilung noch “in Ordnung“, sie entwickelte sich in den bekannten Bahnen: hier die reichen Länder mit einem hohen Durchschnittseinkommen, dort die armen Länder (als “Dritte Welt“ bezeichnet) mit einem niedrigen. Und dieser Abstand reich – arm stieg seit Jahrhunderten beständig an.

Seit 20 Jahren allerdings wird dieses vertraute Bild durch neue Nachrichten gestört: Hohe Zuwachsraten für Luxusautos in Peking, Nairobi, Tallinn. Spitzen-Quadratmeterpreise für Wohnanlagen in den Hauptstädten sehr armer Länder. Besonders starke Zunahme der Anzahl der Millionäre und gar der Milliardäre in China, Indien und anderswo, sogar empor strebende Mittelschichten. Die spektakulärsten Wolkenkratzer, Brücken usw. werden im Süden der Welt gebaut. Und auf der anderen Seite: Steigende Arbeitslosigkeit und ganz besonders steigende Langzeitarbeitslosigkeit in den reichen Ländern. Anstieg der Anzahl der US-Amerikaner, die von weniger als 2 Dollar pro Tag leben müssen, auf 1,5 Millionen: plus 130 % zwischen 1996 und 2011. Für 15 % der US-Amerikaner gilt die Lebensmittelversorgung als nicht gesichert, trotz Lebensmittelmarken. Die Säuglingssterblichkeit in den USA liegt höher als in vielen Entwicklungsländern. Das UNDP, das Entwicklungsprogramm der UNO, schreibt dazu: “Man kann behaupten, dass es einen ‘Süden‘ im Norden und einen ‘Norden‘ im Süden gibt“. Und: “An die Stelle eines Zentrums aus Industrieländern und einer Peripherie von weniger entwickelten Ländern tritt ein komplexeres und dynamischeres Umfeld“.

Was ist da los? Den Hintergrund für den Zerfall der bisherigen “Ordnung“ in der Verteilung von Einkommen und Lebenschancen bildet die Neugestaltung der Weltwirtschaft in den letzten Jahrzehnten:

  • Den Kern der Globalisierung bilden die fortschreitende wirtschaftliche Öffnung der Länder für internationalen Handel und Kapitalverlagerungen und die daraus resultierenden Erfolge der großen multinationalen Konzerne, weltweit die günstigsten Produktionsmöglichkeiten und -standorte für sich zu nutzen. In diesem Rahmen ergreifen einige große Schwellenländer, China vornedran, ihre Chance, wirtschaftlich aufzuholen; sie wollen sich nicht mehr mit einer Marginalrolle in der Weltwirtschaft abfinden. Den meisten Ländern aus der “Dritten Welt“ gelingt das allerdings nicht, viele von ihnen fallen sogar zurück.
  • Reiche mächtige Länder sehen angesichts ihres niedrigen Wirtschaftswachstums der letzten Jahre/Jahrzehnte ihren Vorsprung und ihre Macht und Überlegenheit in Gefahr geraten, v.a. ihren gesicherten Rohstoffbezug und ihre Absatzgebiete. Sie versuchen mit allen einsetzbaren Mitteln, vom Festlegen der Weltwirtschaft und des Welthandels auf ihnen günstig erscheinende Regeln bis hin zum Einsatz von Militärgewalt, ihre Vormacht aufrecht zu erhalten. Dazu gehört auch die Konzentration ökonomischer Ressourcen (Einkommen und Vermögen) an der Spitze (von “Kriegskasse“ sprechen die Konzerne). Die Steuerpolitik ist ein probates Mittel hierfür.
  • Beide Entwicklungen führen zur Durchdringung der Ökonomien aller Länder mit Markt und Marktmacht, mit Konkurrenzsiegen und Chancenlosigkeit. Das führt zur Frage: Wo sind die Gewinner der Globalisierung zu finden und wo die Verlierer? Was ist mit den Milliarden Menschen in den schwachen, kleinen armen Ländern, und was ist mit den vielen Hundert Millionen, die in den reichen Ländern immer weniger mit der Konkurrenz mithalten können? Die Länder werden in die Weltwirtschaft integriert, es gibt keine abgetrennten isolierten Ökonomien mehr, und gleichzeitig werden Menschen ausgegrenzt: durch Arbeitslosigkeit, prekäre Jobs, ungesicherte Existenz, niedriges Bildungsniveau.

Das isw diskutiert diese Fragen – Wie sieht die weltweite Einkommensverteilung aus? Wie hat sie sich entwickelt? Was sind wichtige Faktoren, die sie gestalten? Was sind ihre Perspektiven? – ausführlich in einem im November 2015 erschienenen Bericht, dem isw-forschungsheft 5: Globale Einkommensverteilung. Entwicklung seit 1980 und Perspektiven. Die folgenden Ausführungen beruhen auf den Ergebnissen dieses Heftes.

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#Griechenland: Total-Ausverkauf der Banken

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SYRIZAS jüngster Betrug am griechischen Volk
 

Von Ernst Wolff / Autor des Buches „Weltmacht IWF- Chronik eines Raubzugs“

 

Fast unbemerkt von der internationalen Öffentlichkeit ist es in den vergangenen Wochen in Griechenland zu einem der größten Vermögenstransfers in der jüngeren Geschichte des Landes gekommen. Gegenstand der Aktion waren die vier griechischen Großbanken. Einvernehmlich handelnde Akteure waren die SYRIZA-Regierung und die Quadriga aus dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB), der EU-Kommission und Europäischem Stabilisierungsmechanismus (ESM). Verlierer war einmal mehr die arbeitende Bevölkerung Griechenlands, die um viele Milliarden Euro erleichtert wurde.

 

 

Erste Meldungen im Oktober 2015 ließen bereits aufhorchen. Die europäischen Partnerländer, so hieß es, müssten weit weniger Geld für die Rettung der vier griechischen Großbanken aufwenden als bis dahin angenommen. War im sogenannten „Hilfspaket“ für Griechenland vom Juli 2015 noch eine Summe von bis zu 25 Mrd. Euro für die Bankenrettung vorgesehen, so bezifferte die Europäische Zentralbank (EZB) den Kapitalbedarf der vier Institute nach einem Stresstest Ende Oktober plötzlich nur noch mit 14,4 Mrd. Euro. Mitte November hieß es dann, ganze 5,7 Mrd. Euro würden für die Bankenrettung ausreichen. Angesichts der sich kontinuierlich verschlechternden Situation der griechischen Wirtschaft musste man sich fragen: Was geht hier vor?

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Darum sollte man #Daesh statt #IS oder #ISIS sagen

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von Michael Sapper


Nach dem Terroranschlag in Paris kam die Bezeichnung "Daesh" auf. Viele Menschen in Deutschland fragten sich, was damit gemeint ist. Wir erklären das Wort und sagen, warum es sogar besser ist als IS.

In den vergangenen Tagen ist in den Medien öfter die Bezeichnung "Daesh" im Zusammenhang mit den Attentaten von Paris aufgetaucht. Viele werden sich gefragt haben: Was soll das denn bedeuten? Auf diese Frage finden Sie hier Antworten.


Was bedeutet Daesh konkret?

Im Grunde ist Daesh nur eine akronyme Verwendung für IS beziehungsweise ISIS. Speziell französische Medien und Regierungsvertreter bezeichnen die Terroristen des Islamischen Staates mit diesem Titel. Hintergrund: IS hat sich den Namen selbst gegeben. Daesh hat eine stark abwertende Bedeutung. Daesh ist die Abkürzung der arabischen Entsprechung von "Der Islamische Staat im Irak und der Levante" - gesprochen "Al-Daula al-Islamija fil-Irak wal-Scham". Aus den ersten Buchstaben ergibt sich das Wort Daesh oder, weil es im Arabischen keinen Unterschied zwischen "e" und "i" gibt, Daish. Übrigens: "Levante" bezeichnet das historische Syrien, das in etwa dem heutigen Staatsgebiet Syriens sowie dem Libanon, Israel und den Palästinensergebieten und Jordanien entspricht.


Warum lehnt der IS die Bezeichnung Daesh ab?

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Dem #Konsumismus trotzen! Das Abseits als wirtlicher Ort

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von Prof. Dr. Marianne Gronemeyer


Die Überschrift, die dieser Vortrag nach einigen Vorüberlegungen gefunden hat, ist womöglich zu kämpferisch geraten für das, was ich sagen will. Das ›trotzige‹ Aufbegehren, zu dem in der ersten Zeile aufgerufen wird, passt nicht recht zu dem ›Abseits‹, das sich in der zweiten als ›wirtlicher Ort‹ empfiehlt. Sie scheinen einander sogar auszuschließen. Ich aber will für das Abseits plädieren. Vielleicht sollte also an der Stelle des Ausrufungszeichens besser ein Fragezeichen stehen.

In seinem Vorwort zu der Aufsatzsammlung „Schulen helfen nicht“ („Celebration of Awareness“), die Ivan Illich 1969 erstmalig publizierte, schreibt der  deutsch-US-amerikanischer Psychoanalytiker, Philosoph und Sozialpsychologe Erich Fromm: „Weder diese Aufsätze, noch ihr Verfasser bedürfen einer Einleitung. Wenn trotzdem Ivan Illich mir die Ehre erwiesen hat, mich um eine Einleitung zu bitten, und wenn ich das gern übernommen habe, so scheinen wir dabei beide gedacht zu haben, eine solche Einleitung sei eine Gelegenheit, einer gemeinsamen Haltung und Überzeugung Ausdruck zu geben, obwohl einige unserer Ansichten beträchtlich auseinandergehen. Auch die Auffassung des Verfassers ist heute nicht mehr immer die gleiche wie zu der Zeit, als er im Laufe der Jahre bei verschiedenen Anlässen diese Aufsätze schrieb. Im Kern seiner Einstellung ist er sich jedoch treu geblieben, und in diesem Kern stimmen wir überein.“
 

 

Warum beziehe ich mich auf dieses eher entlegene Textstück Erich Fromms und nicht auf eines seiner zentralen großen Werke? Weil sich hier die beiden bedeutendsten Lehrer, denen ich in den siebziger Jahren begegnet bin, gemeinsam zu Wort melden. Ihnen beiden verdanke ich die wichtigsten Anstöße, die mich veranlassten, mich über den Konsumismus zu entsetzen, als über ein Unheil, das in den 70er Jahren nicht erst heraufzog, sondern bereits in vollem Gange war, ohne dass ihm bis dahin viel Aufmerksamkeit gewidmet wurde.

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Das Dogma der Systemrelevanz - Too big too fail

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von Helmut Schnug


Die Sicherung der Systemrelevanz aller Instrumente, die dem Erhalt des herrschenden neoliberalen extrem kapitalbetonten Prinzips dient, ist oberste Kampfstrategie bei sämtlichen Profiteuren und ihren Handlangern. Wir haben es hier mit dem typischen Totschlagargument "There Is No Alternative", dem TINA-Prinzip der neoliberalen Demagogen zu tun, die uns einreden wollen, daß es keine anderen relevanten sachlichen Alternativen gäbe.

Merke: Es gibt immer eine oder mehrere Alternativen – wer anderes behauptet, ist ein Scharlatan!

Es bleibt festzuhalten, dass niemand eindeutige Kriterien für das Vorliegen von Systemrelevanz benennen, geschweige denn z. B. den Fall der seit 2009 verstaatlichte deutschen Bankenholding "Hypo Real Estate Holding AG" (HRE) unter diese Kriterien subsumieren kann. Systemrelevanz ist ein inhaltsleerer Begriff, der den Mitgliedern der politischen Klasse, gleich ob Ministerialbeamten oder Wissenschaftlern im Staatsdienst, nur dazu dient, dem politisch Gewollten den Anstrich von Seriosität zu verleihen. Ehrlicher wäre es allemal, wie die US-Amerikaner schlicht von „Too big to fail“ zu sprechen. Mit dieser Wendung wird jedenfalls nicht verschleiert, daß dem politischen Handeln Umstände zugrunde liegen, die nichts mit den Interessen der Bürger zu tun haben.

Wer „Systemrelevanz“ zum Dogma erhebt, muß sich die Frage gefallen lassen: Relevanz ja – aber bitte schön für wen?
 


► Systemrelevanz für kriminelle Finanzpraktiken?

Die Banken sollen gerettet werden, weil sie angeblich „systemische Bedeutung“ haben. Sonst würde die Volkswirtschaft zusammenbrechen, heißt es. Doch diese Darstellung ist sogar nach Ansicht etablierter Ökonomen wie Willem Buiter (ehemals u.a. Professor an der London School of Economics, seit Januar 2010 Chefvolkswirt des US-amerikanischen Finanzdienstleisters Citigroup Inc.) und dem Finanzprofessor Luigi Zingales (University of Chicago) ein „billiges Schauermärchen“. Damit werden die unwissend gehaltenen Gewerkschaften und die Bevölkerung erpreßt.

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Flüchtlinge – „an die Wurzel gehen…“

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von Kai Ehlers, Hamburg


Inzwischen mag man es kaum noch aussprechen: Den Ursachen, warum Menschen zu Zehntausenden und in zunehmender Zahl ihre Heimat verlassen ist nicht mit Aufforderungen an die Türkei, die Grenzen zu schließen, ist nicht mit schnellerer „Abfertigung“ an den Grenzübergängen, selbst nicht mit Reduzierung der deutschen „Willkommenskultur“ durch Leistungskürzungen für die Flüchtlinge u.ä. beizukommen, sondern …ja, wo hört man, wo liest man etwas über dieses „Sondern“ Flüchtlinge – „an die Wurzel gehen…“

Selbstverständlich muss den Menschen, wenn sie einmal hier sind, geholfen werden. Man lässt ein Kind ja schließlich nicht im Bade ertrinken, wenn es einmal hineingefallen ist. Darüber kann es „eigentlich“ keine zwei Meinungen geben. Man kann es sich auch ersparen, den Abgründen nachzugehen, die sich hinter dem Wörtchen „eigentlich" auftun. Es findet sich bei gutem Willen und warmem Herzen immer ein Plätzchen, um das Kind in Sicherheit zu bringen. Es finden sich, anders gesagt, allen Unkenrufen über die selbstsüchtige Jugend und die selbstzufriedenen Alten in Deutschland zum Trotz immer noch Tausende Menschen, die bereit sind, den nach Hoffnung auf ein ruhigeres Leben lechzenden Flüchtenden zu helfen.

Hier liegt, auch wenn das Geschrei über die angebliche Überforderung Deutschlands zurzeit sehr schrill klingt, nicht das Problem. Zu anderen Zeiten hat man noch ganz andere Opfer gebracht und Deutschland hat es überlebt.

Das Problem liegt in der schamlosen Unverfrorenheit, mit der die Regierenden der Bevölkerung das Auffangen der Flüchtenden aufbürden – während sie zur gleichen Zeit fortfahren – und das noch in zunehmendem Maße – ehemalige Kolonien, heute selbstständige Nationalstaaten, über Kredit- und Schuldenpolitik in Abhängigkeit und unter Druck zu halten, deren lokale Wirtschaften mit subventionierten Dumping-Exporten zu strangulieren und letztlich, wenn daraus Revolten hervorgehen, militärisch zu intervenieren – ganz zu schweigen von den Waffenexporten in die so entstandenen Krisengebiete.

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Zwischen Amok und Alzheimer

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Zur Sozialpsychologie des entfesselten Kapitalismus


von Wolfgang Lieb (ehem. Mitherausgeber und Autor der NDS)


Vorspann von Joke Frerichs: Götz Eisenberg ist ein kritischer Beobachter des Alltagslebens im gegenwärtigen Kapitalismus. Seine Beobachtungen hat er in Form einer Collage zu essayistischen Fragmenten verdichtet. Mit großer Sensibilität nimmt er Alltagsphänomene wahr, an die zu gewöhnen er sich strikt weigert. So unterschiedliche Erscheinungen wie Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr; die Entwicklung des Gesundheitswesens zur Gesundheitsindustrie; der zeitgenössische Handywahn; Formen der Brutalisierung wie Messerattacken, Amokläufe oder Massaker; Praktiken des Social Sponsoring durch eine Fastfood-Kette oder die Rolle der Psychiatrie im System des Neoliberalismus sowie die Zerstörung sozialer Orte der Begegnung, wie der Wochenmarkt in seiner Heimatstadt, stellen für ihn Symptome einer Gefährdung demokratischer Errungenschaften dar. (Joke Frerichs)

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Der Titel des Buches ist für den Autor kein bloßes Wortspiel: "Er versucht ein Kontinuum von Möglichkeiten anzudeuten, mit denen Menschen auf die Verhaltenszumutungen der Gegenwart reagieren. Am einen Ende steht der Rückzug in den inneren Nebel der Demenz, am anderen der wütende Frontalangriff des Amoklaufs, der am liebsten die ganze Welt in den eigenen Untergang mitreißen möchte. Wer über das Begriffspaar stolpert und denkt, Amok und Alzheimer gehörten inkompatiblen Sphären – Amok der sozialen, Alzheimer der biologischen – an, dem sei gesagt: Auch Krankheiten sind soziale Phänomene, die uns etwas über die Gesellschaft verraten, in der sie zur Massenerscheinung werden. Die Demenz ist nicht einfach eine Krankheit in einer gesunden Umgebung: Sie verbreitet sich in einer Gesellschaft, die in ihrer Grundstruktur auf Vergessen gestimmt ist." (32f.)

Damit ist bereits angedeutet: Der Autor belässt es nicht bei der Beschreibung von Phänomenen; er versucht stets, seine Alltagswahrnehmungen zu reflektieren und deren gesellschaftliche Ursachen herauszuarbeiten. Das entspricht seinem Verständnis von Theoriebildung in der Tradition Peter Brückners. Demnach soll diese "nicht länger ausschließlich oder überwiegend am Schreibtisch stattfinden; erkannt werde auch auf der Straße und durch kritische Beobachtung des Alltagslebens der Menschen. Die intellektuelle Durchdringung gesellschaftlicher Phänomene erfordere nicht nur Lektüre und theoretische Begriffe, sondern die empirische Beobachtungsschärfe des Ethnologen."

An einigen Beispielen soll die phänomenologische Vorgehensweise des Autors dargestellt werden. So setzt er sich überaus kritisch mit dem Sachverhalt der Vernetzung auseinander. Gut vernetzt zu sein, wird mittlerweile als eine positive Eigenschaft einer Person angesehen; ja, es ist geradezu ein Gradmesser für deren soziale und politische Bedeutung geworden. Er wundert sich "über die Leidenschaft, mit der die Leute gegenwärtig ihre Vernetzung und Selbstenthüllung via soziale Netzwerke betreiben … Orwell hätte sich eine derartige freiwillige Datenabgabe und Offenlegung noch der intimsten Lebensbereiche in seinen schlimmsten Alpträumen nicht vorstellen können, und alle großen Diktatoren haben von solchen Überwachungs- und Kontrollmöglichkeiten nur träumen können." (11)

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Die Terror-Manipulation

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Jens Wernicke (NDS ) im Gespräch mit Conrad Schuhler (isw München) 


Die Schüsse am 7. Januar [2015] waren kaum verklungen, da wurden der Weltöffentlichkeit bereits die Täter präsentiert. Ein von den Profikillern im Tatfahrtzeug vergessener Personalausweis wies die entscheidende Spur. Von da an war klar: „Wir“, wir alle – wir sind die Opfer dieser Aggression gegen unsere Werte, unsere Kultur, unsere Zivilisation. Ob arm, ob reich, ob jung oder alt, ob Bomberpilot oder Antifaschist – unser aller national-kulturelles Kollektiv würde nun zusammenhalten und vereint der äußeren Gefahr ins Auge sehen müssen, die so rücksichtslos und barbarisch mordet, wie es „uns“ nicht einmal im Traum einfiele. Erinnern Sie sich?

Der Autor Conrad Schuhler ebenso. In seinem soeben erschienenen Buch „Alles Charlie oder was“ (PapyRossa, September 2015) skizziert er das Attentat auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ sowie die hierauf einsetzende Medienhysterie als „Manöver übler islamfeindlicher Propaganda“ und nahezu perfekte Manipulation. Jens Wernicke sprach mit ihm.


Jens Wernicke: Gerade erschien Ihre Analyse zu den Anschlägen in Paris, die anhand dieser vielen wichtigen Fragen der Zeit nachgeht, vor allem aber den Umgang der Mächtigen und Medien mit diesem Ereignis kritisiert. Wie haben Sie die Anschläge auf die Redaktion von Charlie Hebdo erlebt? Und wie die anschließende Medienredaktion? Irgendetwas hiervon brachte Sie, nehme ich an, dann ja dazu, hierüber ein Buch verfassen zu wollen…


Conrad Schuhler: Die Toten in Paris waren noch nicht bestattet, da hatten sich auch in Deutschland bereits Publizisten aller Art in Positur geworfen: Wir alle sind Charlie, wir Journalisten werden auch weiterhin unter Lebensgefahr für Meinungsfreiheit, Wahrheit und die Verteidigung der demokratischen Werte in Europa kämpfen. So trompete unter anderen der Herausgeber des Handelsblattes. Der Chef der Springer-Konzerns, Döpfner, ernannte den 7. Januar, den Tag der Pariser Attentate, zum neuen „9/11“, dem Beginn des „Kampfes gegen den Terrorismus“ nach dem verheerenden Anschlag auf das World Trade Center in New York. Und die Spiegel-Redaktion trat in voller Mann- und Frauschaftsstärke vor die Kamera und reckte Plakate in die Luft: Je suis Charlie.

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Steigende #Aktienkurse bei #VW: Die Perversität unseres Finanzsystems

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Von Ernst Wolff / Autor des Buches „Weltmacht IWF- Chronik eines Raubzugs“

 

Mitte September deckte die US-Umweltschutzbehörde die kriminellen Machenschaften des VW-Konzerns bei der Manipulation von Abgaswerten auf. Die ersten Meldungen von 11 Mio. betroffenen Fahrzeugen deuteten bereits an, dass VW vor den größten Problemen stand, mit denen sich ein Autokonzern je auseinandersetzen musste.

Inzwischen haben die Hiobsbotschaften weiter zugenommen: Das deutsche "Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur" (BMVI) hat mittlerweile bekannt gegeben, dass auch Millionen in Europa zugelassene Volkswagen von dem Skandal betroffen sind. Die amerikanische Umweltschutzbehörde "Environmental Protection Agency" (EPA) wiederum hat die Weltöffentlichkeit Anfang November darüber informiert, dass auch bei den Automarken Audi und Porsche manipuliert wurde.
 

 

Die jüngsten Tiefschläge kamen aus Südkorea und Kalifornien. Zunächst verurteilte das südkoreanische Umweltministerium VW zu einer Geldstrafe von 11,6 Mio. Euro und verlangte den Rückruf von 125.000 Dieselfahrzeugen bis zum 6. Januar 2016. Dann teilte die kalifornische Umweltbehörde mit, sie setze Volkswagen, Audi und Porsche eine Frist von 45 Tagen, um einen Rückrufplan für die betroffenen Fahrzeuge einzureichen.

Der finanzielle Schaden für den Konzern lässt sich derzeit noch nicht einmal annähernd abschätzen. Die Umrüstung der Fahrzeuge wird Milliarden verschlingen, und die Strafzahlungen, die allein in den USA drohen, werden zurzeit mit 18 Mrd. Dollar beziffert. Volkswagen hat bisher ganze 6,5 Mrd. Euro für diese Zahlungen zurückgestellt.

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Der Deutsche #Terror: Ein brauner Haufen stinkt zum Himmel

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von Uli Gellermann / RATIONALGALERIE


Rundherum wächst nach den Anschlägen in Paris die Terror-Hysterie. Schon wird der Einsatz der Bundeswehr in Syrien erwogen. Angeblich, um Deutschland vor dem Terror zu schützen. Anderswo wächst Moos über den Terror. Gezählte 416 Anschläge auf Flüchtlinge gab es bis zum Oktober dieses Jahres allein in Deutschland. Brandanschläge, Schüsse, Molotowcocktails, Attentate aller Art.

Der Staat hat zwar ein Gewaltmonopol, übt es aber nur sehr selektiv aus. Trügen die Anschläge das Etikett "Islam", hätte der Polizeiapparat längst die Backen aufgeblasen, wäre die Bundeswehr im Gerede zum Schutz der Asylbewerber-Heime. Doch das einschlägig bekannte Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) befürchtet nur, „dass ein neuer organisierter Rechtsterrorismus entstehen könnte“. Befürchtet. Könnte. Zur Absage eines Fußballspieles in Hannover und seinen Hintergründen weiß Innenminister de Maizière zu sagen: "Ein Teil der Antworten würde die Bevölkerung verunsichern."

Rund um den rechten Terror, in den NSU-Anschlägen gebündelt, tragen bereits die Fragen das Grauen in sich. Jüngste Horror-Meldung: Akten der rassistischen Terror-Gruppe Ku-Klux-Klan (KKK) in Baden-Württemberg sucht der dortige Verfassungsschutz noch immer. Seit geraumer Zeit vom Landtag angefordert, sind sie bis heute nicht geliefert worden.

Seit man von der Terror-Organisation NSU weiß, gab und gibt es in der Bundesrepublik Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern. Zum Terror und seinen Verbindungslinien in das Amt, das die Verfassung schützen soll. Seit dem 26. Januar 2012 tagte der Bundestagsausschuss zur „Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund". Am 22. August 2013 legte der Bundestagsausschuss seinen Abschlussbericht vor. Dazu fiel dem Vize-Präsidenten der Internationalen Liga für Menschenrechte Rolf Gössner ein: "Die parlamentarischen Kontrolleure blickten in unglaubliche Abgründe einer organisierten Verantwortungslosigkeit der Sicherheitsorgane. Entsprechend vernichtend fällt nun parteiübergreifend das Urteil aus, obwohl der Abschlussbericht nach vorläufiger Einschätzung keineswegs alle wesentlichen Fragen nach den Hintergründen der Mordserie beantworten kann und sich mit dem Problem des institutionellen Rassismus, der tief im staatlichen Handeln verwurzelt ist, zu wenig auseinandersetzt." Kein vernünftiger Mensch glaubt, dass die Gruppe, die so niedlich "Terror Trio" genannt wird, allein gehandelt hat. Seit dem 6. Mai 2013 dauert der NSU-Prozess in München an. Das braune Netzwerk spielt dort kaum eine Rolle.

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#Prügelpriester und #Kirchenkriminalität

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Das Bistum Regensburg steht an der Schwelle zur Aufklärung

von Wolfgang Blaschka, München


Bis zum Jahr 2010 waren der Katholischen Kirche die Abgründe ihrer Schwarzen Pädagogik seit dem Mittelalter keiner Rede wert. Das änderte sich erst, als die Missbrauchs-Skandale vergangener Jahrzehnte durch publizistische Paukenschläge aus dem Berliner Canisius-Kolleg, aus dem nördlich von Garmisch-Partenkirchen gelegenen Kloster Ettal und bald auch aus dem Bistum Regensburg in der breiten Öffentlichkeit ruchbar wurden. Über Jahre wurden dort Internats-Zöglinge schwer misshandelt, mit Rohrstöcken traktiert, sexuell missbraucht und in einem Klima der Angst gefangen gehalten. Generationsweise mussten Kinder dran glauben, dass Gewalt und Vergewaltigung gottgegeben seien.

 

 

Seitdem gaben sich einzelne Bistümer einige Mühe, die Straftaten aufzuklären und deren Opfer als solche anzuerkennen. Nicht so in Regensburg: Dort wurde zunächst gemauert und geleugnet. Doch ließ sich die vorgeblich saubere Fassade nicht lange aufrecht erhalten, denn zuviel Schmutz und Schmerz lagen dahinter verborgen. Das Grauen drängte ans Tageslicht. Es roch nach Lüge und Vertuschung. Den Meldungen Betroffener folgten abwimmelnde Serienbriefe, die neben der Bekundung geschäftsmäßig signalisierter allgemeiner Betroffenheit die Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführer bezüglich konkreter Tatverhalte generell in Zweifel zogen. Auf manche wirkte die Abweisung wie weitere entwürdigende Demütigung nach all den Jahren der Traumatisierung und Verdrängung.

Allein die Bezeichnung "Stabstelle für sexuellen Missbrauch" sprach Bände über das bischöfliche Aufklärungsbemühen. Als ginge es nicht um Aufdeckung schwerster Kirchenkriminalität, sondern um episkopale Ruhigstellung einzelner missbrauchter Schäfchen.

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Massive Einschränkung der Grundrechte in #Frankreich

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Umfragen ergeben, dass die frz. Öffentlichkeit Einschränkung der Freiheit haben will

von Jason Ditz


Noch immer geschockt von den Terrorattacken in Paris sieht die französische Öffentlichkeit weitgehend weg, während die Regierung dabei ist, in einem zunehmend unbefristeten „Ausnahmezustand“ grundlegende Freiheiten dramatisch einzuschränken, deren die Republik sich seit Generationen erfreut hat.

Die Polizei darf jetzt Menschen und Wohnungen bei Verdacht auf „konspirative Aktivität“ ohne richterliche Vollmacht durchsuchen, und obwohl das dazu dienen sollte, gegen den Terrorismus vorzugehen, benutzen Regierungsvertreter bereits diese Möglichkeit, Razzien in den Wohnungen von Menschen durchzuführen, die wegen Drogenbesitz und ähnlichen Delikten verdächtigt werden.

Gleichermaßen darf die Regierung Menschen unter „Hausarrest“ stellen und Menschen unbefristet ohne Anklage einsperren, wenn die Regierung der Auffassung ist, dass diese denkbarerweise eine Gefahr darstellen.

Bürgerrechtsgruppen laufen verständlicherweise Sturm, stoßen aber auf wenig Interesse in der Öffentlichkeit, wobei Umfragen neuesten Datums zeigen, dass rund 84% der französischen Wähler bereit sind, „gewisse Einschränkungen der Freiheit“ im Namen verstärkter Kontrolle durch die Regierung hinzunehmen.

Man braucht die Regierung nicht zweimal zu fragen, dass sie einem Freiheiten wegnimmt, und beide Häuser des Parlaments haben einstimmig Vorstöße des Präsidenten durchgedrückt, individuelle Rechte weiter einzuschränken.

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Der „Ukraine-Syrien-Komplex“. Was will, was kann Wladimir #Putin?

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von Kai Ehlers, Hamburg
 

Wieder einmal will man uns einnebeln: Dem Demokratisierungsprozess in der Ukraine stehe nur noch Russlands Unterstützung für die nicht anerkannten Republiken Donezk und Lugansk entgegen. Eine Befriedung Syriens und damit ein Ende des Terrors, wie auch der Flüchtlingsbewegungen würden nur durch Russlands Festhalten an Präsident Baschar al-Assad verhindert.

Tatsache ist: Der Ukrainische Präsident Poroschenko war jüngst erst dann bereit, ein Antidiskriminierungsgesetz ins Parlament einzubringen und nicht aus dem Lager des herrschenden Oligarchenclans stammende Personen als Mitglieder in die Anti-Korruptions-Kommission aufzunehmen, nachdem ihm der EU-Kommissionspräsident Juncker ultimativ erklärt hatte, die Ukraine werde die anstehenden Kredit-Tranchen nicht erhalten, wenn Poroschenko sich nicht endlich zu sichtbaren Zugeständnissen bequeme.

Inzwischen wurde gezahlt und Poroschenko kann erklären, nach den drei Wahlen – denen des Präsidenten im Mai 2014, denen des Parlamentes im Oktober des gleichen Jahres, den soeben im Oktober 2015 erfolgten Kommunalwahlen und der nach Einrichtung einer Verfassungskommission, die die Dezentralisierung des Landes in die Wege leiten werde, sei die Ukraine nun endgültig auf dem Wege zur Demokratie.

Richtig ist, dass die Wahlergebnisse der Jahre 2014/15 eine steil abfallende Linie der Akzeptanz für die nach dem Umbruch im Februar 2014 angetretene nationalistische Regierung erkennen lassen. Sie sind begleitet von einem zunehmenden Zerwürfnis der regierenden nationalistischen Koalition. Ministerpräsident Jazenjuk wagte mit seiner abgewirtschafteten Partei nicht einmal mehr zu den Kommunalwahlen im Oktober anzutreten; der Osten der Kiewer Ukraine outete sich mit starken Stimmanteilen für den „Oppositionsblock“ deutlich gegen Staatspräsident Poroschenko; die Bevölkerung von Donezk und Lugansk war überhaupt nicht an den Wahlen beteiligt, weder an dieser noch an denen zuvor. Dort bereitet man eigene Wahlen vor. Die einberufene Verfassungskommission, das Kernstück der projektierten Reform, die die zukünftigen Beziehungen zwischen Zentrum und Regionen regeln soll, entschied mit Blick auf eine mögliche Teilnahme dieser Gebiete an den Beratungen, dass mit „Verbrechern“ nicht zu verhandeln sei.

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Montenegro: NATO über alles. Kriminalität unter Waffenbrüdern

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von Ulrich Gellermann / RATIONALGALERIE


Das wird eine schöne Weihnachtsüberraschung für die Zigarettenmafia: Im Dezember will die NATO den Zwergstaat Montenegro als 29. Mitglied aufnehmen. Das hatte das Militärbündnis auf dem letzten Gipfel in Wales entschieden. Und der US-Vizepräsident Joe Biden, der seinen Sohn schon als Platzhalter in der Ukraine untergebracht hat, rief jüngst den montenegrinischen Ministerpräsidenten Milo Dukanović an und sicherte ihm die NATO-Mitgliedschaft zu. Beinahe hätte die NATO- und EU-Drängelei in der Ukraine zu einem europäischen Krieg geführt. Noch immer sind die NATO-Stäbe mit dem Syrien-Krieg beschäftigt, aber die Einkreisungs-Poltik der USA gegenüber Russland macht vor nichts Halt.

Schon im Kosovokrieg, der zur Gründung eines nicht lebensfähigen Staates und zum größten US-Stützpunkt außerhalb der USA führte, stützte sich die NATO auf die dubiose UÇK-"Freiheits"-Milz, deren Kommandeure nicht selten aus der Zuhälterei stammten. Doch von der Gründung Montenegros, einer Abspaltung von der Bundesrepublik Jugoslawien 2006, sagt die montenegrinische Opposition bis heute: Die sei nur erfolgt, weil Ministerpräsident Dukanović für seinen florierenden Zigarettenschmuggel einen eigenen, unkontrollierten Staat haben wollte.

Montenegro hat etwa so viel Einwohner wie Düsseldorf und eine Fläche, die kleiner ist als Schleswig-Holstein. Wann immer in Europa solche Amputations-Staaten gegründet wurden, waren sie von Beginn an kriminell – wie der Piratenstaat Monaco – oder wurden zu mafiösen Steuerhinterziehungs-Refugien wie Luxemburg. Schon das Referendum zur Gründung Montenegros verlief unter zweifelhaften Bedingungen: Rund 250.000 Montenegriner mit ständigem Wohnsitz in Serbien waren vom Referendum ausgeschlossen. Bei insgesamt lediglich 484.718 registrierten Wählern hätte die westliche Staatengemeinschaft unter anderen Bedingungen von Wahlbetrug gesprochen, aber die Zerschlagung Rest-Jugoslawiens und die NATO-Osterweiterung hatten offenkundig Vorrang.

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Das erste Massaker von #Paris

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von Eric S. Margolis


Das Massaker vor einer Woche in Paris war nicht, wie nahezu alle Schreiber fälschlich behaupteten, die schlimmste Gräueltat in der Stadt des Lichts seit dem Zweiten Weltkrieg. Wie der bekannte Experte für den Mittleren Osten Robert Fisk schnell aufzeigte, fand in Paris vor 54 Jahren am 17. Oktober 1961 eine noch schlimmere Gräueltat statt.

Der Pariser Polizeichef Maurice Papon, ein ehemaliger Beamter des Vichy-Regimes, der im Krieg über tausend Juden in den Tod geschickt hatte, ließ seine brutalen Einsatztruppen gegen 30.000 arabische Demonstranten los, die die Unabhängigkeit Algeriens von der Kolonialherrschaft Frankreichs forderten. In einer Orgie des Tötens wurden rund 200 Algerier getötet. Viele wurden bewusstlos geschlagen und dann von der Pont St. Michel-Brücke in die Seine geworfen. 11.000 Algerier wurden verhaftet und in Internierungslagerlager oder in ein Sportstadion gesperrt.

Ich war in Paris, als diese Massaker stattfanden. Sechs Monate danach besuchte ich wieder Paris, als vier pensionierte französische Generäle versuchten, einen Staatsstreich gegen die Regierung von Präsident Charles de Gaulle und Premierminister Michel Debré durchzuführen, die die Absicht hatten, Algerien nach 132 Jahren französischer Kolonialherrschaft die Unabhängigkeit zu geben.

Die französischen Wähler hatten den Unabhängigkeitsplan nach einem langen blutigen Aufstand der Algerier unterstützt, in dem eine Million Menschen getötet worden sein könnten. Aber Frankreichs professionelle militärische Kaste und nichtarabische Siedler in Algerien aka „Pieds-noirs“, die hauptsächlich spanischer, portugiesischer und jüdischer Abstammung waren, waren gewaltsam dagegen. Sie verschworen sich, um De Gaulle zu stürzen oder zu töten und Algerien französisch zu behalten – wie in dem superben Buch und Film „Der Schakal“ geschildert wird.

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Der #Bischof bereut. Wird das #Bistum auch Buße tun?

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von Wolfgang Blaschka, München


Beim weltberühmten Knabenchor der Regensburger Domspatzen herrschten jahrzehntelang Angst und Furcht vor Prügelstrafen und sexuellen Übergriffen. Seit 2010 drangen immer mehr Details des Systems einer Schwarzen Pädagogik ans Licht der Öffentlichkeit, doch das Bistum tat sich schwer im Umgang mit den Geschädigten.
 

 

Die SWR-Fernsehdokumentation "Sünden an den Sängerknaben", ein Film von Mona Botros, brachte ab Januar 2015 mehr Schwung in die Aufklärung der Verbrechen, die so lange verschwiegen worden waren und vor allem in den dritten und vierten Vorschulklassen in Etterzhausen und Pielenhofen als Bestandteil eines gnadenlosen Strafregimes verübt wurden von meist klerikalen Tätern. Die sind inzwischen tot oder Greise, ihre Taten juristisch längst verjährt, doch viele Bertoffene leiden noch immer am vorzeitigen Ende ihrer Kindheit und an den Folgen ihrer Traumatisierungen durch brutale Präfekten und Direktoren. Nun organisieren sie sich und stellen Forderungen an die Römisch-Katholische Kirche in einem ihrer reichsten Bistümer.

Dem Beschwerdeführer war es bitter ernst: Er wollte eine detaillierte schriftliche Stellungnahme des Bischofs von Regensburg zu den grausamen Verhältnissen in Etterzhausen, unter deren Nachwirkungen er bis heute leidet, und eine bischöfliche Bitte um Vergebung, wenngleich Dr. Voderholzer für damalige Vorkommnisse keine persönliche Verantwortung trägt. Doch sein Bistum hat die früheren Zustände und deren Folgen sehr wohl zu verantworten.

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#Angela #Merkel: Zehnjährige Kanzlerschaft und nun Turbulenzen

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Was kommt nach Angela Merkel?


von Siegfried Buttenmüller


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel kann in diesen Tagen auf ihre zehnjährige Kanzlerschaft zurückblicken und steht bereits ihrem dritten Kabinett vor. Um eine Prognose zur Beantwortung der Frage geben zu können, ist ein Blick auf die Gründe für ihren Aufstieg und ihre lange Kanzlerschaft notwendig. In einer bürgerlichen „Demokratie" bestimmt das Kapital die Politik und auch wer diese Politik z.B. als Kanzlerin umzusetzen hat.


Die CDU-Spendenaffäre (auch Schwarzgeldaffäre genannt) ebnete Angela Merkel den Weg nach oben an die Spitze der CDU, die sich selbst als christlich-soziale, liberale sowie wertkonservative Volkspartei sieht, und dann an die Regierung. Unbelastet von kriminellen Machenschaften ihrer Amtsvorgänger als CDU-Parteivorsitzende, Wolfgang Schäuble und Helmut Kohl, die Parteispenden von kriminellen Waffenhändlern und anderen Lobbyisten verschwiegen hatten und öffentlich die Unwahrheit darüber sagten, konnte sie an die Spitze der Partei und der CDU / CSU-Fraktion aufsteigen.

Die kriminellen Machenschaften der CDU konnte Sie genau so in der Versenkung verschwinden lassen wie sie als Ministerin für „Reaktorsicherheit" im Kabinett Kohl bereits tausende Fässer mit strahlendem Atommüll in der maroden Schachtanlage Asse, einem ehemaligen Salzbergwerk in Niedersachsen, einfach hatte vergraben lassen und der durch eintretende Lauge an den Wänden auch das Grundwasser kontaminieren könnte. Unscheinbar, bieder und pflichtbewusst wie sie sich schon immer gab und gibt, hatte Sie in den Augen des Kapitals jedoch höchste Leistungen vollbracht und hohes Ansehen erworben. Die CDU war vor einem schwarzen Abgrund stehend als kapitalistische „Volkspartei" von ihr gerade noch gerettet und der Atommüll geheim und illegal „beseitigt" worden, ohne das jemand hätte protestieren können.

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Der NATO-Bündnisfall: Brände löschen mit Benzin. Eine Kriegserklärung an den Verstand.

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von Ulrich Gellermann / RATIONALGALERIE


Als die USA nach den Anschlägen am 11. September 2001 den NATO-Bündnisfall haben wollten, bekamen sie ihn: Die NATO beschloss am 4. Oktober zum ersten Mal in ihrer Geschichte eben diesen Fall. "Ein bewaffneter Angriff gegen einen Bündnispartner wird als Angriff gegen alle angesehen", so der damalige Generalsekretär George Robertson. Jetzt - nach den Anschlägen in Paris - fordert auch Frankreich den Bündnisfall. Nicht nach dem NATO-Statut, sondern dem Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrages entsprechend: "Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats schulden die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung, im Einklang mit Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen. Dies lässt den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt."
 

Die USA traten damals schnellstens einen Krieg in Afghanistan los, obwohl die dort herrschenden Taliban keineswegs in den Anschlag vom 11. September verwickelt waren. Im Gegenteil, die Taliban waren alte, ziemlich gute Freunde der CIA, die im Kampf gegen die Sowjetunion von den US-Freunden in Saudi Arabien und in Pakistan finanziert und munitioniert wurden. Hätte sich die wahllose Rache an der Herkunft der meisten Attentäter orientiert, wäre ein Krieg gegen Saudi-Arabien fällig gewesen. Auch der Irak, der mit der Begründung überfallen wurde, er sei in die Anschläge verwickelt, hatte nachweislich mit den Terrorschlägen am 11. September 2001 nichts, aber auch gar nichts zu tun. Da aber bereits die irakischen "Massenvernichtungswaffen" erlogen waren, kam es den USA auf weitere Lügen nicht an.

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#Plünderung und #Vernichtung antiker Stätten des Weltkulturerbes

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Bilderstürmer

von Marc-Thomas Bock / Zweiwochenschrift Ossietzky


Wohl niemanden haben die in den vergangenen Wochen weltweit ausgestrahlten Videoaufnahmen kalt gelassen, in denen die Zerstörung von jahrtausendealten assyrischen Baudenkmälern durch Anhänger des sogenannten Islamischen Staates (IS) gezeigt wurde. Historische Stätten wie Ninive und Nimrud wurden durch die Preßlufthämmer und Bulldozer der Terroristen für immer beschädigt. Die symbolträchtigen Mausoleen im nordafrikanischen Timbuktu sind offensichtlich in gleicher Weise gefährdet. Andere Orte des kulturellen Welterbes, vor allem auf syrischem oder irakischem Gebiet, werden vermutlich folgen. Beginnend mit der Vernichtung der zweitausend Jahre alten Buddha-Statuen in Afghanistan durch Taliban-Kämpfer im Jahre 2001 sind in den letzten fünfzehn Jahren wahrscheinlich mehr bedeutende Kulturstätten des Mittleren Ostens vernichtet worden als in Jahrzehnten zuvor.

 

 

Der ikonoklastische Furor der islamistischen Kämpfer von Irak bis Mali hat in unseren Medien zu einem Aufschrei des Entsetzens geführt, stärker als dies die Massenexekutionen durch IS, Al-Shabaab oder Boko Haram in ihrer alltäglichen Grausamkeit vermögen.

Nur schwer vorstellbar scheint uns, daß genau diese Reaktion des sich so aufgeklärt gebenden Westens von den Kulturzerstörern vorausgesehen, ja herbeigesehnt worden ist. Es ist auch offensichtlich, daß sich die auf Youtube oder anderen Quellen einsehbaren Terrorvideos von Enthauptungen und Erschießungen als immer weniger erschreckend erweisen, weil die Wiederholung von Grausamkeiten nicht nur zur Abstumpfung der Täter, sondern auch zur Ermüdung der Voyeure führt. Sich Enthauptungsvideos als Mutprobe anzusehen, gehört mittlerweile zu den Partyritualen von Teenagern. Und der Ekel der älteren Generationen, die sich so etwas aus Reife und Würde nicht antun, gerät bei dem Wissen um die jederzeit abrufbare Existenz des Materials zu einer teilnahmslosen Erschöpfung vor der zur Schau gestellten Grausamkeit.

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Die Anschläge von #Paris: Wie Europas Politik den #Terror für sich nutzt

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von Ernst Wolff / Autor des Buches „Weltmacht IWF- Chronik eines Raubzugs“


Seit den Ereignissen von Paris arbeitet die politische Elite in Europa im Hochleistungsmodus. Nicht, dass sie etwa innehalten und sich Zeit nehmen würde, um über die Hintergründe der Terroranschläge nachzudenken, ihre Ursachen zu analysieren oder gar eine Strategie zu entwickeln, um weiteren Anschlägen auf die eigene Bevölkerung durch eine Deeskalation vorzubeugen.

Nein, ganz im Gegenteil: Frankreich bombardiert den souveränen Staat Syrien mit noch größerer Intensität und setzt auch im Landesinneren auf schärfere Gesetze und die Ausweitung staatlicher Gewalt. Die Regierungen der übrigen Euroländer haben keine Sekunde gezögert, dieser Strategie blind zu folgen, ebenfalls demokratische Rechte einzuschränken und die Aufrüstung von Militär und Polizei anzukündigen.  

Die Folge: Der Terrorismus wird nicht eingedämmt, sondern nach Kräften gefördert. Die Gegenseite wird zu noch schlimmerer Gewalt provoziert, es werden in Zukunft weitere unschuldige Opfer sterben. Warum aber handeln die Regierungen auf eine derart unverantwortliche Art und Weise? Dafür gibt es eine Reihe von Gründen:

Durch die Bekämpfung eines äußeren Feindes lässt sich gut von der eigenen Verantwortung für die bestehenden Verhältnisse ablenken. Europa befindet sich seit 2008 in immer größeren wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten, die derzeit durch die Flüchtlingskrise, die weltweite Rezession und die Rückkehr der Eurokrise verschärft werden. Keines der seit 2008 bestehenden Probleme (u.a. die Eindämmung der Spekulation, die Regulierung der Finanzmärkte oder die Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit) ist gelöst oder auch nur ernsthaft in Angriff genommen worden. In dieser Situation kommt der Politik der Kampf gegen den islamistischen Terror radikal fundamentalistischer Ausprägung als Ablenkungsmanöver sehr gelegen.

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Lügenprediger Gauck: Wie Täter zu Opfern gemacht werden

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von Ulrich Gellermann / RATIONALGALERIE 


Fett quillt die Stimme aus dem TV-Lautsprecher, getragen schleicht sich das Organ an. Ausgerechnet am Volkstrauertag, dem Tag der Opfer der Kriege, entdeckt der monströse Pfarrer, den eine Koalition von schwarz bis grün zum Bundespräsident gemacht hat, in Paris eine "neue Art von Krieg". Und der sei, anders als die Kriege bisher, "menschenverachtend". Welche Menschen werden wohl geachtet werden, wenn die Hubschrauber tief über die afghanischen Dörfer fliegen, wenn das Geräusch der Rotoren kleine Kinder zum Weinen bringt, die Gesichter der Frauen vor Angst verzerrt? Über welches Maß an Achtung schwätzt der Kriegs-Präsident, der kein Völkerrecht kennt?

Die "neue Art von Krieg" geht fast täglich von Ramstein aus. Ein Krieg, der nicht erklärt ist. Einer, bei dem die einen in klimatisierten Räumen sitzen, die anderen, irgendwo in Pakistan oder im Jemen, eine Hochzeit feiern oder an einer Trauerfeier teilnehmen. Plötzlich hat der US-Soldat in Ramstein auf der Feier ein Handy geortet. Eines, das auf der Todesliste steht. Kein Ankläger hat die Liste zusammengestellt, kein Gericht ein Urteil gesprochen, und doch hat ein Geheimdienst entschieden, dass der Mensch, dem das Handy gehört, umgebracht werden muss. Gezählt werden die erfolgreichen Morde im Auswertungszentrum für die weltweiten US-Drohneneinsätze, dem „Distributed Common Ground System 4“ (DCGS). Allein in Pakistan sind seit Beginn der Einsätze im Jahre 2004 durch US-Drohnen 3000 Menschen getötet worden.

In Paris seien "die Opfer hinterhältig agierender Mordbanden" zu beklagen, tönt der Gauck aus dem Lautsprecher. Die Mordbanden der Willigen (klick auf die Liste), von den USA in den Irakkrieg geführt, kamen nicht aus dem Hinterhalt. Offen, sogar vor der UNO, wurden Massenvernichtungswaffen behauptet, die es nie gab und mit ihnen ein Krieg begründet, der bis heute nicht beendet ist. Dass sich der Außenminister der USA, Colin Powell, später für die Lüge entschuldigt hat, macht die halbe Millionen toter Iraker nicht wieder lebendig.

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Freitag, der 13.: Wer Terrorkriege befeuert, wird Kriegsterror ernten

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von Wolfgang Blaschka, München


Ist nun Krieg oder nicht?

Wenn nein, wo ist er dann? Richtig: Anderswo, weit weg von hier im Mittleren Osten! In Europa sei er nicht, meinen viele, die bangen und hoffen, dass es keiner sei, zumindest dass er nicht auch noch zu uns kommen möge. Ansonsten müsste das kriegführende Europa seinen unverdienten Friedensnobelpreis beschämt zurückgeben.


Und dennoch tobt er.

Geplant und ausgebrütet in den USA, gezeugt und in blutige Realität gesetzt von der "Koalition der Willigen" (klick auf die Liste), gepäppelt und aufgezogen von allen wichtigen NATO-Staaten inklusive Deutschland, dessen BND als Geburtshelfer die Kriegslüge von den Massenvernichtungs-Waffen Saddam Husseins beizusteuern wusste. Er kam im Irak sehr schnell auf die Beine und verbreitete sich mit ungeheurer Brutalität, infizierte alles und jeden in der Region. Beinahe wäre er auch noch in den Iran hinein geraten, der missratene Racker, angestachelt von Israel. Er stand kurz davor im Atomkonflikt auf vermintes Gelände zu treten. Das schien seinen Urhebern denn doch zu unwägbar. Er sollte konventionell bleiben, um weiterhin führbar zu sein; wie am Stachelhalsband wurde er zurückgezerrt.

 

    
Der Krieg im Anderswo ist gar nicht so weit entfernt.

Nun hat ihn Paris in Ansätzen zu spüren bekommen, wie vorher bereits Madrid und London: 132 Menschen hat er kalt dahingerafft. So wie es unter seiner grausigen Herrschaft üblich ist, in Bagdad, in Tripolis, in Damaskus, Homs oder Aleppo, worüber im Westen weniger getrauert wird mangels unmittelbarer Betroffenheit.

Doch manchmal scheint der Furor Heimweh zu bekommen. Er war schon vor Jahren ausgegangen, hatte sich von Lügen-Phrasen und Rachegelüsten berauscht fit gemacht und zog über die Länder, über Staaten hinweg wie über ein Schachbrett seine blutige Spur: Von Afghanistan in den Irak, von dort im Ausfallschritt nach Libyen und Mali, schließlich nach Syrien, wo er über 13 Millionen Menschen in die Flucht schlug, nachdem er sie mit unkontrollierbarem Treiben heimatlos gemacht hatte: Die Häuser zerbombt, die Existenzen kaputt, die Lebensperspektiven in Trümmern! Todesangst und Schreckensfurcht vor Bomben und Terror sind seine liebsten Gastgeschenke. Wo immer er hinkommt, hinterlässt er seinen welken Strauß aus Hass und Rachegefühlen, schwarz bebändert von Trauer und Schmerz.

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#Paris und was getan werden sollte. #Bomben werden die Probleme im Mittleren Osten nicht lösen.

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von Ron Paul  


Die schrecklichen Attacken am Freitag in Paris haben wie vorhersehbar zu viel Überreaktion und Forderungen geführt, noch mehr von genau den Dingen zu tun, die Menschen radikalisieren und in ihnen den Wunsch wecken, uns zu attackieren. Das französische Militär verlor keine Zeit und bombardierte Syrien als Vergeltung für die Attacken, obwohl unbekannt ist, woher die Angreifer stammten. Tausende ISIS-Kämpfer in Syrien sind keine Syrer, sondern kamen aus einer Reihe von Ländern nach Syrien, um die Regierung Assad zu stürzen – darunter aus Frankreich und aus den Vereinigten Staaten von Amerika.

Ironischerweise war der Sturz Assads auch das Ziel sowohl der USA als auch Frankreichs seit zumindest 2011.
 

 

Weil die USA und ihre Alliierten im wesentlichen auf der gleichen Seite stehen wie ISIS und andere Gruppen – nämlich den Sturz Assads erreichen wollen – sind viele der Waffen, die sie den mehr „gemäßigten“ Fraktionen geschickt haben, die ebenfalls den Sturz Assads suchen, in den Händen radikaler Gruppierungen gelandet. Gemäßigte Fraktionen haben sich mit radikaleren Gruppen die ganze Zeit über zusammengetan, wobei sie ihre von den USA beigesteuerten Ausbildungen und Waffen mitbrachten. Andere gemäßigte Gruppen wurden gefangen oder getötet, auch ihre von den USA gelieferten Waffen gingen an die Radikalen. Auf diese Weise wurden die radikaleren Franktionen besser ausgestattet und besser ausgebildet, während sie gelegentlich von US-Flugzeugen oder deren Alliierten angegriffen wurden.

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Wie man einen #Terroranschlag vorläufig klassifizieren kann

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von Elias Davidsson


Wenn von wahlloser Gewalt gegen unbeteiligte Zivilisten berichtet wird, stellt sich daher immer die Frage, ob es sich um authentischen oder synthetischen (staatlich inszenierten) Terrorismus handelt. Die folgenden acht Kriterien – in Frageform – gestatten, eine vorläufige Einordnung der Ereignisse vorzunehmen.


Frage 1: Hat sich eine reale Organisation zur Tat bekannt?


Kommentar: Falls nein, addiere einen Punkt. Eine existierende Organisation besitzt eine Telefonnummer, eine Adresse, eine Email, eine Webseite, zugängliche Leitpersonen, eine Satzung.  Das Rote Kreuz ist z. B. eine reale Organisation; die SPD eine andere. Sogar die kurdische PKK oder die palästinensische Hamas, die gelegentlich Terroranschläge ausführen, sind reale Organisationen. Al-Qaeda und ISIL / ISIS sind keine, da sie nicht die Kriterien einer realen Organisation erfüllen.


Frage 2: Wurde eine gewaltsame Handlung durch eine plausiblen Forderung unterstützt?


Kommentar: Falls nein, addiere einen Punkt. Eine plausible Forderung ist jene, die die Organisation auch durch gewaltfreie, politische Handlungen stellt und die mit der Satzung der Organisation vereinbar sind.


Frage 3: Sind die mutmaßlichen Täter gestorben?


Kommentar: Falls ja, addiere einen Punkt. Tote Täter können nicht vor Gericht gestellt werden. Der Staat wird damit von der Bürde befreit, die Schuld der Täter gerichtlich nachzuweisen.

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Militärische Eskalation im Mittleren Osten. #Frankreich bombardiert #Syrien

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. . .  als Vergeltung für terroristische Attacken in Paris, setzt die Marine ein


von Prof. Michel Chossudovsky / GlobalResearch


Werden die terroristischen Attacken in Paris von Frankreich als Vorwand und Rechtfertigung benützt, um in Syrien unter Verletzung des Internationalen Rechts militärisch zu intervenieren?

Laut dem französischen Präsidenten François Hollande wurde der terroristische Anschlag in Paris „im Ausland vom Islamischen Staat vorbereitet, organisiert und geplant,“ der seine Kommandozentralen in Syrien und im Irak hat.

Am Sonntag wurden zwölf französische Kriegsflugzeuge auf Befehl von Präsident Hollande losgeschickt. Ihr Ziel war Ar-Raqqa, die so genannte de facto Hauptstadt des Islamischen Staats (IS) im Norden Syriens.

 

Frankreich handelt angeblich „in Selbstverteidigung“.

In Zusammenarbeit mit den USA – die Frankreich mit Geheimdienstinformationen über IS-Ziele versorgt haben – hat die französische Luftwaffe eine Reihe von Bombenüberfällen gegen Positionen des IS als Vergeltung für die angebliche Rolle des Islamischen Staats bei den Pariser Terrorattacken durchgeführt.

Präsident Hollande „schlägt die Trommeln des Kriegs”. Es gibt keinen Beweis, dass die Terrorattacken in Paris von Syrien aus koordiniert wurden. Auch liegt kein Hinweis vor, dass die terroristischen Attacken in Paris eine „Kriegshandlung“ darstellen, die aus dem Ausland gegen Frankreich gerichtet ist.

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François Hollande nach den Attentaten von #Paris

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Der Brandstifter als Biedermann

von Ernst Wolff / Autor des Buches „Weltmacht IWF- Chronik eines Raubzugs“


Kaum waren am vergangenen Freitag die Explosionen in der Pariser Innenstadt verhallt, da trat der französische Präsident Hollande vor die Kameras und forderte alle Demokraten auf, „die Reihen zu schließen und in dieser schweren Stunde zusammenzustehen“.

Hollandes Auftritt war ein klassisches Beispiel dafür, wie ein Brandstifter nach einer selbst gelegten Feuersbrunst als Biedermann auftritt. Schließlich war es seine Politik, die entscheidend dazu beigetragen hat, den Boden für die Terroranschläge in Paris zu bereiten.

 


Die frz. Regierung hat den Nährboden für den Terror selbst geschaffen

Kurz vor den Anschlägen hatte Hollande die US-Bombardements in Syrien mit der eigenen Luftwaffe unterstützt und damit den gefährlichsten Brandherd im Nahen Osten bewusst angefacht. Die militärische Eskalation stand im Einklang mit der immer aggressiveren Außenpolitik, die Hollande seit seiner Amtsübernahme verfolgt.

Diese Politik hat vor allem in den Vororten (frz. Ausdruck Banlieue von lateinisch bannum leucae, wörtlich: „Bannmeile“) der französischen Großstädte verheerende Folgen. Dort sind die Lebensverhältnisse der Bewohner - darunter viele Migranten afrikanischer oder arabischer Herkunft - seit Jahrzehnten von Armut, Bildungsnotstand und Arbeitslosigkeit geprägt.

Seit der Finanzkrise von 2008 hat sich in den Wohnghettos angesichts des Ausbleibens sozialer Verbesserungen unter dem sozialistischen Präsidenten ein Klima der Hoffnungslosigkeit und der Verzweiflung breit gemacht. Hollandes aggressive Politik gegenüber den afrikanischen Herkunftsländern der Migranten hat nun dazu geführt, dass sich zum Gefühl der Ohnmacht eine immer größere Wut auf den Staat gesellt hat.

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Terroranschläge in #Paris: Zeitalter der Verzweiflung

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Wir ernten den Sturm westlicher Unterstützung für extremistische Gewalt


von Chris Floyd


Wir, der Westen, stürzten Saddam durch Gewalt. Wir stürzten Gaddafi durch Gewalt. Wir versuchen, Assad durch Gewalt zu stürzen. Alles harte Regimes – aber bei weitem weniger drakonisch als unsere saudischen Alliierten und andere Tyranneien rings um die Welt. Was war das Ergebnis dieser Interventionen? Eine Hölle auf Erden, eine, die von Jahr zu Jahr wächst und bösartiger wird.

Ohne das amerikanische Verbrechen des Angriffskrieges gegen den Irak – der nach Berechnungen selbst der westlichen Regierungen mehr als eine Million unschuldiger Menschen das Leben kostete – gäbe es keinen IS, kein al-Qaida im Irak. Ohne die saudische und westliche Finanzierung und Bewaffnung einer Sammlung extremistischer Sunni-Gruppen im Mittleren Osten, benutzt als Stellvertreter, um den Iran und seine Alliierten anzugreifen, gäbe es keinen IS. Lassen Sie uns noch weiter zurückgehen.

Ohne die direkte, umfangreiche und vorsätzliche Schaffung einer weltweiten Bewegung bewaffneter Sunni-Extremisten durch die Vereinigten Staaten und ihres saudischen Verbündeten während der Carter- und Reagan-Regierungen (um die Sowjets in eine Falle in Afghanistan zu ziehen) hätte es keinen Krieg gegen den Terror – und heute [13.11.2015] nacht keine Terrorangriffe in Paris gegeben.

Noch einmal, lassen Sie uns so klar wie möglich sein: die höllische Welt, in der wir heute leben, ist das Ergebnis absichtsvoller Politik und von Aktionen, die über Jahrzehnte von den USA und ihren Alliierten unternommen wurden. Es war Washington, das den Kampf gegen säkularen politischen Widerstand im Mittleren Osten leitete und/oder unterstützte, um widerspenstige Anführer wie Nasser gefügig zu machen und korrupte und brutale Diktatoren zu unterstützen, die die US-Agenda politischer Herrschaft und Ressourcenausbeutung förderten.

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Entrüstung über die Pariser Attacken verdeckt unseren Rassismus

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von Jonathan Cook


Ein Artikel in der australischen Publikation New Matilda über die Attacken in Paris in der vergangenen Nacht bringt es auf den Punkt – auf einen Punkt, über den niemand reden will. Was Bewohner des Westens jetzt fühlen, ist eine sehr mächtige und sehr selektive Entrüstung, die sich mit dem Leiden von Menschen „wie wir“ identifiziert. Wir trauern über die Toten in Paris, während wir diejenigen, die einen Tag früher im Libanon und fast sicher von denselben Fanatikern, die die Attacken in Frankreich durchgeführt haben, getötet wurden, nicht einmal wahrnehmen.

Viele Westbewohner tun derlei Beobachtungen gern als „Wortklauberei“ ab. Sie sagen, dass es natürlich ist, wenn wir uns mehr um Leute kümmern, die wir kennen und die uns ähnlich sind. Diese reflexartige Reaktion mag vielleicht tröstlich sein, ist aber genau das Problem.

Was steht denn letztlich hinter unserer selektiven Empörung, wenn nicht selektives Mitgefühl? Aber unser selektives Mitgefühl ist das, was uns überhaupt in diese missliche Lage gebracht hat. Als Europäer haben wir uns immer als vollwertige Menschen betrachtet, diejenigen im Mittleren Osten und dem Großteil des Restes der Welt jedoch als etwas weniger als Menschen und nicht so unserer Sympathie würdig. Derlei Gefühle erlauben es Europa, braune Menschen zu kolonialisieren, zu quälen und auszubeuten.

Der historische Rassismus, den wir Europäer jetzt nur zu bereitwillig eingestehen, und der, wie wir verstehen, den westlichen Kolonialismus am Leben hielt, ist kein Ding der Vergangenheit. Er gedeiht noch immer tief in unseren Seelen. Wo wir einst des weißen Mannes Bürde fühlten, fühlen wir jetzt seine Empörung. Beide beruhen auf derselben Arroganz und derselben Zuschreibung von weniger menschlichen Qualitäten an diejenigen, die wir als verschieden von uns betrachten.

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Ein Rückblick auf Altkanzler #Helmut #Schmidt.

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Der Soldat und Stratege des Imperialismus.

von Siegfried Buttenmüller

Am 10. November 2015 starb Helmut Schmidt und damit einer der weltweit bedeutendsten Strategen des Imperialismus im hohen Alter von 94 Jahren. Von den Linken stets bekämpft wurde er von breiten Schichten der Bevölkerung und auch von Teilen der Arbeiterklasse verehrt und zum Teil bis heute respektiert.

Die politische Laufbahn begann Schmidt nach offizieller Darstellung während der Zeit der Nazidiktatur in der Hitlerjugend. 1937 soll er zum Wehrdienst eingezogen worden sein, war aber nur 2 Jahre später 5 Dienstgrade höher Feldwebel. Nach nur weiteren 2 Jahren war er 1941 bereits weitere 4 Dienstgrade höher und Offizier im Rang eines Oberleutnants.
 

 

Ohne eine gewisse Linientreue der Nazidiktatur gegenüber und ohne ein militaristisches Denken und Handeln wird solch ein schneller Aufstieg in der auf Hitler vereidigten Wehrmacht nicht möglich gewesen sein. Seine Versetzung von der Ostfront zurück in das Ministerium, für das er keinerlei Qualifikation oder Ausbildung besaß, lässt auf sehr gute Beziehungen schließen. Solches „Glück" war nur wenigen Soldaten beschieden, da gerade kritische Geister bevorzugt an der Front verheizt wurden.

Von einmarschierenden britischen Truppen schließlich in der Lüneburger Heide erst 1945 gefangen genommen, will er schließlich die Verwerflichkeit des Faschismus erkannt haben. Im gleichen Jahr noch wurde er aus der Kriegsgefangenschaft entlassen, trat im Alter von 27 Jahren auch sofort in die SPD Hamburg ein und gehörte dem Rechten Flügel der Partei an. Nach den Verfolgungen der Sozialdemokraten durch die NSDAP war in der SPD viel Platz frei geworden, den nun Helmut Schmidt und Andere einnahmen. Als solcher errang er ein Bundestagsmandat und war bis 1958 auch stellvertretender Vorsitzender der SPD Bundestagsfraktion.

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60 Jahre #Bundeswehr: Alter Zopf und neuer Zoff

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von Hannes Hohn


Der Zapfenstreich wurde als offizielle Zeremonie 1813 von Friedrich Wilhelm III. eingeführt. Schon immer hat sich der deutsche Imperialismus auf preußische Traditionen und „Tugenden“ berufen und sie gepflegt. Das war und ist nicht nur Ausdruck eines der zentralen Elemente bürgerlicher Ideologie und Politik - des Nationalismus -, es ist auch Ausdruck der Ästhetisierung, der Verschleierung und „Verschönerung“ von Politik.

Anlass für den am 11. November in Berlin stattfindenden Großen Zapfenstreich ist der 60. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr sowie das 25. Jubiläum der „Armee der Einheit“, der Auflösung der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR und ihrer Übernahme in die BRD-Streitmächte. Neben dem zentralen Event in der Hauptstadt gibt es bundesweit viele weitere Veranstaltungen zur „Würdigung“ der Armee.


Deutscher Imperialismus macht mobil

Die Bundeswehr hat im Vergleich zu ihren Vorgängern, v.a. der Wehrmacht, ein eher „friedliches“ und „demokratisches“ Image. Kein Wunder, war doch der deutsche Imperialismus nach 1945 nicht genötigt oder lange auch nicht fähig, in „heißen“ Kriegen aktiv einzugreifen. Doch schon als NATO-Mitglied war Deutschland ein wichtiger Part der militärischen Präsenz des Imperialismus unter Führung der USA.

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Tear down this Zaun! Rechtsaußen de Maizière wie vernagelt

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von Wolfgang Blaschka, München


Ein Innenminister sollte eigentlich die Innenpolitik seiner Regierung exekutieren, der er angehört. Nicht mehr, nicht weniger, nichts anderes. Doch Thomas de Maizière hat mit Kabinetts-Disziplin wenig im Sinn. Er möchte sich anscheinend abseits der Linie seiner Kanzlerin profilieren, weit abseits rechts davon, hart am düsteren Rand von Dunkeldeutschland. Dort, wo Ausländerfeinde bedauern, dass in Deutschland keine Konzentrationslager mehr in Betrieb sind, wo gehetzt wird gegen "Gutmenschen" und "Lügenpresse", Muslime und Juden, Linke und Liberale, bei PEGIDA und anderen Nationalisten und Rassisten. Dort wird man sicher gerne hören, was der oberste bundesdeutsche Verfassungsschützer so alles von sich gibt: Ein Drittel der Syrer seien gar keine Syrer, sagte er, sie gäben sich nur als Bürgerkriegsflüchtlinge aus, um sich Asyl zu erschleichen, den Staat zu betrügen und die Sicherheit und Ordnung Deutschlands zu unterwandern. Eine haltlose Unterstellung ohne statistische Belege, aber mal eben so dahin gesagt.
 
Solchen Leuten, so folgert er entgegen allen Koalitions-Absprachen, sollte man den Familiennachzug nicht gestatten. Das hat er tatsächlich so knarzend verkündet wie ein furchterregender Sheriff, im frechen Alleingang, zunächst nach Kritik zurückrudernd und dann wieder bekräftigend, nun sogar mit dem Beistand des ausgewiesenen Griechenland-Erpressers Wolfgang Schäuble, den man allerdings nicht ausweisen kann, weil er Deutscher ist. Keinem Deutschen kann die Staatsbürgerschaft aberkannt werden. Das ist eine der verfassungsrechtlichen Lehren aus dem Hitler-Faschismus und gilt selbstverständl. auch für gnadenlose Finanzminister.
 
Ein knallhartes Gespann geben diese beiden ab am rechten Rand der christlichen Union als vermeintliche Law-and-Order-Hardliner, die das Recht jedoch recht willkürlich in den Staub treten bzw. über das internationale Gesetz der Genfer Konvention einfach hinweg rollen. Demnach ist eine Deklassierung von Kriegsflüchtlingen nicht vorgesehen. Es gibt auch keine "Obergrenze" für Asylsuchende. Auch existiert keine legale Möglichkeit zur dauerhaften Grenzabschottung, es sei denn, man wolle europafeindliche Nationalstaats-Politik betreiben. Die beiden verbitterten Juristen schert das offenbar nicht die Bohne. Sie stänkern ungeniert offensiv gegen geltende Rechtsnormen, ohne Rücksicht auf humanitäre Verpflichtungen und jenseits wesentlicher Grundsätze der Menschlichkeit.

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Russland – eine regionale oder eine imperiale Macht?

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Schriftl. Fassung eines Vortrags auf der „Friedenskonferenz“ v. 08.11.2015 in Hamburg
 


von Kai Ehlers, Hamburg


Die Frage ist zweifellos aktuell. Allein schon deshalb, weil sie auch von Barack Obama gestellt wird. Aber was ist regional, was imperial? Wo nach wird gefragt? Regional gleich begrenzt oder schwach, imperial dagegen aggressiv, expansiv oder global?

Nehmen wir Deutschland – ist Deutschland eine regionale Macht oder eine imperiale? Oder China. Ist China regional oder imperial? Die Kriterien sind unscharf. Was einmal klar definiert schien – Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus – verschwimmt heute in hybriden Formen der Globalisierung.

Erst recht geben die alten Kriterien keine Klärung für Russland. Wie kann man ein Land, das gut ein Sechstel der Erde umfasst, das sich über elf Zeitzonen erstreckt, das das Zentrum Eurasiens bildet, eine Region nennen? Und was das Imperiale betrifft: Russland ist auch nicht expansiv. Es schrumpft immer noch, genauer, es ist immer noch dabei den Prozess der Schrumpfung aufzuhalten, der mit Auflösung der Sowjetunion 1990/91 eingesetzt hat.  


Die Geschichte befragen

Eine Antwort auf die oben gestellte Frage, ob Russland eine regionale oder eine imperiale Macht sei, ist nicht aus einer Momentaufnahme heraus möglich. Sie ist nur mit Blick auf historische Entwicklungsschritte und unter Wahrnehmung der Besonderheiten dieses Landes zu finden. Nehmen wir also drei Phasen: Zarismus, Sowjetunion, heute.

Das Reich der Zaren war zweifellos ein Imperium, allerdings nicht im Sinne des höchsten Stadiums von Kapitalismus, sondern im Sinne von Herrschaft über andere Völker, die von Moskau kolonisiert und ins russische Reich integriert wurden. Das gilt  seit Peter I. (1682–1725), genannt "der Große" und besonders seit Katharina II. (1729-1796), ebenfalls "die Große" genannt. Für die Zeit davor und auch für die Zeit nach der Oktoberrevolution müssen andere Begriffe gefunden werden.
 

 

Ein Imperium war zweifellos auch die Sowjetunion – sogar mehr noch als der Zarismus. Ihr Herrschaftsgebiet erstreckte sich von Zentralasien bis Mitteleuropa – dies alles eine Union der sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR). Gigantisch. Man könnte sagen, die UdSSR bildete das größte Imperium der Geschichte. Sie schickte sich sogar an über Afghanistan noch bis zum indischen Ozean vorzudringen. Im Anspruch des sozialistischen Internationalismus griff sie über den ganzen Globus hinaus. Allerdings ist auch der sowjetische Imperialismus nicht umstandslos unter die Definition vom höchsten Stadium von Kapitalismus zu stellen.

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Der Joschka-Stammtisch. Grüner Atlantiker versucht Geopolitik

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von Ulrich Gellermann / RATIONALGALERIE


Man kann sich auf Joschka Fischer verlassen: Wenn ein großes Thema vorbeikommt, nimmt er sein Fußbänkchen, stellt sich drauf und kräht. Diesmal wieder in der SÜDDEUTSCHEN, im atlantischen Zentral-Blatt für neue deutsche Herausforderungen in fremden Ländern. "Die Rückkehr der Geopolitik" ist Fischers Beitrag dort überschrieben und unterstellt, die Geopolitik wäre zeitweilig weg gewesen. In der besonderen grünen Logik war sie weg, weil Russland sich lange nicht mehr auf der geopolitischen Welt-Bühne gezeigt hatte.

Aber jetzt, nach der "Annexion" der Krim, da sei sie einfach wieder zurück, folgert Joschka Fischer. Was mag das zum Beispiel damals, vor 14 Jahren in Afghanistan gewesen sein, als die USA mit kräftiger deutscher Unterstützung einen Krieg vom Zaun brach? Eine Friedensmission zur Sicherung der afghanischen Grenzen vor einem mongolischen Überfall?
 

 

Damals war Fischer Mitglied der deutschen Regierung, die ihren Kriegs-Fall schon im NATO-Luftkrieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien geprobt hatte, und eine ähnliche grundgesetzwidrige Nummer nun auch in Afghanistan durchziehen wollte. – "Als Geopolitik" schreibt Wikipedia, "wird allgemein das raumbezogene, außenpolitische Agieren von Großmächten im Rahmen einer Geostrategie bezeichnet." Sollte Fischer meinen, weil die Großmacht Russland zeitweilig kaum sichtbar war, habe die andere Großmacht aus der bipolaren Welt einfach mal Urlaub vom Geopolitischen genommen?

Die Blutspur US-amerikanischer "Missionen" zieht sich vom Jugoslawien- über den Irak- und Libyen- bis hin zum Syrien-Krieg. Irgendwie hatten die US-Machtinteressen einfach keine Auszeit zugelassen. Vielleicht hat der Lobbyist Fischer seinem Gehirn einfach nur eine Wahrnehmungspause verordnet.

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