Drohender Kriegsschauplatz Iran
Partnerschaft statt Propaganda
Eindrücke und Erkenntnisse von einer Reise in den Iran - Teil 6
von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann - 06.06.2012
Es gibt bisher nur eine Städtepartnerschaft einer deutschen Stadt mit einer iranischen. Sie besteht seit dem 27. Oktober 2000 zwischen Isfahan, der mit ca. 1,75 Millionen Einwohnern drittgrößten Stadt des Iran, die wir am 26. April 2012 besucht haben, und Freiburg im Breisgau. Aber selbst diese eine Partnerschaft ist gefährdet. Als der iranische Präsident im Oktober 2005 seiner Zuversicht Ausdruck verlieh, dass die Verbrechen Israels an den Palästinensern bald ein Ende haben werden, hat der Oberbürgermeister Freiburgs eine geplante Reise in den Iran kurzerhand abgesagt.
Blick über Isfahan – mit Mosalla-Moschee
Es ist nicht zu verstehen: die Partnerschaft zwischen Städten und damit zwischen Völkern wird gefährdet, weil der Präsident eines Staates vom Ende eines unrechtmäßigen, gesetzlosen Zustands spricht, er am 26. Oktober 2005 im Rahmen der Konferenz „Die Welt ohne Zionismus“ während der Jerusalem-Tage seine Zuversicht zum Ausdruck gebracht hat, dass das Regime, das Jerusalem (pars pro toto für Palästina) besetzt hält, dazu bestimmt ist, von der Bühne der Geschichte zu verschwinden.
Feindbilder durch Desinformation
Die Ursache dafür, dass eine solche Aussage, die die Schaffung eines gerechten Zustands für die Menschen in Palästina bzw. Israel proklamiert, zur Aufkündigung von Partnerschaft führt, ist in der propagandistischen Eigenart westlicher Medien zu suchen, die sich wie die Hyänen der Rede des iranischen Präsidenten bemächtigt und sie verfälscht in aller Welt verbreitet haben. Mahmud Ahmadinedschad habe gefordert, Israel (mit den Menschen, den Israelis und den Palästinensern) dem Erdboden gleichzumachen, zu zerschlagen, zu vernichten, zu zerstören, auszuradieren, von der Landkarte zu tilgen – und die widersinnige Falschaussage assoziierend, zu diesem Zweck entwickle der Iran die Atombombe. Das ist nur eines von vielen Beispielen von Desinformation, mit der Feindbilder geschaffen werden.
Blick über Isfahan – ca. 1500m über dem Meeresspiegel
Empörung entwickelt sich
Doch es kommt allmählich Unmut und Empörung auf. Viele Menschen erkennen, wie sie manipuliert werden sollen. Beispiel Avaaz: das ist eine Organisation, die über eMail-Kampagnen versucht, Menschen in großem Stil zu indoktrinieren.
„Avaaz, Sie sind längst entlarvt. Ich schäme mich, jemals auf Ihre Lügen reingefallen zu sein. Noch schlimmer, dass mein Finger den Spendenknopf auch mal gedrückt zu hat. Sie sind total durchdrungen und werden absolut gelenkt. Ihre Aufgabe ist, Menschen zu manipulieren. Man hat tiefgründige Recherchen über Sie gemacht. Sie sind absolut entlarvt. Hören Sie mit der Heuchelei und Lüge endlich auf. Das ist längst bewiesen, wer diese Kindermorde begangen hat. Und Sie sind so dreist, dass Sie uns das anders verkaufen wollen? Wir denken an die USA-Todesschwadronen in Salvador und Nicaragua. In Syrien waren diese in Wartestellung, als der neue US-Botschafter nach Damaskus kam. Also, mit Syrien längst geplant, Sie Augenwischer. Also, hören Sie endlich auf, sie bezahlte Hetzer, Heuchler und Kriegstreiber. Wagen Sie es nie wieder, mir eine unverschämte Krokodilstränen-Mail zu schicken. Sie ekeln mich langsam an.“
Das schreibt Dr. Izzeddin Musa (1938 in Haifa geboren) am 31.5.2012 in anbetracht der Tatsache, wie Avaaz versucht, für die Toten von Houla ohne jeglichen Beweis den syrischen Staat verantwortlich zu machen und damit Kriegsstimmung zu erzeugen.
„Es ist verständlich, dass es schwierig ist für Dich, vertrauenswürdige Informationen zu bekommen. Du bist systematisches Ziel der Mainstreammedien. Du bist systematisches Ziel der Desinformation. Auf dich wird systematisch gezielt, sodass dein Mitgefühl, deine Nächstenliebe und alles, was dich 'menschlich' macht, systematisch pervertiert werden. Du empfindest Mitgefühl, du fühlst Solidarität, wenn Amnesty die NATO in 55 dokumentierten Fällen von Kriegsverbrechen in Libyen beschuldigt. Was Dir höchstwahrscheinlich nicht erzählt wird ist, dass der Direktor von Amnesty International USA als Berater für Hillary Clinton und das [US-]Außenministerium arbeitet. Als Berater für die Beziehungen Staat-NGOs. In einer weniger schönfärberischen Sprache: Amnesty dokumentiert 55 Fälle von Kriegsverbrechen in Libyen, um die mehr als 10.000 wirklich verübten zu überdecken. Du gibst Amnesty eine Spende,…Du fühlst dich menschlich. Und Hillary, Amnesty und andere perverse Kriegsverbrecher und ihre 'Göbbels-ähnlichen Spin Doctors und Ausverkäufer' lachen dich aus...“
Kunsthandwerk – Emaille-Ornamentmalerei
Das schreibt Christof Lehmann am 27.5.2012 in seinem Blog nsnbc.wordpress.com in einem Artikel, in dem es ebenfalls um die aktuelle, künstlich aufgeheizte Situation in Syrien geht.
Aber das gilt für alle Länder, die mittels Krieg zur Räson gebracht werden sollen. Ähnliches war auch bereits hinsichtlich des Iran zu beobachten. In der zweiten Folge unseres Iran-Reiseberichts haben wir auf die verfälschende Darstellung von amnesty in Zusammenhang mit der angeblich drohenden Steinigung einer Frau hingewiesen. Zu diesem Fall ist auch heute noch ein Aufruf von avaaz – mit dem Titel „Stoppt Steinigungen, rettet Sakineh!“ – im Netz.
Gemäß der Recherchen von Hans-Rüdiger Minow, die u.a. in die am 29.11.2006 von „arte“ ausgestrahlte Sendung „Benutzt und gesteuert - Künstler im Netz der CIA“ eingeflossen sind, gehörten zu diesem Netz 1961 zwei zentrale Gründer der Deutschen Sektion von Amnesty International: Carola Stern (tatsächlicher Name: Erika Assmuss, politische Lektorin bei 'Kiepenheuer und Witsch', zeitweise Freundin von Heinrich Böll, WDR-Journalistin, WDR-Personalrätin, US-Agentin in der DDR) und Gerd Ruge (1964-1969 ARD-Chefkorrespondent in den USA).
Alahverdi-Khan-Brücke (Si-o-se Pol), Fußgängerbrücke mit 33 Bögen über den Zayandehrud-Fluss / Abbasi Hotel – errichtet vor ca. 300 Jahren als Karawanserei
Falschmeldungen erzwingen Falschmeldungen
Wie es zu erklären ist, dass sich die Medien in extremer Weise auf die propagandistischen Falschmeldungen stürzen? Man könnte zunächst mal annehmen, dass jeder einzelne Redakteur nicht gezwungen ist, sie aufzugreifen und herauszustellen, wie das in der Regel geschieht. Aber es muss einen Mechanismus geben, der dazu führt. Dazu mögen zum einen die Nachrichtenagenturen beitragen, die Meldungen hinsichtlich ihrer Priorität gewichtet verbreiten. Aber entscheidender dürfte sein, dass Journalisten, die sich einmal in das herrschende System eingefügt haben, vor sich selber nur bestehen können, wenn sie ihre Berichterstattung durch weitere Berichte bestätigen. Sie würden gewissermaßen zerbrechen, wenn sie Meldungen veröffentlichen würden, die das bisher Veröffentlichte ad absurdum führen. So entsteht eine Art von Zwang, eine Falschmeldung durch eine weitere Falschmeldung zu bestätigen – abgesehen von dem Umstand, dass Journalisten, die ausscheren, mit Nachteilen zu rechnen haben.
Offensichtlich gibt es (imperialistische) Kräfte, die mit allen Mitteln daran arbeiten, ihre Macht zu erhalten und auszubauen. Sie entwickeln diesbezüglich einen ungemeinen Ideenreichtum. Dazu zählt das raffinierte Finanzsystem mit seinen Hegdefonds und Ratingagenturen. Dazu zählt die ausgeklügelte Kriegsmaschinerie. Aber dazu zählen auch ganz besonders die zu unserer Beeinflussung geschaffenen, medialen Einrichtungen wie z.B. die Nachrichtendienste genannten Geheimdienste, Nachrichtenagenturen, Think-Tanks, PR- und so genannte Menschenrechtsorganisationen, die als eine Art von Überbau die Machterhaltungsinstrumente als Wohltat für die Menschheit verkaufen.
Wir sind in den Iran gereist, um uns ein eigenes Bild von diesem Land zu machen und – wo möglich – Einblicke zu erhalten, die uns befähigen, ein verzerrtes Bild gerade zu rücken. Eine Erkenntnis haben wir auf jeden Fall gewonnen: es gibt keine Alternative zu Partnerschaft. Propaganda ist zerstörerisch.
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