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Startseite > Ein Interview mit Prof. Ilan Pappé über die Notwendigkeit einer Einstaatenlösung


„Wir können uns nicht den Luxus leisten, länger zu warten, da die Zerstörungsmaschinerie vor Ort keinen Tag lang still steht“

Gespräch mit Ilan Pappé


Florent Barat: Ilan, du bist ein Historiker; du hast zahlreiche Bücher veröffentlicht, unter ihnen das berühmte und für einige Menschen kontroverse Buch: „Die Ethnische Säuberung Palästinas“ (2006). 2007 bist du nach England umgezogen, wo du augenblicklich an der Universität von Exeter Geschichte lehrst. Du bist ein Teil dessen, was einige „die neuen Historiker“ nennen, die eine neue Analyse und eine neue Narrative der Geschichte des Zionismus und Geschichte der Errichtung Israels geben. Du hast einige radikale Positionen gegen den Staat Israel eingenommen. Warum und wann hast du dich entschieden, auf Seiten der Palästinenser zu stehen? Und was waren die Konsequenzen für dich als Israeli?


Ilan Pappe: Den Standpunkt zu solch einem wichtigen Problem zu ändern, bedarf einer langen Reise. Es geschah nicht an einem Tag und nicht aufgrund eines Ereignisses. Ich habe in einem meiner Bücher, „Out of the Frame“, diese Reise vom Zionismus zu einer kritischen Position gegenüber dem Zionismus beschrieben. Wenn ich ein prägendes Ereignis wählen müsste, das meinen Standpunkt auf dramatische Weise geändert hätte, so wäre dies der Angriff der Israelis auf den Libanon im Jahre 1982. Für uns, die wir in Israel aufgewachsen sind, war dies der erste nicht-einvernehmliche Krieg, der erste Krieg, der ein Krieg der eigenen Wahl war. Israel war nicht angegriffen worden. Israel griff an. Dann kam die erste Intifada. Diese Ereignisse öffneten vielen Menschen die Augen auf verschiedene Weise, die bereits schon einige Zweifel an dem Zionismus hatten, an der geschichtlichen Version, die wir in der Schule gelernt hatten.
 
Es ist eine lange Reise und wenn du sie auf dich nimmst, dann wirst du mit deiner eigenen Gesellschaft konfrontiert, sogar mit deiner eigenen Familie und es ist keine schöne Position, in der du dich befindest. Menschen, die Israel kennen, wissen, dass es eine intime und dynamische Gesellschaft ist, so dass du es, wenn du dagegen bist, in jeder Phase deines Lebens zu spüren bekommt. Ich glaube, dass ist einer der Gründe, weshalb es für Menschen wie mich etwas länger dauert, an den Punkt zu gelangen, wo du sagst, es gibt kein Zurück: du musst dich diesen Ansichten anschließen, welche Konsequenzen das auch immer mit sich bringt.

 

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