Angefixt
► von Urte Sperling
In Portugal, Spanien und Griechenland schließen Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens auf Geheiß der Troika [1] die Tore, und für die Normalbevölkerung betreiben wieder freiwillige BarfußärztInnen und barmherzige Pflegende Notversorgung, in ärmlichen Räumen mit dem, was vorhanden ist oder gespendet wird. Wer noch Restersparnisse hat, kratzt diese zusammen, um seinen erkrankten Verwandten die Behandlung im Ausland zu finanzieren, wenn im Inland die entsprechenden Privatkliniken nicht »helfen« können oder aus Budgetgründen nicht wollen.
Bei uns ist die Zwei- oder Drei-Klassen-Medizin komplexer. Die Gegenwart und Zukunft des Gesundheitswesens, das dem Profitprinzip unterworfen wurde und zur Gesundheitswirtschaft beziehungsweise zum Gesundheitsmarkt mutierte, stellt sich als Paradox von »Über- und Unterversorgung« zugleich dar.
Die interessierten Branchen haben in der ersten Phase der »Modernisierung und Industrialisierung« der Medizin seit den 1970er Jahren in Kooperation mit den Trägern der Sozialversicherung, besonders den gesetzlichen Krankenkassen, Standards gesetzt, Erwartungshaltungen produziert und Versorgungsstrukturen geschaffen (Parallelität von Großkliniken und mittelständischen Privatpraxen bei Verbot von öffentlichen Polikliniken). Dann, nachdem die Aufbauphase abgeschlossen war, geriet das Gesundheitswesen als zu teuer in die Kritik.
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