Von Frederico Füllgraf, Harald Neuber - amerika21/Jornal GGN
Am heutigen 1. Januar tritt Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff eine neue Amtszeit an, nachdem Sie sich in der Stichwahl gegen den Konservativen Aécio Neves durchgesetzt hatte. Amerika21-Redakteur Harald Neuber sprach über die Wahlen, das deutsche Brasilien-Bild und die Medien mit Frederico Füllgraf, Korrespondent der brasilianischen Zeitschrift Jornal GGN [2]. Dort erscheint das folgende Gespräch parallel auf Portugiesisch.
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Frederico Füllgraf: Ein provokativer Einstieg: Deutsche lieben Caipirinha [3], brasilianische Strände und brasilianische Frauen. Sie verstehen es, mit ihren Unternehmen in Brasilien viel Geld zu verdienen. Für das gleiche Land aber hat die Mehrheit der deutschen Medien nur Spott und Hass übrig. Ist das nicht eine schizophrene Spaltung im Brasilien-Bild der Deutschen?
Harald Neuber: Das ist in der Tat provokant zugespitzt. Ich glaube, dass wir nicht von dem einem Brasilien-Bild der Deutschen per se sprechen können. Es gibt in der öffentlichen Meinung mehrere Bilder und Diskurse von und über Brasilien. Zum einen haben wir das klassische Brasilien-Bild, das stark von Tourismus und kulturellen Erfahrungen geprägt ist: die Strände und der Bossa Nova [4] als frühe Form einer globalisierten Musik mit autochthonen [5] Wurzeln. Auf der anderen Seite gibt es den Blick auf das aufstrebende, moderne Brasilien als Teil der BRICS-Staatengruppe [6]. Ein Land, das eigene Entwicklungsinteressen vertritt, die in zunehmenden Widerspruch mit den Interessen der G7 stehen. Dieses moderne Brasilien wird tatsächlich kritisch kommentiert.

Dieses Phänomen der überlappenden Diskurse, der unterschiedlichen Medienrealitäten sehen wir übrigens auch im Fall von Kuba. Man kann das als schizophren betrachten: Auf der einen Seite reisen jährlich tausende Menschen nach Kuba und auch Brasilien und erleben funktionierende Staaten. Auf der anderen Seite kehren die dann zurück und lesen, dass diese Länder kurz vor dem Kollaps stehen. Sie haben die Realität erfahren und werden zu Hause mit einer konstruierten Medienrealität konfrontiert. Gegenfrage: Was kann ein Land wie Brasilien tun, um Mediendiskurse zu beeinflussen und ist der Regierung in Brasilien das Problem überhaupt bewusst?
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