► von Kai Ehlers
Das Thema ist gut für einen Streit. Und nicht nur für einen. Zunächst geht es darum, zu klären, wovon die Rede sein soll:
- Vom geographischen Europa – bis zum Ural [2], wie die traditionelle Einteilung unserer Schulbücher reicht?
- Vom Kulturraum Europa, der an der russischen Grenze endet – oder reicht er doch bis Wladiwostok [3]?
- Von der Europäischen Union? Ist dann von der Eurozone zu reden? Oder von Brüssel?
- Oder von 28 Nationen [4], die darum ringen unter wachsender deutscher Dominanz ihre Eigenständigkeit zu wahren?
- Und sind die „europäische Friedensordnung“ der Schlüssel zur eurasischen und die eurasische der Schlüssel zur globalen Friedensordnung?
- Und braucht es dafür Tribunen, Demagogen, zeitweilige Diktatoren?
- Bringt der Prozess sie hervor oder behindern sie diesen Prozess?
Aktuell, konkret, nach anderthalb Jahren des Bürgerkrieges in der Ukraine, macht Europa, genauer, macht die Europäische Union so etwas wie eine dritte Wachstumskrise durch, sozusagen ihre Midlifecrisis – nach den tollen Jugendjahren, die bis zur deutsch-deutschen Vereinigung reichten. Ihr folgte auf dem Fuße die erste Erweiterungsphase der Union bis 2007/8, in der sich alte und neue EU nivellieren und standardisieren mussten. Diese Phase zeichnete die deutsch-deutsche Vereinigung gleichsam als europäisch-europäische nach – mit gravierenden Unterschieden, versteht sich, insofern Ost-Europa von West-Europa nicht nur durch die Sowjetisierung unterschieden ist, sondern auch durch ganz eigene politische Realitäten und kulturell bedingte Mentalitäten.
❖ [5]weiterlesen [6]