Veröffentlicht auf KRITISCHES NETZWERK (https://kritisches-netzwerk.de)

Startseite > Das Gift des #Lobbyismus

 

► von Marc-Thomas Bock / Zweiwochenschrift Ossietzky


Es gibt Begriffe, deren negative Assoziationen sich so tief in unsere Alltagssprache eingegraben haben, daß wir das tatsächlich Inakzeptable ihrer gesellschaftlichen Realitäten als gegeben, ja als unausweichlich ansehen. »Korruption« ist so ein Wort, »Hartz IV« oder »Parteienfilz« sind andere. Die größte sprachliche Verharmlosung im politisch Nur-so-Dahingesagten spiegelt sich jedoch im Begriff des »Lobbyismus« wider. Lobbyismus, denkt sich der Bürger, muß es geben, woher sonst sollen die Parteien ihr Extra-Wahlkampfgeld bekommen. Aber Lobbyismus reicht weiter.

Im allgemeinen sind Lobbyisten eben die modernen Dunkelmänner oder -frauen, die sich diskret im gepflegten Restaurant in Reichstagsnähe mit unseren gewählten Volksvertretern treffen. Oder die, weniger diskret, als externe Berater der Bundestagsabgeordneten im Büro gleich nebenan sitzen. Lobbyisten sehen sich selbst als Vermittler zwischen politischen Entscheidungsträgern einerseits und Wirtschaft, Industrie und Handel andererseits. Ausgestattet mit Geldern, Spesen und dem richtigen Stallgeruch versuchen sie, die wirtschaftlichen Interessen ihrer Auftraggeber auf legislative Verfahrensprozesse einwirken zu lassen. Gut vernetzt, mit entsprechend glatter Vita, rhetorisch versiert und wirtschaftspsychologisch gecoacht, mal ganz jovial oder auch devot, mal sogar auch unterschwellig drängend, sind unsere Lobbyisten stets bemüht, auf das politische Alltagsgeschäft Einfluß zu nehmen.

Die Gestaltung der Wirtschafts- oder Energie-, der Gesundheits- oder Verteidigungspolitik hängt in nicht unwesentlichem Maße auch von der persönlichen Nähe der Lobbyisten zu ihren Abgeordneten ab oder von den Karriereangeboten, die sie den MdBs für die Zeit nach dem Mandat anzubieten haben. Auch die Persönlichkeit und die private Finanzsituation der Abgeordneten spielen dabei eine Rolle. Diese Art der Einflußnahme wirkt wie schleichendes Gift, denn es erodiert die demokratischen Entscheidungsprozesse in der Bundesrepublik zunehmend.

❖ [1]weiterlesen [2]

 


Quell-URL: https://kritisches-netzwerk.de/content/das-gift-des-lobbyismus?page=48#comment-0

Links
[1] http://www.kritisches-netzwerk.de/forum/klage-gegen-israels-regierungschef-netanjahu-chile-eingereicht
[2] http://www.kritisches-netzwerk.de/forum/das-gift-des-lobbyismus