► von Alex Lantier / wsws.org/de
Letzten Mittwoch peitschte der griechische Premierminister Alexis Tsipras [1] ein über 900 Seiten langes Sparprogramm der Europäischen Union (EU), diktiert von Berlin, durch das griechische Parlament. Die Abstimmung machte den verheerenden Verrat der „Koalition der radikalen Linken“ (SYRIZA) an der griechischen Bevölkerung komplett.
Buchstäblich über Nacht hat sich SYRIZA die Austeritätslinie zu eigen gemacht, als sei diese eine völlig selbstverständliche Politik. Sie tritt damit nicht nur ihr Wahlversprechen, dem EU-Memorandum ein Ende zu setzen, mit Füßen, sondern auch das „Nein“-Votum der Bevölkerung, die beim Referendum am 5. Juli mit 61 Prozent gegen die Sparpolitik der EU gestimmt hatte. Syrizas Agenda, die soziale Kürzungen, reaktionäre „Gesetzesreformen“ und Privatisierungen im Umfang von Dutzenden Milliarden Euro vorsieht, wird verheerende Folgen in Griechenland haben. Sie ist ein grausamer Schlag gegen Millionen griechischer Arbeiter, die schon jetzt mit Hunger, Arbeitslosigkeit und fehlender medizinischer Versorgung zu kämpfen haben.

Tsipras, der im Wahlkampf vergangenen Januar noch als linker Hitzkopf gehandelt wurde, hat sich als gewöhnlicher Vertreter der freien Marktwirtschaft entpuppt. Einige Pressekommentare vergleichen ihn bereits mit dem ehemaligen Vorsitzenden der französischen Sozialisten, François Mitterrand [2]. Dieser war 1981 auf der Grundlage eines nationalen Reformprogramms zum Präsidenten Frankreichs gewählt worden und hatte bereits weniger als zwei Jahre später mit seinem Programm gebrochen und stattdessen eine „Wende hin zu Austerität“ vollzogen, die einen direkten Angriff auf die Arbeiterklasse bedeutete. Wenngleich Mitterand eine üble Rolle gespielt hat, angesichts der krassen Ausmaße von Tsipras’ Politik wäre der Vergleich mit einem anderen französischen Politiker noch treffender: Pierre Laval [3]. Dieser wandelte sich im Zweiten Weltkrieg von einem nominellen Sozialisten in die rechte Hand des Marschalls Philippe Pétain [4], der in der Zeit der deutschen Besatzung als Staatschef des französischen Kollaborationsregimes fungierte.
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