► von Wolfgang Blaschka, München
Der gemeine bayerische Stammtischdepp, so hofft die CSU, wählt sie nicht wegen ihres staatsmännischen Gehabes, sondern wegen einer gewissen Hemdsärmligkeit, und sei diese von noch so gewissenloser Argumentsärmlichkeit. Rustikal, derb und ohne Blatt vor dem Mund kommen daher ihre Wahlkampfschlager übers Land, egal wie museal, herb und ohne Sinn und Verstand sie in dampfenden Bierzelten und dumpfbrodelnden Kundgebungshallen verkündet werden. Daher befleißigt sich die Parteiführung gern einer gerissenen Härte bei aller Gefühlswärmlichkeit, Hauptsache die Botschaft verfängt: "Mia san mia" scheint ihr Zauberwort zu sein; und "dahoam samma dahoam" gerät zur geflügelten Worthülse einer rhetorischen Mordpatrone: Wo Heimat ist, da haben wir das Sagen. Die andern bleiben bestenfalls Touristen, oder, so sie keine Kurtaxe bezahlen, sondern Arbeit, Auskommen und Asyl suchen, eben Wirtschaftsflüchtlinge. Die engstirnige, scheinbar harmlose Heimattümelei verbreitet ihren brenzligen Geruch wie Anfang der Neunziger Jahre. In Bayern brennen wieder Flüchtlingsheime. Nazis jubeln. Die CSU hofft mit dem Thema zu punkten.
Die vom Balkan geflüchteten Sinti und Roma kommen der CSU gerade recht, denn gegen Syrer auf der Flucht vor Bürgerkrieg und IS-Terror wäre schwerer zu stänkern. Doch ziganophobisch gespickte Attacken reiten sich allemal noch unverfänglicher und sind obendrein garantiert verfänglich. Zumal die Leute aus dem nicht zuletzt von deutscher Außenpolitik zerstückelten Jugoslawien nach offizieller Lesart aus so genannt sicheren Herkunftsstaaten stammen, kann man deren Fluchtgründe schamlos pauschal anzweifeln. Sie haben relativ geringe Aussicht auf Anerkennung als politisch Verfolgte, den Grünen sei's getrommelt und gepfiffen! Denn drei der Nachfolgestaaten Jugoslawiens wurden mit deren Zustimmung aus Baden-Württemberg flugs zu menschenrechtssicherem Terrain umdeklariert, um angeblich bessere Unterbringungs-Bedingungen für Flüchtlinge aus Nahost und Afrika zu schaffen. Ein Kuhhandel auf deutschem Innenminister-Niveau: Asylsuchende unterschiedlicher Provenienz wurden eiskalt gegeneinander ausgespielt.
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