► von Ulrich Gellermann, Berlin
Er hatte etwas von Sklavenmarkt, der EU-Flüchtlings-Gipfel in Brüssel: Die Türkei sammelt alle Flüchtlinge ein, die auf den griechischen Inseln gestrandet sind – zur Zeit sind es deutlich mehr als 10.000, täglich kommen 1.700 dazu – und für jeden von ihnen soll dann die EU Zug um Zug einen in der Türkei lebenden syrischen Flüchtling legal aufnehmen. Dafür bekäme die Türkei jede Menge politisches Entgegenkommen und eine noch höherer Summe an Euro-Milliarden als bisher geplant. Das soll dann die Zahl der Flüchtigen senken.
Die Kanzlerin nannte das Ergebnis einen „Durchbruch“. Wer sich an einen Blinddarmdurchbruch [1] erinnert fühlt, der liegt nicht falsch. Denn wie genau die Senkung, bei einem Eins-zu-eins-Verfahren erledigt werden soll, will keiner der Beteiligten erklären.
- Durch Transport-Verluste wie sie beim Umtausch von Pfandflaschen immer wieder vorkommen?
- Durch Umtausch-Schwund, wie man ihn aus dem Sommerschlussverkauf kennt?
- Oder durch jene Sorte „Verschleiß“ wie er beim Sklavenhandel immer wieder vorkam: Unsachgemäßer Transport, schlechte Lagerung der Ware, mangelnde Versorgung?
Die Händler auf diesem Markt sind dubios: Auf der einen Seite die EU, deren Mitglieder auf keinen Fall ausreichend Lager-Kapazitäten für die verderbliche Ware anbieten wollen. Auf der anderen Seite die Türkei. Sie ist auf dem Weg in eine anerkannte Diktatur. Nur noch ein paar tote Kurden mehr, weitere Medien-Beschlagnahmungen und ein netter Verfassungsumbau fehlen, damit die deutsche Außenpolitik getrost von einer „Präsidialdemokratie“ reden kann. Denn der Schein heiligt bei diesem Deal jedes Mittel. Angefangen bei dem Versuch den Handel als „Durchbruch“ zu verkaufen, um das Gesicht der Merkel zu wahren, bis zur eisernen Leugnung des türkischen Terrors: Als Kooperationspartner des IS, als Akteur beim syrischen Regime-Change und bei der Bombardierung kurdischer Städte und Dörfer.
Beschlossen ist der Pakt zwischen EU und Türkei noch nicht, aber schon seine Paraphierung ist mit Blut geschrieben.
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