

► von Lothar Deeg, Sankt Petersburg
Alexander Van der Bellen ist mit hauchdünner Mehrheit zum österreichischen Bundespräsidenten gewählt worden. Auch wenn sein Name holländisch klingt: Seine Vorfahren gehörten zum russischen Adel – und er selbst wurde als estnischer Staatsbürger geboren.
Ursprünglich geht der Familienname "Van der Bellen" allerdings schon auf einen Holländer zurück: Ein Glaser dieses Namens, so die Familienlegende, zog 1763 ins russische Reich – wie so viele Fachkräfte, Handwerker und Bauern aus Mitteleuropa in dieser Zeit. Seine Nachkommen arbeiten sich hoch – und rücken schließlich in den erblichen russischen Adelstand auf. Das geschah in Russland damals automatisch, wenn sich jemand aufgrund seiner Verdienste oder seiner Position im Staatswesen auf der offiziellen Rangliste beispielsweise bis zum Titel eines Geheimen Staatsrates aufgestiegen war.
Ein Alexander von der Bellen, der Großvater des nun frisch gewählten österreichischen Staatsoberhaupts, lebte im westrussischen Pskow und leitete seit 1913 den örtlichen Semstwo, ein Selbstverwaltungsorgan der Großgrundbesitzer, berichtete die ZEIT im März in ihrer Österreich-Ausgabe in einem Artikel über die Familiengeschichte des grünen Präsidentschaftskandidaten. [⇒ Artikel b. ZEIT ONLINE].
► Großvater war Regierungs-Chef in Pskow
Nach der Februarrevolution 1917 übernimmt der liberal eingestellte Aristokrat im Auftrag der neuen bürgerlichen Machthaber die Leitung der Lokalregierung in Pskow. Noch vor der Oktoberrevolution tritt er zurück, aus gesundheitlichen Gründen. Pskow wird zunächst von deutschen Truppen besetzt, doch im Sommer 1919 rücken auch hier die Bolschewiken ein. Die adelige Familie "Von der Bellen" mit den drei Söhnen Georg, Alexander und Konstantin entschließt sich kurz vorher zur Flucht ins nahe Estland – das zu dieser Zeit gerade seine Unabhängigkeit erlangt.
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