Ausflug nach Bavaristan: Beim #Anwaltsnotdienst auf dem #G7-Gipfel

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Eine kritische Betrachtung von Rechtsanwalt Mario H. Seydel - Fotos © M.S.


Am 1. Juni kam über die Berliner Strafverteidigervereinigung ein Aufruf der Rechtsanwaltskammer München, es würden Anwälte für den Anwaltsnotdienst auf dem G7-Gipfel gesucht. Den Notdienst hatte die Rechtsanwaltskammer München zusammen mit dem RAV und engagierten Kollegen organisiert, um bei Festnahmen und Gewahrsamnahmen anwaltliche Hilfe anbieten zu können. Bedingung: Anfahrt, Unterkunft und Verpflegung auf eigene Kosten. Der Kollege Sch. und ich entschlossen uns, kurzfristig unsere Hilfe als Strafverteidiger zur Verfügung zu stellen. Von Samstag bis Montag, also in der Zeit, in der am ehesten mit Auseinandersetzungen zu rechnen war, wollten wir uns dem Anwaltsteam anschließen. Hier ein kurzer Bericht der Erlebnisse.
 

 

Samstag, vier Uhr früh, also zu nachtschlafender Zeit, ging es los. Wir wollten rechtzeitig vor der Hauptdemonstration vor Ort sein. Auf der Fahrt gehen wir noch mal die möglichen Rechtsnormen durch, die für uns wichtig sein könnten. Was konnte uns erwarten und wie sollten wir agieren? Wir hofften auf eine Einweisung durch die Kollegen vor Ort. Im Vorfeld hatte man uns darauf vorbereitet, dass die Zufahrt nach Garmisch-Partenkirchen einige Zeit dauern könnte, weil zahlreiche Fahrzeugkontrollstellen eingerichtet wurden. Wir waren gespannt. Bereits in der Höhe von Nürnberg wiesen mobile Leuchttafeln darauf hin, dass München völlig überlastet sei und man über Regensburg fahren solle, wenn man nach Österreich wollte. Wir richteten uns auf Stunden im Stau ein. Wider Erwarten kommen wir gut durch. München wirkte wie am Sonntagmorgen. Die Straßen waren leer. Schon hier bekam man einen Vorgeschmack auf das, was uns erwarten würde. Auf den Straßen durch die Stadt waren überall Halteverbotsschilder aufgestellt.

 


Anreise in den Ausnahmezustand

An jeder Straßenkreuzung, in jeder Verkehrsbucht und auf jeder Brücke standen Polizeifahrzeuge. Mir schien es, als seien die Polizeibeamten so aufgestellt, dass die Abstände maximal Sicht- bzw. Rufweite betrugen. Auf der A 95 gab es nicht eine Anhaltebucht, Straßenmeistereiausfahrt oder einen Parkplatz, wo nicht ein Polizeiwagen die Zufahrt versperrte. An einem liegengebliebenen Pkw auf dem Standstreifen steht ein Mannschaftswagen mit Blaulicht. Wir kommen in den ersten Flaschenhals: 100 km/h, 80 km/h, 60 km/h, 40 km/h. Wir sind die Einzigen auf der Autobahn. Es fällt schwer, sich unter diesen Bedingungen an die Geschwindigkeitsbegrenzung zu halten. Zähne zusammenbeißen und Fuß vom Gas. Die Fahrbahn wird auf eine Spur verengt. An der Kontrollstelle werden alle Fahrzeuge angehalten, um Ausweise und Führerscheine zu kontrollieren. Ein älterer bayrischer Polizeibeamter, der der Filmkulisse einer alten Folge von »Derrick« oder »Der Alte« entsprungen zu sein schien, versuchte mit geschickten Verhörmethoden aus uns herauszubekommen, ob wir Demonstranten, Journalisten oder sonstige Störer seien.

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