Bin ich ein Antiamerikaner?

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von Prof. em Dr. Arno Klönne / Mitherausgeber der Zweiwochenschrift Ossietzky


Eine geopolitische »Führungsmacht«, deren Regierung immer wieder Feldzüge unternimmt, um andere Staaten zu ruinieren; die geheimdienstlich einen weltweiten Big-Brother-Betrieb unterhält, sich massenmediale Beihilfe für ihre Operationen 'out of area' kauft, zerstörerische »Revolutionen« anzettelt, per Drohne illegal Widersacher tötet, auch Folterungen nicht scheute – wenn ich dieser US-amerikanischen Politik widerspreche, ziehe ich mir hierzulande leicht den Vorwurf zu, ich sei »Antiamerikaner«, ein Feind der »westlichen Wertewelt«, vermutlich ideologisch infiziert von nazistischen Hinterlassenschaften.

Also habe ich daraufhin meinen Lebenslauf überprüft.

Erst mal die Jugendjahre in der Nachkriegszeit: US-Besatzungssoldaten hatten meine Sympathie – jedenfalls die Schwarzen; auf sie war Verlaß, wenn wir als Tramper um Mitnahme baten. Radio AFN brachte für uns Entdeckungen: Endlich Jazzmusik! Upton Sinclair wurde einer meiner Lieblingsautoren, bei ihm war nachzulesen, daß es so etwas wie Klassenkämpfe gibt. Ich erfuhr, daß der 1. Mai als internationaler Kampftag der Arbeiterbewegung seine Herkünfte in der Geschichte der USA hat. Die Historie der »Wobblies« lernte ich kennen, der radikalen US-amerikanischen »Industrial Workers of the World«. Meinen Abituraufsatz habe ich (damals konnte man das Thema noch frei wählen) über Ernest Hemingways Roman »Wem die Stunde schlägt« geschrieben, zum Ärger deutschtümelnder Lehrer, »muß es denn ein Amerikaner sein«, monierten sie.

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