Die Wasserkrise in São Paulo. Welt ohne Wasser?

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von Rico Rodrigues


Schon seit Jahren lesen wir immer wieder, dass Wasser weltweit knapp wird, dass Wasser im Laufe des 21. Jahrhunderts so knapp werden könnte, dass sogar Kriege darum geführt werden könnten. Vielleicht ist es eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet im Land mit den größten Süßwasserreserven der Welt, Brasilien, die Millionenstadt São Paulo Anfang 2015 kurz vorm Wasserkollaps steht. Dabei ist diese Krise weit mehr als nur eine Krise des Wassermanagements - es ist eine Krise des Kapitalismus.

Der Verweis auf die riesigen Wasserressourcen von Brasilien ist korrekt, verzerrt aber auch das Bild. 70% des Wassers befinden sich im riesigen Amazonas im Norden, tausende Kilometer von São Paulo im Südosten des Landes entfernt. Der Nordosten Brasiliens dagegen ist ein halbtrockenes Gebiet, und mit ca. 40 Mill. Menschen eines der dicht bevölkertsten der Welt. Dort sind Wasserknappheit und die Rationierung sowie die damit verbundenen Probleme der Bevölkerung ein regelmäßiges Thema. Statistiken zeigen, dass es bereits 2008 in 23% der über 5.000 brasilianischen Gemeinden (dazu zählen auch Städte) regelmäßig Wasserrationierungen gab.
 

 

Für viele BrasilianerInnen ist das Thema deshalb nicht neu. Erst jetzt allerdings ist das „Wasserproblem“ zu einem nationalen Problem geworden. Im Südosten und im Süden lebt die Mehrheit der BrasilianierInnen, dort konzentriert sich auch die Industrieproduktion sowie die industrialisierte Landwirtschaft. Es ist das Zentrum des brasilianischen Kapitalismus. Dass ausgerechnet jetzt in São Paulo das Wasser ausgehen soll - undenkbar.

Im Ballungsraum São Paulo leben ca. 20 Mill. Menschen. Etwa 10% der 200-Millionen-Bevölkerung leben auf weniger als 0,1% der Fläche des Landes. Im Bundesstaat São Paulo leben 42 Mio. Menschen und es wird ca. ein Drittel des BIP Brasiliens dort erwirtschaftet.

Doch die aktuelle Wasserkrise ist nicht auf den Südosten und São Paulo beschränkt. Im Oktober 2014 waren bereits 70 Städte im Bundesstaat São Paulo von Wasserknappheit betroffen. Im benachbarten Minas Gerais wird ebenfalls von einer schlimmen Krise gesprochen. Auch in Rio de Janeiro, mit ca. 11 Mio. EinwohnerInnen nach São Paulo die zweitgrößte Stadt Brasiliens, wird die Situation zunehmend kritisch.
 

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