Ein- oder Zweistaaten-Perspektive: Palästina versus Israel oder Israel-Palästina?

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von Wolfgang Blaschka, München


In Zeiten, da es üblich ist mit dem Slogan "Deutschland, halt's Maul" jeglichen Kommentar aus deutschem Munde zum israelisch-palästinensischen Konflikt generell vom Tisch wischen zu wollen, ist es besonders heikel, Argumente für die eine oder andere Friedensperspektive zu formulieren, Ratschläge zu erteilen, Bedenken zu äußern oder auch nur Meinungen zu haben zu der Frage, was besser wäre für den Nahen Osten:

  • zwei selbstständige, souveräne Staaten, die sich in formell anerkannter Koexistenz, aber grundsätzlich gegensätzlicher Interesenslage gegenüber stünden und beargwöhnten, belauerten und hin und wieder über die eine oder andere Frage aneinander gerieten und sich dabei diplomatisch, wirtschaftlich oder gar militärisch Konkurrenz machten, oder aber . .
  • ein gemeinsamer Staat, in dem israelische Juden und Palästinenser jeglicher ideologischer und religiöser Provenienz, ob Christen, Kopten, Moslems oder welcher Glaubensrichtung auch immer, sowie die allseitig wachsende Schar der nichtgläubigen Freisinnigen in einem demokratischen, säkularen, gemeinsamen Staat gleichberechtigt leben könnten, ohne einander permanent in die Quere zu kommen, aber auch ohne sich andauernd aus dem Weg gehen zu müssen.

Die Zwei-Staaten-Lösung wird z.B. von dem israelischen Soziologen Professor Moshe Zuckermann präferiert (siehe Artikel bei Hintergrund.de). Letztere Möglichkeit scheint in weiter Ferne und muss angesichts der krassen Konfrontation und der eklatanten Kriegsverbrechen wie naive Utopie anmuten, zugegeben. Der israelische Historiker und Autor Prof. Ilan Pappé (siehe Foto) ist einer der renomiertesten Befürworter der Einstaatenlösung (siehe Artikel im KN), ebenso die amerikanische Philosophin und Autorin Prof. Judith Butler, der amerikanisch-israelische Friedensaktivist, Professor für Anthropologie und Autor Jeff Halper neben vielen anderen.
 
Segregation nach dem Muster der Apartheid hätte indes weder mit tatsächlicher Demokratie etwas zu tun noch mit Menschenwürde oder gar mit wirklichem Frieden, dessen unabdingbare Voraussetzung umfassende Gerechtigkeit wäre, also gleiche Rechte für Alle inklusive eines garantierten Rechts auf Rückkehr, ob in Form der (Wieder)-Ansiedelung oder ersatzweiser Entschädigung für jene, die auf dem Territorium des alten Palästina vor 1948 lebten und leben, wie auch immer dieses verfasst und aufgeteilt wäre. Auch mit einem tatsächlich lebensfähigen palästinensischen Staat auf zwei getrennten Territorien wäre der Konflikt nicht aus der Welt.
 
Bei der Zwei-Staaten-"Lösung" blieben die aus Jaffa oder Haifa vertriebenen Palästinenser weiterhin Vertriebene auf unabsehbare Zeit, zumindest solange die heute besetzten Gebiete, dann als eigenständige Gebilde in palästinensischer Selbstverwaltung als deren Staat bestünden, während das israelische "Kernland" sie weiterhin ausschlösse, um den demographisch abgesicherten "Judenstaat" zu garantieren, in dem die verbliebene palästinensische Minderheit ein marginalisiertes Schattendasein zu fristen haben würde, wenn nicht gar bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit der subtilen Aufforderung konfroniert wäre, sie sollte doch besser dahin gehen, wo ihresgleichen das Sagen habe, nach dem praktischen Motto: "Geh doch rüber, wenn's Dir hier nicht passt".
 

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