Entstehen der Marktwirtschaft und ihrer Begleiterscheinungen

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von Peter A. Weber

 

Kritik der Unersättlichkeit und Lob des guten Lebens II

 

1. Historischer Rückblick 
 
Eine Rückschau über die Entwicklung der Prozesse um den Sinngehalt und die Begriffe wie Glück, Wohlstand, Besitz und Kapital soll an dieser Stelle nicht erfolgen. Man möge mir verzeihen, daß ich dabei sogar Karl Marx vernachlässige - es würde sonst zu umfangreich. Einige Zeilen sollen aber dem schottischen Moralphilosoph, Aufklärer und Begründer der klassischen Nationalökonomie namens Adam Smith gewidmet werden, bevor der Einstieg in die „in medias res“ (mitten in die Dinge) des 20. Jahrhunders erfolgt. Mit mit seinem Hauptwerk „Wohlstand der Nationen – Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen“ hat uns Smith eine Basis hinterlassen, auf dem seine Nachfolger bis hin zur Moderne aufbauen konnten. 
 
Eine essenzielle Frage hat sich Smith gestellt:
 
„Was ist bedeutsamer: das allgemeine, gesellschaftliche Glück oder das persönliche, individuelle Glück?“.
 
Seine Theorien führten ihn jedoch zu einer Erkenntnis, bei der es sich erübrigte, die o. a. Frage definitiv zu beantworten. Es handelt sich um die Offenbarung der berühmten „unsichtbaren Hand“, die offensichtlich auf einer religiösen Basis gedeihte und als eine Assoziation zur „Hand Gottes“ verstanden werden kann. Denn durch die unsichtbare Hand, die mittels der Funktion des Marktes den gesellschaftlichen Reichtum erhöhe, werde gleichzeitig auch das allgemeine, gesellschaftliche Glück gefördert. Dies sei zwar keine direkt beabsichtigte Wirkung des Wirtschaftsgeschehens, aber trotzdem sei der mehr oder weniger zufällige Effekt ein stichhaltiger Grund, die Marktwirtschaft zu unterstützen, denn das Florieren des Marktes sei daher im allgemeinen Interesse.
 
Die in diesem Beitrag gestellte Aufgabe führt uns zu den menschlichen Begierden und den zu erfüllenden Bedürfnissen. John Maynard Keyneseiner der bedeutendsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts und Begründer des „Keynianismus“ hatte seine eigenen Vorstellungen vom Wirken der Begierde. Wie Adam Smith ging er von den angeblich wohltätigen Ergebnissen des Marktes aus. Er behauptete, daß der Mensch nur eine begrenzte Anzahl von Begierden habe und nahm an, daß 
  • der Kapitalismus die Liebe zum Erzielen von Gewinn freisetze,
  • dieser wiederum durch die Fülle seines Angebotes den Menschen befriedigen könne, 
  • sich daraus die Freiheit der Menschen entwickele, der sich in einem zivilisierten Leben der Früchte  seiner Arbeit erfreuen könne, und
  • sich als Endeffekt ein Zustand einer Befriedigung und allgemeiner Zufriedenheit herauskristallisiere.
Jedem von uns ist klar, daß sich Keynes geirrt hat, wenn wir unseren derzeitigen Daseinszustand betrachten, der weit davon entfernt ist, uns zu den beschriebenen paradiesischen Verhältnissen zu bringen. Das hat natürlich etwas mit dem schwer faßbaren Begriff des Glücks zu tun.