► von Peter A. Weber
Diese Thematik beschäftigt uns im Kritischen Netzwerk schon lange. Aufgrund der aktuellen Vorfälle sollten wir nicht müde werden, die skandalösen Verhältnisse und die menschenunwürdige europäische Asylpolitik anzuprangern. Deshalb habe ich auch vor einigen Tagen habe in der TAZ zum Thema Flüchtlingsdrama folgenden Leserbrief veröffentlicht:
„Wie schon zuletzt beim Besuch des neuen Papstes auf Lampedusa schieben auch jetzt nach dieser neuerlichen Flüchtlingskatastrophe die Politiker die alleinige Schuld auf die Schleuser und waschen sich von Verantwortung rein. Dies ist tatsächlich ein Skandal und eine Schande. Die menschenrechtliche und politische Schieflage ist seit Jahren bekannt. Tausende von Flüchtlingen sind bereits umgekommen. Dabei registrieren wir in Europa höchstens die Opfer im Mittelmeer – die Flüchtlinge müssen aber zuvor hunderte oder tausende Kilometer auf dem Land durch Wüsten und lebensgefährliche Regionen durchqueren, wobei niemand die Dunkelziffer der dortigen menschlichen Verluste kennt. Dabei fällt den EU-Verantwortlichen nichts Besseres ein, als mit Frontex eine brutale Abwehrpolizeiorganisation zu installieren und die Mittelmeer-Anrainerstaaten mit ihrer Problematik alleine zu lassen. Erst wenn ein paar hundert Tote auf einmal zu verzeichnen sind, wird die Öffentlichkeit aufmerksam und die Politiker bequemen sich zu ein paar scheinheiligen Beileidsbezeugungen, ohne jedoch wirkliche Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Das ganze Polittheater besteht aus faulen und feigen Entschuldigungen - man legt sich bloß ein Feigenblatt an. Denn die Schleuser, die natürlich anzuklagen sind, bedienen sich nur der durch die Politik geschaffenen Bedingungen. Sie sind nicht die Ursache des Problems, denn je massiver die Abschottung gestaltet ist, um so größer ist die Geschäftsbasis der Schleuser. Die Ursache muß man natürlich auch in den Verhältnissen der Heimatländer der Flüchtlinge suchen. Diese Zustände werden jedoch nicht nur durch dortige korrupte Machenschaften, durch Stammeskriege sowie durch Religionskonflikte geschaffen, sondern auch durch die unfairen Handelsbedingungen der reichen Länder wie der EU sowie durch ungeeignete oder ausbleibende Hilfe durch diejenigen, die in der Lage wären, diese zu leisten. Meiner Meinung nach haben wir es größtenteils mit einem Kollateralschaden des Kapitalismus zu tun. Es handelt sich also insgesamt um einen Teufelskreislauf, den man jedenfalls nicht durch die Bekämpfung von Schleuserbanden lösen kann. Das ist so, als ob man das Drogenproblem durch die die Kriminalisierung der Konsumenten und kleinen Dealer in den Griff bekommen wollte. Siehe abschreckendes Beispiel USA. Ein totales Umdenken bezüglich der Bedingungen des internationalen Zusammenlebens und der Solidarität ist erforderlich.“