Generation Y

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von Manfred Sohn


Eine junge Kollegin von mir sitzt gerade an ihrer Bachelor-Arbeit, die sich mit der „Generation Y“ befaßt – ihrer Generation, deren Mitglieder im Zeitraum von etwa 2000 bis 2015 zu den Teenagern zählte.  

Der Begriff mag wieder so ein Kunstprodukt der Soziologie sein. In der 80er Jahren löste der damalige Professor Thomas Ziehe eine Welle von Büchern und gut dotierten Stellen im akademischen Betrieb aus, die sich fortan intensiv mit dem von ihm deklarierten „Narziß – ein neuer Sozialisations-Typus“ befaßten. Der akademische Betrieb ist in unserer Phase des Kapitalismus zunehmend in der Lage, sich selbst tragende Selbstbeschäftigungs-Themen zu erzeugen, die in abnehmenden Maße für die nichtakademische Welt noch interessant oder gar nützlich sind. Die gegenwärtig viel diskutierte „Generation Y“ jedenfalls sei, – so lernte ich durch die junge Kollegin – (wie es Wikipedia ausdrückt) „vergleichsweise gut ausgebildet, oft mit Fachhochschul- oder Universtitätsabschluß“ ausgestattet und im Internet zu Hause. Die ihr angehörigen Menschen seien aber in hohem Maße illusionslos gegenüber ihren eigenen Zukunftsperspektiven, die sie als von zunehmender Unsicherheit geprägt empfinden. Hohe Qualifikationen, die früher Garant für gesichertes Einkommen galten, koppeln sich von der Frage des späteren materiellen Lebensstandards ab.
 

 

Das ist eine interessante Entwickelung, die ein Schlaglicht auf den gegenwärtigen Stand des Kapitalismus wirft. Der ist zunehmend durch zwei gegenläufige Tendenzen gekennzeichnet.

Zum einen ist er so produktiv, daß die erwachsenen Menschen weltweit im Durchschnitt nur 20 bis höchstens 30 Wochenstunden tätig sein müßten, um sich selbst und alle auf dem Globus lebenden Kinder und Alten mit Wohnraum, Kleidung, Nahrung, Fortbewegungsmitteln und Kulturgütern zu versorgen. Die überschießende Produktivität, die aber eben durch allgemeine Arbeitszeitverkürzung auf alle verteilt wird, fließt so ökonomisch gesprochen in Blasen aller Art. Das sind die Spekulationsblasen, in denen Vermögen als Anspruch auf spätere Leistungen gebildet werden. Das sind auch die akademischen Blasen, in denen, wie erwähnt, Wissenschaftler aller Kategorien aufgeregt, aber zweckfrei in Büchern und Kongressen irrelevante Frage eifrig debattieren.
 

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