Gewissheit geht anders ...

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.....eine sehr ausschweifende Anmerkung zum SPD-Parteitag

 


Wir Menschen sind nun mal so gestrickt, dass wir die Gewissheit der Ungewissheit vorziehen. Ungewissheit macht nervös, die kleinen grauen Zellen malen sich ein Szenario nach dem anderen aus, die meisten schrecklich und gefürchtet, wenige schön, doch scheinen gerade diese unerreichbar, während uns das Eintreffen der schrecklichen am wahrscheinlichsten erscheint.
 
Mir kommt es so vor, als hätten raffinierte Beratergehirne genau dieses Prinzip für sich entdeckt und - für teuer Geld - ihren Klienten daraus Nutzanwendungen gestrickt, deren Kernaussage lautet:  "Nach einer hinreichend langen Phase der Ungewissheit ist die Zielgruppe für jede Art von Gewissheit dankbar, selbst wenn es die Gewissheit der schlimmstmöglichen Entwicklung ist."
 
Vor fünfzig Jahren hatten die jungen Männer die Gewissheit, nach der Schule eine Lehrstelle zu finden, höchstwahrscheinlich im Wunschberuf, und nach der Bundeswehr (auch der Wehrdienst war eine Gewissheit) beim vorherigen Arbeitgeber mit offenen Armen wieder aufgenommen zu werden. Ja, sie hatten sogar die Gewissheit, wenn sie sich keine groben Schnitzer erlauben und nur ein Quentchen Glück haben, in dem Unternehmen, in dem sie ausgebildet wurden, bis zur Rente gutes Geld zu verdienen.  Junge Frauen hatten die Gewissheit, dass sie irgendwann den Mann fürs Leben finden, eine Familie gründen und Kinder bekommen würden. Dass sie Arbeit finden würden, wenn sie arbeiten wollten - dass es im Zweifelsfall auch so reichen würde, wenn sie wegen der Kinder zuhause bleiben würden.
 
Ja, natürlich, das Leben war damals ein bisschen weniger komfortabel als heute. Zum Telefonieren ging man drei Straßen weiter in die Telefonzelle, zur Arbeit fuhr man mit dem Rad oder dem Moped, in der Wohnung stand womöglich noch ein Kohleofen und die Lieblingsmusik kam vom Plattenspieler.  Doch es war ein Leben voller Zuversicht und Gewissheit.
 
 

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