Good Morning, Vietnam!

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von Georg Rammer via Zweiwochenschrift Ossietzky


Was für ein faszinierendes Land! Ein wachsender Strom von Touristen aus aller Welt kommt nach Vietnam, um wunderschöne Landschaften, schwimmende Märkte, wahre Kulturjuwelen und die pulsierenden Metropolen Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt zu besichtigen. Reisende, die sich mehr auf das Land und die Menschen einlassen wollen, tuckern zu den Bergvölkern im Norden oder zu Dörfern im Mekong-Delta, wandern in einem Urwald-Reservat oder machen in einer Stadt Station, in die sich mangels spektakulärer Attraktionen kein Tourist verirrt. Und sie freuen sich über Begegnungen mit freundlichen, aufgeschlossenen Menschen und genießen die Düfte und Gaumenfreuden in Fischkneipen und an Marktständen. Aber Vietnam – war da nicht mal ...

Vor 60 Jahren begannen die USA einen Krieg gegen Vietnam. Vor 50 Jahren erfolgte eine massive Ausweitung durch Flächenbombardements und Bodentruppen – in der Hauptphase des Krieges über eine halbe Million US-Soldaten. Vor 40 Jahren, nach grauenhaften Zerstörungen und einem militärischen und moralischen Desaster für die Vereinigten Staaten, wurde ein Friedensabkommen geschlossen.

Auch der Vietnamkrieg der USA begann – wie der Zweite Weltkrieg, der Jugoslawienkrieg der NATO oder der Irakkrieg – mit einer Lüge, die sich auf die falsche Berichterstattung der Geheimdienste NSA und CIA stützte. Der vorgetäuschte »Tonkin-Zwischenfall« diente der Regierung und dem Kongreß als Grundlage einer Blankovollmacht für den Überfall der US-Truppen ohne Kriegserklärung. Selbstverständlich für die »Verteidigung der Freiheit«, wie es in der Resolution des Kongresses hieß.

Den Älteren sind die Namen vietnamesischer Städte und Regionen aus den täglichen Nachrichten in den 1960er und 70er Jahren noch im Ohr: Đà Nẵng und Huế, Hải Phòng, Mekong-Delta und 17. Breitengrad. Entsetzliche Bilder von Flächenbombardements, von napalmverbrannten Menschen, Folter, Erschießung und Massakern, die als militärische Erfolge in den Nachrichten vermeldet wurden. Das Hinschlachten von 504 Menschen, zumeist Alte, Frauen und Kinder, in dem Dorf My Lai, wurde zunächst in der perversen Logik des Body Count als Erfolg gegen Kämpfer der Nationalen Befreiungsfront (FLN) ausgegeben. Allerdings bekannten US-Army-Veteranen später, daß Massenmorde an der Tagesordnung gewesen waren, in Hunderten von Fällen ähnlich wie beim Massaker von My Lai.

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