Menschenrecht auf Grundversorgung: Wem gehört das Wasser?

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von Thomas Rudek ( via Caillea / reflexion.org )

► Wasser: öffentliches Gut oder kommerzielles Verkaufsprodukt? – Aspekte der Privatisierung

Die Wasserversorgung der Weltbevölkerung ist trotz technologischen Fortschritts immer noch nicht gewährleistet. Das Millenniumsziel der Vereinten Nationen, bis 2015 die Zahl der Menschen ohne Zugang zu Trinkwasser zu halbieren, ist nach offiziellen Verlautbarungen der UN nicht erreichbar. Überlegungen, dieses Problem durch eine stärkere Einbeziehung privater Unternehmen zu lösen, berühren jedoch politische Grundsatzfragen. Die Privatisierungsdiskussion verlangt die prinzipielle Entscheidung, ob die Wasserversorgung als kommerzielles Geschäft von privatrechtlichen, gewinnorientierten Unternehmen angeboten werden soll oder ob eine öffentlich garantierte Wasserversorgung in Verbindung mit einem völkerrechtlich kodifizierten Rechtsanspruch vorzuziehen ist, da sie die höhere Versorgungssicherheit der Weltbevölkerung garantieren kann. Zumindest was den völkerrechtlichen Anspruch betrifft, ist es Bolivien am 28. Juli 2010 gelungen, in der UN-Generalversammlung endlich das Recht auf Trinkwasser als Menschenrecht zu verankern.

Vor dem Hintergrund der langjährigen diplomatischen Verhandlungen ist dieser Vorstoß, der auch das Menschenrecht auf eine sanitäre Grundversorgung umfasst, als ein doppelter Erfolg zu bewerten. Die Relevanz dieses völkerrechtlichen Anspruchs für die Realpolitik wird sich aber erst erweisen müssen, eben darin, ob sich die Hoffnungen des bolivianischen Präsidenten Evo Morales erfüllen werden, dass mit diesem Beschluss auch der fortschreitenden Privatisierung der Wasserwirtschaft Einhalt geboten werden kann.

Stellungnahmen zur Privatisierung bzw. Kommerzialisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge stehen immer unter Ideologieverdacht. Den Privatisierungsgegnern werden sozialistische Vorbehalte unterstellt, den Befürwortern egoistische, profitmaximierende Kapitalismusumtriebe. Fakt ist, dass gerade infolge der Finanzkrise verunsicherte Anleger auf der Suche nach sicheren Anlagen mit einem realen Wertschöpfungsbezug sind: Infolgedessen verzeichnen Rohstofffonds und insbesondere Wasserfonds eine starke Nachfrage. Die Folge ist, dass sich eine Überkapitalisierung dieser Anlageformen bereits jetzt abzeichnet und die in Aussicht gestellten Gewinne nur durch enorme Preissteigerungen erzielt werden können.

Als besonders verheerend im Nord-Süd-Gefälle dürfte sich auswirken, dass Spitzenwerte, die beispielsweise an einem Ort wie Berlin erzielt werden, zur Messlatte für andere Investments werden, nach dem Motto: Was in Berlin geht, muss auch in Timbuktu möglich sein.

Erschwerend kommt hinzu, dass unter dem Label „Entwicklungspolitik“ alte, ausgediente Wasser-Technologien, die nicht mehr den aktuellen Umweltstandards entsprechen, in die Ballungsgebiete der Zwei-Drittel-Welt exportiert werden. Vor dem Hintergrund des industriellen Nachholbedarfs dieser Länder steht zu befürchten, dass sich (Umwelt-)Katastrophen aus der Geschichte der industriellen Entwicklung wiederholen, obwohl sie nach dem neuesten Stand der Technik vermieden werden könnten. Doch die hierfür erforderliche enge Verbindung zwischen Exportrichtlinien, neuesten technischen Normen und juristischen Umweltnormen scheitert nicht nur an dem ökonomischen Verwertungsinteresse globaler Akteure in der internationalen Wasserbranche, sondern auch an der Tatsache, dass Wasser wie kein anderes Element als Selektionsressource politisch eingesetzt wird. Gerade in Anbetracht dieser politischen Funktion erhält der Kampf um die Wasserversorgung als zentrales Element der öffentlichen Daseinsvorsorge seine herausragende Bedeutung!

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