Mindestlohn: Ein fauler roter Apfel

DruckversionPDF version


von Hannes Hohn, Neue Internationale 191


Nach langem Hin und Her beschloss der Bundestag nun das Gesetz zum Mindestlohn. Danach  erhalten ab 1. Januar 2015 rund 3,7 Millionen mindestens 8,50 Euro pro Stunde. Abgesehen von der unzureichenden Höhe und dem späten Einführungstermin entwerten diverse Ausnahmeregelungen den Mindestlohn. So sind Jugendliche unter 18 Jahren davon ausgenommen, ebenso Langzeitarbeitslose im ersten halben Jahr in einem neuen Job. Bei SaisonarbeiterInnen können Kost und Logis angerechnet werden - ein Freibrief für Lohnraub. Für ZeitungszustellerInnen wird der Mindestlohn zwischen 2015 und 2017 erst stufenweise eingeführt.

Von 2016 an soll die Höhe des Mindestlohns alle zwei Jahre von einer Kommission aus  „Arbeitgebern und Arbeitnehmern“ festgelegt werden. Die Betroffenen bleiben also außen vor und vom weisen Ratschluss der BürokratInnen abhängig.

Die Mindestlohn-Regelung mag für das eine oder andere Kleinunternehmen anfänglich problematisch sein - für das große Kapital ist es das jedoch nicht. Insgesamt mag der Mindestlohn das immer stärker verbreitete Lohndumping etwas mildern, für nicht wenige Betroffene bringt es  eine reale Verbesserung, doch die Gesamtmisere seit Einführung der Agenda-Gesetze bleibt.

So arbeiteten 2010 fast 8 Mill. Beschäftigte, also fast jeder vierte, zu Löhnen unter 9,15 Euro. Von 2000-10 stieg die Zahl der Niedriglohnbeschäftigten um rund 1,3 Millionen. Vor allem Frauen werden oft schlecht bezahlt. Besonders die Aushöhlung der Flächentarife in den letzten Jahren untergräbt das Lohngefüge, woran der Mindestlohn nichts ändert. 2012 gab es mehr als 1,3 Millionen, die zusätzlich zum Lohn Hartz IV-Leistungen beziehen mussten. Der Staat subventioniert somit Unternehmen, die schlechte Löhne zahlen. Von 2007-11 hat er hierfür 53 Milliarden Euro ausgegeben. Zudem reichen die 8,50 auch nicht aus, um damit eine ausreichende Altersrente zu bekommen.


weiterlesen