Neue Sicherheitsarchitektur. Erhöhung der Kontrolldichte in Staat u. Gesellschaft.

DruckversionPDF version


von Rolf Gössner / Zweiwochenschrift Ossietzky


In der Bundesrepublik sind als Reaktion auf 9/11 unter rot-grüner Bundesregierung die umfangreichsten Sicherheitsgesetze in Kraft getreten, die in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte jemals auf einen Streich verabschiedet worden sind. Mit diesen Notstandsgesetzen für den Alltag wurden unter anderem Polizei- und Geheimdienst-Befugnisse erheblich ausgeweitet, betriebliche Sicherheitsüberprüfungen von ArbeitnehmerInnen auf »lebens- und verteidigungswichtige Einrichtungen« ausgedehnt, »biometrische Daten« auf Funkchips in Ausweispapieren erfaßt. Insgesamt hat sich damit ein Trend fortgesetzt, der schon länger zu beobachten ist: die Erhöhung der Kontrolldichte in Staat und Gesellschaft.

Im Laufe dieser Entwicklung zum Sicherheits- und Präventionsstaat etablierte sich auch eine neue »Sicherheitsarchitektur«, also eine Strukturveränderung im Staatsgefüge – die notwendig sei, so heißt es von Seiten der herrschenden Sicherheitspolitik, um die neuen Bedrohungen bewältigen zu können. Es geht dabei im Kern um zwei Strukturveränderungen mit entgrenzender Wirkung, die man auch als Tabubrüche bezeichnen kann, weil sie nicht zuletzt vor dem Hintergrund deutscher Geschichte von Bedeutung sind:


Vernetzung und Verzahnung von Polizei und Geheimdiensten

Zum einen erleben wir eine zunehmende Vernetzung und Verzahnung von Polizei und Geheimdiensten – entgegen dem verfassungskräftigen Gebot der Trennung dieser beiden Sicherheitsorgane. Aktuellere Stichworte für diese Entwicklung sind: gemeinsame Antiterrordateien, gemeinsame Lagezentren zur Terrorabwehr, Nationales Cyber-Abwehrzentrum zur Abwehr elektronischer Angriffe auf kritische IT-Infrastrukturen – hier kooperieren das Bundeskriminalamt, der Bundesnachrichtendienst (BND), der Verfassungsschutz (BfV), das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) sowie die Bundespolizei, das Zollkriminalamt (ZKA) und nicht zuletzt auch die Bundeswehr; geheimpolizeilicher Umbau des Bundeskriminalamtes mit geheimen Präventivbefugnissen zur Gefahrenabwehr, darunter großer Lausch- und Spähangriff, präventive Rasterfahndung, Einsatz von Verdeckten Ermittlern und V-Leuten, heimliche Telekommunikationsüberwachung sowie Online-Durchsuchung von Computern mit Trojaner-Software et cetera.

weiterlesen