#Nicaragua: Eine Nation unter Waffen

DruckversionPDF version


von Marc-Thomas Bock via Zweiwochenschrift Ossietzky


Fünf Jahre lebte ich in Zentralamerika. Bis zu meiner Rückkehr vor wenigen Tagen nach Deutschland wohnte ich in einem kleinen Haus in den Bergen über Managua, Nicaragua, achthundert Meter westlich der Panamericana, einer nur zweispurigen Fernstraße, deren Teilstück von Panama bis nach Nordmexiko führt. Tag und Nacht quälen sich die Trucks aus El Salvador, Costa Rica oder Guatemala die Serpentinen hinauf. Rollen sie dann nach Managua hinunter, schalten die Fernfahrer in die Motorbremse. Ein ohrenbetäubendes Knattern wie bei einem Maschinengewehr ist die Folge.

Maschinengewehre. Für einen meiner Nachbarn in Managua, Paul, waren sie jahrelang beruflicher Hauptinhalt.
 

 

Paul ist 63 Jahre alt, US-Amerikaner, verheiratet mit Gloria, einer Nicaraguanerin. Als junger GI war Paul bei der US Air Force in Westberlin stationiert. Dann, in den 1980er und 1990er Jahren, wechselte er nach Washington in eine von ihm nicht näher bezeichnete Regierungsbehörde. Und schließlich, im Jahre 2002, ging er in das gerade neu gegründete U.S. Department of Homeland Security (Heimatschutzministerium, ein nationaler Sicherheitsdienst) und war dort für Waffenbeschaffung zuständig. »Ich habe mehr Maschinengewehre durch meine Hände gehen sehen als jeder andere«, sagte er, als wir uns vor einiger Zeit vor seinem Haus begegneten. Dann schüttelte er leise seinen mächtigen Kahlkopf mit der am rechten Bügel geflickten Hornbrille. »What a shit.« Vor etwa zehn Jahren hatte Paul dann ein spirituelles Erlebnis, über das er allerdings auch nie genauer sprechen wollte. Seitdem ist er evangelikaler Christ und arbeitet für eine Mission in den Elendsvierteln von Managua.

weiterlesen