Politik als #Verschwörung.

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von Georg Rammer / Zweiwochenschrift Ossietzky


Politthriller beziehen Spannung aus der Gratwanderung zwischen Verschwörungstheorie und Verschwörung. Deshalb käme heute kein vernünftiger Autor, kein Verlag auf die Idee, einen Thriller über ein Imperium herauszubringen, das weltweit die Kommunikation von Milliarden von Menschen und politischen Institutionen überwacht und eines mutigen Whistleblowers mit allen Mitteln habhaft zu werden versucht. Der Thriller könnte allenfalls leicht umgearbeitet als Sachbuch erscheinen, denn diese »Verschwörung« ist real.

Oder wie wär‘s mit folgender Story: Der Vorstandsvorsitzende eines Großkonzerns, ein Milliardär, bestellt beim Ministerpräsidenten eines Bundeslandes einen schriftlichen, für ihn günstigen Bescheid; der Chef des Bundeskanzleramtes habe ihn bereits zugesagt. »Wann können wir mit dem Schreiben rechnen?« Der Ministerpräsident liefert prompt und ermöglicht damit dem Konzern – und zwei weiteren –, den Staat auf 882 Millionen Euro Schadensersatz zu verklagen. Warnungen wurden von der Ministerialbürokratie mißachtet, Akten vernichtet, Gutachten von ehemaligen Lobbyisten erstellt; die Aufsicht wurde kaltgestellt. Bekanntlich handelt es sich aber auch in diesem Fall nicht um einen abgedrehten Thriller, sondern um deutsche Politik. Der Vorstandsvorsitzende ist Jürgen Großmann von der RWE, der Ministerpräsident Volker Bouffier von Hessen. Und der Kanzleramtsminister ist Ronald Pofalla, der inzwischen nahtlos Generalbevollmächtigter der Bahn geworden ist. Den Schadensersatz müßten natürlich die Steuerzahler leisten.

Die Kumpanei zu Lasten der Bürger als Steuerzahler wäre geheim geblieben, hätte nicht die ARD-Sendung »Monitor« vor kurzem, dreieinhalb Jahre nach dem Briefwechsel, den Vorgang publik gemacht (»Monitor«-Pressemeldung vom 15.1.15). Im Gegenzug hat das Bundesumweltministerium seinen Beamten die Aussagegenehmigung für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß verweigert, der die Vorgänge aufklären soll.


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