oder: Wie man heutzutage ein guter Mensch wird
Wer früher als menschlich galt, wird nun zu einem Kriminellen.
Eine satirisch‐psychologische Betrachtung
► von Prof. Dr. Boglarka Hadinger
Ich bin ein guter Mensch. Jawohl, ich bin es wirklich: ein Piks, ein Stich, ein Vergnügen und jetzt bin ich ein solidarischer, guter Mensch, ein verantwortungsvoller obendrein. Ich habe Impfmoral, heißt es nun und habe "alles richtig gemacht". Mit einem Stich, also durch die Impfung, wurde ich ein ethisch Adeliger.
Früher war es schwerer. Früher mussten unsere Vorfahren erst vielen Feinden viele Köpfe abschlagen und selber Arm und Bein, meistens beide, verlieren, bis eine Königin sie durch den Ritterschlag zum Adeligen, also zu einem edlen Menschen machte. Früher gab es Frauen, die durch die Ehe in den Adelstand gehoben wurden, aber hierfür mussten sie einen unerträglichen Mann ein Leben lang erdulden. Mein Großonkel stand einst schreckliche Folter durch, nachdem er jüdische Menschen in den Katakomben seines Klosters versteckt hatte, bis schließlich andere erkannten, dass er ein edler, also ein guter Mensch war.
Heute ist es einfacher. Gerade saß ich noch in der Bahn mit dem Ruf eines dummen, rechtsorientierten, ungebildeten Querdenkers. Wir sind verantwortungslos, hieß es, gefährlich für andere und unsolidarisch mit der Gesellschaft. Unserer Regierung und der Leitmedien zufolge sind nämlich alle Ungeimpften unmoralisch, also ethisch minderwertig.