Scheitern als Prinzip

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Wie Israel die Friedensgespräche mit den Palästinensern zur Farce macht


von Alain Gresh


Die Verhandlungen hätten eigentlich mit der Entscheidung zum Stopp des Siedlungsbaus beginnen sollen. „Aber wir dachten, dass das mit einer Regierung Netanjahu in dieser Zusammensetzung nicht zu machen ist. Also haben wir darauf verzichtet“, erklärte einer der US-Vermittler im Interview mit dem bekannten israelischen Journalisten Nahum Barnea von der Tageszeitung Jediot Acharonot.

Im Rahmen der Gespräche über die gescheiterten israelisch-palästinensischen Verhandlungen, die US-Außenminister John Kerry im Juli 2013 in Gang gebracht hatte, plauderte der anonym gebliebene Mann weitere Einzelheiten aus: „Wir haben nicht kapiert, dass Netanjahu die Ausschreibungen für Bauprojekte in den Siedlungen brauchte, um das Überleben seiner Regierung zu sichern. Und uns war ebenfalls nicht klar, dass die Fortführung der Bauprojekte den Ministern die Gelegenheit bot, die Verhandlungen sehr erfolgreich zu sabotieren.“ Erst nach dem Scheitern der Gespräche habe man erfahren, dass der beschlossene Bau von mehr als 14.000 Wohneinheiten „eine Enteignung von Land in großem Maßstab“ bedeutet.(1)

Der US-amerikanische Unterhändler wurde gefragt, ob er überrascht gewesen sei, als er merkte, dass die Israelis sich nicht wirklich für den Verlauf der Verhandlungen interessierten. Die Antwort: „Ja, wir waren überrascht. Als euer Verteidigungsminister Mosche Jaalon erklärte, John Kerry habe doch nur seinen Friedensnobelpreis im Sinn, war das eine schlimme Beleidigung. Denn wir tun das für euch.“

Zwar sind Barneas Quellen anonym, aber man weiß, dass der Journalist Zugang zu allen Unterhändlern hatte – also auch zu Martin Indyk, der von Präsident Obama mit der Oberaufsicht über die israelisch-palästinensischen Verhandlungen betraut wurde, die im Juli 2013 wiederaufgenommen wurden und für neun Monate geplant waren. Am 29. April 2014 hätten sie abgeschlossen sein sollen. Die Hauptaussage von Obamas Leuten, mit denen Barnea gesprochen hat, lässt sich in vier Worten zusammenfassen: „Wir haben nichts gewusst.“ Wir haben nicht gewusst, was der Siedlungsbau bedeutet, und wir haben nicht gewusst, dass der Regierung Netanjahu die Gespräche egal waren.

 

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