Straftaten-Wahrsagerei: Die CSU setzt ihr neues Polizeigesetz in Bayern durch

von Marie Bröckling

Die CSU hat ihr Polizeiaufgabengesetz gestern spätabends im Alleingang beschlossen. Die Opposition stimmte geschlossen dagegen. Zuvor waren bei der größten Demonstration seit Jahren 40.000 Menschen gegen die Ausweitung der polizeilichen Befugnisse in München auf die Straße gegangen. Ein Bericht aus Bayern.

Die Stimmung ist aufgeheizt im Plenarsaal des bayerischen Landtags. Die flammenden Reden der Opposition gegen das neue Polizeiaufgabengesetz (PAG) werden abwechselnd von Zwischenrufen und Applaus unterbrochen. Nur einen scheint es nicht zu scheren: Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Politiker Markus Söder schaut demonstrativ gelangweilt auf sein Smartphone, während Franz Schindler von der SPD spricht. Söder verlässt er sogar seinen Platz auf dem Podium und schlendert durch den Saal, um mit einem Parteikollegen zu plaudern. Die CSU kann es sich leisten, den Protest zu ignorieren. Denn dank ihrer absoluten Mehrheit galt die Verabschiedung des Gesetzentwurfs am Dienstagabend als sicher.

markus_soeder_csu_polizeigesetz_polizeiaufgabengesetz_polizeistaat_ueberwachungssstaat_bayern_fremdenfeindlichkeit_kritisches_netzwerk_kreuz_christliche_werte_kreuzzwang_kreuzpflicht.jpg

► Königliches Regieren im Freistaat

Und so kommt es, wie es kommen musste. In der finalen namentlichen Abstimmung (PDF) beschließen 90 CSU-Abgeordnete das Gesetz, die Opposition gibt 68 Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen ab. Unterwegs lehnte die CSU noch einige Änderungsanträge und Geschäftsordnungsanträge der Opposition ab.

In Kraft tritt das Gesetz bereits am 25. Mai. Ab dann dürfen Polizistinnen und Polizisten in Bayern zahlreiche neue Maßnahmen gegen Person einsetzen, die keine Straftat begangen haben, aber verdächtigt werden, dies zu tun. Beispielsweise darf die Polizei ihre Post öffnen, ihr Konto sperren, per Staatstrojaner Nachrichten mitlesen, ein Aufenthaltsverbot für die Innenstadt aussprechen und elektronische Fußfesseln anlegen. Noch nie durften Polizisten so viele Maßnahmen gegen unschuldige und nicht rechtskräftig verurteilte Personen anwenden.

weiterlesen