Strategiewechsel: NATO rüstet für Kalten Krieg 2.0

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Von Uli Cremer


Auf ihrem Gipfel im walisischen Cardiff hat die NATO Anfang September 2014 einen Strategiewechsel Richtung Kalter Krieg 2.0 vollzogen und diesen auch mit entsprechenden militärischen Maßnahmen unterfüttert, u.a. durch den Beschluss, eine „Sehr Schnelle Eingreiftruppe Ost“ aufzustellen. Dass nicht auch noch die NATO-Russland-Grundakte [Anm. H.S. zur NATO-Seite] aus dem Jahre 1997 aufgekündigt wurde, ändert an der Grundsatzentscheidung nichts. Ab sofort gilt Russland als Gegner im Kalten Krieg 2.0, der als eröffnet gelten kann.


Die NATO: Putin ist Schuld!

Die Verantwortung für die Eskalation und das Ende der 25jährigen Ära des „Gemeinsamen Hauses Europa“ wird von westlicher Politik und westlichen Medien Russland bzw. dem russischen Präsidenten Putin angelastet. Grundsätzlich wird moniert, Russland betreibe Geopolitik und die sei heutzutage im 21.Jahrhundert „out“. Dass die NATO, die EU bzw. einzelne Mitgliedsstaaten natürlich auch selbst Geopolitik betreiben und ihre eigenen Einflusssphären zu arrondieren suchen, wird geleugnet. Eine Ausnahme ist John J. Mearsheimer, [s. Foto] Politikwissenschaftler an der University of Chicago, der in der außenpolitischen US-Zeitschrift "Foreign Affairs" die Geschichte andersherum erzählt:


»Die Hauptschuld an der Krise tragen die USA und ihre europäischen Verbündeten. An der Wurzel des Konflikts liegt die NATO-Osterweiterung, Kernpunkt einer umfassenden Strategie, die Ukraine aus der russischen Einflusssphäre zu holen und in den Westen einzubinden. Dazu kamen die EU-Osterweiterung und die Unterstützung der Demokratiebewegung in der Ukraine durch den Westen, beginnend mit der Orangenen Revolution 2004. Seit Mitte der 1990er Jahre lehnen russische Staatschefs eine NATO-Osterweiterung entschieden ab, und in den vergangenen Jahren haben sie unmissverständlich klargemacht, dass sie einer Umwandlung ihres strategisch wichtigen Nachbarn in eine Bastion des Westens nicht untätig zusehen würden. Das Fass zum Überlaufen brachte der unrechtmäßige Sturz des demokratisch gewählten pro-russischen Präsidenten der Ukraine; Putin sprach zu Recht von einem „Staatsstreich“. Als Reaktion darauf annektierte er die Halbinsel Krim, auf der, wie er befürchtete, die Einrichtung einer NATO-Marinebasis geplant war, und betrieb die Destabilisierung der Ukraine, um sie von einer Annäherung an den Westen abzubringen… Immerhin war der Westen, wie Putin nicht müde wurde zu betonen, in den Hinterhof Russlands vorgedrungen und hatte dessen strategische Kerninteressen bedroht.«[1]
 

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