Kai Ehlers spricht mit dem russischen Dichter-Schriftsteller Jefim Berschin
Jefim Berschin ist Schriftsteller, Dichter, Journalist, Autor verschiedener Bücher, u.a. des auf Tatsachen basierenden essayistischen Romans „Wüstes Land“, das er auf der Grundlage seiner Erfahrungen als journalistischer Berichterstatter in den Unabhängigkeitskriegen in Prednestrowien, Aserbeidschan und in den Tschetschenienkriegen nach der Auflösung der Sowjetunion schrieb. Berschin ist zudem Dialogpartner von Kai Ehlers in dem Buch „Russland. Herzschlag einer Weltmacht“, das der Frage nachgeht, was das Russische an Russland ist. Das vorliegende Gespräch wurde aktuell per Skype geführt.
Kai Ehlers: Die politische Situation zwischen Russland und dem Westen ist sehr gespannt. Wo siehst du die Gründe für diese Entwicklung?
Jefim Berschin: Ich denke, dass die Entwicklung schon seit langem läuft. Sie steuert jetzt auf den Höhepunkt zu. Es ist die Wirtschaft, die heute herrschende Konsumethik, die auf den Höhepunkt zutreibt. Nichts kann ewig wachsen. Es gibt eine Grenze, hinter der mit Notwendigkeit eine Expansionsdynamik eintritt; da geht es dann darum neue Märkte, neue Territorien als Absatzmärkte zu gewinnen.
Kai Ehlers: Du willst sagen, dass der gegenwärtige Krisenprozess unausweichlich ist?
Jefim Berschin: Ja, in dem System, das wir heute sehen ist dieser Konflikt programmiert. Man muss entweder anhalten oder es beginnt die Aggression – aber bei Beibehaltung des Systems kann man nicht anhalten. Bei dem heutigen Wertesystem ist der Krieg unausweichlich. – Das heißt, unmissverständlich gesprochen, die Welt braucht neue Entwicklungsmodelle.
Kai Ehlers: Welche Rolle siehst du für Russland in dieser Situation?