Verwechselte Betbrüder

DruckversionPDF version

 

von Ralph Hartmann


An den schwülen Sommertagen Ende Juli hat unser Bundespräsident seinen engen Vertrauten und Chef des Bundespräsidialamtes, David Gill, schriftlich die Kritik zurückweisen lassen, die ostdeutsche Pfarrer an seinen Äußerungen zu Kriegseinsätzen geübt hatten. Kernaussage: »Der evangelische Christ Gauck kann … nicht erkennen, daß der vom Evangelium gewiesene Weg ausschließlich der Pazifismus sei.« Die Antwort ist zugleich eine Reaktion auf den Shit-Tornado, der ausgerechnet gegen den Mann, der das höchste Staatsamt in der Bundesrepublik bekleidet, über Twitter und die Spalten der Leserkommentare nahezu aller Tageszeitungen und Nachrichtenmagazine des deutschen Landes gebraust war: »Maulheld«, »Feldherr«, »Feldprediger«, »Weltpolizist«, »Kriegshetzer«, »friedenspolitischer Geisterfahrer«, »Schlafwandler aus Berlin«, »selbsternannter Dummschwätzer«, »selbstverliebter Narziß«, »bigotter Pfaffe«, »toupierter Dompfaff«, »Betbruder«, »gemeingefährlicher Quatschkopf«, »überdrehter Gotteskrieger«, »Bellizist« und so weiter und so fort.
 

 

Das hatte er nicht verdient, der Ex-Pfarrer, der Spätbürgerrechtler, der Eigene-MfS-Personenakte-Einseher ohne Aufsicht, der oberste Stasiaktenverwalter, der erst gescheiterte Bundespräsidentenkandidat und im zweiten Anlauf doch gewählte Staatspräsident der bundesdeutschen Republik, der nunmehr auch zum aufspringenden, beide Arme hochreißenden Fußball-Fan geworden ist. Was hat er denn getan, daß ihn solch ein Tornado traf? Er hat sich, wie es sich für ein Staatsoberhaupt gehört, zu Fragen der deutschen Verantwortung bei der internationalen Krisenprävention und damit auch zur Sicherung einer friedlichen Entwicklung in der Welt geäußert.

weiterlesen