Joachim Gauck fordert Menschenrechte in Osteuropa ein
Rede vor Europarat in Straßburg am 22. April 2013
"Bundespräsident Joachim Gauck hat in Straßburg vor allem an die Länder Osteuropas appelliert, ihre Pflicht zur Einhaltung der Menschenrechte ernst zu nehmen. "Rechte und Freiheiten auf dem Papier genügen nicht, sie müssen in der Praxis gewährleistet sein", sagte Gauck am Montag vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. Dies gelte für Ost und West gleichermaßen. "Es darf in Europa keine Doppelstandards bei Menschenrechten geben", sagte Gauck.
Gauck fordert gleiche Menschenrechte für alle. Sein Heimatland nahm Gauck gegen "alte Klischees" in Schutz: Der Vorwurf, Deutschland wolle Europa beherrschen, sei falsch".
hat diesen Wortlaut am 22.04.2013 veröffentlicht unter dem Titel: Gauck fordert Menschenrechte in Osteuropa ein – weiter
dazu am 22.04.2013: Rede in Straßburg: Gauck nennt Deutschland "Oberlehrer" in Europa – weiter
Auf der offiziellen Webseite Bundespräsident.de habe ich den vorgefertigten Text der Rede vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg / Frankreich vom 22. April 2013 gefunden und stelle Euch diesen hier zur Kenntnis. Zu beachten ist dabei der Hinweis: Änderungen vorbehalten. Es gilt das gesprochene Wort!!
VVielen Dank für die herzliche Begrüßung! Sie waren so freundlich, mich einzuladen und mir alle Freiheiten einzuräumen, die sich ein Redner vorstellen kann. Es gibt heute kein strenges Parlamentsprotokoll, das uns einschränkt. Keine Themenvorgabe, an die wir uns halten müssen. Und keinen Verhandlungsspielraum, der schon abgesteckt wäre, bevor der erste Satz gesprochen wird. Das freie Wort ist ein großes Privileg, für jemanden wie mich ein historisches Geschenk. Ich möchte es nutzen, um Ihnen – den Mitgliedern und Partnern des Europarats – für Ihre Arbeit zu danken und Ihnen den Rücken für politisch unbequeme Diskussionen zu stärken.
Mich beschäftigt die Frage: Wie können wir diese kostbare, aber leider oft unterschätzte Institution aus dem Schatten der Europäischen Union herausholen und ins rechte Licht rücken? Ich bin als Fürsprecher des Europarats gekommen, weil ich glaube, dass er und seine Parlamentarische Versammlung mehr Aufmerksamkeit und mehr Unterstützung verdienen, um ihr Mandat voll auszuschöpfen. Ja, ich bin als Ihr Verbündeter hier!
Mein Besuch in Straßburg hat ein Leitthema, die Menschenrechte. Deshalb möchte ich eines meiner wichtigsten Anliegen gleich zu Beginn ansprechen: Wir brauchen den Europarat weiterhin – und sogar noch mehr als bisher – als kritisches Forum für die Menschenrechte! Ich stehe vor Ihnen, weil Menschenhandel und Zwangsprostitution ein Ende haben müssen, weil Oppositionelle sich nicht vor Vorfolgung oder gar um ihr Leben fürchten sollen, weil Menschen nicht diskriminiert werden dürfen – egal aus welchem Grund!
Erlauben Sie mir, mit einem Dank für das Erreichte zu beginnen. Ich spreche als deutsches Staatsoberhaupt vor diesem Gremium, der ältesten politischen Organisation Europas. Sie entstand als eine Reaktion auf zwei furchtbare Kriege, die Millionen Menschen das Leben kosteten und den Kontinent fast ein halbes Jahrhundert lang teilten. Im Artikel 1 der Satzung heißt es: „Der Europarat hat die Aufgabe, einen engeren Zusammenschluss unter seinen Mitgliedern zu verwirklichen.“ Das bedeutete 1949 unendlich viel: die große Sehnsucht nach Frieden, den Mut zur politischen Zusammenarbeit und den damals nur schwer vermittelbaren Gedanken, dass sich die Völker Europas wirtschaftlich, sozial und kulturell wieder annähern könnten. Der Europarat trug die Vision eines politisch vereinten Europas schon in sich, lange bevor die Europäische Union ihren Weg über wirtschaftliche Verflechtung und die gemeinsame Währung in Richtung einer auch politischen Vertragsgemeinschaft aufnahm.
Der Europarat entwickelte beständig und besonders nach dem Ende des Kalten Krieges eine Strahlkraft, an die sich viele mit großer Dankbarkeit erinnern. Genau in diesem Saal hier hat Michael Gorbatschow im Sommer 1989 als Sondergast am Rednerpult gestanden und seine Idee vom „gemeinsamen Haus Europa“ zur Hoffnung für einen ganzen Kontinent werden lassen – drei Monate, bevor Ungarn seine Grenze öffnete und vier Monate vor dem Fall der Berliner Mauer. Die Geschichte hat Gorbatschow in diesem Punkt Recht gegeben: Aus ideologischen Gegnern wurden Partner. Im Verlauf eines guten Jahrzehnts sind – abgesehen von zwei Ausnahmen – alle ehemals kommunistischen Staaten dem Europarat beigetreten. Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaat wurden so auch zum Leitbild in mittel- und osteuropäischen Staaten. Heute sind über 800 Millionen Bürgerinnen und Bürger aus 47 Ländern im Europarat vertreten. Kein Zweifel, der Europarat ist das größte Haus, das wir auf unserem Kontinent gemeinsam gebaut haben! Dieser pan-europäische Charakter zeichnet ihn gegenüber allen anderen europäischen Institutionen aus. Der Europarat weitet unseren Blick auf den ganzen Kontinent und ist Hüter unserer Werte und Grundprinzipien weit über die Grenzen der Europäischen Union hinaus. Es ist mir eine Ehre, heute hier zu sein.
47 Staaten, das ist eine große und vielgestaltige Gruppe. Der Europarat konstituiert eine Gemeinschaft vom Atlantik bis zum Pazifik, von der Nordsee bis zum Bosporus. Allerdings wird er – je nach Himmelsrichtung – unterschiedlich wahrgenommen, unterschiedlich genutzt und oft auch unterschiedlich gewürdigt. Die westeuropäische Öffentlichkeit debattiert Europa-Themen meist im Zusammenhang mit Institutionen der Europäischen Union, seltener mit dem Stichwort Europarat. Im Osten unseres Kontinents und im Mittelmeerraum hatte und hat der Europarat dagegen eine viel stärkere Bedeutung. Ich erinnere mich gut: Während der kommunistischen Zeit war – neben den Vereinten Nationen – der Europarat wichtiger Orientierungspunkt für Menschenrechtler und Oppositionelle; später bot er Unterstützung beim Aufbau der neuen nationalen Demokratien in Mittel-, Ost- und Südosteuropa.
Es fällt mir leicht, für eine Institution mit einer solchen Geschichte und einer solchen politischen und ethischen Grundlage Fürsprecher zu sein. Aber ich bin darüber hinaus auch ein Mitgestalter und Mitkämpfer. Und bevor ich meinen Blick in die Zukunft richte, will ich noch einmal bekräftigen, was unser Selbstverständnis ausmacht und weiter ausmachen muss, welche Erwartungen ich mit dem Europarat verbinde.
Mein erster Punkt: Rechte und Freiheiten auf dem Papier genügen nicht, sie müssen in der Praxis gewährleistet sein. Der Beitritt zum Europarat war und ist freiwillig, aber das Bekenntnis im Augenblick des Beitritts muss dauerhaft und verlässlich sein. Wer zum Europarat gehört, hat sich den Werten und den im Rahmen des Europarats vereinbarten Rechtsnormen verpflichtet. Neben der Europäischen Menschenrechtskonvention zählen inzwischen 211 weitere Verträge dazu – eine beeindruckende Zahl. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Abkommen möglichst zügig in die nationalen Rechtsordnungen umzusetzen. Die nationalen Organe dürfen diesen gemeinsamen Wertekanon nicht aushöhlen.
Das betrifft ganz besonders die Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention. Zur Glaubwürdigkeit der Europäischen Menschenrechtskonvention gehört für mich, dass wir sie tatsächlich als gemeinsames Gut betrachten und behandeln. Ich selbst habe schon Gesetze unterzeichnet, die notwendig wurden, weil Deutschland wegen der Verletzung von Menschenrechten vom Menschenrechtsgerichtshof verurteilt worden war, und um zu gewährleisten, dass nationales Recht und das Handeln der staatlichen Organe menschenrechtskonform ist. Alle 47 Mitgliedstaaten müssen die jeweiligen Konsequenzen aus Verurteilungen durch den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof ziehen.
Ich betone diese vermeintlichen Selbstverständlichkeiten, weil ich vor 1989 im Osten Zeiten erlebt habe, in denen sich ein Staat an eigene Gesetze und internationale Abkommen nicht gebunden fühlte, Zeiten, in denen Papier und Wirklichkeit im krassen Widerspruch standen. Deshalb weiß ich es besonders zu schätzen, dass wir nun neben dem nationalen auch den pan-europäischen Rechtsraum haben. So sinkt die Gefahr, dass Grundrechtsverletzungen unerkannt oder unbeachtet bleiben. Und wir haben einen gemeinsamen Raum, in dem wir ansprechen können, was uns bewegt. Es bewegte mich zum Beispiel im vergangenen Jahr, als das Antifolterkomitee des Europarates über Misshandlungen in europäischen Gefängnissen berichtet hat. Und es bewegt mich immer wieder, wenn verabredete Standards Makulatur bleiben oder werden, weil Willkür, Korruption und Vertuschung oft stärker sind, als es die mutigen Mahner aus dem Europarat oder aus den vielen NRO sein können. Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit müssen unermüdlich eingefordert werden, wenn unser Wertekanon nicht an Überzeugungskraft einbüßen und zur leeren Hülle werden soll.
Wir brauchen diese Art der Selbstvergewisserung regelmäßig, in jedem Land und ohne dabei von einer Regierung behindert zu werden. Es ist gut, dass die Monitoring-Berichte des Europarats abgerufen und zitiert werden können, auch dass die Arbeiten der Venedig-Kommission so rege nachgefragt werden. Das hilft all denen, die sich für die Durchsetzung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten stark machen.
Ich weiß, dass der Europarat wie viele andere Institutionen unter Spardruck steht, aber lassen Sie mich eine Mindestforderung festhalten: An praktischer Hilfestellung zur Umsetzung der Menschenrechte dürfen wir in Europa und in der Welt niemals sparen!
Damit komme ich zu meinem zweiten Punkt: Jede Politik ist auch Menschenrechtspolitik! Der Kalte Krieg liegt glücklicherweise hinter uns. Aber voller Erstauen und Erschrecken erleben wir – wenngleich in abgeschwächter Form – die Fortdauer eines alten Konflikts. Schon in den siebziger und achtziger Jahren taten sich Deutschland und andere westeuropäische Länder oft schwer mit der offenen Benennung von Menschenrechtsverletzungen im Osten Europas, weil sie damit den „Wandel durch Annäherung“ gefährdet sahen. Inzwischen mussten die kommunistischen Regime weichen. West-, mittel- und osteuropäische Staaten beziehen sich auf denselben demokratischen Wertekonsens, doch der Umgang mit Menschenrechtsverletzungen ist nach wie vor kontrovers. Erneut wird von einigen vorgetragen, die Verteidigung von Menschenrechten stünde im Widerspruch zur wirksamen Durchsetzung unserer politischen und wirtschaftlichen Interessen. Lassen Sie mich nur so viel anmerken: Das Argument, gute wirtschaftliche Zusammenarbeit würde Kompromisse bei Fragen der Menschenrechte erzwingen, vermag heute noch weniger zu überzeugen als damals. Zu Investitionen entschließt sich eher, wer von Planungssicherheit und einem stabilem Rechtsrahmen ausgehen kann. Zuverlässigkeit ist eine für Geschäfte in aller Welt geschätzte Größe. Im Zeitalter der Globalisierung sind die einzelnen Staaten zudem immer stärker voneinander abhängig. Und die augenblickliche Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen auf dem europäischen Kontinent bestätigt es: Der kritische Diskurs über Menschenrechte muss einem steigenden Handel keineswegs entgegenstehen. Die Staaten des Europarats haben sich auf einen eindeutigen Rahmen ihrer Kooperationen verständigt. Und das bedeutet – um in der Sprache der Geschäftsleute zu bleiben: Menschenrechte sind nicht verhandelbar.
Wir wollen und können jene nicht im Stich lassen, die die auf dem Papier akzeptierten Werte auch in der Praxis durchsetzen wollen – in welchem Land auch immer. Für meine Generation hieß das rettende Stichwort damals Helsinki. Für viele Bürgerrechtler heute, besonders in Transformationsgesellschaften, ist es die Europäische Menschenrechtskonvention. Wenn ein Mitglied des Europarats die Regeln verletzt, denen es mit seinem Beitritt zugestimmt hat, darf das nicht unkommentiert und nicht ungeahndet bleiben. In doppeltem Sinn müssen wir uns dann zur Einmischung berechtigt, ja aufgefordert fühlen: als Europäer aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention; als Weltbürger aufgrund der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Menschenrechte sind universell und unteilbar – die Verantwortung dafür ist es auch.
Im Februar war ich beim Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf zu Gast. Als ich den Delegierten aus aller Welt gegenüberstand – einem Publikum mit so unterschiedlichen Biografien und Erfahrungen – da wurde mir einmal mehr bewusst, welche große zivilisatorische Leistung nach dem Zweiten Weltkrieg mit den Menschenrechtskatalogen gelungen ist. Der Blick in tiefste menschliche Abgründe hat uns die Augen für das Wesentliche geöffnet. Die internationale Gemeinschaft derer, die sich den Menschenrechten verpflichtet haben, ist nicht hauptsächlich aus ideologischen Kämpfen erwachsen, sondern vor allem aus existentiellen Krisen. Wir haben eingesehen: Wo Menschen ihre Rechte verlieren, verlieren wir am Ende alles: unsere gegenseitige Achtung, unsere Würde, unser Leben, unsere Zukunft. Mögen die Menschenrechte auch zum ersten Mal in der westlichen Welt als Kataloge formuliert worden sein, so haben sie ihre Quellen doch in vielen Erdteilen und ihre Postulate gelten weltweit. Sie sind unser wichtigstes globales Gut:
Menschenrechte sind angeboren und unveräußerlich – sie gelten für jede und jeden. Sie beruhen auf der unumstößlichen Tatsache, dass wir Menschen allein aufgrund unseres Menschseins gleich sind, trotz aller kulturellen, religiösen, sozialen oder sonstigen Unterschiede. Wer die Menschenrechte stärkt, stärkt die Menschheit insgesamt.
Das führt mich zu meinem dritten Punkt: Die Durchsetzung der Menschenrechte ist eine Daueraufgabe!
Mir ist natürlich bewusst, dass bei aller politischen Konsequenz die gesellschaftliche Umsetzung ihre Zeit braucht, gerade in Transformationsländern. Diese Länder haben teilweise einen anderen politisch-geschichtlichen Hintergrund als die über Jahrzehnte und teilweise über Jahrhunderte gewachsenen Demokratien Europas. Manchmal steckt im Faktor Zeit allerdings auch eine große Überraschung. Wir erleben mitten in Europa schon, wie rasant der Wandel funktionieren kann, schneller, oft sogar erfolgreicher als gedacht. Wenn ich zum Beispiel mit dem polnischen Präsident Bronislaw Komorowski darüber rede, was wir uns vor 25 Jahren für Europa erhofft haben und was inzwischen Realität geworden ist, dann gibt es gute Gründe, unseren Gesellschaften in Europa mehr Gestaltungskraft zuzutrauen, als es manche Politiker derzeit tun.
Selbstverständlich gilt: Es darf in Europa keine Doppelstandards bei Menschenrechten geben, kein Zweiklassen-Menschenrechtssystem, keine unterschiedliche Behandlung der Mitgliedsstaaten. Der Europarat prüft Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Ost und West gleichermaßen. Der Europarat arbeitet mit der nötigen Differenzierung, aber er besteht auf gleichen Standards für alle. Dafür möchte ich Ihnen, verehrte Damen und Herren, ausdrücklich danken!
Eine der vielen Daueraufgaben, die uns aktuell sehr beschäftigt, ist das Engagement gegen Rassismus und Intoleranz. Zu diesem Thema hat der Europarat sogar eine eigene Kommission eingerichtet. Sie entstand schon 1993, zu einem Zeitpunkt, als auch Deutschland von einer Reihe rassistisch motivierter Ausschreitungen – unter anderem in meiner Heimatstadt Rostock – erschüttert war. Wenig später begann die Mordserie einer rechtsextremen Vereinigung, deren Aufklärung uns bis heute in Atem hält.
Augenblicklich erleben wir europaweit Diskriminierung und Gewalt in vielfältigen Formen – von Mehrheitsgesellschaften gegenüber Minderheiten, aber auch von Minderheiten gegenüber Mehrheitsgesellschaften oder anderen Minderheiten. Zu den besonders präsenten Problemen gehört die Ausgrenzung von Sinti und Roma. Ich begrüße es sehr, dass der Europarat dieses aktuelle Beispiel zu seinem Thema gemacht und eine öffentlichkeitswirksame Antwort gegen jede Diskriminierung gefunden hat: „Dosta“ – Genug! Von solchen Kampagnen brauchen wir mehr! In Deutschland läuft gerade eine große Plakataktion. Auf einem Bild ist eine bekannte Schauspielerin zu sehen mit dem Text: „Ich bin Muslima, wenn du was gegen Muslime hast.“ Und ein prominenter Politiker: „Ich bin schwul, wenn du was gegen Schwule hast.“ Vielleicht lassen sich solche Aktionen künftig in allen Mitgliedsstaaten des Europarats koordiniert durchführen.
Lernkurven kennzeichnen jeden einzelnen Lebenslauf, aber auch die Entwicklungsgeschichte von Gesellschaften insgesamt. Es stimmt mich zuversichtlich, dass die junge Generation in Mittel- und Osteuropa mit einem neuen Selbstverständnis aufwächst und aus dieser Motivation heraus politische Forderungen stellt. Einige junge Menschenrechtsaktivisten sitzen heute auf der Besuchertribüne. Sie wissen, was Sie wollen, und Sie wissen, wer Sie dabei unterstützen kann: der Europarat! Die Zivilgesellschaft braucht einen verlässlichen Referenzpunkt – eine Anlaufstelle, wo sie Gehör finden, Beschwerden einreichen und um Unterstützung bitten kann.
Diese Interessen der Zivilgesellschaft sollten wir auch bei den zwei Ländern im Blick haben, die auf unserem Kontinent noch nicht Mitglied im Europarat sind. Ich würde mir wünschen, dass sich die innenpolitische Situation in Belarus so verändert, dass ein Beitritt des Landes ernsthaft diskutiert werden kann: weil die Todesstrafe dort abgeschafft wird, weil politische Gefangene entlassen werden und weil weitgehende demokratische Reformen stattfinden. Im Kosovo ist die politische Lage eine andere. Für die weitere Entwicklung des Landes gibt die Integration in die internationale Gemeinschaft wichtige Impulse. Gerade deshalb wünsche ich mir, dass sich alle Staaten im Europarat bereitfänden, Kosovo als Staat anzuerkennen. Auch die Menschen in Belarus und Kosovo haben ein Recht auf Teilhabe am Wertekanon des Europarats und am gesamteuropäischen Menschenrechtsschutz, beispielsweise durch das Beschwerderecht beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Dieser Gerichtshof ist oft die letzte Hoffnung der Verzweifelten und Entrechteten, derjenigen, deren Menschenrechte verletzt wurden. Die Zahl der Verfahren nimmt ständig zu. Wir müssen dafür sorgen, dass der Europäische Menschenrechtsgerichtshof reformiert wird, damit er nicht durch die schiere Masse von Verfahren an seinem eigenen Erfolg erstickt. Er muss arbeitsfähig bleiben für all jene, die gegen Menschenrechtsverstöße aufbegehren und viel riskieren, vielleicht ihr Leben. Einige von ihnen sitzen heute im Publikum.
Liebe Streiterinnen und Streiter für die Menschenrechte, geschätzte Vertreterinnen und Vertreter europäischer Nichtregierungsorganisationen: Ich möchte Ihnen meine große Anerkennung aussprechen! Mit einigen von Ihnen werde ich nachher noch persönlich reden können. Aber auch allen anderen will ich Danke sagen:
Ohne Ihren Mut bestünden manche Versprechen des Europarats nur auf dem Papier. Ohne Ihre vehementen Stimmen könnte die Demokratie nicht überleben. Und ohne Ihre ganz praktische Solidarität auch in Zukunft wird unser gemeinsamer Anspruch an die Universalität und Unteilbarkeit der Menschenrechte weiterhin nur ein Anspruch, keine erlebte Realität für wirklich jede und jeden sein.
Deshalb, sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie uns die Humanität verteidigen und den Europarat zum Besten machen, was er sein kann: Im Innenverhältnis eine starke Gemeinschaft in Europa, die trotz aller Unterschiede Zusammenhalt stiften und stärken kann. Und nach Außen ein überzeugendes Beispiel für gelebte Demokratie, verbindliche Rechtsstaatlichkeit und universelle Menschenrechte!
► Quelle: bundespräsident.de > zum Text
[quote=Zitat: Joachim Gauck]
Deshalb, sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie uns die Humanität verteidigen und den Europarat zum Besten machen, was er sein kann: Im Innenverhältnis eine starke Gemeinschaft in Europa, die trotz aller Unterschiede Zusammenhalt stiften und stärken kann. Und nach Außen ein überzeugendes Beispiel für gelebte Demokratie, verbindliche Rechtsstaatlichkeit und universelle Menschenrechte!
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Es ist einfach lächerlich, wenn Gauck von „verbindlicher Rechtsstaatlichkeit und universellen Menschenrechten“ spricht, derweil die Eurokraten in Brüssel mit größter Skrupellosigkeit vorgehen, die Rechte der Bürger/innen europaweit abzubauen.
Wie Peter A. Weber richtig ausgeführt hat, besitzt das Europaparlament quasi keine demokratischen Entscheidungsbefugnisse, weil es über kein unmittelbares Initiativrecht verfügt und damit keine eigenen Gesetzesvorlagen einbringen darf.
In der EU gehen die Gesetze nicht vom Parlament aus, das ja das Volk vertreten soll. Das Recht geht von der EU-Kommission aus, die von niemandem gewählt ist. Die EU-Kommission setzt die Interessen multinationaler Konzerne 1:1 um.
Die EU-Kommission ist aber nicht nur an der Gesetzgebung beteiligt: Sie kontrolliert als „EU-Regierung“ auch die Einhaltung der Gesetze und kann auch Strafen aussprechen. Sie ist also Legislative (normalerweise Parlament), Exekutive (Regierung) und Judikative (Gerichte) in einem. Alle drei Gewalten sind – mehr oder weniger – in einer Hand, so etwas kennt man nur in Diktaturen.
Weiß Herr Gauck nicht, dass z.B. die EU der EU nicht beitreten könnte, weil demokratische Grundprinzipien nicht erfüllt werden? Bei der EU geht mitnichten „alle Staatsgewalt vom Volke aus“.
Die Anbiederei bei der EUdSSR durch Herrn Gauck ist einfach widerwärtig. Widerwärtig deshalb, weil wir merken, dass er vom Himmelreich auf Erden faselt. Mit der täglich erlebten Realität hat dies nichts zu tun.