Seit Anfang 2006 hat Offenburg mit oleofactum wieder eine Ölmühle [3]. Ihr Gründer und Inhaber - Walter Bitzer - zählt in Sachen Öl zu den Experten. Seit den 70er Jahren sammelt er Wissen rund um den Prozess des Ölmachens, um Öle selbst, deren Inhaltsstoffe und Wirkung auf Körper, Geist und Seele - konkret: auf Zellen, Nerven und Hormone. In Vorträgen, aber auch im Verkaufsgespräch, gibt er dieses Wissen an Interessierte weiter.
Ich habe Herrn Bitzer schon persönlich getroffen und schätze seine Arbeit, insbesondere seine kritische Haltung zu Vertretern von Anbauverbänden. Große Achtung empfindet er für Bauern, die nach Demeter-Kriterien anbauen. Herr Bitzer ist auch fest davon überzeugt, daß Landwirtschaft und Handwerk zusammengehören - diese Auffassung ist heute eher selten vorhanden. Mit freundlicher Genehmigung gab den er nachfolgenden Beitrag zur Veröffentlichung im Kritischen Netzwerk frei.
Warum Fettforschung und Gesundheit schlecht zusammenpassen
© Text & Fotos: Walter Bitzer / oleofactum
D i e s e s Jahrhundert wurde von führenden Chemikern zum Jahrhundert der Fettforschung ausgerufen. Die Fettforschung ist wie eine weiße Landkarte und eine der jüngsten Disziplinen der Ernährungswissenschaft.
Ein Kennzeichen ihrer Jugend ist der Paradigmenwechsel bei den Speiseölen: In den 50iger und 60iger Jahren Soja-, dann bis 2001 das Distel- und heute soll das Öl der Öle das Rapsöl sein. Ihre exponierten Vertreter sind Lobbyisten der Nahrungsmittelindustrie. Die Fettforschung ist die Basis der Nahrungsmittelindustrie, die für ihre Produkte die Phospholipide, auch Phosphatide genannt, benötigt. Es sind dies die allgegenwärtigen Emulgatoren u.a. das Lezithin. Emulgatoren sind Phospholipide. Diese Stoffe werden auch bei der industriellen Speiseölge-winnung – der Raffination – gewonnen. Ohne diese gesundheitsbedenklichen (food-design -) Nahrungszusatz-stoffe kann die Nahrungsmittelindustrie nicht produzieren.
Emulgatoren/Phosphatide sind Fettkörper mit einem Schmelzpunkt von 71 °C . Sie lassen sich in den Körperausscheidungen nicht nachweisen. Sie lagern sich an Gefäßwänden, auf Muskelgewebe und als sklerotischer Plaques ab. Sobald diese ursprünglich wichtigen Fettbegleitstoffe aus dem Fettverbund ausgefällt und industriell bearbeitet sind, kann der menschliche Körper sie nicht mehr verstoffwechseln. Sie stehen weder für die Isolierung von Nervenbahnen bei Säuglingen (Myelenisierung) noch als Hirnnahrungsstoff zur Verfügung. Die weiße Gehirnmasse besteht aber zu 50% aus reinem Fett, dem Myelin – die Hirnmasse mit dem Gliazellen bildendem Myelin zu insgesamt 90 %!
Das Bundesgesundheitsministerium hat schon 1975 Großmehlmühlen angeschrieben und auf krankmachende Aspekte der Phosphatide als Nahrungszusatz aufmerksam gemacht. Inzwischen gelten sie als d i e Hauptverursacher der so genannten Zivilisationskrankheiten: Herz- Kreislauferkrankungen, Arteriosklerose, Rheuma, Krebs, Hauterkrankungen, Allergien. Auch neurologische Erkrankungen wie ADS, hyperaktive Kinder (‚Phosphatis’), Multiple Sklerose und Alzheimererkrankungen werden damit in Zusammenhang gebracht.
Distelöl: Kunstprodukt der Fettforschung mit zweifelhaftem Ergebnis
Neben den aus dem Fettverbund isolierten Phosphatiden hat die Fettforschung echte Kunstprodukte auf den Markt gebracht. Eines davon ist das Distelöl. Es ist ein Kunstprodukt, weil die Distel bis zur Einführung der großtechnischen Raffination von Speiseölen nie Speiseöllieferant war. Ein Saflordistelsamen anästhesiert die Zunge für eine viertel Stunde und es bleibt ein lang anhaltender übler Bittergeschmack. Deswegen konnte man den Samen nie kaufen. Er fehlte auch immer in Mischprodukten wie Müsli, Brot etc. Die High Olec Züchtungen z.B. der Sonnenblume sind ebenfalls echte Kunstprodukte und damit Kinder der Fettforschung.
Bis vor acht Jahren galt Distelöl noch als besonders gesund und hatte den, bis dahin höchsten Werbeetat. Heute weisen wissenschaftliche Studien (z.B. der Uni Jena) darauf hin, dass es oxidative Prozesse im Fettstoffwechsel fördert und Krebs auslösen kann. Auf einige Nahrungsmittel gehört ein Aufdruck wie auf Zigarettenschachteln: „Dieses Öl fügt Ihnen und Ihrer Familie erheblichen gesundheitlichen Schaden zu.“
Um das einst hoch gepriesene Distelöl ohne Gesichtsverlust vom Markt nehmen zu können, gehen die Fettforscher einen ungewöhnlichen Weg. Sie verschleiern ihre Marketingverantwortung für einen katastrophalen Distelölkult, indem sie heute scheinheilig das von wissenschaftlichen Aussagen bis dahin unbelastete Sonnenblumenöl als ungesund stigmatisieren. Zusammen mit dem Sonnenblumenöl, so ihre Überlegung, kann dann ganz nebenbei auch „ihr“ Distelöl aus den Regalen des Handels verschwinden.
Ersatz ist bereits in Arbeit: das künftige Rapsöl mit dem erweitertem Fettsäurespektrum der Distel- und Sonnen-blumenkerne – ebenfalls ein Kunstprodukt der Fettforschung (siehe: Rapsölkampagne). Damit sollen die beim Distelöl fehlgeschlagenen Züchtungsziele jetzt verwirklicht werden.
Mit Marketing den Markt aufteilen
Mit groß angelegten Marketingmaßnahmen verhilft die Fettforschung einem weiteren Öl zu sagenhaften Marktanteilen: dem Olivenöl. Promotet wird der mit gigantischen EU-Mitteln seit 1997 subventionierte, industriell organisierte Olivenanbau und die Vermarktung. Die mit 2,67 Mrd. Euro jährlich subventionierte Olive hat so einen Marktanteil von über 52% erreicht. Das Rapsöl – das „Olivenöl des Nordens“ – ist mit bisher 1,99 Mrd. Euro Subventionen auf dem besten Weg, den verbleibenden Marktanteil zu übernehmen.
Zu den Marketingmaßnahmen für Olivenöl gehört u.a. die so genannte Mittelmeer-Diät. Sie ist eine reine Promotion der Fettforschung mit Alibifunktion. Alibifunktion deswegen, weil nicht die tatsächlich gefährlichen ausgefällten Fettbegleitstoffe, u.a. die Phosphatide, in der Diskussion der fettreduzierten Kost stehen, sondern die Produkte, in denen diese verwendet werden: Fertigbackmischungen, Schokolade, Sahne- u. Joghurtprodukte, Käse, Fertigsoßen und Wurst usw.
Für die Mittelmeer-Diät wurden Menschen untersucht, die sich außer mit Olivenöl fast ausschließlich aus handwerklich gewonnenen Lebensmitteln ihrer Region ernährten und weitgehend auf industriell erzeugte Nahrungsmittel verzichteten. Es wäre sicher interessant zu erfahren, wie die Untersuchungsergebnisse ausfallen, würde man diesen Menschen vergleichbare Mengen Industrie ll ausgefällter Phosphatide in Form von Emulgatoren (z.B. Lezithin) in die Lebensmittel mischen. Wahrscheinlich würden sich dann trotz Olivenölkonsums bei ihnen die gleichen Zivilisationserkrankungen zeigen wie bei uns – auch zahlenmäßig.
Bio-zertifizierter Ölmühlenbetrieb mit gläserner Produktion
Seit Ende des Millenniums findet alljährlich ein „Rapsblütenfest“ statt, es wird eine „Rapskönigin“ gekürt: Raps wird mit unglaublichem Propaganda-Aufwand so positiv wie irgend möglich emotional besetzt. Diese Hochglanz-Rapsöl-Kampagne dient – wie keine andere Öl-Kampagne vorher (erst Soja, dann Distel) – den Interessen der Großindustrie (Nahrungsmittel-, Pharma-, Mineralöl- und Chemieindustrie).
Beispielsweise handelt es sich bei den für die Landwirtschaft verfügbaren Rapssorten ausschließlich um Hybrid- und Linienzüchtungen. Diese Rapssorten wachsen nur mit einem immensen Einsatz von chemischen Dünge- und Spritzmitteln. Das heißt, es wird mehr Energie eingesetzt als der Raps an Energie liefert. Schlimmer noch der eingesetzte Dünger wird im Boden zu Ozon schädigendem Lachgas umgewandelt. Die Klimabilanz ist extrem negativ, da durch den Rapsanbau inzwischen mehr als 16% der landwirtschaftlichen Nutzflächen in Deutschland verbraucht werden. Außerdem kann man mit der Rapspflanze die Gentechnik durch die Hintertür flächendeckend auch in Deutschland einführen. Fehler wie beim gentechnisch verändertem (GV)-Mais werden beim Raps nicht wiederholt. In verschiedenen EU-Ländern ist der GV-Raps bereits freigesetzt.
Rapsöl ist heute ein großer Wirtschaftsfaktor: Es soll Mineralölkomponenten in Asphalt-, Bitumen- und Formenbauprodukten ablösen, in der Bauindustrie dient es als Betontrennmittel und in der Papierindustrie zur Herstellung selbstdurchschreibender Papiere. Als Ersatz für Dieselkraftstoff ist Raps-Biodiesel am bekanntesten. Weniger bekannt: Seine Emissionen haben eine zwanzig- bis dreißigfach (!) höhere Krebsdisposition als Dieselkraftstoff (siehe: Ruhr-Universität Bochum)
Zweifeln erlaubt: Warum Rapsöl kein überragend gesundes Lebensmittel sein kann
Im Handel gibt es „kalt“ gepresstes Rapsöl aus konventionellem und aus kontrolliert biologischem Anbau – letzteres ist sowohl wegen der Ökobilanz als auch wegen sozialökologischer Folgen fragwürdig. Darüber hinaus gibt es raffiniertes und teilraffiniertes Rapsöl. Die Rapsölforscher der Uni Münster behaupten vermessen, dass alle diese Öle ernährungsphysiologisch gleichwertig seien.
Rapsöl wird heute wegen seines „optimal ausgeglichenen Fettsäurespektrums“ als überragendes, gesündestes Speiseöl angepriesen. Wenn dem so wäre und das derzeit kaufbare Rapsöl bereits das gesündeste Speiseöl überhaupt ist, warum dann die immens kostspieligen Forschungsinvestitionen für seine angebliche ernährungsphysiologische Verbesserung? Unter anderem wird intensiv daran gearbeitet, die Ölqualitäten des Rapses sowohl mit gentechnischen wie mit konventionellen Verfahren durch Manipulation der Fettsäuren weiter zu verändern. So versuchen Molekularbiologen im Rapsöl gezielt weitere Fettsäuren zu integrieren. In Arbeit sind: Erhöhung des Anteils langkettiger Fettsäuren (Omega 3), Erhöhung des Anteils mehrfach ungesättigter Fettsäuren (Omega 6) und Erhöhung der gesättigten Fettsäure (Laurinsäure).
Die mit dem Raps verbundenen Ernährungsziele lassen die Absicht erkennen, dass die Industrie für Raps eine mono-polartige Sonderstellung erreichen will, die andere Speiseölpflanzen verdrängt. Ihre Überlegung: Das gezüchtete Spektrum „optimal ausgeglichener Fettsäuren“ macht andere pflanzliche Öllieferanten überflüssig. Aber: Die Wirkungszusammenhänge der Fettsäuren im Fettstoffwechsel sind offenes Forschungsfeld. Es gibt keine naturwissenschaftlich exakten (belastbaren) Forschungsergebnisse, die eine solche Werbeaussage von einem „optimal ausgeglichenen Fettsäurespektrum“ belegen. Die Rapsölkampagne ist daher die erfolgreichste Verbraucher-Desorientierungs-Kampagne.
Künstlich erzeugter Geschmack im Kunstprodukt
Wer nach den wichtigen Fettbegleitstoffen z.B. den fettlöslichen Vitaminen, den Carotinoiden oder den Chlorophyllen fragt, erhält nur knappe, unbefriedigende Antworten. Anders verhält es sich mit den Phosphatiden im Raps: Man hört aus den USA, dass selbst die Phosphatide – die Geschmacksträger des kalt gepressten Rapsöls – mit Hilfe der Gentechnik in unterschiedliche Geschmacksrichtungen manipuliert werden, um die Akzeptanz beim Konsumenten durch exklusive Geschmacksnoten weiter zu erhöhen. Aus Schweden kommt bereits ein patentiertes industrielles Speise-Rapsöl mit Buttergeschmack, Albaöl®. Es wird in Konkurrenz zu Butter gestellt und die Werbung preist es als „gesünder“ an, trotz seiner Zusatzstoffe u.a. E 330 (Zitronensäure).
Rapsöl ist ein Kunstprodukt der Fettforschung. Mit 1,99 Mrd. Euro ist es nach dem Olivenöl (2,67 Mrd. Euro pro Jahr) das höchstsubventionierte Öl in der EU. Wegen ihres 35 %igen Erucasäure-Anteils verschwand die ursprüngliche Rapssaat mit dem Heilmittelreformgesetz 1975 vom Markt: zum Schutze der Pharmaindustrie und Segen der industriellen Nahrungsindustrie. Im selben Jahr wurde die 00-Saat präsentiert. Sie ist neben den Hybriden – u. a. Express, Talent, Elektra und Technika – die verbreiteste Rapsölsaat. Die Ökobilanzen der Saaten sind absolut miserabel und die sozial-ökoklogischen Folgen haben in den 80er Jahren für Schlagzeilen gesorgt: Die Zuchtsaat enthält veränderte Glykoside sogenannte Glucosinolate, die Hasen und Rehe auch heute noch elend verenden lassen. Wenn sie davon fressen, können sie nicht mehr aufhören, weil eine Fressbremse aus dem Raps gezüchtet wurde. Essstörungen, die unsere Spezies auch kennt ...
Das Speiseöl des Rapses ist auf keinen Fall so gesund wie behauptet. Und noch viel schlimmer: Mit ihren Auftrags-Forschungen macht sich die Fettwissenschaft zum Vasallen der Industrie. Ihre Erkenntnisse zum Rapsöl dienen der Desorientierung, sie sind umstritten, nicht gesichert und so hypothetisch wie bis vor kurzem vermeintlich wissenschaftliche Aussagen zum Distelöl (siehe Thema Fettforschung).
oleofactum - Öl & Wissen
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