Gemeingefährliche Finanzraubzüge
„Ein Staat, dem die Gerechtigkeit fehlt, ist nichts anderes als eine große Räuberbande.“ (Augustinus von Hippo)
Bei den Verhandlungen zu Basel III, bei denen es darum geht, wie viel Eigenkapital die Banken in Zukunft vorhalten müssen, um bei der nächsten Krise nicht sofort wieder gerettet werden zu müssen, legte die Bundesregierung kürzlich sogar als einziger Staat ein Veto gegen strengere Vorschriften ein. Auch im Rahmen des Basel-III-Prozesses läuft noch immer die Auseinandersetzung um bessere Regulierung. Die dort beteiligten deutschen Regulierer erwiesen sich dabei aber als verlängerter Arm der deutschen Banken.
Auch bei Themen wie Alternative Investmentfonds, Derivate, Bankenabgabe oder Finanztransaktionssteuer wurde noch immer nichts entschieden. Oft stehen nationale Vorbehalte und die Lobby der Finanzwirtschaft einem Fortschritt im Weg.
Die Deutsche Bank hat z. B. zu Beginn der Krise Schrottpapiere verkauft und zugleich auf deren Kursverfall gewettet (siehe S. 3). Aber auch sonst ist die Geschäftspolitik der mächtigsten deutschen Bank alles andere als sauber: Die Finanzierung von Atomkraftwerken, Waffenindustrie und Bergbauprojekten, die gewaltsame Vertreibungen einschließen, gehört zu ihrem täglichen Geschäft.
Derzeit geht die Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank über die Bühne. Durch diese Einverleibung steht der Bankenriese nach der Krise größer da als zuvor – wie bereits die Commerzbank. Und das, obwohl weltweit Experten fordern, keine Bank dürfe mehr „too big to fail“, zu groß für eine geordnete Insolvenz sein. Der nächste Crash könnte sogar so groß werden, dass Staaten ihre Banken gar nicht mehr freikaufen können – „too big to save“ wird es dann heißen. Es wird Zeit, dass die Politik handelt und Banken kleiner macht. Diese Deutsche Bank können wir uns nicht leisten.
Die einfachste Regel für Finanzinvestoren liefert die Greater Fool Theory – die Theorie des größeren Idioten. Sie besagt, daß man ruhig in wertlose Anlagen investieren kann, solange man einen größeren Dummkopf findet, der einem die Schrottpapiere teurer wieder abkauft.
Diese Dummheit war ganz im Sinne der Bundesregierung: Jörg Asmussen, heute Finanz-Staatssekretär, hatte schon 2006 in einer Fachzeitschrift versprochen, daß „Instituten keine unnötigen Prüf- und Dokumentationspflichten“ entstehen sollten, wenn sie in Produkte wie CDO „mit gutem Rating“ investieren. Dass ausgerechnet die IKB diese Freiheit, Greater Fool zu sein, nutzte, verwundert nicht: Asmussen saß auch im Aufsichtsrat der IKB-Bank.
Trotz aller Versprechungen läßt die Bundesregierung jedoch weiterhin zu, daß Großbanken die Allgemeinheit mit ihrer so genannten Systemrelevanz erpressen. Attac fordert daher die Zerschlagung »systemrelevanter« Großbanken in demokratisch kontrollierbare Einheiten.
Auch in Brüssel gibt es ein krasses Ungleichgewicht in der Finanzpolitik. Banken, Versicherungen und Fondsindustrie sind überrepräsentiert, während es gemeinwohlorientierte Lobbys praktisch nicht gibt.
Besitzen ist gut – denn wer da hat, dem wird gegeben, so steht es schon in der Bibel. Und wer wie eine Bank besonders viel besitzt oder dort große Mengen Geld angelegt hat, dem wird auch besonders viel gegeben – und zwar Milliarden aus den öffentlichen Kassen, zur Sanierung der Bankrotteure. Wer das bezahlt? Nun selbstverständlich nachgelagert diejenigen, die nichts besitzen, außer einem Gürtel, der ja mit dem verabschiedeten Sozialkürzungspaket enger geschnallt werden kann. Und das, fragen Sie zu Recht, lassen sich die Gürtelbesitzerinnen und –besitzer einfach so gefallen?
Konsequenzen:
Als ersten Schritt müssen die Banken per Gesetz auf ihre gesamtwirtschaftliche Kernfunktionen zurechtgestutzt werden. Das sind erstens die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, zweitens das Einlagengeschäft, um den Menschen sichere Möglichkeiten zur Bildung von Ersparnissen anzubieten, und drittens die Finanzierung gesamtwirtschaftlich und gesellschaftlich sinnvoller öffentlicher und privater Investitionen.
Hinweis: Die o. a. Anführungen sind der am 29.8.2010 von ATTAC herausgegebenen „Financial Crimes“ entlehnt.