DENKANSTÖSSE ZUM THEMA: NR. 53
Zivilcourage als Chance zur Veränderung unserer bedrohten Welt
Der Münchner Psychologe und Psychotherapeut Prof. Dr. Kurt Singer zeigt in seinen Überlegungen zum Problem der Zivilcourage, wie der einzelne Staatsbürger durch sein Verhalten an der Entwicklung einer friedlichen Welt mitarbeiten und damit die Auslieferung an die so genannten Systemzwänge der Machtstrukturen der organisierten Gesellschaft verhindern helfen kann. Ungerechtigkeit und Unfriedlichkeit beginnen jedoch in kleinen zwischenmenschlichen Formen des Alltags und in kleinen Strukturen der Gesellschaft, in Familien, Schulen, am Arbeitsplatz, auf der Straße im Wohnumfeld, in der Öffentlichkeit. Hier ist der „soziale Mut der Bürger“ in Form von Zivilcourage nicht minder wichtig und ist Voraussetzung für ein soziales, gerechtes, demokratisches und friedliches Gemeinwesen.
Die folgenden Ausführungen basieren im Wesentlichen auf den Darlegungen zur Thematik, die Prof. Dr. Kurt Singer in vielen Aufsätzen, Vorträgen und Buchveröffentlichungen über Zivilcourage sehr eindringlich und überzeugend formuliert hat. Wir danken ihm für die freundliche Überlassung seiner Texte als Hauptquelle dieses Denkanstoßes.
1. Die wachsende Bedrohung der Lebensgrundlagen – die Zivilgesellschaft, Bürgerinnen und Bürger sind herausgefordert, sich verstärkt politisch einzumischen.
Wir können und dürfen nicht mehr darauf warten, bis sich "von oben" etwas verändert.
► Solange wir am Prinzip der kriegerischen Gewalt und insbesondere an der atomaren Gewalt festhalten, ist kein wirklicher Friede möglich. Aus Abschreckung entsteht nur Schrecken – auf allen Ebenen des menschlichen Lebens. Nicht „Erschrecken" (lat. Terror) vermindert letztendlich die Bedrohung, sondern Angstnehmen.
► Das unaufhörliche Reden und Verhandeln über Abrüstung wird erst dann glaubhaft, wenn gleichzeitig damit aufgehört wird, immer noch schrecklichere atomare, chemische und biologische Menschenvernichtungsmittel zu bauen, zu erproben und mit ihrem Einsatz zu drohen.
► Mit dem größenwahnsinnigen Entwickeln menschenschädigender Technologien kann das menschliche Fühlen und Denken nicht mehr Schritt halten. Der technische „Fortschritt" muss auf den Menschen als Maßstab bezogen werden. Wir brauchen eine industrielle Abrüstung auf eine Technik, die dem Menschen dient und für die Biosphäre verträglich ist.
► Die Zerstörungsprozesse, die unsere Umwelt und die ganze Biosphäre vergiften und ausbeuten, müssen durch eine radikale Umkehr aufgehalten werden. Das damit verbundene rücksichtsvollere Leben der Menschen muss nicht Lebenseinschränkung bedeuten, sondern kann Anstoß zu sinnvoller und nachhaltiger Lebensgestaltung sein.
► Millionenfacher Hungertod und Elend, verbunden mit extremer sozialer Ungerechtigkeit, gehören in vielen Ländern zum Alltag. Das kann sich nur ändern, wenn wir unser am Profit und nicht am Menschen orientiertes Denken verändern und sich weltweit eine andere Bevölkerungspolitik sowie eine ökosoziale Wirtschaft durchsetzt.
► Die organisierte Verantwortungslosigkeit gehört heute zum Alltag. Sie drückt sich z.B. aus in Atommüllskandalen und Schmiergeldaffären, im Bau von Atomreaktorenund Wiederaufarbeitungsanlagen, in politischen Skandalen und Wirtschaftskriminalität, in Waffenhandel und Nahrungsmittelskandalen und vielem Anderen. Ihr muss die verantwortliche demokratische Bürgereinmischung entgegentreten.
► Unsere globalisierte Welt mit ihren vorherrschenden Formen von Produktion und Konsum verursacht Verwüstungen der Umwelt, Raubbau an den natürlichen Ressourcen und massives Artensterben, die Kluft zwischen Arm und Reich vertieft sich, Ungerechtigkeit, Armut, mangelhafte Bildung und gewalttätige Konflikte nehmen zu und verursachen große Leiden. Aber es gibt auch Möglichkeiten der Vernetzung, das Entstehen einer weltweiten Zivilgesellschaft eröffnet neue Chancen, eine demokratische, humane Weltordnung aufzubauen.
Mögliche Überlegungen, die sich für den Einzelnen ergeben können: Nehme ich die Bedrohungen wahr, obwohl sie mich zum Teil noch gar nicht unmittelbar berühren? Welche Gefahren ängstigen mich am meisten? Wo neige ich dazu, die Bedrohung zu verleugnen oder zu verdrängen? Lasse ich mich lähmen oder bin ich bereit, Gefahren entschlossen entgegenzutreten? Will ich Mitverantwortung in menschlicher Solidarität übernehmen und dies auch durch einen entsprechenden Lebensstil praktizieren?
den vollständigen, mit Grafiken, Fotos u. Literaturhinweisen aufbereiteten 16-seitigen Text bitte hier weiterlesen – klick [4]
Auf der Seite von Prof. Dr. Kurt Singer werden eine Vielzahl von Texten zum Thema Zivilcourage angeboten – klick hier [5]
Informationen zum Verein Studiengesellschaft für Friedensforschung e.V. München:
Die STUDIENGESELLSCHAFT wurde 1958 gegründet - zu einem Zeitpunkt heftiger politischer Auseinandersetzungen um die Eingliederung der Bundesrepublik in die atomaren Verteidigungsstrategien des Westens und der atomaren Bewaffnung der Bundeswehr. Es lagen erst bescheidene Ansätze zur wissenschaftlichen Erhellung der Ursachen des Krieges und der Bedingungen des Friedens vor. Eine deutsche Friedensforschung gab es noch nicht. Unter der Leitung ihrer Initiatorin und langjährigen Vorsitzenden, der Psychotherapeutin Christel Küpper, sah die STUDIENGESELLSCHAFT damals ihre erste Aufgabe darin, Krieg und Frieden als legitime Themen wissenschaftlicher Forschung bewußt zu machen, um der Entwicklung einer Friedensforschung den Weg bereiten zu helfen.
Schwerpunkte seit 1966
Das allgemeine Ziel der Arbeit der Studiengesellschaft: In der Bevölkerung das kritische Denken und die eigene Urteilsbildung auf der Basis sachlicher Information zu fördern, um so zu ethisch-politischen Entscheidungen und verantwortlichem Handeln zu kommen.
hier bitte weiterlesen http://www.studiengesellschaft-friedensforschung.de/ [6]
Studiengesellschaft für Friedensforschung e.V.
Fritz-Baer-Straße 21
81476 München
Telefon/Fax (0 89) 724 471 43
E-Mail: info@studiengesellschaft-friedensforschung.de
Anhang | Größe |
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SFF_53_Zivilcourage_als_Chance.pdf [7] | 3.16 MB |