Die Mär von der Vierten Gewalt, die fünfte Macht(s)
World-Theater: Oh wie feiert sie sich, die vierte Gewalt (die Mainstream Presse), die uns angeblich „Nichts“ als die Wahrheit präsentiert. Unabhängig und frei will sie sein. Sie sieht sich als mahnender Spieler auf der Weltbühne und nimmt für sich in Anspruch, dass Korrektiv zu den ersten drei Gewalten zu sein, mit denen sie über die Bühne tänzelt. Sie schweigt vornehm, wenn es um Sachverhalte geht, die der nie öffentlich auftretenden fünften Gewalt missfallen oder dieser hinderlich sein könnten. Klar doch, wir bekommen stets ein schönes und kontroverses Theater serviert und man kann zwischen unzähligen Kommentaren, Meinungen und Essays hin und her schalten - und irgendwo soll die Wahrheit dazwischen sein. Was aber im eigentlichen Sinne wissenswert wäre, kommt vor lauter Getöse oftmals gar nicht vor – sofern es nicht in das für unsere Hemisphäre liebevoll gezimmerte Weltbild passt. Nur wenige scheinen zu wissen, dass die Pressefreiheit auch die Freiheit beinhaltet, von bestimmten Dingen eben nicht zu berichten. Die Kunst des richtigen Verschweigens ist eine Tugend und mithin ein bedeutendes Stilmittel.
Ist es nicht herrlich, wenn man den Volkszorn so geschickt lenken kann? Wenn die Spiegel Welt Bild FAZ Zeit Leser stets meinen, auf dem Laufenden zu sein und dabei vor lauter Stress nicht merken, wie sie verladen werden? Die öffentlich-rechtlichen GEZahlt Sender (Anm.: seit 1.1.2013 in "ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice" umbenannt, was die Sache auch nicht besser macht!) machen selbstverständlich dabei auch fleißig mit. Vielleicht dämmert es dem ein oder anderen worum es geht, wenn man ein Zitat von Seehofer bemüht, der in einer illustren Runde mal ein Stück blicken ließ, was kaum einer bemerkte: "Diejenigen, die entscheiden, sind nicht gewählt und diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden!"
Jetzt dürfen sie einmal raten, wer „Diejenigen“ sind, die nicht gewählt wurden und dennoch alles entscheiden. Sie werden es nicht erraten wollen / können, weil niemand ihnen diese Herrschaften vorgestellt hat. Sie scheuen das Licht wie der Teufel das Weihwasser. Wie aber kann es angehen, dass diejenigen alles entscheiden ohne dass wir es bemerken? Ganz einfach, wenn man die ersten vier Gewalten kontrolliert, die sich auf der Bühne balgen, und sei es nur mittels völlig unpersönlichem „Geldhahn“, den man auf und zudrehen kann. Dann funktioniert es sehr wohl.
Und wer nicht korrekt und wie vorgegeben mitspielt, der bekommt auf der Bühne der offiziellen vier Gewalten seinen „kurzen Prozess“, ist unten durch und verschwindet mit einem passenden Skandälchen von dieser Bühne. Selbstverständlich leugnen die Vier stets die Anwesenheit des unerkannten Fünften auf der Bühne (der Souffleur gehört ja auch nicht offiziell zum Stück) … würde er ihnen doch die Show und den Ruhm stehlen. Logisch, es ist auch gar nicht Intention des Souffleurs den Ruhm zu erheischen. Ihm geht es schlicht darum, dass das Stück richtig und in dem von ihm erkannten Sinn funktioniert und nur er allein sieht das Drehbuch ein (manipuliert und improvisiert) und ist deshalb allgewaltig. Die auf der Bühne stehenden müssen aufpassen, dass sie sich jetzt nicht verplappern und ausgebuht werden. Jeder Schritt, jedes Wort muss sitzen. Ist einer unter den auf der Bühne anwesenden Akteuren der fünften Gewalt nicht mehr genehm, spielt nicht mehr nach Plan oder droht eigene Passagen zu entwickeln, reicht der irreführende Wink, das falsche Wort unten aus dem Kasten und der Akteur bringt sich wie von selbst zu Fall. Oder er wird von den übrigen Akteuren live auf der Bühne niedergestreckt. Was für ein Theater?
Diese kleinen Korrekturen müssen den Unterhaltungswert nicht mindern, sorgen durchaus für zusätzliche Spannung und alles sieht immer echt und authentisch aus. Und wenn die vier Gewalten dort schöne Stücke aufführen, sich prächtig gegenseitig behakeln, dann können diese selbstredend auch die Zuschauer – den Pöbel – in den Bann schlagen, der je nach Programm auch heftig mitfiebern darf, wie es sich für ein anständiges Mitmach-Theater gehört. Hatte doch der Direktor des Theaters beim Reinwinken noch deutlich gesagt: „Wir erzählen Ihnen alles, nur nicht was wirklich ist!“. Sinn und Zweck dieser Aufführungen ist stets die Ernsthaftigkeit und Aufrichtigkeit der Bemühungen der vier Gewalten zum Wohle der Betrachter herauszuarbeiten, denen sie verpflichtet zu sein vorgeben. Der Zuschauer kann auch wählen was er will und protestieren wie ihm beliebt, aber er wird nie das Stück umschreiben, welches der Souffleur vom Rande der Bühne her abspult. Auch wenn die Zuschauer meinen das Stück zu kennen. Für die kleinen dramatischen Wendungen sorgt immer noch ganz unerkannt die fünfte Gewalt, der Souffleur. Wollte der Zuschauer eine andere Inszenierung, dann müsste er ja dem Stück ein Ende bereiten. Dies ist in den Spielregeln und nach Abgabe der Stimme beim Zugang zu diesem Theater aber nicht mehr vorgesehen. Es wird gespielt, was auf dem Programm steht. Das Volk darf gewohnt staunen und zahlen (mit Geld und zuweilen auch mit Blut). Und wenn es sich gegen das Stück wehrt, dann wird ihm der Hausherr des Theaters schon einen rechten Platzverweis erteilen.
Die Moral von der Geschichte: Solange dieses Theater weiter vom Volk geduldet und schweißtreibend mitfinanziert wird (ohne nennenswerten Einfluss auf den Spielplan zu bekommen oder ausüben zu wollen), hat es was es verdient … „richtig Theater“ … und die fünfte Gewalt schleppt derweil die prallen Kassen und echten Werte von dannen, nebst der sorgsam und liebevoll geschnürten Rettungspakete. Und wenn das Theater doch mal physisch abbrennt, ist es auch egal ob darin die vier Gewalten (Schauspieler) nebst der Zuschauer zu Schaden kommen - die Kasse ist bereits gerettet. Hernach haben die dem Inferno entkommenen Betrachter kaum mehr was für den Heimweg … aber alles gegeben damit das Theater sein konnte. Leidliches Augenreiben und angstvolles böses Erwachen gibt es nur nach schlechten Träumen, nicht in diesem Theater.
Wilfried Kahrs
► Lesetip zum Thema: "Power Structure Research und das Ringmodell der Machteliten"
aus: Hans-Jürgen Krysmanski [4], Hirten & Wölfe. Wie Geld- und Machteliten sich die Welt aneignen, 3. erweiterte Auflage, Münster 2011, S. 156-170 – weiter [5]
PDF-Version siehe Anhang
► Quelle: dieser Beitrag erschien erstmals auf meinem Blog qpress.de [6] > Artikel [7]
[8] die 4/2 Wahrheiten
Anhang | Größe |
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Krysmanski, Herrschaftsstrukturforschung Ringmodell der Machtelite.pdf [9] | 720.34 KB |