Weltmacht IWF – Chronik eines Raubzugs
Autor: Ernst Wolff
Verlag: Tectum Wissenschaftsverlag, 35037 Marburg – zur Verlagsseite [4]
ISBN-13: 978-3-8288-3329-6
234 Seiten, Klappenbroschur, 17,95 €
Er erpresst Staaten. Er plündert Kontinente. Er hat Generationen von Menschen die Hoffnung auf eine bessere Zukunft genommen und ist dabei zur mächtigsten Finanzorganisation der Welt aufgestiegen: Die Geschichte des Internationalen Währungsfonds gleicht einem modernen Kreuzzug gegen die arbeitende Bevölkerung auf fünf Kontinenten.
In seinem bis zur letzten Seite fesselnden Buch schildert der Journalist Ernst Wolff, welche dramatischen Folgen die Politik des IWF [5] für die globale Gesellschaft und seit Eintreten der Eurokrise auch für Europa und Deutschland hat. Denn die Vergabe von Krediten durch den IWF hat die Erzwingung neoliberaler Reformen zur Folge: Auf der einen Seite fördert diese Praxis Hunger, Armut, Seuchen und Kriege, auf der anderen begünstigt sie eine winzige Gruppe von Ultrareichen, deren Vermögen derzeit ins Unermessliche wächst – alles im Namen der Stabilisierung des Finanzsystems.
Weltmacht IWF
- porträtiert die dunkle Seite einer Weltorganisation
- zeigt, wie die globale Finanzpolitik die Existenzen von Menschen bedroht
- ist ein schonungsloses, aufrüttelndes Buch
Ernst Wolff, 1950 geboren, wuchs in Südostasien auf, ging in Deutschland zur Schule und studierte in den USA. Er arbeitete in diversen Berufen, u.a. als Journalist, Dolmetscher und Drehbuchautor. Die Wechselbeziehung von Wirtschaft und Politik, mit der er sich seit vier Jahrzehnten beschäftigt, ist für ihn gegenwärtig von höchster Bedeutung: "Die Finanzkrise von 2008 und die Eurokrise waren nur die ersten Vorboten eines aufziehenden globalen Finanz-Tsunamis, in dem der IWF und seine Verbündeten auch in Deutschland zu Maßnahmen greifen werden, die wir uns heute noch nicht vorstellen können."
Dieses Buch ist den Menschen in Afrika, Asien und Südamerika gewidmet, die es nicht lesen können, weil die Politik des IWF ihnen den Besuch einer Schule verwehrt hat.
► Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Die Konferenz von Bretton Woods [6]: Zum Auftakt Erpressung . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Der Nachkriegsboom: Der IWF wirft sein Netz aus . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Die siebziger Jahre: Der IWF und die chilenische Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . 25
»Strukturanpassungsprogramme«: Der IWF systematisiert sein Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Die lateinamerikanische Schuldenkrise: Der IWF wird zum globalen Krisenmanager . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Die Folgen der »Strukturanpassung«: Der Widerstand gegen den IWF wächst . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Die »Schocktherapie« für die Sowjetunion: Der IWF und die Wiedereinführung des Kapitalismus . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Südafrika nach der Rassentrennung: IWF und ANC verbünden sich gegen das Volk . . . . . . . . . . . . . . . . 59
Jugoslawien: Der IWF als Kriegsvorbereiter und -begleiter . . . . . . . . . . . . . . . . 69
Die Asien-Krise: Der IWF demonstriert seine Macht . . . . . . . . . . . . . . . . 81
Lohnobergrenzen und höhere Preise: Die »Armutsbekämpfung« des IWF . . . . . . . . . . . . . . . . 91
Die Argentinien-Krise: Der IWF erzwingt den größten Staatsbankrott aller Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 101
Globalisierung und Finanzialisierung: Die Triebkräfte des IWF . . . . . . . . . . . . . . . . 129
Die Finanzkrise von 2007/2008: Die Ruhe vor dem Sturm für den IWF . . . . . . . . . . . . . . . . 139
Islands Bankencrash [7] von 2008: Der IWF nimmt Europa ins Visier . . . . . . . . . . . . . . . . 145
Irland: Der IWF leitet eine Armutsexplosion in Europa ein . . . . . . . . . . . . . . . . 155
Die Euro-Krise: IWF, EU und EZB stellen Europa unter Zwangsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Griechenland: Die Troika bringt den Hunger zurück nach Europa . . . . . . . . . . . . . . . . 175
Zypern und der IWF: Auf die Plünderung folgt die Enteignung . . . . . . . . . . . . . . . . 187
Die Euro-Krise nach Zypern: Der IWF verlangt die Institutionalisierung des Raubes . . . . . . . . . . . . . . . . 201
Schuldenberge, soziale Ungleichheit, Revolution: Das Ende des IWF? . . . . . . . . . . . . . . . . 209
Deutschland und der IWF: Schwarze Schwäne am Horizont . . . . . . . . . . . . . . . . 217
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . 227
Bildnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . 233
► Vorwort
Keine andere Finanzorganisation hat im vergangenen halben Jahrhundert so tief in das Leben so vieler Menschen eingegriffen wie der Internationale Währungsfonds (IWF). Seit seiner Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg hat er seinen Einflussbereich bis in die entlegensten Winkel der Erde ausgeweitet. Derzeit zählen 188 Länder auf fünf Kontinenten zu seinen Mitgliedern.
Jahrzehntelang war der IWF hauptsächlich in Afrika, Asien und Südamerika tätig. Dort gibt es kaum noch ein Land, in dem seine Politik nicht ein- oder mehrmals in enger Zusammenarbeit mit der jeweiligen nationalen Regierung durchgesetzt wurde. Nach dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise im Jahr 2007 hat er sich verstärkt Nordeuropa zugewandt, seit dem Einsetzen der Euro-Krise im Jahr 2009 ist vor allem das südliche Europa in seinen Fokus gerückt.
Offiziell besteht die Hauptaufgabe des IWF darin, das globale Finanzsystem zu stabilisieren und in Schwierigkeiten geratenen Ländern aus der Krise zu helfen. In der Realität erinnern seine Einsätze eher an Feldzüge kriegführender Armeen. Wo immer er einschreitet, greift er tief in die Souveränität von Staaten ein, zwingt ihnen Maßnahmen auf, die von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt werden, und hinterlässt eine breite Spur wirtschaftlicher und sozialer Zerstörung.
Dabei setzt der IWF weder Waffen noch Soldaten ein, sondern bedient sich ganz einfach der Mechanismen des Kapitalismus, genauer gesagt: der Kreditwirtschaft. Seine Strategie ist in allen Fällen so simpel wie effektiv: Gerät ein Land in finanzielle Schwierigkeiten, ist er zur Stelle und bietet Unterstützung in Form von Krediten an. Im Gegenzug fordert er die Durchsetzung von Maßnahmen, die die Zahlungsfähigkeit des Landes zum Zwecke der Rückzahlung dieser Kredite sicherstellen sollen.
Wegen seiner weltweiten Sonderstellung als »Kreditgeber letzter Instanz« bleibt den Regierungen in der Regel keine andere Wahl als das Angebot des IWF anzunehmen und auf seine Bedingungen einzugehen – mit dem Ergebnis, dass sie sich in einem Netz der Verschuldung verfangen, in dem sie sich infolge von Zins-, Zinseszins- und Tilgungszahlungen immer tiefer verstricken. Die sich daraus ergebende Belastung des Staatshaushaltes und der heimischen Wirtschaft führt mit unerbittlicher Konsequenz zu einer Verschlechterung ihrer Finanzlage, die der IWF wiederum als Vorwand nutzt, um unter dem Schlagwort der »Austerität« immer neue Zugeständnisse in Form von »Sparprogrammen« zu erzwingen.
Für die einfache Bevölkerung der betroffenen und zumeist einkommensschwachen Länder hat diese Politik verheerende Folgen, denn deren Regierungen handeln allesamt nach dem gleichen Muster: Sie wälzen die Folgen der Sparmaßnahmen auf die abhängig Beschäftigten und die Armen ab.
Auf diese Weise haben IWF-Programme Millionen von Menschen den Arbeitsplatz genommen, ihnen den Zugang zu ausreichender Gesundheitsversorgung, einem funktionierenden Bildungswesen und menschenwürdigen Unterkünften verwehrt. Sie haben ihre Nahrungsmittel bis zur Unbezahlbarkeit verteuert, die Obdachlosigkeit gefördert, alte Menschen um die Früchte lebenslanger Arbeit gebracht, die Ausbreitung von Krankheiten begünstigt, die Lebenserwartung verringert und die Säuglingssterblichkeit erhöht.
Am anderen Ende der gesellschaftlichen Leiter dagegen hat die Politik des IWF einer winzigen Schicht von Ultrareichen dazu verholfen, ihre riesigen Vermögen sogar in Krisenzeiten zu vermehren. Die von ihm geforderten Maßnahmen haben entscheidend dazu beigetragen, dass die weltweite soziale Ungleichheit ein in der Geschichte der Menschheit nie dagewesenes Ausmaß angenommen hat. Der Einkommensunterschied zwischen einem Sonnenkönig und einem Bettler am Ausgang des Mittelalters verblasst gegenüber dem Unterschied zwischen einem Hedgefonds-Manager1 und einem Sozialhilfeempfänger von heute.
Obwohl diese Fakten allgemein bekannt sind und in den vergangenen Jahrzehnten Hunderttausende zum Teil unter Einsatz ihres Lebens gegen die Auswirkungen seiner Maßnahmen protestiert haben, hält der IWF bis heute eisern an seiner Strategie fest. Trotz aller Kritik und trotz der nicht zu übersehenden Folgen seines Handelns genießt er dabei nach wie vor die rückhaltlose Unterstützung der Regierungen sämtlicher führender Industrienationen.
Wieso? Wie kann es sein, dass eine Organisation, die rund um den Globus solch ungeheures menschliches Leid verursacht, weiterhin ungestraft handeln und auch in Zukunft mit der Unterstützung der mächtigsten Kräfte unserer Zeit rechnen darf? In wessen Interesse arbeitet der IWF? Wer profitiert von seinem Tun?
Diese Fragen zu beantworten, ist das Ziel dieses Buches.
[1] Ein Beispiel: Der Hedgefonds-Manager John Paulsen hat im Jahr 2010 fünf Mrd. US-Dollar verdient. Das entspricht einem Tagesverdienst von 19,2 Mio. Dollar und damit fast dem Zehnmillionenfachen der zwei Dollar pro Tag, von denen zur gleichen Zeit 2,5 Milliarden Menschen auf der Welt leben mussten.
► Leseprobe (mehrere Seiten aus dem Buch - siehe -Anhang am Ende dieser Buchvorstellung) Danke an den Tectum-Verlag!
► Rezension von Sabine Feininger
Ernst Wolff widmet sein Buch „den Menschen, die es nicht lesen können, weil der IWF [5] ihnen den Besuch einer Schule verwehrt hat“. Bereits auf den ersten Seiten weist er nach, dass die Gründung des IWF nicht etwa, wie von vielen behauptet, der Errichtung und Stärkung eines gesunden globalen Währungssystems diente. Vielmehr stand dieser ganz im Zeichen der Neuordnung der Welt nach dem zweiten Weltkrieg. Hauptziel seiner Errichtung war es, die Dominanz der neuen Weltmacht USA zu zementieren.
Wolff unterteilt die Entwicklung des IWF in vier große Phasen. Die erste umfasst die fünfziger und sechziger Jahre. In den Fünfzigern konzentrierte sich der Fonds darauf, den US-Dollar als globale Leitwährung zu etablieren und so großen amerikanischen Banken und Konzernen den Weg für weltweite Investitionen zu öffnen. In den Sechzigern nutzte er die Welle von Unabhängigkeitserklärungen vor allem afrikanischer Staaten, um der Kolonialherrschaft entkommene Länder durch die Vergabe von Krediten in seine Abhängigkeit zu bringen.
Auftakt zur zweiten Phase war der vom US-Geheimdienst CIA gesteuerte Putsch in Chile. In enger Zusammenarbeit mit dem Diktator Pinochet und der Chicago School of Econmics unter Milton Friedman übernahm der IWF die Grundanschauungen des Neoliberalismus, auf denen seine Politik noch heute fußt. Anschließend begleitete er die Globalisierung und die weltweite Deregulierung des Finanzsektors durch seine „Strukturanpassungsprogramme“. Während sie vor allem amerikanischen Banken und Konzernen den Weg bis in die entlegensten Winkel der Erde öffneten, brachten sie für arme und einkommensschwache Menschen in den Entwicklungsländern noch größere Armut, Hunger und einen Abbau der ohnehin unzureichenden medizinischen Versorgung und der Erziehungssysteme.
Die dritte Phase begann mit dem Ende der Sowjetunion und dem Zerfall des Ostblocks. Der IWF nutzte den Umbruch, um westlichem Kapital den Zugang zu bisher verschlossenen Märkten zu ermöglichen und legte damit die Grundlage für die Entstehung einer winzigen Schicht von Ultrareichen am oberen und eine nie gekannte Ausweitung der Armut am unteren Ende dieser Gesellschaften.
Phase vier, in der wir uns gegenwärtig befinden, wurde durch die Subprime-Hypothekenkrise in den USA ausgelöst. In ihrem Gefolge geriet das weltweite Finanzsystem ins Wanken. Nachdem die Regierungen in aller Welt Großbanken und Finanzinstitute mit Steuermitteln gerettet hatten, griff der IWF auf breiter Front ein, um die Staatshaushalte wieder zu sanieren. Unter dem Schlagwort „Austeritätspolitik“ half er mit, die durch Spekulation milliardenschwerer Investoren entstandenen Löcher in den Regierungsetats zu stopfen, indem er der einfachen Bevölkerung Sparprogramme auferlegte, die zu sozialen Katastrophen von historischem Ausmaß geführt haben: zu Massenarbeitslosigkeit vor allem unter Jugendlichen, zur Verarmung alter und sozial schwacher Menschen und zur Zerschlagung ganzer Sozialsysteme.
Wolff präzisiert diese Folgen an mehreren Beispielen wie Island, Irland und Griechenland. Im letzten Fall hebt er besonders die Rolle Deutschlands hervor, dessen Bundesministerium für Gesundheit beim Abbau des griechischen Medizinsystems federführend war. Die Skrupellosigkeit, mit der der IWF vorgeht, macht Wolff im Kapital über den Krieg in Jugoslawien deutlich. Dort trug der IWF aktiv zum Zerfall des Landes bei, indem er der Zentralregierung Auflagen erteilte, die sie zwang, die Zahlungen an die Provinzen einzustellen. Die Maßnahme wirkte, als ob jemand Öl in das Feuer nationalistischer Bewegungen gegossen hätte und war in entscheidendem Maß mitverantwortlich für den Bürgerkrieg, der von Nato und EU als Vorwand für das eigene militärische Eingreifen genutzt wurde.
Die Stärke des Buches liegt vor allem darin, dass der Autor sich nicht damit zufrieden gibt, historische Ereignisse chronologisch aneinanderzureihen. Wolff bemüht sich intensiv, die Hintergründe und Triebkräfte für das Wirken des IWF aufzuspüren. Er macht auf diese Weise klar, dass es sich bei dem Fond nicht um eine in die Irre geleitete Organisation unter inkompetenter Führung handelt. Vielmehr ist sein Wirken die Konsequenz der Entwicklung des weltweiten Finanzsystems, das – beginnend in den Siebziger Jahren – immer stärker dereguliert wurde und die Realwirtschaft inzwischen als stärkster ökonomischer Sektor überflügelt hat.
Diese Verschiebung innerhalb der Weltwirtschaft hat zur Entstehung einer winzigen Schicht von Milliardären geführt, deren Vermögensverwaltungen in der Form von Hedgefonds heute die Finanzmärkte und damit das finanzwirtschaftliche Geschehen auf unserem Globus beherrschen und die die Medien, die Politik und auch den IWF zu Instrumenten ihrer Interessensvertretung gemacht haben. Der wahre Graben der globalen Gesellschaft von heute, das macht Wolff am Beispiel des IWF mehr als deutlich, verläuft nicht entlang nationaler Grenzen, sondern geht quer durch alle Nationen und trennt eine winzige Schicht Ultrareicher und ihrer Interessensvertreter von der großen Masse der Bevölkerung.
Ernst Wolff liefert mit „Weltmacht IWF – Chronik eines Raubzugs“ nicht nur eine mit Fakten gespickte, ungemein spannende Lektüre, sondern auch eine leidenschaftliche Anklage gegen die in seinen Augen wichtigste Entwicklung auf unserem Planeten – die explosionsartige Zunahme der sozialen Ungleichheit.
Sabine Feininger
Die Rezension wurde freundlicherweise von Sabine Feininger zur Verfügung gestellt und von unserem Kooperationspartner Klaus Madersbacher, dem Betreiber der Webseite www.antikrieg.com [8] , übermittelt. Danke auch Dir lieber Klaus.