Nicolas Sarkozy in Not!
Es ist Wahlkampf in Frankreich. In 90 Tagen findet die erste Runde der Präsidentschaftswahlen statt, 14 Tage später ist die alles entscheidende Stichwahl. Nicolas Sarkozy geht es schlecht. Nichts klappt! Die Arbeitslosenzahlen gehen in die Höhe, das Haushaltsdefizit wächst, die Kreditwürdigkeit der Grande Nation wurde schmachvoll auf AA herabgestuft.
Die Zahl der französischen Opfer in Afghanistan wächst fast täglich. Bis jetzt hat Frankreich weit über achzig Tote und mehr als zweitausend verwundete Soldaten zu beklagen. Und nun schiessen die angeworbenen afghanischen Soldaten zum zweiten Mal der französischen Truppe in den Rücken: Vier Tote, fünfzehn zum Teil schwer verletzte Soldaten des 93e Régiment de montagne de Vars und des 2e Régiment étranger de génie aus Saint-Christol wurden getötet.
Die Särge der toten Soldaten, sowie die Verwundeten wurden nach Kabul geflogen. Für die Journalisten war kein Platz mehr im Hubschrauber. Sie bleiben vorerst im Camp Gwam in der Provinz Kapisa und schauen den Soldaten zu, wie sie eine menschenleere Steinwüste bewachen. Patrouillenfahrten sind zu gefährlich. Sie sind ohnehin sinnlos: Man schenkt einem armen Bauern eine Schaufel aus dem Supermarkt und hinterher wird man dafür beschossen.
Dies zeigt die ganze Absurdität dieses dümmsten Krieges seit der Erfindung des Schiesspulvers!
Sarko ist ähnlich seiner Homologe Merkel für jede Wendung und Überraschung gut. Also befiehlt er die sofortige Einstellung der Ausbildung und Zusammenarbeit mit den afghanischen Streitkräften. Der für 2014 vorgesehene Abzug der französischen Truppen soll vorgezogen werden. Der Verteidungsminister und der französische Generalstabschef sind angereist, um zu prüfen, wie schnell man aus diesem Schlammassel heraus kommen könnte. Die Amerikaner toben und das ist gut für Sarkozy, denn die Franzosen hatten noch nie eine besondere Affinität zu den Amerikanern. Ausserdem ist Frankreich gar nicht Mitglied der NATO und hat nach Meinung der überwiegenden Mehrheit der Franzosen nichts in Afghanistan verloren!
Da trifft es sich gut, dass Sarkozy in höchster Not ist: Laut Umfragen liegt der langweilige und farblose Sozialist François Hollande bei 30%, der ungeliebte Nicolas Sarkozy mit seiner UMP bei 23% und die rechtsreaktionäre Rassistin Marine Le Pen von der FN bei 18%. Die übrigen Bewerber wie die Grüne Eva Joly liegen derzeit bei 5% und der Zentrist François Bayrou bei 12 % der Umfragen.
Kommt Sarkozy überhaupt in die Stichwahl, dann sehen die Umfragen François Hollande bei 57% und Nicolas Sarkozy bei 43%. Nicolas Sarkozy ist hyperaktiv und versucht zu retten, was zu retten ist. Er absolviert ein höllisches Reiseprogramm. Am kommenden Freitag kommt der afghanische Präsident Karzai nach Paris, dem will Sarkozy vor aller Augen die Leviten lesen.
Vielleicht schafft er doch noch das Unmögliche und erspart den Franzosen den lauwarmen Sozialisten François Hollande, dessen einziges Programm in der Wiedererweckung der Tugenden von Mitterand besteht? Also Schulden machen auf Teufel komm raus und die vielen Arbeitslosen verbeamten, wie das weiland Präsident Mitterand gemacht und damit Frankreich fast in den Staatsbankrott getrieben hat? Dann ist Frankreich allerdings endgültig bankrott.
Die Franzosen haben also nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Und so hofft Sarkozy, dass sich die ratlosen Wähler noch einmal um den verhassten Präsidenten scharen.
Rainer Kahni