Der Kompromiß in der Ja-Nein-Gesellschaft

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Der Kompromiß in der Ja-Nein-Gesellschaft
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Der Kompromiß in der Ja-Nein-Gesellschaft:


ein kleiner Exkurs über die Abartigkeiten und die verheerenden Folgen von faulen Kompromissen


Es geht mir um eine Charakterisierung unserer Gesellschaft als eine sog. Ja-Nein-Gesellschaft, die es verlernt oder nie gelernt hat, ihre Probleme anzugehen und zu lösen. Ihre Mitglieder sind unfähig, eine klare Linie zu vertreten und Rückgrat zu wahren. Populismus ist zum einzigen Glaubensbekenntnis geworden. Unsere Gesellschaft ist von einer Krankheit bzw. Blockade befallen, wie dies bei einer psychischen Pathologie der Fall ist, aus der sich der Betroffene nicht aus eigener Kraft befreien kann. Deshalb bedarf es einer größeren Anzahl von Menschen mit Vorbildfunktion, um den Weg aus dieser Misere zu weisen.

 

Die Ja-Nein-Gesellschaft wird charakterisiert dadurch, daß sie meint, sie könne sämtliche Prozesse durch Kompromisse steuern und zu einem effektiven Ergebnis bringen. Diese Einstellung beruht m. E. auf einer völligen Fehleinschätzung, auf mangelndem Mut und Weitblick sowie gravierender Realitätsferne. Ich möchte damit nicht behaupten, daß ein Leben ohne jegliche Kompromisse denkbar ist. Wer aber immer JEIN sagt und sich dieses Prinzip verinnerlicht hat, der ist ein verkappter notorischer Lügner, der nur verdecken will, daß es ihm nicht gelingt, sich zu einer einheitlichen gefestigten Persönlichkeitsstruktur zu einigen. Mit anderen Worten leidet er genau betrachtet unter einem Symptom der Schizophrenie.


Die negative Steigerung von Kompromiß ist bekanntlich "fauler Kompromiß". Generell können Kompromisse als Versuche auf dem Weg zur Einigung in einer zerstrittenen Sache bezeichnet werden. Fortschritte auf diesem Weg sind grundsätzlich nur zu erzielen, wenn die vereinbarten Kompromisse nicht vom Weg und der Zielführung abweichen. Ein fauler Kompromiß wird gekennzeichnet dadurch, daß er den vorgezeichneten Weg verläßt, sich wieder rückwärts bewegt oder er gar diametral gegen das erklärte Endziel verstößt. Diese abartige Version des Kompromisses ist leider heutzutage die verbreitetste – nicht nur im politischen Prozeß, sondern auch im Alltag vieler Menschen. Welche Perversionen in Form von faulen Kompromissen uns  als erfolgreiche Unterfangen zu unser aller Wohl serviert werden, wird sich uns in den nächsten Tagen anläßlich der  andauernden Sondierungs- und Koalitionsgespräche zur Regierungsbildung präsentieren. Dort wird die SPD sicher wieder Kreide fressen, um möglichst viele Ministerpöstchen herauszuschlagen.


Kleinbürger zeichnen sich – Nomen ist Omen – durch einen ausgeprägten Kleinmut aus. Die Volksvertreter, die sich die Kleinbürger als ihre Repräsentanten (aus-)gewählt haben, entsprechen ihrer eigenen Wesensart. Das ist die verquere Logik, die dem Kleinbürgertum eingeimpft ist, daß selbst die öffentlichen Vertreter nicht mehr Mut wagen dürfen, als sie selbst dazu in der Lage und willens ist. Risikobereitschaft, selbst wenn sie wohlkalkuliert ist, erfreut sich keiner Beliebtheit. Daß es philosophisch und praktisch überhaupt keine absolute Sicherheit geben kann und das Leben im Alltag aus einer Aneinanderreihung von nicht vorauszuschauenden Risiken besteht, wird als eherne Lebenslüge total ausgeblendet. Kopf in den Sand stecken, weiter so und Status quo aufrechterhalten, lautet die bewährte Devise. Normalerweise müßte der Vogel Strauß das Lieblingshaustier der Bundesbürger sein.


Wer es nötig hat, sich ständig mit Kompromissen aus der Affäre zu ziehen mangels eines starken Charakters,

  • besitzt keine Perspektiven und Utopien,
  • dem mangelt es ihm an Phantasie und Prinzipien,
  • bei dem herrscht meistens eine ausgeprägte Ausrichtung an kleinkariertem egoistischem Nützlichkeitsdenken vor,
  • der läßt sich von konformistischem Denken lenken und ist geneigt, in populistischer Manier sein Fähnchen in den Wind zu halten,
  • der unterwirft sich der Dominanz von Furcht und der Angst, die ihm ständig einreden, was er nicht tun darf oder was er lassen muß, wenn er sich nicht blamieren oder seine Interessen schützen will,
  • der handelt sehr oft irrational, weil die Motive, die ihn zum Kompromiß veranlassen, in den meisten Fällen gar nicht rational begründet sind, sondern nur Einbildungen oder Reaktionen aus dem Unterbewußtsein sind. Er weiß also im Grunde genommen selbst nicht, was er tatsächlich will.

Der faule Kompromiß und seine Zwillingsschwester, die Anpassung, treten immer Hand in Hand durch die Tür. Sie behindern und verstärken sich gleichzeitig gegenseitig, weshalb sie eine äußerst unproduktive Konstellation bilden. Der Grund dafür liegt darin, daß jemand, der vorzeitig Kompromisse einräumt, seinen Joker aus der Hand gibt und das Spiel bereits vorzeitig verloren hat. Die Kompromißversessenen werden in ihrem Leben nie etwas Vernünftiges erreichen. Sie sind zu dumm zu erkennen, daß für den Fall, daß ein Kompromiß tatsächlich für einen erfolgreichen Abschluß unentbehrlich sind, dafür zu einem späteren fortgeschrittenen Stadium der günstigere Zeitpunkt ist.


Ich vertrete die rigorose Ansicht, daß grundsätzlich (vielleicht bis auf wenige Ausnahmen) überhaupt keine Kompromisse nötig sind, weil man das Ziel meistens auch ohne sie erreichen kann. Schuld an der trotzdem weit verbreiteten Bereitschaft, (faule) Kompromisse einzugehen, ist der Unwille der meisten Menschen, das zu lösende Problem überhaupt in seiner Bedeutung und Konsequenz zu erfassen und es ernsthaft anzugehen. Die Erfahrung, daß persönliche, politische oder gesellschaftliche Problemstellungen selten ganz und gar bereinigt werden, auch nicht (oder gerade) durch Kompromisse, ist auf die allgemeine Abneigung zurückzuführen, die Probleme an der Wurzel – d. h. radikal – anzupacken.

 

Was würden wir von einem Zahnarzt halten, der bei einer Zahnwurzelentzündung nur eine Füllung blombiert? Oder von einem Chirurgen, der einen Beinbruch mit einem Pflaster heilen will? Diese Ärzte würden wir verklagen oder sie künftig meiden. Aber bei unseren Politikern sind wir nicht so zimperlich. Diese wählen wir trotz wiederholtem Versagen immer wieder, selbst wenn sie das ganze Land und die Wirtschaft ruinieren. Selbst die Gefahr, daß wir auch persönlich von diesem Niedergang betroffen werden und zu den Verlierern gehören, gibt noch keine Veranlassung für eine Richtungsänderung. Solch ein resignatives und schicksalergebenes Verhalten bezeichnet man landläufig als Fatalismus.


Bei der Umsetzung von Lösungsansätzen für größere Projekte wird der Vorwand mantraartig wiederholt, die Realisierung sei nicht ohne erhebliche Kompromisse und nicht ohne gravierende Streichungen am Umfang des Projektes möglich. Es wird einfach behauptet, ohne schlüssige Beweisführung zu führen, daß Kompromisse in einem bestimmten Ausmaß alternativlos seien. Aber meistens verursachen sie das desaströse Ergebnis, daß das ursprüngliche Konzept bis zur Unkenntlichkeit verwässert wird. Auf diese Art und Weise treten wir auf breiter Front auf der Stelle und bekommen unsere sich ständig anhäufenden Fehlentwicklungen nicht einmal ansatzweise in den Griff. Es wird nur herumgedoktert, es werden Löcher geflickt und dann auch noch an den falschen Stellen. Sehr beliebt ist die Version,  einfach die Fassade weiß zu streichen, damit sich alle im Glanz des schönen Scheins sonnen können.  Dann bauen sich alle stolz vor der jeweiligen Fassade auf, und die Anführer halten eine salbungsvolle Rede über den gemeinsam errungenen Erfolg. Es wird geklatscht, die Gesellschaft nimmt sich einen hinter die Binde und geht ungerührt nach Hause. Weiter passiert nichts – bis zur nächsten Selbstbeweihräucherung, um das nächste  Feigenblatt zu bestaunen.


Daher bin ich der festen Meinung, die sich im Einzelfall auch nachvollziehen läßt, daß nicht technische oder finanzielle Schwierigkeiten bzw. angebliche Unlösbarkeiten die Ursache für (faule) Kompromisse sind, sondern daß es eindeutig der fehlende persönliche und / oder politische Wille ist. Der faule Kompromiß hat nicht nur eine Zwillingsschwester sondern auch einen Zwillingsbruder, die faule Ausrede. Es wird sich gewunden und gedreht, es werden fadenscheinige, nicht stichhaltige Argumente vorgetragen, an den Haaren herbeigezogene Beispiele erfunden, nur um nicht eingestehen zu müssen, daß engstirnige Einstellungen, Berechnung, Unfähigkeit oder Feigheit der Auslöser für die Ablehnung ist, einen geraden Weg zu gehen. Allenfalls lasse ich Argumente zeitlicher Art gelten, denn die Bewältigung von komplexen und zentralen Aufgaben erfordert natürlich Zeit zur Verwirklichung.


Aber mit einer durchdachten und gerechten Finanzierungsstrategie sowie einer taktisch-klugen Vorgehensweise lassen sich selbst die schwierigsten Aufgaben meistern. Mittel- oder langfristig kann man praktisch alle sachlichen Herausforderungen in einem Stufenplan abarbeiten. Wir besitzen meistens die technischen Mittel für die erforderlichen Lösungen, falls noch nicht, können sie mit Hilfe wissenschaftlicher Forschung geschaffen werden. Die finanzielle Masse muß nicht erst kreiert werden, denn sie ist im Überfluß gebunkert: nur ungleich verteilt und in den falschen Händen. Sie muß nur locker gemacht werden.


Wenn diese Voraussetzungen geklärt sind, braucht man nur noch eine ausreichende Portion von gutem Willen, das Zurückstecken von Egoismen und ein Primat der Solidarität. Das ist alles umsonst zu haben! Ächten wir zukünftig jeglichen faulen Kompromiß – dann besitzt die Zukunft eine Zukunft!!!


MfG Peter A. Weber

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Klaus Fürst
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Verbunden: 27.06.2013 - 18:02
Ziel oder Prinzipien


Peter Weber hat ein Thema angesprochen, das einige Fragen aufwirft. In einer Gesellschaft habe ich nur zwei Möglichkeiten: entweder ich bin kompromisslos -und damit meist erfolglos!- oder ich gehe Kompromisse ein und gebe damit etwas von meinen Prinzipien preis. Die Frage ist also: worauf kommt es mir mehr an, auf ein Ziel oder auf Prinzipien? Der Autor hat, und das ist sehr wichtig, die Bewertung eines Kompromisses am Ziel festgemacht, und hält ihn dann für legitim, "wenn die vereinbarten Kompromisse nicht vom Weg und der Zielführung abweichen." Allerdings steckt hierin ein Konflikt, nämlich in dem Wort "Weg". Es wird in aller Regel nicht möglich sein, das gemeinsame Verfolgen eines Zieles von der Bedingung abhängig zu machen, dass von meinem Weg nicht abgewichen wird. Der Weg, den ich mir vorstelle, ist meist von Prinzipien bestimmt, und die haben immer hinter dem Primat des Ziels zurückzutreten.

Dazu zwei Beispiele:

  • Wenn dieser Tage bekannt wird, dass sich die LINKE von ihrer strikten Antikriegshaltung distanziert, so ist dies nicht nur eine Verabschiedung vom Weg, sondern auch vom Ziel, und damit in obigem Sinne ein fauler Kompromiss. Sie geht ihn ein, um sich koalitionsfähig zu machen, begibt sich damit aber in die Beliebigkeit des Parteienspektrums. 
  • Wenn die SPD wirklich das Ziel verfolgt, mehr soziale Gerechtigkeit herzustellen, und auf dieser Basis in den Koalitionsverhandlungen Kompromisse eingeht, so wird sie gewiss von dem Weg abweichen müssen, den sie gern gegangen wäre. Entscheidend ist aber, ob sie damit am Ende ihren Zielen näher kommt.


Peter Weber hat eingangs eine bemerkenswerte Aussage getroffen: "Deshalb bedarf es einer größeren Anzahl von Menschen mit Vorbildfunktion, um den Weg aus dieser Misere zu weisen."

Wer sollen diese Menschen sein, auf welchem Feld sollen sie wirksam werden? Meint er vielleicht auch uns, die wir hier versuchen, mit unseren kritischen Texten etwas zu bewegen? Wäre es dann nicht auch wichtig, darüber nachzudenken, wieviel Prinzipienfestigkeit wir bewahren müssen und wieviel gesunden Kompromiss wir zulassen dürfen? Die Vorbildfunktion würde sich meiner Meinung nach auch darin äußern, dass jemand bereit ist, ein gesellschaftlich relevantes Ziel über seine Prinzipien zu stellen. Dies kann ich leider bei vielen Beiträgen, sei es hier im Kritischen Netzwerk oder anderswo, nur selten erkennen. Die Zielführung, über die Peter Weber hier schreibt, ist eines der wichtigsten Kriterien, die jeder Autor beachten sollte. Da bin ich zu keinem Kompromiss bereit!

 

Klaus Fürst

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Peter Weber
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Verbunden: 23.09.2010 - 20:09
Hürden auf dem Weg zur Zielerreichung

 

Hürden auf dem Weg zur Zielerreichung:  Ist der Weg das Ziel oder das Ziel der Weg?


Klaus Fürst hat meinen Ansichten über das Phänomen „Kompromisse“ in den wesentlichen Punkten widersprochen. Diese Kritik gipfelt in diesem Zitat:

[quote= Klaus Fuerst]In einer Gesellschaft habe ich nur zwei Möglichkeiten: entweder ich bin kompromisslos -und damit meist erfolglos!- oder ich gehe Kompromisse ein und gebe damit etwas von meinen Prinzipien preis.

[/quote]

Dem kann ich aus meiner Sicht nur vehement widersprechen, was ich auch begründen kann. Bereits im Ansatz argumentiert Klaus Fürst m. E. unlogisch, wenn er meint, daß die Frage sei, ob es mehr auf ein Ziel oder auf Prinzipien ankäme. Ich glaube, daß diese Alternative nur eine Wortspielerei ist. Denn die eigentliche Frage, die man sich im Zusammenhang mit dem Sinn von Kompromissen stellen sollte, ist die, ob der Weg das Ziel ist oder das Ziel der Weg. Und im übrigen: Meine Erfahrung und Lebenspraxis hat mir gezeigt, daß die Erfolglosigkeit eher bei den leichtfertig Kompromißbereiten angesiedelt ist als bei den zielstrebigen und konsequenten Menschen!

Bei einem relativ kurzfristig zu erreichbaren Ziel, das ich mit einem bißchen Willen, Mühe und Konsequenz komplett umsetzen kann, ist eindeutig das Ziel der Weg. Kompromisse wären in diesem Falle völlig unangebracht und nicht zielführend. Handelt es sich allerdings um ein sehr weitgestecktes Ziel, das über meine individuellen Möglichkeiten hinausreicht und allgemeine gesellschaftliche und wirtschaftliche Problematiken beinhaltet, so muß ich mein Ziel in Form von Idealen, Hoffnungen, Träumen, Visionen oder Sehnsüchten formulieren. Hier habe ich (und alle anderen, die die die gleichen Absichten verfolgen) nur die Chance, mich mit Hilfe von Prinzipien, Konsequenz, Moral, Mut und Standfestigkeit diesem Ziel anzunähern. Es wird z. B. niemals gelingen, eine 100 %ige Gerechtigkeit zu erzielen. Dies ist eine Aufgabenstellung, bei der man als Ziel den Weg wählen sollte, wenn man nicht in Frustration enden will. Auf diesem Wege sind dann natürlich auch sinnvolle Kompromisse erlaubt. Als weiteres konkretes Beispiel will ich die Problematik des Zinssystemes auffführen. Wilfried Kahrs hat in seinem Artikel  "Wirtschaftsnobelpreis sorgt für Eklat" hinsichtlich der Geld- und Zinsproblematik einen möglichen Ansatz gefunden. Eine grundlegende Reform stößt natürlich auf massiven Widerstand der Profiteure. Nicht die Machbarkeit der Umsetzung verhindert die Lösung, sondern die Ablehnung der herrschenden Kreise. Dieses Exempel zur Aufarbeitung einer wesentlichen Aufgabenstellung in der Kapitalismusdebatte bietet die Chance einer kompromißlosen Herangehensweise.

Auch sehe ich in der Auffassung Klaus Fürsts eine Gefahr, daß Prinzipien „immer hinter dem Primat des Zieles zurücktreten“ müssen. Mit der Einhaltung von Prinzipien handelt es sich wie bei vielen anderen ethischen Anforderungen und Einstellungen um eine Gratwanderung. Wer keine Prinzipien besitzt, ist ein charakterloser Mensch – wer auschließlich auf Prinzipien pocht und unter keinen Umständen bereit ist, selbst sich als falsch erwiesene Grundsätze aufzugeben, der ist ein Prinzipienreiter. Die Realität liegt in der Regel dazwischen. So möchte ich darauf bestehen, daß ich als älterer Mensch, der in seinem Leben seine Ansichten mehrmals korrigiert hat, und nun nach Jahrzehnten auf einem mühevollen Prozeß eine Ausrichtung von Prinzipien gefunden hat, die als Ziel die Erreichung des Gemeinwohls verfolgen, diese erarbeiteten Prinzipien (bis auf Ausnahmen) nicht mehr aufgeben will. Die Tatsache, daß es sich bei dieser Problemstellung um einen Konflikt handelt, will ich gar nicht abstreiten. Aber das tägliche Leben besteht zum größten Teil aus kleineren oder größeren Konflikten, denen man sich stellen sollte.

Zu den parteipolitischen Beispielen, die Klaus Fürst aufgeführt hat, möchte ich auch noch etwas anmerken. Ich halte es für ausgeschlossen, daß eine Person oder Partei, die ständig (wie es die SPD tut und in den letzten Jahrzehnten praktiziert hat) faule Kompromisse eingeht und von ihrem Ziel (dem Parteiprogramm) abweicht, sich jemals einem Ziel nähern kann oder es gar verwirklicht! Wir haben es bis zum Überdruß erlebt. Wir erfahren es gerade wieder, und wir werden es von seiten der Systemparteien in der Zukunft nicht anders erwarten können, daß das ständige Verwässern des Ziels bis zum Erbrechen ins Leere führt. Das einzige, was auf diese Weise gefördert wird, ist die Verfestigung des herrschenden destruktiven und dem Gemeinwohl abträglichen marktwirtschaftlichen kapitalistischen Systems.

Die Bemerkungen, die Klaus Fürst im letzten Absatz über das Thema der Vorbildfunktion und die Tendenz des Kritischen Netzwerks abgegeben hat, lassen erkennen, daß er wohl etwas mißverstanden hat. Mein Verständnis des Kompromisses in Verbindung mit Prinzipienstellungen und Zielerreichung habe ich oben bereits dargelegt als ein Tanz auf des Messers Schneide, der mit einer Verantwortung für ständige Abwägung verbunden ist. Und die Tatsache, daß ich darum besorgt bin, daß meine persönlichen Prinzipien dem Gemeinwohl dienen, habe ich nicht nur in meinen Ausgangsbeitrag sondern praktisch in allen meinen vielen KN-Kommentaren zum Ausdruck gebracht. Aus diesem Grunde habe ich es gar nicht nötig, meine Prinzipien und damit die von mir angesprochene Vorbildfunktion über gesellschaftlich relevante Ziele zu stellen.

Diese Aussage gilt auch grundsätzlich zumindest für die Mehrzahl der im KN veröffentlichten Beiträge, so daß der von Klaus Fürst vorgebrachte Vorwurf an mich und das KN unbegründet ist. Vielleicht sollt er sich einfach einmal die Zeit nehmen, das KN besser kennenzulernen. Mehr kann ich dazu nicht sagen.



MfG Peter A. Weber

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Klaus Fürst
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Verbunden: 27.06.2013 - 18:02
Ziel und Wege definieren


Hallo, Peter Weber,

ich bin recht traurig, dass ich mich in der Kürze wohl nicht richtig ausgedrückt habe, denn letztendlich kann ich Ihre Positionen voll unterschreiben. Ich hatte eigentlich nur kommentiert, weil Sie für mich wirklich wichtige Fragen angeschnitten hatten.

Ich glaube, die Crux ist, dass wir zu abstrakt bleiben und uns deshalb missverstehen. Wir sollten wirklich anfangen, gemeinsam über konkrete Dinge zu reden, mal über so etwas Konkretes wie den Mindestlohn oder das Recht auf Arbeit. Ich denke, dass wir dann klarer Ziel und Wege definieren und Schnittmengen ermitteln können.

Ich würde mich auf so eine Debatte freuen.

Ein schönes Wochenende wünscht

Klaus Fürst

Klaus Fürst

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Peter Weber
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Verbunden: 23.09.2010 - 20:09
Konsens

Lieber Klaus Fürst,

ich bin recht angetan von Ihrer verständnisvollen Argumentation und der Feststellung, daß wir eine gemeinsame Basis besitzen, von der aus wir auch weiterhin einen konstruktiven Diskurs führen können.

Den Wunsch nach Konkretisierung von theoretischen Abhandlungen ist nur allzu verständlich und fällt bei mir auf Gegenliebe. Sie hatten z. B. stichwortartig das aktuelle Politikum im Rahmen der Koalitionsgespräche, den Mindestlohn, angesprochen. Ich finde, daß es ein Zeichen von Würdelosigkeit wäre, wenn die SPD sich bei dem von ihr geforderten - äußerst bescheiden angesetzten - flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 € auf Kompromisse einliesse. Denn es wäre viel naheliegender, einen Mindestlohn zu fordern, der nicht unter 10 € angesiedelt ist, der die Anforderungen einer zumindest annähernden Existenzsicherung erfüllen würde, als sich aus machtgieriger Motivation zu einem weiteren Verlust von sozialdemokratischen Prinzipien veranlassen zu lassen. Mal schauen, was passíert ....

 

MfG Peter A. Weber

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