Gauck, Rösler und die Energiewende

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Peter Weber
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Gauck, Rösler und die Energiewende
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Joachim Gauck, der Senf und die Energiewende

 

Gauck kann es nicht lassen – er tritt auch in jedes Fettnäpfchen, das im Wege steht und er muß zwanghaft seinen unausgegorenen Senf dazu geben. Die Liste von Zitaten (ich habe es aufgegeben, sie zu sammeln), mit denen er einseitige Positionen zu Gunsten von Kapitalismus, freier Marktwirtschaft und obrigkeitstreuem Denken vertritt, wird immer länger. Heute möchte ich mich nur mit seinem neuesten Fehltritt beschäftigen: seiner Warnung vor Planwirtschaft bei der Energiewende und einer damit zusammenhängenden angeblich schädlichen Subventionierung.

Man muß sich den Sozialismus- und Kommunismuskomplex Gaucks vor Augen halten, um viele seiner Äußerungen (gerade die hinsichtlich Freiheit und Marktwirtschaft) zu verstehen. Er ist ein naiver Verherrlicher, Romantisierer und Rationalisierer der freien Marktwirtschafts-Ideologie, in der er als Polarisierer und Gegner von sozialistischen Gesellschaftsideen die  alternativlose Lösung sieht. Bezüglich der Warnung von Planwirtschaft und Subventionen habe ich folgende Zitate von Gauck gefunden:

  • Hinsichtlich des Umbaus der Energiewirtschaft auf regenerative Energiequellen meinte er anläßlich der Eröffnung der Woch der Umwelt am 5.6.2012 im Park von Schloß Bellevue: "Es wird uns nicht gelingen, allein mit planwirtschaftlichen Verordnungen. Schon gar nicht mit einem Übermaß an Subventionen".

Es ist schon erstaunlich, wie vergeßlich und ahnungslos sich Herr Gauck mit diesen Bemerkungen darstellt. Ist ihm vielleicht entgangen, mit welch unvorstellbaren Subventionsbeträgen die Steinkohle-, Braunkohle- und Atomstrom-Konzerne großzügig bedacht wurden? Ist ihm nicht präsent, daß die Energiekonzerne nur mit lächerlichen Haftungsauflagen operieren können und Altlasten sowie radioaktive Entsorgungskosten sozialisiert werden, während die eingefahrenen Riesenprofite anstandslos privatisiert werden dürfen?

  • Gauck sprach sich dafür aus, daß die Energiewende "mit überzeugenden Innovationen und im fairen Wettbewerb" erfolgreich umgesetzt werden könne.

Gauck spielt sich immer wieder als quasi gottgesandter Prediger für eine ungehinderte Marktwirtschaft aus, die für ihn wohl eine Art von Religion bedeutet, die allen Menschen ungeteiltes Wohl verschaffen soll. Hat Herr Gauck noch nicht bemerkt, daß die „unsichtbare Hand“ bereits unsäglich gescheitert ist und der losgelassene Raubtierkapitalismus Abermillionen Menschen auf dieser Welt in Unglück, Not, Hunger, Armut und Tod gestürzt hat? Ist es Herrn Gauck entgangen, daß die großen Energiekonzerne ein Oligopol bilden, mit dem sie die Endverbraucherpreise nach Belieben manipulieren und die Politik korrumpieren?

All diese Gauck-Ergüsse sind natürlich Wasser auf die Mühlen von FDP-Wirtschaftsminister Rösler, der sich zu der vorliegenden Thematik ebenfalls am 5.6.2012 bei der Veranstaltung „Ein Jahr Energiewende“ im Wirtschaftsministerium wie folgt äußerte:

  • Im Hinblick auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) polemisierte Rösler mit dem Satz "bisher ist das ein reines Subventionsgesetz". Damit wollte er andeuten, daß auch die alternativen Energieformen subventioniert werden und sich diese Kosten im Strompreis niederschlagen. Seine Folgerung: Da es einen Einspeisevorrang für erneuerbare Energien gebe, würde eine Überschußsituation wie z. B. bei einem Überangebot von Wind und Sonne konventionelle Kraftwerke zum Herunterfahren zwingen und sich daher neue Investitionen in neue Gas- und Kohlekraftwerke nicht mehr amortisierten.

Die Wirklichkeit sieht hingegen genau entgegengesetzt aus. Erstens einmal übertreibt er die Zusatzkosten im Strompreis für erneuerbare Energien und überspielt die enormen Subventionen, die in Großkraftwerke fließen, die den Strompreis wesentlich mehr anheizen. Zweitens sind es vor allem die mittelständischen Erzeuger von alternativen Energien, die in Mitleidenschaft gezogen werden, weil sie den überschüssigen Strom abschalten und damit in den Wind schießen müssen, weil die unflexiblen Großkraftwerke nicht in ausreichendem Maße den Gegebenheiten angepaßt werden können. Das heißt also, daß die Ökologie unnötig mit schädlichen Emissionen belastet wird, sich wertvoller Ökostrom in Luft auflöst und erst durch diese Verschwendung die Stromkosten in die Höhe getrieben werden.

Herr Rösler verschweigt auch, daß zunehmend in äußerst umweltschädliche Kohlekraftwerke investiert wird und der Anteil des Braunkohlestroms ständig ansteigt. Dies wird lächerlicherweise als „Brückentechnologie“ verkauft. Flexiblere und effektivere Blockheiz-Kraftwerke auf Gas- oder anderer Antriebsbasis können auf Stromangebotsschwankungen viel besser reagieren – aber ihr Ausbau wird durch die Forcierung von Kohlekraftwerken verhindert. Auch verrät uns der saubere Herr Rösler nicht, daß der geplante Ausbau des Stromnetzes, der Unsummen verschlingt, zum großen Teil auch wegen der Braunkohlestrom-Kapazitäten realisiert wird. Nur für den Transport von regenerativen Energien würde bei gleichzeitigem zügigen Ausbau einer dezentralen Stromversorgung wesentlich weniger an Überlandleitungen benötigt. Mal gar nicht zu reden von der sinnvolleren und umweltverträglicheren Erdverlegung, die angeblich aus Kostengründen nicht umzusetzen ist. Fazit des Ganzen: Die vielgepriesene Energiewende-Politik der Bundesregierung blockiert in Wahrheit den relativ kurzfristig machbaren Umstieg.

  • In das gleiche Horn stößt Rösler auch mit der heuchlerischen Bemerkung "aus meiner Sicht fehlt in der energiepolitischen Debatte ein Stück weit Ehrlichkeit". So sei die eine Hälfte der Wahrheit, dass mehr Solar- und Windstrom die Strombörsenpreise dämpfe. Er gab zwar zu, daß ein Zuwachs von alternativer Energie die Strombörsenpreise prinzipiell senke, aber dann auf der anderen Seite von den Endabnehmern eine Umlage beglichen werde müsse, die der Differenz zwischen dem real erzielten Strompreis und dem von der Regierung (leichtsinnigerweise – Anm . d. V.) festgesetzen Vergütungssatzes für den jeweiligen Stromerzeuger entspricht.

An dieser Stelle ist Herrn Rösler etwas mehr Ehrlichkeit und Wirklichkeitssinn zu empfehlen. Diese willkürliche Vergütungsfestlegung der Regierung auf 20 Jahr nimmt z. B. keine Rücksicht auf das ökologische Umfeld solcher angeblicher sinnvoller Energieproduktionen und bildet einen regelrechten Goldesel für gewiefte Unternehmer. Ein wahres Schindluder wird zum großen Teil beim Anbau von Raps etc. zur Herstellung von Biostrom insbesondere in Nord- und Nordost-Deutschland getrieben. Hier werden riesige Monokulturen angebaut, die mit Pestiziden und Vergüllung gedeihen, die die Landschaft versteppen und die Bodenpreise hochtreiben, so daß der Anbau von Lebensmitteln für herkömmliche Bauern nicht mehr lukrativ ist.  

 

Der Auslöser für meinen Bericht war ein Artikel in Spiegel Online mit folgendem Titel:

Subventionen - Gauck warnt vor Planwirtschaft bei Energiewende Bitte nachlesen:  hier (Spiegel Online - 5. Juni 2012)


Peter A. Weber

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Rene Wolf
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Verbunden: 19.05.2012 - 09:03
Wen interessiert der SPIEGEL?

Vorsicht vor allgemeiner bürgerlicher Meinungsmache.

Zu Gauck hier etwas Wesentlicheres, bei NRhz gefunden und von Frau Hecht-Galinsky verfasst - klick hier

Nu pogodi!

René L. Wolf

 

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